4-Tage-Woche - Warum Deutschland noch nicht bereit ist
Feb 1, 2024
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Eva Bahner, Wirtschaftsjournalistin und Autorin zum Thema Viertagewoche, führt das Gespräch mit Hartmut Seifert, einem erfahrenen Arbeitszeitforscher, und Enzo Weber, einem Experten für Arbeitsmarktentwicklung. Sie diskutieren die historische Entwicklung der Arbeitszeiten, von den 50-Stunden-Wochen der Nachkriegszeit bis zu den heutigen Forderungen nach einer 4-Tage-Woche. Ein Pilotversuch in Unternehmen zeigt Chancen und Herausforderungen. Die Rolle von KI in der Arbeitswelt und die Notwendigkeit, Produktivität und Freizeit in Einklang zu bringen, stehen ebenfalls im Fokus.
Die Einführung einer 4-Tage-Woche könnte die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und ist besonders wichtig in Branchen mit Fachkräftemangel.
Historische Arbeitszeitverkürzungen zeigen, dass gesellschaftliche Veränderungen und Gewerkschaftsbewegungen entscheidend für die Arbeitszeitregelungen waren.
Deep dives
Vorteile der Viertagewoche
Die Einführung einer Viertagewoche könnte signifikante Vorteile für Arbeitnehmer bieten, darunter mehr Freizeit und eine bessere Work-Life-Balance. Bereits jetzt zeigen Umfragen, dass ein hoher Anteil der Beschäftigten weniger arbeiten möchte, um mehr Zeit für Familie und persönliche Aktivitäten zu haben. Solche Veränderungen sind nicht nur für die Zufriedenheit der Mitarbeiter wichtig, sondern könnten auch dabei helfen, die Mitarbeiterbindung zu stärken und neue Talente anzuziehen, insbesondere in Branchen mit Fachkräftemangel. Beispielsweise zeigt eine Pilotstudie in einem thüringischen Unternehmen, dass die Reduzierung der Arbeitszeit auf vier Tage bei vollem Lohnausgleich zu einer höheren Motivation und Produktivität der Mitarbeiter führen kann.
Wirtschaftliche Machbarkeit
Die Frage, ob eine Viertagewoche wirtschaftlich umsetzbar ist, steht weiterhin zur Debatte, insbesondere im Kontext der aktuellen Produktivitätsentwicklung in Deutschland. Während einige Ökonomen Bedenken äußern, dass kürzere Arbeitszeiten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigen könnten, zeigen andere, dass die Produktivität durch technologische Fortschritte und den Einsatz von künstlicher Intelligenz möglicherweise gesteigert werden kann. Der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber argumentiert, dass die Vergabe eines vollen Lohnausgleichs für weniger Arbeitsstunden nicht realistisch erscheint und fordert eine kritische Betrachtung der tatsächlich möglichen Produktivitätsgewinne. Gleichzeitig könnte eine angestrebte Verkürzung der Arbeitszeiten in bestimmten Branchen, wie der Metallindustrie, eine Lösung für die Arbeitsplatzsituation in Zeiten des Umbruchs sein.
Historische Perspektive und aktuelle Herausforderungen
Der Kampf um kürzere Arbeitszeiten hat eine lange Geschichte in Deutschland, beginnend mit den Forderungen der Gewerkschaften nach der industriellen Revolution bis hin zu den Errungenschaften in den 1980er Jahren. Akteure wie die IG Metall haben erfolgreich für Zeitverkürzungen gekämpft, um arbeitspolitische Rahmenbedingungen zu verbessern. Der aktuelle Trend zur Diskussion über eine Viertagewoche wird sowohl durch einen Mangel an Arbeitskräften als auch durch veränderte Erwartungen der Arbeitnehmer an ihre Arbeitsbedingungen vorangetrieben. Die Kombination aus flexiblerem Arbeiten und dem Streben nach Gleichheit in der Arbeitszeitverteilung spielt eine zentrale Rolle in der heutigen Arbeitsmarktdiskussion.
Weniger arbeiten, mehr Freizeit – hat der Traum von einer 4-Tage-Woche wirklich eine Chance? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Arbeitszeit tatsächlich immer kürzer geworden ist: Von der 50-Stunden-Woche in den Wirtschafswunderjahren ging es in manchen Branchen runter bis auf 35 Stunden. Folgt die 4-Tage-Woche einer historischen Logik? Oder macht uns der Fachkräftemangel einen Strich durch die Rechnung? Und wie kann KI helfen?
Das erwartet euch in dieser Folge: (00:00) Der Obstkorb reicht nicht aus (01:40) Der Blick in die Geschichte: Die Arbeitszeit zu Zeiten der Industrialisierung (01:47) Die 1950er-Jahre und die IG-Metall-Kampagne „Samstags gehört der Vati mir“ (05:42) Die Arbeitskämpfe der 1970er- und 1980er-Jahre und die 35-Stunden-Woche als Mittel zur Beschäftigungssicherung (11:10) Die Ökonomie hinter der Arbeitszeitverkürzung - Wie weit entfernt sind wir heute von der 4-Tage-Woche? (13:29) Warum war es früher einfacher, Arbeitszeitverkürzungen durchzusetzen? (15:32) Die 4-Tage-Woche ausprobieren? Ein Pilotversuch in 50 deutschen Unternehmen (21:14) In welchen Branchen sind Produktivitätsgewinne überhaupt realistisch? (23:42) Die X-Tage-Woche (25:14) Die Lehre aus der Geschichte
Es kommen zu Wort:
Hartmut Seifert, Arbeitszeitforscher, ehemaliger Leiter des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung
Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
Henning Röper, Geschäftsführer von EuroLam, einem Hersteller von Lamellenfenstern
Julia Backmann, Professorin an der Universität Münster für Transformation in der Arbeitswelt
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Host: Sandra Pfister Autorin: Eva Bahner
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