In dieser spannenden Diskussion sprechen Jörg Haider, der die FPÖ zu neuer Stärke führte, und Franz Vranitzky, der die Herausforderungen seiner Kanzlerschaft reflektiert. Heide Schmidt erläutert ihren Austritt aus der FPÖ, während Peter Westenthaler interessante Einblicke in Haiders strategisches Geschick gibt. Kathrin Stainer-Hämmerle analysiert den Aufstieg des Rechtspopulismus, und Petra Stuiber beleuchtet die Medienberichterstattung über Haider. Gemeinsam zeichnen sie ein faszinierendes Bild von Macht, Politik und den Gefahren populistischer Bewegungen in Österreich.
Jörg Haider revolutionierte die FPÖ in den 1990er Jahren durch populistische Methoden und führte die Partei zu enormem Einfluss in Österreich.
Haider verstand es, durch persönliche Ansprache und Nähe zur Bevölkerung eine starke Wählerschaft zu gewinnen und als 'Vater der Nation' wahrgenommen zu werden.
Die Protestbewegungen gegen Haiders Politik, insbesondere die Lichtermeer-Demo, verdeutlichten die gesellschaftliche Spaltung und den Widerstand gegen rechtspopulistische Tendenzen.
Deep dives
Politischer Erdrutsch in Kärnten
Bei den Landtagswahlen am 13. März 1989 in Kärnten erreicht die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) unter Jörg Haider ein historisches Ergebnis und wird zweitstärkste Kraft. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) verliert ihre absolute Mehrheit, während die FPÖ um 13 Prozentpunkt zulegt. Haider, der unter anderem für seinen blauen Schal bekannt ist, agiert bei dieser Wahl äußerst erfolgreich und wird zum ersten Geschäftsführer der FPÖ, der ein Bundesland regiert. Sein enormer politischer Aufstieg zeigt sich darin, dass er wenige Jahre nach Übernahme der FPÖ von 5 Prozent auf über 42 Prozent wuchs, was die grundlegende Veränderung der politischen Landschaft in Österreich unterstreicht.
Die Nähe zu den Menschen
Jörg Haider wird für seine Fähigkeit gefeiert, mit den Menschen zu kommunizieren und sich unter das Volk zu mischen. Er sieht sich selbst als eine Art Volksvertreter und erreicht durch persönliche Begegnungen hohe Zustimmung. Ein Beispiel dafür ist eine öffentliche Veranstaltung, bei der Haider mit seinen Wählern spricht, sie umarmt und sogar Autogramme verteilt, was ihm den Spitznamen 'Vater der Nation' einbringt. Diese Nähe ist nicht nur persönliche Überzeugung, sondern auch Teil seiner populistischen Strategie, wodurch er die Ängste und Anliegen der Bevölkerung direkt anspricht.
Rechtspopulismus und Tabubruch
Haider nutzt provokante Aussagen und Tabubrüche, um Aufmerksamkeit zu erregen und Wählerstimmungen zu mobilisieren. Er wird im Landtag für seine kontroversen Bemerkungen über die Arbeitsmarktpolitik im Dritten Reich kritisiert, was ihm die Anerkennung und gleichzeitig massive Kritik einbringt. Diese Art von Rhetorik strahlt über die Grenzen Kärntens hinaus und bringt ihm Landesweite Bekanntheit. Indem er diese Taktiken anwendet, erweitert er konsequent die Grenzen des Politischen und schafft es letztlich, eine neue Wählerschaft anzusprechen und zu polarisieren.
Fokussierung auf Migranten und Ausländer
Mit dem Anstieg der Flüchtlingsbewegungen in den 90er Jahren entdeckt Haider das Zuwanderungsthema als zentrales Wahlkampfsargument. Er schafft es, Ängste der einheimischen Bevölkerung geschickt auszuspielen und die FPÖ als Partei des "kleinen Mannes" zu positionieren. Ein Beispiel für Haiders Strategien ist das Volksbegehren 'Österreich zuerst', das in der Bevölkerung großen Anklang findet und eine Vielzahl von Unterstützern mobilisiert. Dieses Vorhaben reflektiert nicht nur die wachsende Skepsis gegenüber Migranten, sondern auch die zunehmende Aufladung rassistischer und nationalistischer Strömungen in der Gesellschaft.
Lichtermeer-Demo gegen Haider
Die reichlichen Proteste gegen Jörg Haider und die FPÖ manifestieren sich spätestens mit der Lichtermeer-Demo Anfang 1993, bei der rund 300.000 Menschen für Solidarität und gegen Rassismus auf die Straße gehen. Diese Demonstration ist nicht nur ein Zeichen des Widerstands, sondern auch eine vereinigende Kraft gegen rechtspopulistische Tendenzen, die in der Gesellschaft Fuß fassen. Der starke Bürgerprotest zeigt die gesellschaftliche Spaltung und die tiefgreifenden Bedenken gegenüber Haiders Politik. Dieses massenhafte Engagement ist ein Wendepunkt und signalisiert sowohl eine Abneigung gegen Haider als auch eine Abkehr von extremen politischen Positionen.
Die Serie blickt darauf, wie Haider den modernen Rechtspopulismus nach Europa brachte und in Österreich die FPÖ zu Macht und Einfluss beförderte
Ohne Jörg Haider und sein Verständnis von Politik wäre die FPÖ heute wohl nicht da, wo sie jetzt ist: in Umfragen auf Platz 1, eine Partei mit Macht und Einfluss. In Folge zwei dieser Serie sehen wir uns an, wie Haider in den 1990er-Jahren seine rechtspopulistischen Methoden so weit perfektioniert, dass er die Freiheitliche Partei aus eigener Kraft in Regierungsverantwortung hievt. Ein Tabubruch, von dem später auch Haiders Nachfolger Heinz-Christian Strache und heute Herbert Kickl profitieren werden.
Doch Haiders Erfolg in Österreich schürt auch Protest – und führt schließlich dazu, dass er am Höhepunkt seiner politischen Karriere die eigene Macht opfern muss.
In dieser Folge zu hören: Franz Vranitzky (ehemaliger Bundeskanzler von Österreich), Heide Schmidt (ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin, Gründerin Liberales Forum), Peter Westenthaler (Ex-FPÖ- bzw. Ex-BZÖ-Politiker), Kathrin Stainer-Hämmerle (Politikwissenschafterin), Petra Stuiber (stv. Chefredakteurin DER STANDARD), Hans Rauscher (Kolumnist DER STANDARD); Skript: Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp; Moderation: Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp; Redigat: Zsolt Wilhelm, Sandra Sperber; Produktion: Marc Glücks
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