AUSGABE 161 (Gute Grenzen, schlechte Grenzen - warum sind Mauern wieder im Trend?)
Oct 4, 2024
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Die Diskussion dreht sich um die faszinierende Wandlung von Grenzen vor und nach 1989. Sie beleuchten, warum trotz Globalisierung mehr Grenzen bestehen als je zuvor. Das Schengen-Abkommen wird kritisch hinterfragt, während nostalgische Erinnerungen an ein grenzenloses Europa wachgerufen werden. Die Realität an der israelisch-palästinensischen Grenze wird analysiert, ebenso wie die paradoxe Beziehung zwischen Sicherheit und Mobilität. Es wird auch über die psychologischen Auswirkungen von Grenzen auf Identität und Gemeinschaft gesprochen.
Die Wiedervereinigung Deutschlands führte zu einem Gefühl grenzenloser Freiheit, das durch die Schengen-Zonen-Initiative für die EU verstärkt wurde.
Trotz Optimismus nach dem Fall der Berliner Mauer sind seitdem weltweit neue Grenzen entstanden, was den Idealen der Globalisierung widerspricht.
Die EU investiert stark in Grenzsicherungen, anstatt die Ursachen von Migration anzugehen, was zu einer Doppelmoral in der internationalen Hilfe führt.
Deep dives
Die Erinnerung an die Wiedervereinigung
Die Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 brachte das Gefühl von grenzenloser Freiheit und Hoffnung auf ein einheitliches Europa mit sich. Der Wegfall von Grenzkontrollen hat das Reisen im europäischen Raum revolutioniert, was viele Menschen bis heute als bedeutenden Fortschritt empfinden. Die Schengen-Zonen-Initiative, die es ermöglicht, ohne Kontrollen über Grenzen zu fahren, wird als identitätsstiftend für die EU wahrgenommen. In der Erinnerung an die persönlichen Erlebnisse während der Grenzöffnung wird deutlich, dass diese Veränderungen von großer emotionaler Bedeutung sind und auch jüngeren Generationen zu einem neuen Selbstverständnis verhelfen konnten.
Die paradoxe Entwicklung der Grenzen
Trotz des anfänglichen Optimismus nach dem Fall der Berliner Mauer wird festgestellt, dass die Zahl der Grenzen in der Welt seitdem gewachsen ist. Seit dem Mauerfall wurden in mindestens 65 Ländern neue Grenzen und Barrieren errichtet, was gegen das Gefühl der weltweiten Offenheit spricht. Viele Länder sind mit dem Anstieg von Zäunen und Mauern konfrontiert, die oft sowohl den Wohlstand als auch den sozialen Austausch behindern. Dies steht im Widerspruch zu den ursprünglichen Idealen der Globalisierung, die darauf abzielten, Menschen und Märkte zu verbinden.
Die Auswirkungen der Globalisierung
Die Globalisierung hat nicht nur den internationalen Handel vorangetrieben, sondern auch die Mobilität der Menschen beeinflusst. Die Informationsverbreitung über digitale Medien führt dazu, dass Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen ein klares Bild vom Leben in wohlhabenderen Ländern entwickeln. Dies hat so viele Menschen dazu ermutigt, aus ihren Heimatländern zu emigrieren, was soziale, wirtschaftliche und politische Herausforderungen schafft. Die Idee, das eigene Land zu einem 'Supermarkt' für Ressourcen zu machen, gepaart mit der Abwehr von Migranten, zeigt die Widersprüche und Dilemmata der Globalisierung.
Grenzsicherung und Entwicklungspolitik
Die EU investiert erhebliche Mittel in die Grenzsicherung, was oft als Versuch verstanden wird, Migration zu verhindern, anstatt die Ursachen für Migration anzugehen. Ein Großteil der Entwicklungshilfe, die an afrikanische Länder überwiesen wird, wird tatsächlich in Grenzsicherungsmaßnahmen investiert, anstatt in echte Entwicklungsprojekte. Diese Praxis zeigt eine Doppelmoral auf: Man ist bereit, materielle Barrieren zu errichten, ignoriert jedoch die menschlichen und sozialen Bedürfnisse der Betroffenen. Dies führt zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen den Zielen der internationalen Hilfe und den politischen Realitäten.
Das Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Humanität
Die Diskussion über Grenzen und Sicherheit verdeutlicht ein zentrales Dilemma: Wie kann man einerseits nationale Sicherheitsinteressen wahren und gleichzeitig humanitäre Werte schützen? Während Staaten zunehmend Mauern und Barrieren errichten und sich dabei auf das Sicherheitsbedürfnis berufen, verlieren sie oft das Vertrauen und die Verbindung zu den Menschen, die es betrifft. Die historisch bedingten Ängste und das Bemühen um eine klare Abgrenzung können langfristig instabil und schädlich sein. Ein Mangel an Lösungen für die realen Probleme von Migration und Armut verstärkt nur das Gefühl der Unsicherheit innerhalb und außerhalb der Grenzen.
Es gab nach 1989 eine Zeit, da war es völlig „in“, Grenzen zu überwinden und Mauern einzureißen. Aber was geschah dann? Warum hat die Globalisierung nicht dazu geführt, dass es immer weniger Grenzen gibt? In dieser Folge sprechen Markus Lanz und Richard David Precht über Grenzen, die verschwunden sind, wie die Berliner Mauer oder der Hadrianswall, mit dem sich das Römische Reich zu schützen versuchte. Sie thematisieren das Schengen-Abkommen, das ein grenzenloses Europa garantieren soll, aber zuletzt durch Grenzkontrollen unter Druck geriet. Und sie fragen sich, warum es heute weltweit mehr bewachte Grenzen gibt, als zu Zeiten des Kalten Krieges.
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