Irmgard Griss ist eine führende Juristin und ehemalige Präsidentin des obersten Gerichtshofes, während Florian Klenk Chefredakteur des Falter ist. Sie diskutieren die Risiken für die Demokratie in der Coronakrise und die Machtverschiebungen zwischen Regierung und Parlament. Griss betont die Bedeutung der Bürgerrechte, während Klenk die Herausforderungen der politischen Kommunikation beleuchtet. Außerdem wird die Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und wirtschaftlichen Interessen thematisiert, sowie die Herausforderungen im Pflegewesen.
Die Einführung von Notstandsgesetzen während der Corona-Pandemie bedroht die demokratischen Strukturen und kann zu einer Entmachtung des Parlaments führen.
Die gesellschaftlichen Ängste, besonders unter Kleinunternehmern und im Dienstleistungssektor, verstärken die Herausforderungen für die Politik, existenzielle Nöte zu lindern.
Deep dives
Die Auswirkungen von Notstandsgesetzen auf die Demokratie
Notstandsgesetze, die weltweit aufgrund der Coronavirus-Pandemie erlassen werden, gefährden zunehmend die Demokratie. In vielen Ländern, wie zum Beispiel Ungarn, werden diese Gesetze genutzt, um das Parlament weitgehend zu entmachten und die Macht in den Händen der Regierung zu konzentrieren. Solch ein Prozess verläuft oft schleichend, sodass die Öffentlichkeit möglicherweise nicht bemerkt, wie weitreichend die Veränderungen sind. Dies führt zu der besorgniserregenden Situation, in der grundlegende Bürgerrechte und Freiheiten in Frage gestellt werden können.
Sorgen und Unsicherheiten in der Bevölkerung
Die gesellschaftlichen Ängste und Sorgen sind während der Pandemie stark angestiegen, insbesondere unter Kleinunternehmern und Beschäftigten im Dienstleistungssektor. Viele Menschen kämpfen mit existenziellen Nöten, da sie ihre Arbeit verloren haben oder nicht wissen, wann sie wieder ihren Betrieb aufnehmen können. Zudem machen sich Eltern Gedanken über die Schulschließungen und die damit verbundene Ungewissheit für die Bildung ihrer Kinder. Diese Sorgen spiegeln die allgemeinen Unsicherheiten wider, die in der Gesellschaft präsent sind.
Die Rolle des Staates und des Militärs in Krisenzeiten
In der aktuellen Krise zeigt sich ein Comeback des Staates, was teilweise auch mit einer stärkeren Rolle des Militärs verbunden ist. Das Bundesheer hat sich bereit erklärt, die Zivilbevölkerung zu unterstützen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Eine erweiterte Assistenzleistung durch die Militärs wird als notwendig erachtet, um effektiv auf die Herausforderungen der Pandemie zu reagieren. Es bleibt jedoch fraglich, wie weit diese Maßnahmen gehen dürfen, ohne die Grundrechte der Bürger zu gefährden.
Verhältnismäßigkeit der politischen Maßnahmen
Die Politik muss in der aktuellen Situation stets eine Verhältnismäßigkeitsabwägung treffen zwischen dem Schutz von Menschenleben und dem Erhalt der wirtschaftlichen Existenz. Politische Entscheidungen, die zur Bewältigung der Pandemie getroffen werden, sollten nicht nur auf kurzfristige Lösungen abzielen, sondern auch langfristige Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft berücksichtigen. Es wird betont, dass nicht alle Bedingungen permanent aufgrund einer Pandemie angepasst werden können, ohne grundlegende Werte zu gefährden. Intelligente und chirurgische politische Maßnahmen sind notwendig, um einer Gefährdung von Bürgerrechten entgegenzuwirken.
Was sind Risiken für die Demokratie? Welche Optionen haben wir in der Coronakrise? Im Podcast mit Raimund Löw sind zu hören: Juristin und Nationalratsabgeordnete Agnes Sirkka Prammer (Grüne), die ehemalige Präsidentin des obersten Gerichtshofes Irmgard Griss (Neos), Bundesheer-Sprecher Michael Bauer sowie FALTER-Chefredakteur Florian Klenk. Diese Episode wurde mit der Software Zoom aufgenommen.
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