

SWR2 Zeitgenossen
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Wir sprechen jede Woche mit Zeitgenossen, die auf einen besonderen Lebensweg zurückblicken: Sie sind Aktivist*innen, Künstler*innen oder Forscher*innen. Sie haben Zeitgeschichte erlebt und geprägt – und sie haben viel zu erzählen. Zur ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/swr2-zeitgenossen/8758618/
Episodes
Mentioned books

Feb 1, 2025 • 48min
Inge Herold: „Es gibt Parallelen zu den 1920ern, die einen erschrecken“
„Die Dinge zeigen, wie sie sind: alles viel einfacher, viel düsterer, ganz nackt, klar, fast ohne Kunst“. So beschreibt der Maler Otto Dix den Stil der Neuen Sachlichkeit vor hundert Jahren. Wegen dieses ernüchterten Blicks auf eine Krisenzeit – sicher auch wegen der wieder erstarkenden Rechten – erinnert die Neue Sachlichkeit an unsere Zwanziger. In ihrer wegweisenden Jubiläumschau zeigt Inge Herold in der Kunsthalle Mannheim erstmals auch, wie Maler dieses Stils mit der NS-Diktatur gemeinsame Sache machten. Die Kunsthalle Mannheim prägt sie durch große Ausstellungen seit mehr als 30 Jahren.

Jan 25, 2025 • 37min
Pippa Goldschmidt: „Wir kommen von den Sternen, unsere Wurzeln sind überall“
Der Blick ins Universum ist für die promovierte Astronomin immer auch ein Blick in die Vergangenheit. Wenn sie Erzählungen über driftende Galaxien schreibt, wird deshalb auch die Gegenwart der Hauptfigur von der Vergangenheit und eigenen Familiengeschichten bestimmt.
Pippa Goldschmidt wurde in London geboren. Ihr jüdischer Großvater floh 1936 vor dem Nazi-Terror aus Offenbach nach England. 2020 beantragte sie die deutsche Staatsbürgerschaft, sie lebt heute in Berlin und Edinburgh.
„Meine Deutschstunde. Eine Rückkehr“ heißt ihr nächstes Buch. Sie schreibt auf Englisch.
Ein Gespräch zum Holocaust-Gedenktag.

Jan 11, 2025 • 41min
Timm Ulrichs: „Ich bin jederzeit bereit von Ideen gefunden zu werden“
Er nennt sich seit mehr als 60 Jahren „Totalkünstler“. Erklärte sich als junger Mann zum „ersten lebenden Kunstwerk“. Organisierte eine „Selbstausstellung“. Und wurde 1975 bekannt durch den Spruch „Ich kann keine Kunst mehr sehen“: eine Aktion bei der Art Cologne, wo er mit einem Blindenstock über die Kunstmesse ging, als Postkarte bis heute in Museumsshops erhältlich. Vor allem ist der documenta-Teilnehmer Timm Ulrichs ein Konzept-Künstler mit Humor. Zum Beispiel in der Skulptur „Sitzender Stuhl“: die hinteren Beine abgeknickt, so dass der Stuhl sitzt, man sich aber nicht auf ihn setzen kann.

Jan 9, 2025 • 42min
Wolf Haas: „‘Leicht verwirrt‘ finde ich eine interessante Situation“
Franz Escher wartet auf den Elektriker. Mit solchen Situationen beginnen bei Wolf Haas große Romane. In diesem Fall „Wackelkontakt“, sein neuer. Am Ende ist der Handwerker tot. War der real? Wie schon „Verteidigung der Missionarsstellung“ ist es ein Roman im Roman: Ein Mafioso sitzt im Gefängnis, kann nicht schlafen, liest ein Buch, über Franz Escher, der wartet auf den Elektriker. So hinterfragt Wolf Haas das Verhältnis von Realität und Fiktion. Mit Katastrophen und Komik. 2023 kündigte er an, dass es keine Bücher mehr von ihm geben werde. Vielleicht sagte dies nur ein literarisches Ich.

Jan 1, 2025 • 44min
Philipp Blom: „Wir haben das Bedürfnis nach Sinn in einer sinnlosen Welt“
Und jetzt – Hoffnung? In diesen Zeiten? Ja – wenn es sich um das Gegenteil von naivem Optimismus handelt: als vernünftiges Verhältnis zur Welt. Damit wir nicht ständig mit dem Schlimmsten rechnen. Meint der Historiker Philipp Blom. Immer schon hat Philipp Blom einen besonderen Blick auf Geschichte. Wenn er über „Aufklärung in Zeiten der Verdunkelung“ nachdenkt. Europa als „taumelnden Kontinent“ porträtiert. Die „inneren Kriege“ moderner Gesellschaften kennzeichnet. Oder erklärt, „was auf dem Spiel steht“ – die „freie Gesellschaft“. Außerdem verfasste er ein Standardwerk über österreichische Weine.

Dec 28, 2024 • 44min
Ilja Richter: „Es gibt Momente, da bin ich dann jüdisch“
„Lieber Gott als nochmal Jesus“ nennt Ilja Richter sein neues Buch und erzählt darin auch seine Geschichte – als Sohn einer Jüdin, die die Shoah dank einer gefälschten „arischen“ Identität überlebte, und eines Kommunisten, der während der NS-Diktatur jahrelang in Konzentrationslagern interniert war.
So sucht er nach einer biografischen und religiösen Identität „zwischen Kreuz und Davidstern“. Seine Bühnenkarriere begann er mit neun Jahren. In den 70ern wurde er durch die ZDF-Sendung „disco“ bekannt. Spielte Theater, von „Hello Dolly“ bis „Richard III“. Und ist heute mit Solo-Shows unterwegs.

Dec 26, 2024 • 44min
Mareike Fallwickl: „Frauen können das gesamte Zusammenleben zum Erliegen bringen“
Plötzlich verweigern sich drei Frauen. Wollen nicht mehr für Kinder, Küche, Kranke sorgen. Eine Geste der Erschöpfung. Die österreichische Autorin Mareike Fallwickl beschreibt dies in ihrem Roman „Und alle so still“ als ultimativen Streik. Kein Sex-Streik, wie beim antiken Vorbild Lysistrata: Hier ruht die Care-Arbeit. Schon in „Die Wut, die bleibt“ beschreibt sie, was passiert, wenn eine erschöpfte Mutter aufgibt – die Familie versinkt in Chaos und Schock. „Heute ist ein guter Tag, das Patriarchat abzuschaffen“ heißt der Sammelband, in dem sie die Frage stellt: „Aber was ist mit den Männern?“

Dec 13, 2024 • 44min
Christina Clemm: „Frauenhass wird bagatellisiert“
„Gegen Frauenhass“ heißt das aktuelle Buch der Strafverteidigerin Christina Clemm. Der Titel ist Programm. Schon in „AktenEinsicht“ erzählt sie Geschichten von Frauen, die körperlicher und sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren: in der Familie, bei der Arbeit, beim Arzt oder auf offener Straße.
Ein alltägliches Phänomen: Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau, weil sie von ihrem (Ex-) Partner umgebracht wird. Zentral ist für Christina Clemm die Frage: Wie können Frauen Selbstachtung und Selbstbestimmung wiedererlangen? Studiert hat sie in Freiburg und Berlin, wo sie heute lebt.

Dec 12, 2024 • 44min
Teresa Präauer: „Jedes Abendessen ist auch eine Versuchsanordnung“
Kochen im falschen Jahrhundert. Wie das geht, zeigt die Schriftstellerin Teresa Präauer in ihrem gleichnamigen Roman. Das Buch enthält viele Rezepte. Auch Kochrezepte. Vor allem aber Möglichkeiten – fast Anleitungen – wie man Leute einlädt und bewirtet. Wie Überraschungen entstehen. Situationen entgleisen. Und woran alles scheitern kann. Letztlich ein Abendessen mit Gästen in verschiedenen Variationen, als wär‘s ein Kammerspiel mit einer Vorliebe für Konjunktive. Und mit sehr viel Witz. Teresa Präauer hat Kunst studiert. Deshalb auch den Einband des Romans selbst gestaltet. Sie lebt in Wien.

Dec 7, 2024 • 54min
Laura Cazés: „Jüdisches Leben findet in einer absurden Normalität statt“
„Ein sicherer Ort ist der, an dem nicht jemand anders bestimmt, wer ich zu sein habe“. Schreibt Laura Cazés in dem von ihr herausgegeben Band „Jüdischsein in Deutschland“. Vor allem die Perspektive einer jüngeren Generation, die nicht über die Vergangenheit definiert werden will, kommt darin zum Ausdruck: „Wir wollen kein lebendes Mahnmal sein – nicht ständig über die Shoah, über Antisemitismus, über den Nahostkonflikt sprechen“.
Der Vielfalt jüdischen Lebens begegnet Laura Cazés, geboren 1990 in München, auch im Beruf, bei der „Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland“ in Frankfurt


