#3x04 - EdTechs (mit Prof Dr. Sigrid Hartong & Stephan Bayer)
Nov 11, 2024
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Prof. Dr. Sigrid Hartong, Expertin für Soziologie und digitale Lerntechnologien, sowie Stephan Bayer, Geschäftsführer von Sofatutor, diskutieren die Rolle von EdTechs in der digitalen Transformation der Schulen. Sie beleuchten die Herausforderungen und Chancen, die mit der Integration kommerzieller Lösungen in den Bildungsraum einhergehen. Das Gespräch thematisiert, wie digitale Technologien bestehende Strukturen reproduzieren oder innovative Ansätze fördern können, sowie die Notwendigkeit von Schulautonomie und Kooperationen für einen Wandel im Bildungssystem.
Die Integration von EdTechs im Bildungssystem wird durch administrative Ängste und Unsicherheiten stark behindert, was dringend geändert werden muss.
Eine echte Theory of Change ist notwendig, um transformative Veränderungen im Bildungsbereich zu initiieren und langfristige strategische Ansätze zu fördern.
EdTechs sollten nicht nur als technologische Lösungen betrachtet werden, sondern auch als Mittel zur Verbesserung der pädagogischen Qualität und individuellen Unterstützung von Lehrkräften.
Deep dives
Herausforderungen der AdTech im Bildungswesen
Die Integration von AdTech in den Bildungsbereich wird durch eine starke administrativ bedingte Angst vor Veränderungen und die Unsicherheit, was den Umgang mit neuen Technologien angeht, gehemmt. Oft wird innerhalb von Bildungsverwaltungen am Risiko festgehalten, das Handeln mit Akteuren aus der AdTech-Branche aus Angst vor Fehlschlägen zu vermeiden. Im Straßenbau hingegen ist es üblich, neue Technologien und Methoden zu diskutieren und aktiv Marktanalysen durchzuführen. Diese Diskrepanz führt dazu, dass AdTech eher als potenzielles Risiko als als Chance zur Verbesserung des Bildungssystems wahrgenommen wird.
Die Notwendigkeit einer Theory of Change
Es wird betont, dass eine echte Theory of Change notwendig ist, um eine umfassende Debatte über die Rolle und den Einfluss von AdTech im Bildungssystem zu fördern. Der aktuelle Einsatz von AdTech wird oft auf kurzfristige Problemlösungen beschränkt, während langfristige strategische Überlegungen und innovative Ansätze fehlen. Eine Theorie des Wandels könnte eine strukturierte Vorgehensweise ermöglichen, um transformative Veränderungen im Bildungsbereich einzuführen. Eine solche Debatte würde auch dazu beitragen, einen gemeinsamen Raum für alle Akteure, einschließlich Start-ups, Hochschulen und Bildungsverwaltungen, zu schaffen.
Die Akzeptanz von Innovationen im Bildungssystem
Die Diskussion zeigt, dass AdTech nicht nur als technologische Lösung, sondern auch als ein Ansatz zur Verbesserung der pädagogischen Qualität gesehen werden sollte. Es besteht die Notwendigkeit, wirkliche Bildungsbedürfnisse zu erkennen und zu adressieren, statt nur technologische Produkte zu implementieren, die nicht zu einem signifikanten Wandel führen. Wenn AdTech als Teil eines umfassenden Weiterbildungskonzepts akzeptiert wird, können Vorteile wie individualisierte Lernwege und bessere Unterstützung für Lehrkräfte erzielt werden. Dabei ist es wichtig, die Perspektiven und Bedürfnisse der Lehrkräfte und Schüler in den Mittelpunkt zu stellen, um Akzeptanz und Engagement zu fördern.
Mythen und Missverständnisse über AdTech
Die Diskussion thematisiert die verbreiteten Mythen und Missverständnisse rund um AdTech, wie die Annahme, dass digitale Bildung alleine die Bildungsungleichheiten beseitigt. Es wird deutlich, dass viele Akteure die Annahme hegen, dass neue Technologien automatisch zu besseren Lernergebnissen führen, ohne den Blick auf die tatsächlichen Umsetzungen vor Ort zu richten. Daher ist es wichtig, nicht nur die Technologie selbst zu betrachten, sondern auch deren Integration und die pädagogischen Konzepte, die damit verbunden sind. Eine differenzierte Betrachtung könnte dabei helfen, die Debatte weniger polarisiert zu führen und die verantwortungsvollere Nutzung von Technologie im Bildungssektor zu unterstützen.
Die Rolle der Transformation im Bildungswesen
Die Auffassung, dass die Digitalisierung des Bildungssystems eine tiefgreifende Transformation erfordert, wird stark betont. Traditionelle Ansätze und Methoden müssen überdacht werden, um den aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht zu werden. Die Möglichkeit, Bildung innovativ und nachhaltig zu gestalten, hängt von der Bereitschaft ab, alte Strukturen abzubauen und neue Wege des Lernens zu entwickeln. Hierbei spielt die Frage nach den Kompetenzen der Lehrkräfte und deren Befähigung, digitale Mittel effektiv einzusetzen, eine zentrale Rolle.
Wie mit privatwirtschaftlichen Lösungen in Schulen in Deutschland umgegangen werden soll, bleibt weiter unklar. Einerseits gibt es große Bedenken, Lehrer:innen- und Klassenzimmer weiter der Marktwirtschaft zu öffnen, andererseits begleiten sie Schüler:innen und Lehrkräfte schon lange. Besonders digitale Lösungen von Unternehmen und Start-ups (EdTechs) haben spätestens seit der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen. Daher ist eine Debatte nötig, welche Rolle EdTechs für diedigitale Transformation der Schulen spielen können: Bringen sie die Innovationen voran, die in der Bildungsverwaltung selbst nicht entstehen können? Oder reproduzieren sie bestehende Strukturen – nur eben kommerziell? In der vierten Folge der dritten Staffel von Auftrag:Aufbruch spricht Host Jöran Muuß-Merholz mit Prof. Dr. Sigrid Hartong, Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt Transformation von Governance in Bildung und Gesellschaft an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, und Stephan Bayer, Geschäftsführer von Sofatutor, über die Rolle von EdTechs für die digitale Transformation von Schulen, den nötigen Freiraum für Schulleitungen und den Balanceakt auf der Innovationskurve. Viel Freude beim Hören!