Martha Gammer, Sprecherin des Gusener Gedenkdienstkomitees, setzt sich leidenschaftlich für eine Gedenkstätte ein. Martin Engelberg, ÖVP-Abgeordneter, diskutiert die politischen Hürden bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Bertrand Perz, Historiker, beleuchtet die dunkle Geschichte des KZ Gusen und kämpft gegen das Vergessen. David Freudenthaler, Journalist, teilt Einblicke aus seinen Recherchen zum Fall Gusen. Gemeinsam fordern sie eine stärkere öffentliche und politische Auseinandersetzung mit diesem vergessenem Stück Geschichte.
Das Konzentrationslager Gusen ist durch die systematische Vernachlässigung in der Aufarbeitung der NS-Geschichte in Österreich weitgehend unbekannt geblieben.
Die Gedenkinitiative versucht, bestehende Erinnerungsorte zugänglich zu machen, sieht sich jedoch Skepsis und Widerstand in der Bevölkerung gegenüber.
Deep dives
Die Bedeutung des KZ Gusen
Das Konzentrationslager Gusen, ein Nebenlager von Mauthausen, hatte eine entscheidende Rolle während des Nationalsozialismus in Österreich. Es diente zur Rüstungsproduktion, insbesondere zur Herstellung von Kampfflugzeugen, was die strategische Wichtigkeit des Lagers verdeutlicht. Über 35.000 Menschen verloren dort ihr Leben, wobei Gusen exemplarisch für die gesamte Geschichte der KZs steht, indem es verschiedene Phasen der Verfolgung und Vernichtung abdeckt. Trotz dieser historischen Relevanz ist Gusen in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, was auf eine systematische Vernachlässigung in der Aufarbeitung der NS-Geschichte in Österreich hinweist.
Initiativen zum Gedenken
Eine Gedenkinitiative in Gusen besteht seit den 1970er Jahren, um an die Opfer des Lagers zu erinnern und eine Gedenkstätte zu errichten. Die derzeitigen Bemühungen konzentrieren sich darauf, bestehende Erinnerungsorte, wie den Appellplatz und andere Schlüsselpunkte, zugänglich zu machen, da viele dieser Orte in einem verwahrlosten Zustand sind und nicht gewürdigt werden. Die Herausforderung liegt darin, skeptische Teile der Bevölkerung von der Notwendigkeit einer Gedenkstätte zu überzeugen, da einige Menschen in der Region die Vergangenheit am liebsten ignorieren möchten. Obwohl es einen politischen Willen gibt, diese Orte zu revitalisieren, bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung und Akzeptanz unter den Bürgern aussehen wird.
Hürden der Erinnerungsarbeit
Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in Österreich ist von vielen politischen und gesellschaftlichen Hürden geprägt, die sich über die Jahrzehnte entwickelt haben. Die wenig ausgeprägte Erinnerungskultur und ein oft politisierter Diskurs um das Erinnern an die nationalsozialistische Vergangenheit stehen einer umfassenden Aufarbeitung im Wege. Politische Initiativen rund um Gedenktage werden häufig als Inszenierung wahrgenommen, die nicht unbedingt von einem tieferen historischen Bewusstsein zeugen. Vor diesem Hintergrund müssen der Ausbau von Forschungsinitiativen und die Berücksichtigung der unvollständigen Geschichte von Gusen in den Fokus gerückt werden, um sowohl den Opfern als auch der kollektiven Erinnerung gerecht zu werden.
Wie die Zweite Republik das größte Nebenlager von Mauthausen verdrängt hat. Rund um die unterirdischen Stollen, in denen Häftlinge für die Nazis Kampfflugzeuge produzieren mussten, soll jetzt eine Gedenkstätte entstehen. Zu hören: von der Gusener Gedenkinitiative Martha Gammer, Nationalratsabgeordneter Martin Engelberg (ÖVP), Historiker Bertrand Perz, Addendum-Journalist David Freudenthaler und FALTER-Journalistin Barbara Tóth.
Beachten Sie auch Episoden #321 und #326, die ebenfalls die Aufarbeitung von Gusen zum Thema haben.
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