Was hat Herbert Kickl vor? (Best of – mit Gernot Bauer vom Juni '24))
Jan 16, 2025
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Gernot Bauer ist ein erfahrener Journalist beim Nachrichtenmagazin Profil und gilt als Kenner der österreichischen Innenpolitik. In diesem Gespräch taucht er tief in die Biografie von Herbert Kickl ein, von seiner Kindheit bis zu seinem Aufstieg in der Politik. Bauer beleuchtet die ethischen Herausforderungen in der biografischen Recherche und Kickls komplexe politische Strategien. Rechtsextreme Rhetorik sowie emotionale Argumentation in der Politik werden ebenfalls kritisiert. Abschließend diskutiert er die Wichtigkeit von verantwortungsvoller politischer Aufklärung.
Herbert Kickl wuchs in einem Arbeitermilieu auf, geprägt von der engen Beziehung zu seiner Großmutter und einer glücklichen Kindheit.
Seine politischen Überzeugungen wurden durch persönliche Erlebnisse und die Wahrnehmung von Migranten in seiner Nachbarschaft während des Studiums geformt.
Die Kommunikation Kickls als Parteichef der FPÖ konzentriert sich auf emotionales Wählen und populistische Rhetorik, die seine Anhängerschaft stark vergrößert hat.
Die Corona-Pandemie stellte einen Wendepunkt in Kickls Karriere dar, indem er die Maßnahmen kritisierte und sich als Stimme der 'Normalbürger' präsentierte.
Kickls Weltanschauung beruht auf den Begriffen Heimat, Helden und Hegel, was seine politische Rhetorik und Ideologie stark prägt.
Deep dives
Herbert Kickls frühe Jahre und seine prägenden Einflüsse
Herbert Kickl wurde 1968 in Radenthein, Kärnten, geboren, und wuchs in einem Arbeitermilieu auf. Seine Eltern arbeiteten im Bergwerk, und seine Kindheit wurde durch eine enge Beziehung zu seiner Großmutter geprägt, die eine wichtige Bezugsperson für ihn darstellte. Obwohl die Familie politisch tendenziell der SPÖ zuneigte, spielte politische Diskussion im Elternhaus kaum eine Rolle. Die Kindheit von Herbert Kickl war weitgehend glücklich, gekennzeichnet durch einen aktiven Spielplatz in der Natur, was zu seiner sportlichen Natur beitrug.
Kickls Bildungshintergrund und erste Begegnungen mit Politik
Kickl besuchte das Gymnasium in Spital an der Trau, wo er sich als talentierter Schüler hervortat. Sein Interesse an der Militärgeschichte und eine Abneigung gegen kommunistische Ideologien prägten seine Jugend. Während seines Studiums an der Universität Wien entdeckte er früh die Zunahme an Migranten in seiner Nachbarschaft, was ihn irritierte. Diese Erfahrungen legten den Grundstein für seine späteren politischen Überzeugungen und die Entwicklung zu einem kritischen Beobachter des gesellschaftlichen Wandels.
Die journalistische Entdeckung und die Rolle von Gernot Bauer
Der Journalist Gernot Bauer beobachtete Kickl seit den späten 1990er Jahren und hatte maßgeblichen Einfluss auf dessen öffentliche Wahrnehmung. Bauer und Robert Reichler verfassten eine detaillierte Biografie über Kickl, die auch auf dessen politischen Werdegang eingeht. Die Tatsache, dass Bauer Kickl über zwei Jahrzehnte verfolgte, ermöglichte eine tiefere Einsicht in dessen Denkweise und Entwicklung. Diese langjährige Beziehung erleichterte es, den Menschen hinter der politischen Figur zu verstehen.
Kickls Aufstieg in der FPÖ und seine politischen Strategien
Kickls politische Karriere nahm Fahrt auf, als er Generalsekretär der FPÖ wurde und einen kulturellen Wandel innerhalb der Partei leitete. Er richtete die FPÖ als eine soziale Heimatpartei aus, die sich vorrangig den 'einheimischen' Wählern verpflichtet fühlte. Seine Kommunikation konzentrierte sich stark auf eine emotionale Ansprache der Wählerinnen und Wähler, die oft in Form von populistischen Phrasen und Slogans präsentiert wurde. Diese Taktiken führten dazu, dass Kickl 2021 zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, und er erzielte hohe Umfragewerte.
Die Rolle der Corona-Pandemie in Kickls politischem Aufstieg
Die Corona-Pandemie stellte einen Wendepunkt in Kickls Karriere dar, da er die Maßnahmen der Regierung vehement kritisierte und sich als Stimme der 'Normalbürger' positionierte. Er wusste schnell, die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu nutzen und agitierte gegen die Corona-Politik, wodurch er die Wählerbasis der FPÖ stark vergrößerte. Der Anstieg an Unterstützern in der Zeit führte dazu, dass die FPÖ in vielen Umfragen führend war. Kickls Strategie, sich als Volkskanzler in der Zeit der Verunsicherung zu präsentieren, zeigte seine Fähigkeit, politische Gelegenheiten zu nutzen.
Kickls Weltbild: Heimat, Helden und Hegel
Kickls Weltanschauung wird stark von drei Begriffen geprägt: Heimat, Helden und Hegel. Das Konzept der 'Heimat' ist zentral in seiner Rhetorik, da er es als Exklusivitätsmerkmal für die 'echten' Österreicher verwendet und somit Zuwanderung ablehnt. Hegel spielt eine besondere Rolle in Kickls philosophischer Betrachtung, wobei er sich selbst als Hegelianer sieht und die Widersprüche im Denken betont. Diese Themen werden in seiner Kommunikation oft als Rhetorik verwendet, um seine politische Position zu festigen.
Kickls Persönlichkeit: Misstrauen und Eitelkeit
Kickl wird als eine komplexe Persönlichkeit beschrieben, die von tiefem Misstrauen gegenüber anderen geprägt ist. Diese Eitelkeit zeigt sich in seinem öffentlichen Auftreten, wo er großen Wert auf sein Erscheinungsbild legt, was in der politischen Landschaft nicht unüblich ist. Sein starkes Bedürfnis nach Kontrolle macht es schwierig für andere, eine Beziehung zu ihm aufzubauen, auch innerhalb seiner eigenen Partei. Diese Charakterzüge behindern möglicherweise das Vertrauen, das notwendig ist, um in politisch sensiblen Zeiten stark zu agieren.
Kritik an der FPÖ: Rassismus und Rechtspopulismus
Die FPÖ und Kickl sind in der politischen Diskussion oft mit Vorwürfen von Rassismus und Rechtspopulismus konfrontiert. Analysen haben gezeigt, dass Kickl politisch von Ängsten und Vorurteilen profitiert, indem er einfache Lösungen für komplexe Probleme anbietet. Seine Sprache bedient sich oft rassistischer Slogans, die darauf abzielen, Emotionszustände der Wähler auszulösen und eine Verbindung zwischen der eigenen Wählergruppe und dem 'Ich' zu schaffen. Dies führt zu einer Spaltung in der Gesellschaft und einem starken us versus them-Denken.
Zukunftsausblick: FPÖs Aufstieg und mögliche Szenarien
Die FPÖ zeigt in den aktuellen Umfragen vielversprechende Ergebnisse und könnte zur stärksten politischen Kraft in Österreich aufsteigen. Dennoch besteht die Unsicherheit, ob Kickl tatsächlich als Bundeskanzler agieren kann, vor allem wenn sich Koalitionsmöglichkeiten mit anderen Parteien abzeichnen. Der Einfluss der FPÖ auf die zukünftige Politik hängt stark von der Bereitschaft anderer Parteien ab, mit ihr zusammenzuarbeiten oder diese Koalitionen ganz zu vermeiden. Der Ausgang der Wahlen wird entscheidend sein, um festzustellen, ob Kickl und die FPÖ ihre politischen Ideen umsetzen können.
In Österreich kennt fast jeder Herbert Kickl. Aber was wissen wir eigentlich wirklich über ihn? Gernot Bauer kennt ihn seit 25 Jahren. Er hat seine Geschichte, sein Aufwachsen, seine Ideen studiert. Über Heimat, Hegel & Heldenverehrung. Die Folge wurde am 20. Juni 2024 aufgenommen und am 9.7.24 das erste Mal veröffentlicht.
Gernot Bauer ist seit 25 Jahren Journalist beim Nachrichtenmagazin Profil. Der Salzburger ist einer der profundesten Kenner der österreichischen Innenpolitik.
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