

Eigentlich Podcast
Micz & Flo
Reden beim Laufen und laufend Reden - über Film, Technik und Psychotherapie
Episodes
Mentioned books

Jul 18, 2024 • 1h 19min
EGL056 Veganes Kochen mit Tipps und Tricks aus der täglichen Küche
Embrace die pflanzliche Vielfalt!
Wie jedes Jahr im Sommer ist Chris aus den USA zu Besuch und wir nutzen die Gelegenheit, um einen Eigentlich Podcast aufzunehmen. Diesmal geht es nicht um Horrorfilme, sondern um ein Thema, das Chris und Flo sehr am Herzen liegt: Kochen. Chris lebt seit Jahren vegan. Wir sprechen über die ethische Motivation und die praktischen Implikationen, sich vegan zu ernähren, über geeignete Proteinquellen und Ersatzprodukte. Wir tauschen Tipps und Tricks aus der Küche aus. Flo nutzt diese Podcast-Episode, um sein Kochlogbuch vorzustellen: Seit Corona führt er ein Tagebuch über sein tägliches Kochen, das er zunächst auf gitlab veröffentlichte und nun zu einem Blog mit ausführlichen Fotodokumentationen der täglichen Essenszubereitung ausgebaut hat. Mit der Veröffentlichung des Kochblogs https://kochlogbuch.de hat Flo ein "Manifest des täglichen Kochens" verfasst, das wir Punkt für Punkt durchgehen und diskutieren. Diese Episode unterscheidet sich auch deshalb von den anderen, weil wir diesmal nur die Hälfte der Zeit im Laufen reden. Die andere Hälfte stehen wir in der Küche und bereiten unsere veganen Gerichte zu: Chris hat veganen Fisch mitgebracht und Flo eine Zwiebeltarte mit Cashew-Frischkäse. Das bringt uns im Gespräch auf Flos neues Experimentierfeld: vegane Käsezubereitung. Am Ende probieren wir unsere Gerichte und siehe da, sie sind sehr gut geworden!
Shownotes
Links zur Laufstrecke
EGL056 | Wanderung | Komoot
Links zur Episode
Veganismus – Wikipedia
Tierrechte – Wikipedia
Thomas Pynchon – Wikipedia
V. – Wikipedia
Victory-Zeichen – Wikipedia
Das V-Zeichen: Von Victory zu Peace · Dlf Nova
Wurst – Wikipedia
Protein – Wikipedia
Kochlogbuch – Ein kulinarisches Tagebuch aus der Küche
lowsource / Kochlogbuch · GitLab
Vegetarische Rezepte von Schrot&Korn | Schrot&Korn
Das Manifest der täglichen Küche
Gomashio – Wikipedia
Gerber-Sumach – Wikipedia
Zatar (Gewürzmischung) – Wikipedia
Miyoko's UnTurkey
Bruschetta – Wikipedia
Einfache sauer eingelegte rote Zwiebeln - Flockelicious
Quinoa-Bratlinge mit Kartoffelsalat und Gurkensalat – Kochlogbuch
Veganes Palak Paneer mit Tofu aus dem Ofen und Naan – Kochlogbuch
Ei-Ersatz - Die Besten Ei-Alternativen - Vegan Backen ohne Ei - Bianca Zapatka | Rezepte
Echter Hopfen – Wikipedia
Olivenöl-Teig für Tarte oder Quiche | Juliakocht's Blog
Tarte mit Zwiebeln und Ziegenkäse – Kochlogbuch
Camembert, Blauschimmel, Ziegenkäse - Grundrezept für vegane gereifte Käse - Dailyvegan
Rezept für veganen Rohkost-Käse aus Nüssen - VeganBlatt
YouTube - Almond Brie by Gourmet Vegetarian Kitchen
Geotrichum candidum - Wikipedia
Miso – Wikipedia
Aspergillus flavus var. oryzae – Wikipedia
Sake – Wikipedia
Raucharoma – Wikipedia
Gratin batavia oeufs – Kochlogbuch
Mitwirkende
Florian Clauß
Bluesky
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Chris Flor
Verwandte Episoden
EGL011 Midsommar: Folk Horror der NachhaltigkeitEGL028 FermentierenEGL032 Beau is afraid: Ari Asters überladenes surrealistisches Werk, das Ängste, Schuldgefühle und Traumata visualisiert
Das Manifest der täglichen Küche
Time matters! Widme deiner Küche täglich 1-2 Stunden. Dies ist keine Verschwendung, sondern eine Investition in deine Lebensqualität.
Weg mit Fertigprodukten! Werde zum Schöpfer deiner Mahlzeiten. Stelle die Ingredienzien, Teig und Gewürzmischungen selbst her.
Fleisch ist die Ausnahme, nicht die Regel! Wenn du es isst, dann selten und nur vom Besten. Qualität statt Quantität – für dich und die Umwelt.
Embrace die pflanzliche Vielfalt! Finde Ersatzprodukte für Milchprodukte und integriere die immer mehr in deine Gerichte. Experimentiere mit Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen als Proteinquellen.
Koche vorausschauend! Bereite immer etwas mehr zu. So hast du am nächsten Tag ein leckeres Mittagessen und sparst Geld.
Investiere in gutes Werkzeug! Qualitativ hochwertige Töpfe, Messer und Küchengeräte erleichtern dir die Arbeit und halten ein Leben lang.
Saisonalität zählt! Richte deine Einkäufe und Gerichte nach dem aus, was die Natur gerade bietet. So unterstützt du regionale Produzenten und genießt Lebensmittel auf ihrem geschmacklichen Höhepunkt.
Koche nach Wochenplan! Plane deine Mahlzeiten wöchentlich und mach einmal die Woche einen Großeinkauf in dem Biosupermarkt deiner Wahl.
Mache das Kochen zu deinem täglichen Ritual! Zelebriere den Prozess vom Schneiden bis zum Anrichten. Lass es zu deiner Meditation werden mit Musik und Getränk.
Führe ein Kochtagebuch! Notiere Rezepte, Variationen und Gelingen. Baue dir dein persönliches Kochbuch auf.
Lerne ständig dazu! Erforsche neue Techniken, Zutaten und Küchen aus aller Welt. Es gibt immer was zu entdecken.
Mache Nachhaltigkeit zur Priorität! Wähle wiederverwendbare Behälter, reduziere Plastik und achte auf umweltfreundliche Reinigungsmittel.
Lass deine Küche zum Zentrum der Kreativität, Gesundheit und Nachhaltigkeit werden. Jede Mahlzeit ist eine Chance, die Welt ein Stück besser zu machen. Steh auf, geh in die Küche und revolutioniere dein Leben – einen Teller nach dem anderen!
Quelle: Das Manifest der täglichen Küche
Rezept von Flo: Vegane Zwiebeltarte mit Frischkäse auf Cashewbasis
Für die Zubereitung habe ich 5 Tage vorher 300gr Cashewnüsse in Wasser über Nacht eingeweicht, mit kochendem Wasser abgespült und mit ca. 100ml abgekochtem Wasser lange und ganz fein püriert. Die Masse auf 40° abkühlen lassen und 2 Messlöffel (1ML ca. 1/16TL) misophile Bakterienkultur, 1TL Salz und 1 Tropfen Liquidsmoke hinzugefügen. In einem Glasbehälter mit Küchentuch abgedeckt in einem dunklen Küchenschrank für 24h stehenlassen. Dann 3 Tage im Kühlschrank ruhen lassen. Jeden Tag mit einem sterilen Löffel umrühren. Für die vegane Tarte den Frischkäse mit ca. 100ml Hafersahne mischen. Den Tarteteig mit Olivenöl zubereiten (Olivenöl-Teig für Tarte oder Quiche | Juliakocht’s Blog), ausrollen, in Tarteform anpassen und 30min im Kühlschrank ruhen lassen. Ofen auf 200° vorheizen. 4 große Zwiebeln (1k) schälen, in Hälften und feine Scheiben schneiden, bei hoher Hitze 8min anbraten, dabei immer wieder gut durchrühren, auf niedrige Hitze stellen und ca. 1h weiter braten, immer wieder durchmengen. Tarte 12min vorbacken, die Zwiebeln auf dem Boden verteilen, die Cashewmasse darüber glattstreichen und mit halben Oliven dekorieren. Bei 180° 25min backen.
Siehe auch Vegane Zwiebeltarte mit Frischkäse auf Cashewbasis für EGL056
Rezept von Chris: Vish „Müllerin“
Zutaten
500g Block Tofu, so fest und so wenig bröckelig wie möglich, so wie dieser https://www.traderjoes.com/home/products/pdp/high-protein-organic-tofu-083089
1 bis 2 große Nori Blätter für Sushi, wie z.B. dieses hier: https://stroetmann24.de/product/8215715
3 Esslöffel Mehl, etwas Pfeffer und Salz zum Wälzen
reichlich vegane Butter, Kokosöl oder anderes Öl zum Braten
Für die Marinade
250 ml Hafermilch
2EL Senf
3EL helle Misopaste
Saft 1/2 Zitrone
1/2EL Weißer Pfeffer
3EL Olivenöl
0 bis unendlich viele Knoblauchzehen (gepresst)
Zubereitung
Alle Marinaden zutaten vermengen, am besten mit einem Mixer oder Pürierstab. Den Tofu in etwa 5cm dicke Scheiben schneiden. Den Tofu „flakey“ machen, indem du rechts und links von jedem Stück ein gerades asiatisches Essstäbchen legst, dann streifenweise in den Tofu schneiden. So entstehen Stücke die eingeritzt sind, aber am Boden noch zusammenhängen.
Alle Tofustücke in einem Behälter mit der Marinade bedecken und ein paar Stunden (am besten über Nacht) im Kühlschrank marinieren, damit die Enzyme des Miso das Sojaprotein des Tofu an der Oberfläche in einzelne Aminosäuren auseinanderzupfen.
Vor dem Braten die Noriblätter auf die Größe der leicht abgetropften Tofuscheiben schneiden, auf die nicht-eingeritzte Seite kleben und noch ein bisschen Marinade auf die Noriblätter pinseln. Dann in Mehl, Pfeffer, Salz wälzen.Währenddessen schon einmal eine haftfreie Pfanne mit 1-2 daumendick Öl vorheizen. Die Tofustücke in die Pfanne legen, wenn das Öl 180 Grad Celsius (350 Grad Fahrenheit) erreicht hat. Wenn man ein Holzstäbchen in das Öl hält, sollte man Blasen aufsteigen. Von beiden Seiten braten, bis die Stücke knusprig sind. Auf dem Teller mit Petersilie und Zitronenscheiben anrichten.

Jul 4, 2024 • 46min
EGL055 Lems Solaris ermöglicht eine Annäherung an das Reale bei Lacan. Soderberghs Film von 2002 nicht.
KELVIN: "Are we alive or dead?" RHEYA: "We don't have to think like that anymore." ("Solaris" 2002)
Im letzten Teil unserer Solaris-Trilogie, stellt Micz Steven Soderberghs Film "Solaris" (2002) vor. Die Geschichte ist nur grob gesehen die gleiche. Im Gegensatz zu Stanisław Lems Roman, der sich stärker auf die wissenschaftlichen und philosophischen Aspekte der Erforschung des Planeten konzentriert, legt Soderberghs Film einen besonderen Schwerpunkt auf die emotionale Beziehung zwischen Kelvin und seiner verstorbenen Frau Rheya, die als Erscheinung auf der Station auftaucht. Und stilistisch unterscheidet sich Soderberghs Kammerspiel stark von Andrei Tarkowskis poetisch-opulenter und symbolträchtiger Version von 1972. Doch kommt Micz zu dem Schluss, dass Soderberghs Interpretation eine intensivere persönliche und emotionale Dimension versucht und gleichzeitig daran scheitert. Interessant ist lediglich, dass Kelvins Frau Rheya als Person präsenter ist und schließlich sogar ihre Erinnerungen als Szenen in der Rückblende auf "ihre" Zeit auf der Erde zu sehen sind, in der nur sie anwesend ist. Ganz so als ob die projektive Identifikation Kelvins ihr Erinnerungen erschaffen hat, die Solaris nicht aus seinen Erfahrungen hat nehmen können. Psychodynamisch eine interessante Überlegung, allein: der Film bringt es nicht.
Shownotes
Links zum Lauftrack
EGL055 | Wanderung | Komoot
Allee der Kosmonauten (Berlin) – Wikipedia
Startseite | Schloss Biesdorf in Marzahn-Hellersdorf
Links zur Episode
Solaris - Eine vergleichende Analyse der Verfilmungen von Andrei Tarkowski (1972) und Steven Soderbergh (2002)
RZ012 Sigmund Jähn | Raumzeit
Joseph Kosuth: One and Three Chairs (1965)
And death shall have no dominion
SOLARIS (2002) - Official Movie Trailer
Solaris 2002 auf IMDB
The Thing from Inner Space by Slavoj Zizek, 1999
Solaris (2002) movie script
Mitwirkende
Micz Flor
(Erzähler)
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Florian Clauß
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Micz möchte „seine“ Episode unseres Dreiteilers zu Solaris nutzen, um den gleichnamigen Planeten in Stanisław Lems gleichnamigen Buch „Solaris“ mit dem „Realen“ in der psychoanalytischen Theorie von Jacques Lacan zu alignen.
Joseph Kosuth: „One and Three Chairs“ (1965)
Der Weg dorthin führt über die Arbeit des Künstlers Joseph Kosuth „One and Three Chairs“ aus dem Jahr 1965, mit deren Hilfe zwei der drei zentralen Konzepte Lacans – des Imaginären, Symbolischen und Realen – gut reflektiert werden können. In Joseph Kosuths Arbeit „One and Three Chairs“ sind drei verschiedene Darstellungen eines Stuhls zu sehen, die zusammen die konzeptuelle Natur von Kunst und Sprache untersuchen. Ein physischer, dreidimensionaler, „echter“ Stuhl (nicht zu verwechseln mit Lacans „Realem“, s.u.) ist ein gewöhnliches Alltagsobjekt, das direkt vor dem Betrachter steht. Eine zweidimensionale, schwarz-weiße Fotografie des Stuhls zeigt den aufgestellten Stuhl aus einer bestimmten Perspektive und bietet eine visuelle Repräsentation des Objekts. Als drittes sehen wir an der Wand eine Texttafel mit der Definition des Wortes „Stuhl“ aus einem Wörterbuch. Die Definition erklärt in sprachlicher Form, was ein Stuhl (wie der in der Arbeit als Objekt und Fotografie anwesende) ist.
Das Imaginäre bei Lacan bezieht sich auf die Welt der Bilder und Vorstellungen, die unser Selbstbild und unsere Wahrnehmung der Realität formen. Die Fotografie des Stuhls in Kosuths Arbeit stammt aus dieser Welt.
Das Symbolische bezieht sich auf die Welt der Sprache, Zeichen und sozialen Strukturen. Es ist die Ordnung, die unsere Wahrnehmung durch Regeln und Bedeutungen formt. Die Definition des Wortes „Stuhl“ lässt sich mit dem Symbolischen alginen. Die Definition das sprachliche Symbol für das Objekt ist, eine strukturierte Bedeutungen des Begriffs „Stuhl“.
Naheliegend wäre den dreidimensionalen Stuhl als das „Reale“ zu sehen. Da ist er ja, der Stuhl. Doch genau das Gegenteil ist der Fall…
Lacans Konzept des „Realen“ und Lems „Solaris“
Das „Reale“ bei Lacan bezeichnet das, was außerhalb der symbolischen Ordnung liegt und sich der vollständigen Erfassung durch Sprache und Bedeutungsstrukturen entzieht. Es ist das Unfassbare und Unvorstellbare, das jenseits unserer bewussten Wahrnehmung und kognitiven Strukturierung existiert. Das Reale bricht oft als traumatisches oder störendes Element in die symbolische und imaginäre Ordnung ein, was die Grenzen unseres Verständnisses und unserer Kontrolle offenbart.
Wer aufmerksam die anderen beiden „Solaris“-Folgen gehört hat, weiß: Stanisław Lem wollte mit dem Buch „Solaris“ etwas darstellen, das uns Menschen so fremd ist, dass es (mit den Worten des Realen bei Lacan) unfassbar, unvorstellbar, jenseits unserer bewussten Wahrnehmung und kognitiven Strukturierung liegt. Und im gleichen Zug wollte der Autor das „Menschliche“ darstellen, das versucht sich immer wieder in allen Ecken und Enden des Universums zu spiegeln und zu finden.
Weitere Parallelen zwischen Lems Planeten und Lacans Realem, die sich aus der Geschichte herleiten lassen, sind nach Micz:
Unzugänglichkeit
Der Planet Solaris wird von einem ozeanischen Wesen bedeckt, dessen Natur und Absichten unverständlich und unergründlich für die Menschen sind. Die Forscher auf der Raumstation sind nicht in der Lage, Solaris‘ Geheimnisse vollständig zu entschlüsseln oder eine klare Kommunikation mit ihm herzustellen. Das Reale bei Lacan ist ein Bereich der menschlichen Erfahrung, der jenseits der symbolischen Ordnung (Sprache, gesellschaftliche Normen) und des Imaginären (Bilder, Vorstellungen) liegt. Es ist das, was sich dem Verständnis und der Symbolisierung entzieht und daher als unzugänglich und unergründlich gilt.
Konfrontation mit dem Unbewussten
Der Ozean von Solaris materialisiert die tiefsten Ängste, Schuldgefühle und unerfüllten Wünsche der Forscher, indem er physischen Gestalten dieser inneren Konflikte schafft. Diese „Gäste“ konfrontieren die Menschen mit ihrem eigenen Unbewussten. Das Reale bei Lacan konfrontiert das Subjekt mit Aspekten seines eigenen Unbewussten, die nicht in die symbolische Ordnung integriert sind. Es kann traumatische Erlebnisse und verdrängte Inhalte umfassen, die plötzlich und oft schockierend ins Bewusstsein dringen.
Grenzen der Sprache
Die Forscher auf Solaris stoßen immer wieder an die Grenzen ihres Wissens und ihrer Sprache. Sie können das Wesen von Solaris nicht adäquat beschreiben oder kategorisieren. Dies zeigt die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis und Sprache angesichts eines radikal Anderen. Das Reale bei Lacan ist das, was außerhalb der Grenzen von Sprache und Wissen liegt. Es kann nicht vollständig in symbolische Begriffe gefasst werden, sondern bleibt immer ein Exzess, der nicht vollständig erfasst oder verstanden werden kann.

Jun 20, 2024 • 1h 5min
EGL054 Solaris von Andrei Tarkowski – Eine Erlösungsgeschichte in ausserirdischer Kulisse
Satorius: „Sie sind keine Frau, Harvey ist tot. Sie sind eine mechanische Wiederholung, eine Kopie, eine Matrize!”
Harvey: „Ja, schon möglich. Aber ich werde zu einen Menschen. Ich kann schon auskommen ohne Kris. Ich liebe ihn, ich bin ein Mensch.”
Wir setzen unsere Reihe Solaris direkt fort und wir setzen unsere vorherige Episode zu Solaris als bekannt voraus. In dieser Folge begeben wir uns in den Kunstfilm der Sowjetunion: Andrei Tarkowski verfilmte Solaris 1972 mit geringem Budget. Dennoch wurde der dritte Film des Regisseurs von der Kritik als Meisterwerk gefeiert. Tarkowski hat eine eigene Filmsprache entwickelt, die er auch in diesem Film weiter ausbaut. Wir sind uns nicht ganz einig, ob wir das Genre hypnotischer oder meditativer Film nennen möchten oder einfach bei Slowcinema bleiben. Die Wirkung von Tarkowskis Film ist körperlich spürbar, auch wenn der Film, wie es Flo zur Vorbereitung gemacht hat, in 1,5-facher Geschwindigkeit läuft. Der Akt des Zuschauens wird zu einem kartharsischen Akt, der Film nimmt uns mit auf eine innere und äußere Reise des Protagonisten Kris Kelvin. Tarkowski lässt die ersten 40 Minuten des Films auf der Erde spielen, auf dem Stück Heimat von Kris, wo wir seinen Vater, seine Tante und seine Kinder kennenlernen. Und auch ein Stück Solaristik, die wissenschaftliche Lehre, die sich um den rätselhaften Ozean auf Solaris gebildet hat, in Gestalt eines engen Freundes des Vaters, Berton, der die ersten unwirklichen Erfahrungen auf dem Planeten Solaris gemacht hat. Der Ozean erscheint in Tarkowskis Solaris als wolkenverhangenes Meer, das sich gelegentlich zu Strudeln aufbäumt. Der Film hält sich streckenweise recht eng an die Romanvorlage. Die Kernaussage geht aber in eine andere Richtung, die Lem missfiel. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Kris' Beziehung zu seiner ehemaligen Geliebten Harvey. Harvey taucht als Gast von Kris auf der Raumstation Solaris auf, und es entwickelt sich eine neue Liebe, die nicht ganz der Vorlage von Stanislaw Lem entspricht. Harvey ist sich ihrer unnatürlichen Herkunft bewusst und entwickelt eine eigene Identität. Tarkowski wirft in seiner Verfilmung die Frage auf, inwieweit das Menschliche in einer unmenschlichen Umwelt Bestand haben kann. Dieses Spannungsverhältnis überträgt er auf sein Figurenensemble und schafft so eine Erlösungsgeschichte mit anthropozentrischer Perspektive in einem außerirdischen Raum. Stansilav Lem kritisierte die Reduktion des Stoffes auf ein "Familienmelodram". Tarkowski konzentrierte sich eher auf Schuld, Verantwortung und Metaphysik statt auf Lems erkenntnistheoretische Fragen. Die Liebe wird als identitätsstiftende Kraft inszeniert. Dies kulminiert in einer Szene in der Bibliothek, als die einsetzende Schwerelosigkeit das ineinander verschlungene Paar Harvey und Kris ikonenhaft in die Höhe schweben lässt, umrahmt von kulturellen Interior und Relikten wie Bildern und Büchern. Auch wir fühlen uns auf unserer Wanderung wie in einem Zwischenraum, denn die Hauptstraße, die uns nach Marzahn führt, ist für den Verkehr komplett gesperrt. Auch auf der Straße treffen wir mitten in der Woche keine Menschen. Mit Blick auf die Skyline von Marzahn und die menschenleeren Straßen fühlen wir uns wie in einem dystopischen Filmszenario, das perfekt zur Stimmung von Solaris passt.
Shownotes
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EGL054 | Wanderung | Komoot
Links zur Episode
Andrei Arsenjewitsch Tarkowski – Wikipedia
Solaris (1972) – Wikipedia
Iwans Kindheit – Wikipedia
Andrej Rubljow (Film) – Wikipedia
Stalker (Film) – Wikipedia
Flußfahrt mit Huhn – Wikipedia
Slow cinema - Wikipedia
Hypnose – Wikipedia
Europa (1991) – Wikipedia
Lars von Trier – Wikipedia
Ulrike Ottinger – Wikipedia
Jacques Lacan – Wikipedia
Schimmel (Pferd) – Wikipedia
2001: Odyssee im Weltraum – Wikipedia
Stanley Kubrick – Wikipedia
28 Days Later – Wikipedia
Die Jäger im Schnee – Wikipedia
Solaris - Rezension von Ulrich Behrens
Solaris - Rezension von Klaus Kreimeier
Mitwirkende
Florian Clauß
(Erzähler)
Bluesky
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Andrei Tarkowski (1932-1986) gilt als einer der einflussreichsten Filmemacher des 20. Jahrhunderts. Sein Werk zeichnet sich durch eine einzigartige, poetisch-philosophische Ästhetik aus, die das Medium Film auf eine metaphysische Ebene hebt. Tarkowski stammte aus einer Künstlerfamilie – sein Vater war der renommierte Dichter Arsenij Tarkowski. Nach dem Studium am Moskauer Staatlichen Institut für Kinematographie drehte er 1962 seinen ersten Spielfilm „Iwans Kindheit“, der auf den Filmfestspielen in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Sein Schaffen ist geprägt von existenziellen Fragen über Sinn, Identität und die Conditio humana. Dabei bedient er sich einer langsamen, meditativen Erzählweise. Lange, statische Einstellungen und eine reduzierte, metaphernreiche Bildsprache verleihen seinen Werken eine transzendente, geradezu spirituelle Qualität. Filme wie „Andrej Rubljow“, „Der Spiegel“ oder „Stalker“ zählen zu den Meisterwerken des metaphysischen Kinos.
In Tarkowskis Adaption des Romans von Stanisław Lem reist der Psychologe Kris Kelvin zur Raumstation, die den Planeten Solaris erforscht. Hier trifft er auf eine Crew, die von unheimlichen Erscheinungen heimgesucht wird – Inkarnationen aus ihrer Vergangenheit und Erinnerungen. Als auch Kris‘ verstorbene Frau Hari auftaucht, wird er in eine existenzielle Krise gestürzt und muss sich seiner Schuld und Reue stellen. Während Tarkowski sich größtenteils nahe an Lems Handlung hält, weicht sein Film in entscheidenden Punkten davon ab. Zum einen verleiht er Kelvin eine familiäre Vorgeschichte, die im Roman keine Rolle spielt. Zum anderen reduziert er Lems detailreiche Erkundung der wissenschaftlichen Grundlagen und fokussiert sich auf die psychologischen und metaphysischen Dimensionen. Das offene Romanende, in dem Kelvin auf der Solaris-Station verbleiben möchte, wird von Tarkowski durch eine kosmische Vision der Harmonie ersetzt.
Kelvin sieht sich mit seiner Schuld konfrontiert und wird durch die Begegnung mit dem Anderen, in Form seiner verstorbenen Frau, einer Läuterung unterzogen. Diese Fokussierung auf die menschliche Liebe als Instrument eines Heilsplans steht im Kontrast zu Lems erkenntnistheoretischen Fragen. Die desolate Raumstation, in der ein Großteil der Handlung spielt, symbolisiert den Zustand moralischen und geistigen Zerfalls der Zivilisation. Andererseits finden sich Räume wie eine prächtig ausgestattete Bibliothek – Ausdruck von Tarkowskis Kunstidolatrie und des Versuchs, Kultur und Humanität inmitten der technischen Ödnis zu bewahren.
„Solaris” kann auch als selbstreflexives Werk über die Rolle des Künstlers betrachtet werden. Ähnlich wie in „Stalker” vermittelt der Künstler zwischen den Sphären, lässt das Unbewusste und Transzendente in die materielle Welt eindringen. Tarkowski projiziert in „Solaris” eine anthropozentrische „Erlösungsgeschichte” in den Weltraum.

Jun 6, 2024 • 2h 22min
EGL053 Solaris von Stanisław Lem - der Ozean als Optimierungs-Engine: der Roman von 1961 im KI-Zeitalter
"Wir möchten einen unbekannten aber existierenden Planeten erforschen, stattdessen untersuchen wir Menschen." Snaut, Kybernetiker
Das dritte Jahr "Eigentlich Podcast" beginnen wir mit einer Solaris-Trilogie. In dieser ersten Episode geht es um den Science-Fiction-Roman "Solaris" von Stanisław Lem (1961); in den folgenden um die Verfilmungen des Stoffs durch Andrei Tarkowski (1972) und Steven Soderbergh (2002). Der Roman "Solaris" spielt auf einer Raumstation, die den gleichnamigen, mysteriösen Planeten erforscht. Im riesigen Ozean, der Solaris bedeckt, scheint eine außerirdische Intelligenz verortet zu sein. Der Psychologe Kris Kelvin landet zu Beginn der Erzählung auf der Forschungsstation, von der aus sein Kollege Gibarian ihn zu Hilfe gerufen hatte. Doch Gibarian hat sich am Tag vor Kelvins Ankunft umgebracht, sagt Snaut, einer der beiden verbliebenen Forscher auf der Station. Es bleibt unklar, was vorgefallen ist und was Kelvin jetzt tun sollte oder hätte tun sollen. In diesem Schwebezustand erfahren wir viel über die inzwischen 100-jährige "Solaristik", die Spekulationen und Erforschung der wilden Phänomene des Ozeans. Dann erscheint eine Replik von Kelvins verstorbener Geliebten, was ihn zwingt, sich seinen eigenen inneren Dämonen zu stellen. Bald erfahren wir, dass die anderen beiden auch "Gäste" haben, wie sie die von Solaris erschaffenen, menschenähnlichen, doppelgängerhaften Kopien nennen. Das Buch untersucht Themen wie das Wesen des Bewusstseins, die Grenzen der menschlichen Erkenntnis und die Schwierigkeit, das Fremde zu verstehen. Was wir bei "Eigentlich Podcast" so noch nicht gemacht haben: Alle drei Folgen zeichnen wir in einer langen Wanderung durch Berlin auf – während wir, wie immer, "beim Laufen reden und laufend reden". Flo hat eine Tour geplant, die uns von den verwachsenen Grünflächen und Grabsteinen bei Herzberge, entlang übergroßer Rohrsysteme zur abgesperrten sechsspurigen Stadtautobahn in Marzahn führt. Berlin und Solaris verschmelzen beim Wandern wie in einem Fiebertraum. Und wir erkennen: jetzt sind auch wir "Solaristen" als Teil jener Gruppe, die seit Jahren spekuliert worum es bei Solaris eigentlich geht...
Shownotes
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EGL053 | Wanderung | Komoot
Allee der Kosmonauten (Berlin) – Wikipedia
Landschaftspark Herzberge – Wikipedia
Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge – Wikipedia
Links zur Episode:
Stanisław Lem – Wikipedia
Solaris (Roman) – Wikipedia
https://web.archive.org/web/20080507043937/http://www.stanislaw-lem.de/biographie/biographie.shtml
https://web.archive.org/web/20021201193654/http://www.botschaft-polen.de/literatur/lem.html
Pilot Pirx – Wikipedia
Sterntagebücher – Wikipedia
Ijon Tichy: Raumpilot – Wikipedia
https://web.archive.org/web/20070106230419/http:/www.bildwerke-berlin.de/index.html
Der futurologische Kongreß – Wikipedia
Humanismus – Wikipedia
Anthropomorphismus – Wikipedia
Prager Fernsehturm – Wikipedia
Brutalismus – Wikipedia
„Intelligenz ist ein Rasiermesser.“ Stanislaw Lem im Interview mit Patrick Grossmann
Solaris von Stanisław Lem — Zusammenfassung
Stanislaw Lem: Solaris - Astron Alpha - Science-Fiction-Besprechungen
Apokryphen – Wikipedia
Dreikörperproblem – Wikipedia
Die drei Sonnen – Wikipedia
Begriffe der Dune-Zyklen – Wikipedia
Dead Media Project - Wikipedia
Kybernetik – Wikipedia
"Die Mondnacht" von Stanislaw Lem - Hörspiel Pool | BR Podcast
Neutrino – Wikipedia
Neutrinoobservatorium – Wikipedia
Reverse Engineering – Wikipedia
Higgs-Boson – Wikipedia
Potemkinsches Dorf – Wikipedia
42 (Antwort) – Wikipedia
Large Language Model – Wikipedia
Die Nacht (1961) – Wikipedia
Picknick am Wegesrand – Wikipedia
Slavoj Zizek-Bibliography/The Thing from Inner Space/Lacan Dot Com
Солярис (1968)/Solaris (1968)
Mitwirkende
Florian Clauß
Bluesky
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Der Ozean auf Solaris ist eine riesige Rechenstation
Der Roman beginnt mit einer Erklärung, dass der Planet Solaris, der zwei Sonnen umkreist, eine instabile Bahn aufweist. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass diese Bahn seit der Beobachtung des Planeten durch die Solaris-Forscher immer wieder korrigiert wird, sodass eine stabile Umlaufbahn entsteht. Dies deutet darauf hin, dass eine intelligente Form existiert, die jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt. Eine Analyse des Romans lässt den Schluss zu, dass der Ozean eine riesige Rechenmaschine ist, die durch Masseverlagerungen die Bahn des Planeten entsprechend der Korrekturberechnungen beeinflusst. Auch die von der Solaristik beobachteten und kategorisierten Ausformungen wie Symmetriaden und Asymmetriaden, die gigantische Ausmaße annehmen können, lassen sich daraufhin als Ausdruck für die Bahnberechnung und Schwerkraftverlagerung deuten. Bemerkenswert ist, dass diese These in der Solaristik nicht thematisiert wird, obwohl sie im Buch in den dort dargestellten Diskursen eine zentrale Rolle spielt. Lem demonstriert in diesem Werk die menschliche Sinnsuche und das Scheitern. Diese können wir auf unsere heutige Zeit übertragen: Versuche von Deutungen bestimmter Phänomene, deren Beweise uns fehlen.Im Folgenden gehen wir davon aus, dass dies zutrifft: Die größte Zeit ist der Ozean damit beschäftigt, Berechnungen und Bahnkorrekturen anzustellen. Die Ausbuchtungen könnten sowohl als Rechenprozessierung wie auch als Ergebnis interpretiert werden, wobei letzteres durch Gewichtsverlagerungen dargestellt wird. Die Rechenprozessierung wird durch die gleichmäßigen Formen, den Symmetriaden, unterstrichen, die eine symmetrische Gesetzmäßigkeit in der Mathematik, beispielsweise in der Fibunacci-Reihe oder in Primzahlenmustern, widerspiegeln könnten. Die Asymmetriaden könnten dem chaotischen System in einem Drei-Körper-Problem entsprechen.
Dies würde bedeuten, dass der Ozean zu einem beträchtlichen Teil mit der Lösung dieser Aufgabe beschäftigt wäre. Es stellt sich die Frage, warum diese Vorfälle auf der Station geschehen,d.h. die Gäste erscheinen. Lässt sich diese Beobachtung durch eine gewisse Überkapazität des Ozeans erklären? Eine spielerische Form des Umgangs mit den außerirdischen Besuchern von „Solaris”?Zunächst ist festzustellen, dass der Ozean keine feindseligen Aktionen gegenüber den Forschern unternommen hat. Die einseitige Kommunikation scheint die Forscher bis zum Zerbrechen zu beschäftigen. Die Opfer auf Solaris sind stets auf Unfälle zurückzuführen, die sich aus einer Kombination von Unvorsichtigkeit und Unvorhersehbarkeit entwickelt haben. Ein Übergriff des Ozeans kann somit ausgeschlossen werden.Lem lässt in seinem Roman häufig Leerstellen, um größtmöglichen Raum für Interpretationen zu schaffen und auch, um nicht in dramaturgische Erklärungsversuche abtauchen zu müssen. Ein weiteres Beispiel für die von Lem angewandte Methode ist die interstellare Raumfahrt. Die Frage, warum die Gäste auf der Station auftauchen, bleibt jedoch offen. Der Ozean könnte die Gäste erschaffen, um die psychologischen und emotionalen Reaktionen der Menschen zu studieren. Die Materialisierung dieser inneren Aspekte der Wissenschaftler könnte dazu dienen, Daten über das menschliche Bewusstsein und Verhalten zu sammeln. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass der Ozean eine Kommunikation mit den Menschen anstrebt. Aufgrund seiner fremdartigen Intelligenz nutzt er die menschlichen Erinnerungen und Emotionen, um eine Verbindung herzustellen. Die Gäste könnten als Kommunikationsmittel dienen, auch wenn sie für die Menschen oft traumatisch und verwirrend sind. Die Methode der Entstehung der Gäste kann von der Besatzung der Solaris teilweise wissenschaftlich nachvollzogen werden: Die Gäste werden über eine unbekannte Neutrino-Struktur erzeugt, die sich selbst regenerieren kann. Es lässt sich vermuten, dass der Ozean eine Technik entwickelt hat, die über Reverse Engineering die kleinsten Teilchen des Körpers, Zellen, Moleküle und Atome durch noch kleinere Teilchen, die Neutrinos, simulieren kann. Dabei scheinen sich die simulierten Teile wie natürliche zu verhalten. Die Gäste verhalten sich menschlich, sie haben Gefühle, essen und trinken wie richtige Menschen. Sie sind jedoch auch unzerstörbar und können verstörende Kräfte entwickeln.
Der Ozean hat diese Gäste aus den Köpfen der Besatzung herausgelesen. Das ist das Eigentliche Unglaubliche, was Lem hier für ein Artefakt erschafft. Wie kann es möglich sein, die traumatischen Erfahrungen der Protagonisten zu entschlüsseln? Eine Antwort ist aus einer starken Traumatisierung heraus, denn alle erschienen Gäste weisen eine sehr starke emotionale Bindung mit den Wirten auf. Diese Informationen sind also für den Ozean lesbar, mehr noch, regenerierbar.Wenn wir davon ausgehen, dass die Hauptaufgabe des Ozeans die Bahnberechnungen sind, dann erleben wir mit der Erschaffung der Gäste seine wirkliche Dimension und technische Macht. Wir unterstellen dem Ozean eine Mission, Dinge auf die rechte Bahn zu bringen, also eine Art überdimensionale Korrekturmaschine zu sein, deren Motivation und Wege nicht erschließbar sind. Diese Maschine identifiziert in den Menschen unkorrekte Felder und entwickelt eine Methode, diese Felder in Form von natürlichen Gestalten ans Licht zu bringen. Es lässt sich folgern, dass der Ozean möglicherweise eine helfende Funktion ausübt.
Eine weitere Betrachtung ist erforderlich: Es stellt sich die Frage, ob die Motivation des Ozeans in einer ethischen Entscheidung oder lediglich in der Umsetzung einer operationalen Option besteht. Dies könnte bedeuten, dass der Ozean Korrekturberechnungen an den Menschen vornimmt. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Ozean keine eigene Intelligenz ist, sondern lediglich ein Tool, welches von einer außerirdischen Intelligenz auf dem Planeten installiert wurde, um beispielsweise eine Technologie zur Bahnkorrektur von Planeten zu erproben. In diesem Fall wäre der Ozean eine von Außerirdischen erschaffene künstliche Intelligenz, die ähnlich unseren heutigen Large Language Models statistisch wahrscheinliche Lösungsoptionen anbietet. Ein Modell, das auf dem Planeten Solaris mit Dateninput trainiert wurde, also der Planetenlaufbahn und den Menschen. Da es sich jedoch um ein Modell handelt, kann es per se nicht in sinnvolle Kommunikation treten.
Die Übersetzung von Solaris
Es gibt zwei Übersetzungen in die Deutsche Sprache. Die einzige, die wir gelesen haben war die von Irmtraud Zimmermann-Göllheim, die sich manchmal sehr schwierig liest:
„Ich wartete, wann sich der erste Stern eintrüben sollte. Ich gewahrte es nicht.“
Teilweise findet Micz es sogar schwierig den Text inhaltlich zu verstehen, z.B. wenn sie schreibt:
„Ich bedauerte, daß es mir nicht geglückt war, den Prometheus noch zu sehen – er muß schon außer Sichtweite gewesen sein, als die automatische Vorrichtung das Sichtfenster öffnete.“
Zum Verständnis: es handelt sich bei „Prometheus“ um das Raumschiff, das Kelvin in die Nähe von Solaris gebracht hat.
Das ist die deutsche Übersetzung der BRD. Es gab auch noch eine der DDR im Verlag Volk und Welt, Berlin 1983 von Kurt Kelm. Diese Ausgabe haben wir aber nicht gefunden. Angeblich sei der Text stark überarbeitet worden, weil er so deprimierend wäre.
Außerdem gibt es zwei Englische Übersetzungen, die wir als Grundlage hatten. Die erste von Joanna Kilmartin und Steve Cox hat den Autoren nicht beglückt (würde Zimmermann-Göllheim vielleicht schreiben). Die Übersetzung von Bill Johnston aus dem Jahr 2017 bekommt viel Lob.
In der folgenden Tabelle haben wir einen Teil des ersten Kapitels einmal gegenüber gestellt.
Deutsch von Irmtraud Zimmermann-Göllheim 1972Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), München 1983Translated from French by Joanna Kilmartin and Steve Cox / Tranlsation (c) 1970 Faber and FaberHarvest Book, first edition published 1987Translated from Polish by Bill JohnstonPublished 2017Wann geht es los? – fragte ich und hörte etwas rascheln, so, als rieselten Körnchen von feinstem Sand auf eine Membran.Du fliegst schon, Kelvin. Alles Gute! – antwortete Moddards nahe Stimme.“When is lift-off?” As I asked, I noticed a rustling outside, like a shower of fine sand.“You’re on your way, Kelvin. Good luck!” Moddard’s voice sounded as close as before.“When do I take off?” I asked, hearing a rustling noise like fine grains of sand falling on a diaphragm.“You’re already in flight, Kelvin. Be well!” came Moddard’s voice in my ear.Bevor ich noch daran glaubte, tat sich gerade vor meinem Gesicht ein breiter Spalt auf, durch den ich die Sterne erblickte. Vergebens bemühte ich mich, Alpha des Wassermanns aufzufinden, zu dem der Prometheus entflog. Der Himmel in dieser Gegend der Galaxis sagte mir nichts, ich kannte auch nicht eine Konstellation, im schmalen Fenster war andauernd funkenblitzender Staub. Ich wartete, wann sich der erste Stern eintrüben sollte. Ich gewahrte es nicht. Sie wurden nur schwächer und schwanden, verschwammen im immer röteren Grund. Ich begriff, daß ich schon in den äußersten Schichten der Lufthülle war.A wide slit opened at eye-level, and I could see the stars. The Prometheus was orbiting in the region of Alpha in Aquarius and I tried in vain to orient myself; a glittering dust filled my porthole. I could not recognize a single constellation; in this region of the galaxy the sky was unfamiliar to me. I waited for the moment when I would pass near the first distinct star, but I was unable to isolate any one of them. Their brightness was fading; they receded, merging into a vague, purplish glimmer, the sole indication of the distance I had already travelled.Before I believed it, a broad gap opened up in front of my face, through which I could see stars. I tried in vain to spot Alpha Aquarii, towards which the Prometheus was now headed. The sky in this part of the Galaxy meant nothing to me; I didn’t know a single constellation, and all I saw through the porthole was glittering dust. I waited for the stars to start smoking. I didn’t get to see it. They merely began to fade and disappear, dissolving against a reddening background. I realized I was in the upper strata of the atmosphere.Steif, in die pneumatischen Polster eingemummt, konnte ich nur geradeaus schauen. Noch immer war kein Horizont da. Ich flog und flog und spürte es gar nicht, nur daß meinen Körper langsam, schleichend, Gluthitze überflutete. Draußen regte sich leises, durchdringendes Zwitschern wie von Metall über nasses Glas. Ohne die Ziffern, die im Fensterchen des Kontrollanzeigers sprangen, hätte ich mir gar nicht klargemacht, wie jäh ich fiel. Sterne waren nicht mehr da. Rostrote Helle füllte das Sichtfenster aus.My body rigid, sealed in its pneumatic envelope, I was knifing through space with the impression of standing still in the void, my only distraction the steadily mounting heat. Suddenly, there was a shrill, grating sound, like a steel blade being drawn across a sheet of wet glass. This was it, the descent. If I had not seen the figures racing across the dial, I would not have noticed the change in direction. The stars having vanished long since, my gaze was swallowed up on the pale reddish glow of infinity.Stiff in my cocoon of pneumatic cushions, all I could do was look straight ahead. There was still no horizon. I flew on, not feeling any movement, but slowly and insidiously my body grew hotter and hotter. Outside there arose a soft penetrating twitter like the sound of metal against wet glass. If it weren’t for the numbers flashing on the gauge I wouldn’t have been aware of the speed of my descent. The stars were gone. The porthole was filled with a ruddy-colored brightness.Ich hörte den eigenen Puls schwer gehen. Das Gesicht brannte, im Nacken spürte ich den kalten Luftzug von der Klimaanlage; ich bedauerte, daß es mir nicht geglückt war, den Prometheus noch zu sehen – er muß schon außer Sichtweite gewesen sein, als die automatische Vorrichtung das Sichtfenster öffnete.I could hear my heart thudding heavily. I could feel the coolness from the air-conditioning on my neck, although my face seemed to be on fire. I regretted not having caught a glimpse of the Prometheus, but the ship must have been out of sight by the time the automatic controls had raised the shutter of my porthole.I could hear the heavy beat of my own pulse. My face burned; on my neck I felt cold blowing from the air conditioning. I regretted not having managed to see the Prometheus—it must have been out of sight by the time the porthole automatically opened.Die Kapsel zuckte einmal und noch einmal, vibrierte unerträglich, dieses Zittern ging durch alle Isolierhüllen, durch die Luftpolster, und drang tief in meinen Körper- der blaßgrüne Umriß des Kontrollanzeigers verwischte sich. Ich betrachtete das ohne Angst. Nicht um am Ziel zugrundezugehen kam ich von so weit hergeflogen.The capsule was shaken by a sudden jolt, then another. The whole vehicle began to vibrate. Filtered through the insulating layers of the outer skins, penetrating my pneumatic cocoon, the vibration reached me, and ran through my entire body. The image of the dial shivered and multiplied, and its phosphorescence spread out in all directions. I felt no fear. I had not undertaken this long voyage only to overshoot my target!The capsule shuddered once and twice, vibrated in a disagreeable way; the shaking passed through all the layers of insulation and cushions and entered deep into my body. The green face of the gauge grew hazy. I stared at it without being afraid. I hadn’t come all this way only to perish at my destination.Vergleich der deutschen und englischen (aus dem französischen!) Übersetzung von Solaris, Teil des ersten Kapitels.

May 23, 2024 • 1h 8min
EGL052 Darum klingen handgewickelte Tonabnehmer wirklich besser: die Rolle parasitärer Kapazität und Kondensatoren bei "scatter wound pickups" E-Gitarren | Stromgitarre Teil 3
"Ein Tonkondensator ist im Prinzip nichts anderes als ein frequenzabhängiger Widerstand." -- Das Rockinger-Manual
In dieser Episode geht es um Tonabnehmer (im englischen: Pickups) und die Frage, ob wissenschaftlich belegt werden kann, dass handgewickelte -- bzw. „scatter wound“ -- Tonabnehmer angeblich besser klingen als maschinell gefertigte. Die Antwort ist: Ja, den gibt es und er hat mit der Kapazität zu tun, die einer Spule innewohnt, die parasitäre Kapazität. Fast jede E-Gitarre hat mindestens einen Kondensator fest verbaut, der mit seiner Kapazität für die Veränderung der Klangfarbe (Tone) genutzt wird. Deshalb beginnt Micz mit einer bildhaften Erklärung zu veranschaulichen wie Kondensatoren funktionieren. Und im Anschluss darain die Kapazität einer Spule zu erklären -- und wie diese den Klang beschneidet. Dass es sich dabei um die "parasitäre Kapazität" handelt, die weiter unten im Blog erklärt wird, findet er erst später heraus. Doch bevor wir ins Detail gehen, beginnen wir diese Episode am Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg und plaudern über die 1990er Jahre, die Walpurgisnacht am Helmholtzplatz und Kollwitzplatz und die Swing-Band der Polizei. Eine Verzögerungstaktik von Micz, der Flo nicht wieder mit E-Gitarren langweilen will? Auf der Tour gelangen wir schließlich in den Mauerpark, wo wir reichlich Anschauungsmaterial für Tonabnehmer bei Gitarren finden -- von Danelectro Lipstick Pickups über Piezo und Coils -- die dort beim Busking aktiv sind. Die Tour endet am Gesundbrunnen. Und beginnt inhaltlich jetzt erst für die, die "Play" drücken, um zu erfahren wie die Kapazität in Spulen und Kondensatoren das Klangbild ihrer E-Gitarren beeinflusst.
Shownotes
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EGL052 | Wanderung | Komoot
Link zur Episode
Über den 'gravierenden Wandel, den das Untersuchungsquartier Helmholtzplatz in Berlin Prenzlauer Berg in den letzten 20 Jahren erlebt hat', MASTERARBEIT, Susanne Lehner, Wien, 2010
'Entwicklungen im Quartiersmanagementgebiet Helmholtzplatz' in: Handbuch zur Partizipation der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2012, S. 287
Geschichte der Walpurgisnacht in Berlin: Hexentänze und Punk-Partys, in: online TIP-Berlin 2024
Die Geschichte des revolutionären 1.Mai in Berlin, autox.nadir.org
CyberTattoo - The Machine
Potis und Kondensatoren | Das Rockinger Manual | | Rockinger Guitars
Kondensator (Elektrotechnik) – Wikipedia
What are Lipstick Pickups? Here’s All You Need to Know
Alles über Tonabnehmer für die Akustikgitarre - Bonedo
Mitwirkende
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EGL012 Stromgitarre: Faszination und Melancholie der E-GitarrenEGL023 Eigentliches Tonabnehmer-Wissen in Stromgitarre Teil 2: Single-Coil, Humbucker, Coil-Tapping -Splitting, Magnete, Spulen, Alumitone Pickups.EGL057 Ist der Sommer so schön wie die Fender Telecaster Thinline, klangvoll wie ein P-90 Pickup und werden wir ihn vermissen wie ich meine grüne SG Copy? Stromgitarre Teil 4
Schwer verständlich scheint auf den ersten Blick, dass es einen klanglichen Unterschied machen soll, wenn die Saite einer Gitarre über einer Spule schwingt, die wie fein gekämmt von einer Maschine gewickelt ist oder eher Kreuz und Quer von Hand. Wenn ich einen Tonabnehmer wickel, dann sind die Variablen, die den Ton beeinflussen die Dicke des Drahts, die Stärke des Magnetfeldes, der Abstand der Spule vom Zentrum, die Höhe und Breite der Spule, Single Coil oder Humbucker, usw. usf. Aber ist es nicht Jacke wie Hose, wie die Spule gewickelt ist? Nein, ist es nicht. Und warum „scatter wound“ mehr Frequenzen transportieren kann, darum handelt diese Folge.
Um genauer zu verstehen, wie die Art der Wicklung wirkt, möchte ich zuerst erklären was Kapazität bedeutet und fange deshalb bei dem Bauteil an, was in fast jeder Gitarre ist — und dessen Kapazität gewünscht ist:
Wie beeinflusst der Kondensator die Klangfarbe bei E-Gitarren?
Ein Kondensator ist ein passives elektronisches Bauelement, das elektrische Energie in einem elektrischen Feld speichert. Die grundlegende Struktur eines Kondensators besteht aus zwei elektrisch leitenden Platten, die durch ein dielektrisches Material getrennt sind. Dieses Material stellt sicher, dass durch einen Kondensator kein Strom fließen kann, sondern zwischen den Platten nur Ladung gespeichert wird.
Die Kapazität, die in Farad (F) gemessen wird, ist ein Maß für die Fähigkeit des Kondensators, Ladung zu speichern, und hängt von der Fläche der Platten, dem Abstand zwischen ihnen und dem Dielektrikum ab. Wenn eine Spannung an den Kondensator angelegt wird, sammeln sich positive Ladungen auf einer Platte und negative Ladungen auf der anderen. Diese Ladungsspeicherung erzeugt ein elektrisches Feld zwischen den Platten. Der Kondensator kann dann Energie in diesem Feld speichern und sie bei Bedarf wieder abgeben. Diese „Speicherung“ ist aber nicht das, worum es in der E-Gitarre geht.
Kondensatoren wirken auf die Frequenzen von Wechselstrom in der E-Gitarre ein
Ein wesentliches Merkmal eines Kondensators ist, dass er Gleichstrom (DC) blockiert und Wechselstrom (AC) durchlässt. Letzteres macht ihn zu einem wichtigen Bauelement in elektronischen Filterschaltungen, wie z.B. der Klangregulierung in der E-Gitarre.
In E-Gitarren wird der Kondensator hauptsächlich im Tone-Regelkreis verwendet, um die Klangcharakteristik des Instruments zu beeinflussen. Diese Anwendung basiert auf der Fähigkeit des Kondensators, als Frequenzfilter zu fungieren. Hier sind die wesentlichen Aspekte, wie ein Kondensator zur Tonveränderung eingesetzt wird:
Üblicherweise in Verbindung mit einem variablen Widerstand (Potentiometer) bildet der Kondensator einen Hochpass-Filter. Dies bedeutet, dass hohe Frequenzen den Kondensator passieren können, während tiefe Frequenzen blockiert werden. Im Podcast erkläre ich das bildhaft mit einem Flussbett, in dem am Boden eine kleine Rille eingezogen ist.
Wenn große Wellen durch das Flussbett gleiten (die Bässe), dann hat diese Rille keinen Einfluss. Bei kleinen Wellen (und genau genommen hochfrequenteren) lässt sich veranschaulichen, wie eine kleine Welle von dieser Rille quasi auch mal verschluckt werden kann. Sie erreicht die andere Seite der Rille nicht.
So ist es mit dem Kondensator, der im Wechselstrom dafür sorgt, dass die Ladung, die hochfrequent hin und her rauscht, den Kondensator sozusagen durchfließen kann. Nicht die Elektronen selbst, aber die Schwinungung derselben. Über den Poti werden die hohen Frequenzen dann zur Masse abgeführt.
Der Wert des Kondensators (gemessen in Mikrofarad, µF) beeinflusst, wie viele hohe Frequenzen herausgefiltert werden. Kleinere Werte lassen mehr Höhen durch, während größere Werte mehr Höhen abschneiden. Übliche Werte für Tonkondensatoren in E-Gitarren liegen zwischen 0,022 µF und 0,047 µF.
Wie beeinflusst die parasitäre Kapazität den Klang eines Tonabnehmers?
Noch mal zur Erinnerung: Tonabnehmer in E-Gitarren bestehen aus Spulen, in denen Draht mehrfach um einen Magnetkern gewickelt wird. Diese Spulen wandeln die mechanischen Schwingungen der Saiten in elektrische Signale um.
Eine Spule hat immer eine Kapazität, die nicht immer erwünscht ist. Man nennt sie die parasitäre Kapazität. Diese Kapazität entsteht aufgrund der Anordnung und Nähe der Drahtwicklungen zueinander. Wenn die Drahtwicklungen sehr parallel und dicht beieinander liegen, wie es oft bei maschinell gefertigten Tonabnehmern der Fall ist, erhöht sich die parasitäre Kapazität. Diese Kapazität kann dann als Hochpassfilter wirken, der hohe Frequenzen im Signal dämpft. Das führt zu einem Verlust an Höhen und einem weniger klaren Klang.
Warum klingen handgewickelte („Scatter Wound“) Tonabnehmer besser?
Handgewickelte Tonabnehmer, oft als „scatter wound“ bezeichnet, haben eine unregelmäßigere Drahtanordnung. Dies wird erreicht, indem der Draht beim Wickeln bewusst zufällig verteilt wird. Diese unregelmäßige Anordnung reduziert die parasitäre Kapazität der Spule. Hier sind die wesentlichen technischen Aspekte:
Reduzierte parasitäre Kapazität: Durch die weniger parallele Anordnung der Drähte in handgewickelten Spulen entsteht eine geringere Kapazität zwischen den Wicklungen. Dies bedeutet, dass weniger hohe Frequenzen gefiltert werden.
Erhalt hoher Frequenzen: Da die parasitäre Kapazität reduziert ist, bleibt das Signal der hohen Frequenzen weitgehend intakt. Das führt zu einer verbesserten Präsenz und Brillanz im Klang der Gitarre.
Inzwischen gibt es viele Wege ein Signal auch „aktiv“ aufzumotzen, aber das ist ein anderes Thema für eine andere Episode. Wichtig für diese ist festzuhalten: nur die Frequenzen, die der passive Tonabnehmer weiterleitet, können auch verstärkt und/oder bearbeitet werden. Deshalb sind handgewickelte („Scatter Wound“) Tonabnehmer klanglich reichhaltiger und haben einen größeren Frequenzverlauf.

May 9, 2024 • 1h 13min
EGL051 Obskure Lebensgemeinschaften in der Tiefsee
"Evolution is a process of constant branching and expansion."
Stephen Jay Gould
Während wir durch den grünen Weg vom Velodrom zum Prenzlauer Berg flanieren, reflektieren wir über die Entstehung unseres Podcasts und die Verbindung unserer Laufstrecken zu unseren Themen. Dann stellt Flo sein Thema vor, ihn hat die Tiefsee vom letzten Mal nicht losgelassen. Doch bevor wir in die obskure Welt der symbiotischen Beziehungen in der Tiefsee absteigen, möchte Flo als Mindset für diese Folge die Arbeit des Evolutionsbiologen Stephen Jay Gould mitgeben: Der Begriff der Evolution impliziert nicht zwangsläufig einen Fortschritt. In der Natur gibt es keine Entwicklung vom Niederen zum Höheren. Stattdessen sind alle Phänomene gleichwertig. Gould verwendet in diesem Zusammenhang das Bild eines Busches, der sich in alle Richtungen ausbreitet. Flo präsentiert in dieser Podcast-Folge drei Beispiele für symbiotische Gemeinschaften in der Tiefsee. Als erstes Beispiel wird der Anglerfisch genannt, der mit biolumineszenten Bakterien zusammenlebt, welche ihm helfen, Beute anzulocken. Dies stellt ein wunderbares Beispiel für Mutualismus dar. Im Anschluss erfolgt ein Exkurs über Sexualdimorphismus, der sich in signifikanter Weise beim Anglerfisch ausgeprägt hat. Hierbei verwachsen die Männchen mit dem 10-fach größeren Weibchen und fungieren lediglich als hormonell gesteuerte Samenspender. Das zweite Beispiel sind Bartwürmer, die in einer symbiotischen Beziehung mit chemoautotrophen Bakterien leben. Die Bakterien stellen die komplette Energie bereit, die die Bartwürmer zum Überleben benötigen. Der Bartwurm selbst hat keinen Mund mehr. Die Fundorte dieser speziellen Bartwurmart sind hydrothermale Quellen, sogenannte „Schwarze Raucher”, von deren Ausstoß sich die Bakterien ernähren. Diese Quellen werden als Ursprung des Lebens auf der Erde diskutiert. Schließlich thematisiert Flo eine parasitäre Beziehung zwischen dem Grönlandhai und dem Ruderfußkrebs Ommatokoita elongata. Der Grönlandhai ist eines der Tiere, die das höchste Alter aller bekannten Tiere erreichen. Er wird über 500 Jahre alt, was vor allem auf seinen verlangsamten Stoffwechsel zurückzuführen ist. Es wurde festgestellt, dass nahezu 99 % der gefangenen Grönlandhaie von diesem Parasiten im Auge befallen sind, der den Hai mit der Zeit erblinden lässt. Aufgrund dieser hohen Befallquote wird jedoch in jüngster Wissenschaft die Frage aufgeworfen, ob die Beziehung tatsächlich parasitär ist oder welche Vorteile der Grönlandhai von dem Krebs haben könnte, der die Augenflüssigkeit absaugt. Die Beispiele dienen der sinnhaften Veranschaulichung der unterschiedlichen Ausprägungen und Intensitäten der Verbindung in symbiotischen Beziehungen. Unsere Laufroute endet auf der Prenzlauer Allee, wobei wir das Planetarium um eine Querstraße verfehlt haben. Dies kann jedoch Gegenstand einer anderen Podcast-Episode sein.
Shownotes
Links zur Laufstrecke:
EGL051 | Wanderung | Komoot
Quer durchs Karwendel in drei Etappen • Mehrtagestour » alpenvereinaktiv.com
Alternativlos 42
Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark – Wikipedia
Velodrom (Berlin) – Wikipedia
Volkspark Anton Saefkow – Wikipedia
Anton Saefkow – Wikipedia
Zeiss-Großplanetarium – Wikipedia
Verknüpfte Eigentlich-Episoden
EGL049 Die Geheimnisse der Tiefsee: von den Entdeckungen unbekannter Welten unter Wasser – Eigentlich-Podcast
EGL010 Ameisen: Über die evolutionsbiologischen Vorteile einer staatenbildende Art – Eigentlich-Podcast
Links zur Episode:
Symbiose – Wikipedia
Stephen Jay Gould – Wikipedia
The Mismeasure of Man – Wikipedia
Illusion Fortschritt
Intelligent Design – Wikipedia
Mi294 – „12 Gebote“ | Methodisch inkorrekt
Substrate evaporation drives collective construction in termites | eLife
Termiten – Wikipedia
Eusozialität – Wikipedia
Mutualismus (Biologie) – Wikipedia
Kommensalismus – Wikipedia
Parasitismus – Wikipedia
Protokooperation – Wikipedia
Pamphobeteus – Wikipedia
Blattschneiderameise – Wikipedia
Mikrobiomübertragung von Mutter auf Kind | Science Media Center Germany
Flechte – Wikipedia
Ektosymbiose – Wikipedia
Aphidophilie – Wikipedia
PDF Dissertation "Untersuchungen zu Form und Funktion der Leuchtorgane des Nordischen Krills"
Biolumineszenz – Wikipedia
Tiefsee-Anglerfische – Wikipedia
Leuchtorgan – Wikipedia
Rutenangler – Wikipedia
Dinoflagellaten – Wikipedia
Warum Tiefsee-Anglerfische so schön leuchten | BR24
Der dunkle Wald – Wikipedia
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Piraten | Von Haustieren an Bord und brennenden Bärten - CheckPod - Der Podcast mit Checker Tobi | BR Podcast
Sexualdimorphismus – Wikipedia
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Hydrothermale Lösung – Wikipedia
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Autotrophie – Wikipedia
Riftia pachyptila – Wikipedia
Neue Erkenntnisse zur Entstehung des Lebens durch chemische Prozesse an Tiefseeschloten | Max-Planck-Gesellschaft
Europa (Mond) – Wikipedia
Enceladus (Mond) – Wikipedia
2010: Odyssey Two - Wikipedia
2061: Odyssey Three - Wikipedia
Grönlandhai – Wikipedia
Ommatokoita elongata – Wikipedia
Das geheimnisvolle Leben des ältesten Hais der Welt – Meeresblog
Ig-Nobelpreis – Wikipedia
Liste der Träger des Ig-Nobelpreises – Wikipedia
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EGL010 Ameisen: Über die evolutionsbiologischen Vorteile einer staatenbildende ArtEGL049 Die Geheimnisse der Tiefsee: von den Entdeckungen unbekannter Welten unter Wasser
Illusion Evolution als Fortschritt
Der theoretische Überbau zur Einstimmung auf das Mindset dieser Episode folgt dem Evolutionsbiologen Stephen Jay Gould: Die Evolution wird nicht von Fortschritt angetrieben. Die Vielfalt der Evolution ist durch eine fehlende Zielrichtung gekennzeichnet, die vielmehr das Ergebnis des Zufalls ist. Diese Auffassung wird von Stephen Jay Gould vertreten, der den Menschen als ein Produkt des Zufalls und nicht als eine zielgerichtete Entwicklung betrachtet. Kritisch zu betrachten ist zudem die gängige Vorstellung, dass Evolution ein gradliniger Prozess zur Höherentwicklung ist. Dies lässt sich am Beispiel der Pferdeentwicklung verdeutlichen: Das heutige Pferd ist lediglich ein Überlebender eines ausgedehnten Entwicklungsbuschs. Evolution kann demnach als Busch betrachtet werden, in dem Vielfalt in alle Richtungen zunimmt, ohne dass eine bevorzugte Entwicklung erkennbar wäre. Die am erfolgreichsten überlebenden Lebensformen sind in der Regel einfache Organismen wie Bakterien. Die Evolution ist von statistischen Wahrscheinlichkeiten und Zufällen geprägt. Dies wird auch bei Termitenbauten deutlich. Die komplexe Architektur lässt die Vermutung zu, dass ein kontrollierender Erschaffer den Plan in die vielen einzelnen Individuen implementiert hat. Die Ausprägung einer solchen Gestalt kann Rätsel aufwerfen. Die Entstehung komplexer Bauten war bisher nicht geklärt. Man nahm an, dass die Krümmung dafür verantwortlich ist. Nun hat man jedoch herausgefunden, dass die Luftfeuchtigkeit dafür ein Indikator ist. Die Tiere sind durch ihre weiche Körperform sensibel, wenn die Luftfeuchtigkeit unter 70 % sinkt. Termiten bauen dort, wo die Verdunstung am höchsten ist. Dabei entstehen diese Bauten.
Was bezeichnet Symbiose?
Der Begriff „Symbiose” bezeichnet eine enge und oft langfristige Interaktion zwischen zwei verschiedenen biologischen Arten, die für mindestens einen der Partner vorteilhaft ist. Es gibt verschiedene Formen der Symbiose, darunter den Mutualismus, bei dem beide Partner profitieren, den Parasitismus, bei dem ein Partner auf Kosten des anderen profitiert, und den Kommensalismus, bei dem ein Partner profitiert, ohne dem anderen zu schaden oder zu nutzen.Die Unterscheidung erfolgt anhand des Grades der wechselseitigen Abhängigkeit der beteiligten Arten. Dabei wird zwischen folgenden Formen unterschieden:
Protokooperation (Allianz): Hierbei handelt es sich um die lockerste Form einer Symbiose. Beide Arten ziehen zwar einen Vorteil aus dem Zusammenleben, sind aber ohne einander gleichwohl lebensfähig.
Mutualismus: Eine regelmäßige, jedoch nicht lebensnotwendige Beziehung der Symbionten.
Eusymbiose, auch obligatorische Symbiose (altgriechisch εὖ eu „gut, echt“): Bei der Eusymbiose sind die Partner alleine nicht mehr lebensfähig. So kultivieren Blattschneiderameisen in ihrem Bau Pilze, von denen sie sich ernähren; die Pilze wiederum können sich ohne die Ameisen nicht vermehren.
Die Unterscheidung zwischen einer räumlichen und einer körperlichen Beziehung der beiden beteiligten Arten erfolgt wie folgt: Bei der Endosymbiose wird einer der Partner (Endosymbiont) in den Körper des anderen (Wirt) aufgenommen. Als Beispiele können bestimmte Enterobakterien im Darm von Menschen und Tieren, Knöllchenbakterien in den Wurzeln von Hülsenfrüchtlern, Zooxanthellen in den riffbildenden Steinkorallen des Tropengürtels sowie Nitrat-atmende Bakterien in den anaeroben Tiefen einiger meromiktischer Seen angeführt werden. Im Gegensatz dazu steht die Exosymbiose, bei der die Partner lediglich über ihre Oberfläche miteinander in Kontakt stehen. Als Beispiele können die Flechtensymbiose sowie die Epixenosomen (zu den Verrucomicrobia gehörende Bakterien) des Wimpertierchens Euplotidium angeführt werden. Ferner sei auf die Parabiose und den Epibionten verwiesen, wobei hier die Spezialfälle Epiphyt und Epizoon zu berücksichtigen sind.Bei der Ektosymbiose bleiben die Partner einer Symbiose körperlich getrennt, wie etwa Blüten und ihre Bestäuber oder Clownfische und ihre Seeanemonen. Die Unterscheidung der Symbioseformen erfolgt anhand des erzielten Nutzens für die beiden beteiligten Arten.Ein Beispiel für eine Fortpflanzungssymbiose ist die Symbiose zwischen Bienen und Blütenpflanzen. Die Biene konsumiert den Nektar der Blüten als Nahrungsquelle, wobei die Pollen der Blüte an ihrem Körper haften bleiben. Diese werden von der Biene weitergetragen und ermöglichen so die Bestäubung einer anderen Blüte, wodurch deren Vermehrung gewährleistet wird. Diese Form der Bestäubung wird als Zoophilie bezeichnet und stellt den „normalen“ Akt der Bestäubung von Blütenpflanzen (Angiospermen) durch Insekten oder Vögel dar. Dabei erhalten die Insekten bzw. Vögel sowohl Nektar als auch Pollen als Nahrung.Ein weiteres Beispiel für eine Symbiose, die dem Schutz vor Feinden dient, ist die Beziehung von Ameisen zu Blattläusen. Die Ameisen bieten den Blattläusen Schutz vor Feinden, im Gegenzug lassen sich diese von den Ameisen „melken“. Dabei sondern die Blattläuse eine Zuckerlösung ab, welche die Ameisen zu sich nehmen.
Symbiose Tiefsee-Beziehung 1: Anglerfisch und biolumineszierende Bakterien
Exkurs Biolumineszenz
Wie wird Licht erzeugt?Biolumineszenz ist eine katalysierte, exergonische chemische Reaktion. In den meisten Fällen wird ein organisches Substrat, das Luciferin, von einem Enzym (der Luciferase) mittels Sauerstoff zum Peroxiluciferin oxidiert, welches einen angeregten Singulettzustand darstellt. Beim Rückfall eines Elektrons auf den Ausgangswert wird ein Photon emittiert. Durch die Verwendung des Die Verwendung von Sauerstoff wird postuliert, um zunächst unter reduzierenden Bedingungen freie Radikale oder ähnlich reaktive Substanzen zu entgiften. Die Lichtproduktion stellt dabei ein Nebenprodukt dar, welches erst später in der Evolution an Bedeutung gewann. Bei der Lichtproduktion in Leuchtorganismen wird grundlegend zwischen der intrinsischen und der bakteriellen bzw. Es wird zwischen zwei Formen der Biolumineszenz unterschieden, der intrinsischen und der symbiotischen Biolumineszenz. Bei der ersteren produziert der Organismus alle nötigen Enzyme und Substanzen selbst (oder nimmt sie über die Nahrung auf) und kann die Lichtproduktion regulieren, indem er die chemischen Reaktionen innerhalb der lichtproduzierenden Zellen, der sogenannten Photozyten, steuert. Die vollständige Einstellung der Lichtproduktion ist ebenfalls möglich. Die Steuerung erfolgt vermutlich in den meisten Fällen über die Begrenzung der Sauerstoffzufuhr. Demgegenüber existieren Leuchtorgane, in denen der Wirt mit Leuchtbakterien eine Symbiose eingegangen ist. Der Wirt liefert die erforderlichen Nährstoffe, während die Bakterien dauerhaft leuchten.
Beispiele für Verwendungsmechanismen von Biolumineszenz
Terrestrische Leuchtkäfer: Innerartliche Kommunikation durch zeitliche Abstände zwischen Einzelblitzen. Beispiel: Photuris macdermotti, Weibchen antwortet auf Männchenblitze mit Verzögerung. Räuberische Arten: Imitieren den Kommunikationskode, um Beute anzulocken (z. B. Photuris versicolor).
Deutsche Lampyridae: Die Geschlechtspartnerfindung erfolgt über Pheromone, während die Biolumineszenz der Abschreckung von Fressfeinden dient, nicht der Partneranlockung.
Marine Organismen: Aufgrund technischer Herausforderungen bei der Beobachtung sind die Zusammenhänge zwischen Biolumineszenz und Verhalten weniger aussagekräftig.
In der Tiefsee, in der das Sonnenlicht nicht mehr eindringen kann, stellt biolumineszentes Licht oft die einzige Lichtquelle dar. Eine Vielzahl von Tiefseeorganismen nutzt diese Lichtquellen zur Nahrungssuche. Exemplarisch sei hier angeführt, dass einige Tiefseeorganismen ihre Beute mit ihrem eigenen biolumineszenten Licht anlocken.
Tarnung und Täuschung: Die Fähigkeit zur Biolumineszenz stellt für zahlreiche Tiefsee-Organismen ein wichtiges Mittel zur Tarnung und Täuschung dar. Einige Tiere sind in der Lage, Licht zu produzieren, um sich im Dunkeln zu tarnen oder um Feinde zu verwirren. Andere wiederum sind in der Lage, Lichtblitze zu erzeugen, um potenzielle Angreifer zu desorientieren oder abzulenken.
Kommunikation: Licht kann zudem als Mittel der Kommunikation zwischen Tiefsee-Organismen dienen. Einige Arten nutzen biolumineszente Signale, um Artgenossen anzulocken, Partner zu finden oder territoriale Ansprüche zu markieren.
Orientierung: In der dunklen Tiefsee kann Licht für die Navigation und Orientierung von entscheidender Bedeutung sein. Einige Tiere, darunter bestimmte Tintenfische und Fische, nutzen biolumineszentes Licht zur Erkundung ihrer Umgebung sowie zur Lokalisierung potenzieller Beute.
Die häufigste beobachtete Lichtverwendung bei marinen Gruppen ist die Gegenlichterzeugung, Räubervertreibung oder -abschreckung. Eine weitere Hypothese besagt, dass das Licht Räuber zweiter Ordnung anlockt, die den ursprünglichen Räuber angreifen.
Im Folgenden werden spezifische Beispiele angeführt:
Dinoflagellaten (Panzergeißler, Einzeller) blitzen in Abhängigkeit von Scherkräften und zeigen einen circadianen Rhythmus. Studien belegen, dass Copepoden bei hoher Dinoflagellatenkonzentration weniger fressen und dass Dinoflagellatenblitze das Schwimmverhalten von Copepoden beeinflussen.
Ruderfußkrebse: Bei Gefahr geben sie hell leuchtende Substanzen ins Wasser ab. Beobachtungen: Es wurden keine spontanen Blitze in Abwesenheit von Räubern festgestellt, jedoch intensive Blitze bei Anwesenheit von Krill.
Muschelkrebse (bis zu 2 mm groß) zeigen artspezifische biolumineszente Blitzfolgen. Die Biolumineszenz wird auch als Mittel gegen Angreifer eingesetzt.
Schlangensterne (Echinodermata: Ophiuroida) zeigen eine Biolumineszenzreaktion bei Berührung, welche als aposematisches Signal dient.
Seegurken (Echinodermata: Holothuroida) produzieren Licht durch Berührung, welches der Verteidigung dient.
Cephalopoden (Kalmare) zeigen eine Abhängigkeit des Jagderfolgs von der Dinoflagellatenkonzentration.
Fische
Anglerfische (Ceratioidae) zeigen möglicherweise eine intraspezifische Kommunikation mittels Biolumineszenz. Zudem lassen sich verschiedene Funktionen der Leuchtorgane (Esca) ableiten.
Drachenfische (Malacosteidae) verwenden rote Licht ausstrahlende Leuchtorgane unterhalb der Augen.
Ponyfische (Leiognathidae) zeigen im Labor verschiedene Leuchtmodi, was auf eine mögliche innerartliche Kommunikation hindeutet.
Der „Blitzlichtfisch” (Photoblepharon palpebratus) verwendet seine Leuchtorgane für verschiedene Verhaltensweisen, darunter das Anlocken von Beute und die Verteidigung.Es gibt auch Fische, die keine Artbeschreibung aufweisen, aber dennoch über Biolumineszenz verfügen. Dabei handelt es sich um Beobachtungen von Fischen, die Krill nahe der Oberfläche fressen und dabei leuchten.
Die Einsatzweisen und Verhaltensweisen der Biolumineszenz sind bei marinen Tieren vielfältig. Dazu zählen Kommunikation, Anlocken von Beute, Abschreckung oder Verteidigung gegen Räuber. Die spezifischen Einsatzweisen und Verhaltensweisen variieren stark zwischen den Arten und Ökosystemen. Technische Herausforderungen limitieren das Verständnis der Rolle von Biolumineszenz bei Tiefseeorganismen.Neben der Gegenlichterzeugung lassen sich die meisten der bisher unter natürlichen Bedingungen beobachteten Lichtverwendungen dem Bereich der Räubervertreibung oder -abschreckung zuordnen.Tageszeitliche Vertikalwanderungen reagieren bereits positiv auf die schwachen Helligkeitsveränderungen. Ein möglichst durchsichtiger Körper absorbiert weniger Licht, und tatsächlich besitzen viele Tiefseeorganismen bis zu einer bestimmten Tiefe fast farblose, durchsichtige Körper. Bei Organismen, die sich von biolumineszenten Arten ernähren, konnte eine starke Pigmentierung um Magen und Verdauungsorgane festgestellt werden. Diese ist höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Abstrahlung von Licht vermieden werden soll.Fressschutz: Neben der Durchsichtigkeit, welche einen möglichst schwachen Schattenwurf bedingen soll, Bei den Laternenfischen (Myctophidae) konnte nachgewiesen werden, dass sie ein kleines Leuchtorgan oberhalb des Auges besitzen, welches direkt durch das Auge auf einen kleinen Bereich der Retina leuchtet (Lawry, 1974). Diese Eigenschaft ermöglicht es den biolumineszenten Tieren vermutlich, ihre eigene Leuchtkraft in Relation zum Umgebungslicht zu messen, da die Tiere vor allem blaues Licht im Bereich von 460–490 nm abstrahlen. Diese Wellenlängen werden am wenigsten von Meerwasser absorbiert.
Anglerfische (Ceratioidae)
Anglerfische kommen in allen Weltmeeren unterhalb von 300 Metern Tiefe vor. Die Tiefsee-Anglerfische bestehen aus elf verschiedenen Familien und werden zur Ordnung der Armflosser (Lophiiformes) gezählt. Die Weibchen sind mit einer „Angel“ (Illicium) und einem daran anhängenden „Köder“ (Esca) ausgestattet, der üblicherweise mit einem Leuchtorgan versehen ist. Bei den Weibchen können Leuchtorgane auch an anderen Stellen vorhanden sein.
Exkurs Sexualdimorphismus / „Sexualparasitismus“
Männchen erreichen in der Regel nur 5 bis 10 Prozent der Körperlänge von Weibchen. Die kleinsten Wirbeltiere überhaupt sind Zwergmännchen aus der Familie Linophrynidae, die lediglich eine Länge von 6 bis 10 mm erreichen. Bei manchen Tiefseefischen wie den Tiefsee-Anglerfischen degenerieren die Männchen zu „Anhängseln“ des Weibchens, mit denen sie vollkommen verwachsen sind und über deren Blutkreislauf sie mit ernährt werden. Die Köpfe der Männchen können bei anderen Arten auch großflächig von der Unterkieferspitze bis zum Hinterschädel mit der Haut der Weibchen verschmelzen. In der Folge sind sie nicht mehr in der Lage, sich eigenständig zu ernähren, und werden ähnlich wie Embryonen in der Gebärmutter der Säugetiere durch den Blutkreislauf des Weibchens ernährt. Angewachsene Zwergmännchen zeigen zudem eine deutliche Größenzunahme, auch im Vergleich mit der Länge frei lebender Männchen der gleichen Art. Sie laichen mit den Weibchen und sterben mit dem Tod der Weibchen. Bei vielen Arten ist ein angewachsenes Zwergmännchen pro Weibchen die Normalität, bei anderen können es mehrere sein. Der Rekord beobachteter Exemplare liegt bei acht Zwergmännchen an einem Weibchen. Das Anwachsen ist seit den 1920er-Jahren bekannt und wird in vielen angelsächsischen Veröffentlichungen als Sexualparasitismus bezeichnet, hat jedoch mit der Definition von Parasitismus nichts zu tun.
Symbiose der Anglerfische mit biolumineszierende Bakterien
Die innere Struktur der Esca ist komplex und beinhaltet eine Vielzahl von Bläschen, die mit lumineszierenden Bakterien gefüllt sind. Zudem weist sie lichtabsorbierende Schichten, Pigmente, reflektierendes Gewebe, röhrenförmige, lichtleitende Strukturen, Nerven, Blutgefäße und Muskelfasern auf. Es gibt Hinweise darauf, dass die Esca auch Pheromon-produzierende Drüsen enthält, die dazu dienen, Männchen anzulocken. Dieses Beispiel für eventuelle intraspezifische Kommunikation mittels Biolumineszenz ist jedoch nicht die normalerweise für die Köderangeln angenommene Anwendung. Die an den Spitzen abgewandelter Rückenflossen sitzenden Leuchtorgane (Esca) können mehrere verschiedenen Funktionen übernehmen:Dauerleuchten, Blinken und die Abgabe von leuchtenden Substanzen in das Meerwasser werden als mögliche Funktionen der Esca angenommen. Es wird vermutet, dass die dauerleuchtenden Esca leuchtende Kotstücke imitieren, die von Tiefseefischen abgegeben werden und in denen biolumineszente Bakterien leben. Dieser Kot wird z. B. von einigen Krebsen gefressen, die damit als mögliche Beute für die Anglerfische dienen könnten.Die Intensität und Farbe des von den Anglerfischen abgegebenen Lichts kann durch den Anglerfisch selbst variiert werden, um verschiedene Arten von Beute anzulocken oder um sich an verschiedene Umweltbedingungen anzupassen.
Symbiose Tiefsee-Beziehung 2: Bartwürmer mit chemoautotrophen Bakterien
Exkurs Schwarze Raucher
Hydrothermale Quellen entstehen, wenn Meerwasser in den Meeresboden eindringt und dort auf heiße Gesteine trifft. Eine hydrothermale Lösung bezeichnet eine Wasseransammlung in Gesteinsschichten, die aufgrund der herrschenden Druckverhältnisse noch bei weit über 100 °C flüssig sein kann, allerdings nur bis zum kritischen Punkt des Wassers bei 374,15 °C. Das Wasser wird dabei stark erhitzt und löst Mineralien aus den Gesteinen, bevor es durch Risse und Spalten im Meeresboden wieder aufsteigt. Im austretenden Heißwasser der Raucher sind vor allem Sulfide sowie andere Salze von Eisen, Mangan, Kupfer und Zink gelöst. Das beim Austritt bis über 300 °C heiße Wasser der Thermalquelle, reich an gelösten Stoffen, trifft mit dem 2 °C kalten Wasser des Meeresgrundes zusammen. Bei der Abkühlung werden Minerale als feine Partikel ausgefällt, wodurch sich der Austrittskegel oder Schornstein sowie dessen „Rauchfahne“ bilden. Ist diese Partikelwolke reich an Eisensalzen (z. B. Pyrit), so hat sie eine charakteristische schwarzgraue Färbung, weshalb von „Schwarzer Raucher“ gesprochen wird.An einem etwa 2.500 Meter tiefen Schwarzen Raucher am Ostpazifischen Rücken wurde ein Grünes Schwefelbakterium entdeckt, das eine anoxygene Photosynthese mit Schwefelwasserstoff oder Schwefel als Reduktionsmittel betreibt. In dieser Tiefe gelangt kein Sonnenlicht zu den Bakterien. Die Chlorosomen des Bakteriums sind jedoch in der Lage, die Wärmestrahlung (nahes Infrarot) der austretenden heißen hydrothermalen Lösung des Rauchers aufzunehmen und als Energiequelle für die Photosynthese nutzbar zu machen. Des Weiteren beherbergt das Biotop unter anderem Spinnenkrabben ohne Augen, Hoff-Krabben, Yeti-Krabben, Bartwürmer, Venus* und Miesmuscheln sowie Seesterne.Die hier lebenden Bartwürmer besitzen kein Verdauungssystem, sondern erhalten ihre Nährstoffe von Bakterien, mit denen sie in Symbiose leben. Diese Bakterien leben in gut durchbluteten Organen der Bartwürmer, den sogenannten Trophosomen, wodurch die Bartwürmer direkten Zugang zu den von den Bakterien gebildeten organischen Stoffen haben. Felder hydrothermaler Tiefseequellen sind nur ungefähr 20 Jahre aktiv. Die Verstopfung der Röhren und Spalten durch ausgefällte Mineralien führt zum Versiegen der Quellen und damit zum Aussterben der Fauna in der Umgebung, die nun als lebensfeindlich zu bezeichnen ist. Die Frage, wie die Lebewesen an neue Felder hydrothermaler Quellen gelangen, ist bisher nicht erforscht. Es gibt derzeit zwei verschiedene Hypothesen: Die Tiere geben ihre Eier in das Umgebungswasser ab, durch das sie dann über weite Strecken durch Meeresströmungen weitergetrieben werden. Sobald ein Ei eine hydrothermale Quelle mit optimalen Lebensbedingungen erreicht, wächst daraus eine Larve. Die erwachsenen Tiere sind in der Lage, von Quelle zu Quelle zu „springen“. Wal-Kadaver könnten als „Trittsteinbiotope“ von einem Schwarzen Raucher zum nächsten fungieren. Die genauen Abläufe dieses Vorgangs sind unter Forschern umstritten. Bislang wurden auch keine beweglichen Stadien nachgewiesen.Die extremen Umweltbedingungen, wie sie in den hydrothermalen Feldern der Tiefsee in der Nähe der Schwarzen Raucher herrschen, lassen an die Verhältnisse in der frühen Erdgeschichte denken, in denen Evolutionsbiologen den Ursprung des irdischen Lebens vermuten. Vulkanismus mit hohen Temperaturen und hohem Druck, Mangel an Licht und eine hohe Konzentration anorganischer Stoffe haben einige Forscher (u. a. Günter Wächtershäuser) dazu bewogen, der Umgebung von Schwarzen Rauchern eine besondere Bedeutung in der Entwicklung des Lebens zuzuweisen. Die Untersuchung des Genoms chemoautotroph aktiver Bakterien und Archaeen hydrothermaler Quellen, deren Genom eingehend untersucht wurde und bei vielen Arten vollständig entschlüsselt werden konnte, hat zu diesem Ergebnis beigetragen. Aufgrund ihres anaeroben Stoffwechsels und der Energiegewinnung ohne die Möglichkeit der Nutzung von Sonnenlicht sowie ihres Habitats, das auf der frühen Erde sehr häufig war, werden sie von einigen Forschern als repräsentativ für die frühesten Formen des Lebens angesehen. Andere in der Umgebung von hydrothermalen Quellen lebende Organismen, wie die in langen Röhren sitzenden Bartwürmer und Pompejiwürmer mit reduzierten Verdauungsorganen oder Muscheln der Art Calyptogena magnifica, die in Symbiose mit chemoautotrophen Schwefelbakterien leben, sind hochspezialisiert. Diese Lebensformen sind hochspezialisiert und lassen sich eher als Produkte einer langen Evolution denn als Ursprung bezeichnen. Einige Biologen erwarten, ähnliches Leben auf Eismonden der Gasplaneten wie z. B. dem Jupitermond Europa oder dem Saturnmond Enceladus zu finden, da dort unter den jeweiligen Eiskrusten Wasserozeane mit hydrothermalen Quellen vermutet werden. Bartwürmer und autotrophe Ernährung
Bartwürmer und autotrophe Ernährung
Die Bartwürmer oder Bartträger (Siboglinidae) sind eine Familie röhrenbauender Ringelwürmer (Annelida), die ihren Lebensraum auf dem Meeresboden fast aller Weltmeere vor allem in 1.000 bis 10.000 Metern Tiefe haben. Die Größe der Bartwürmer variiert zwischen 0,5 und 300 Zentimetern. Das Material für die Röhren der Bartwürmer wird von Drüsenzellen in der Epidermis der Bartwürmer gebildet und abgesondert. Die Tiere besitzen als ausgewachsene Würmer weder einen Mund noch einen durchgehenden Darm oder einen After. Die Ernährung der Bartwürmer erfolgt durch ein aus dem Darm entwickeltes Organ, das Trophosom. Dieses wird bereits in einem frühen Larvenstadium als spezielles Gewebe angelegt. Das Trophosom enthält Bakterien, die für die Ernährung der Tiere essenziell sind. Ihre Ernährung ist nahezu vollständig auf die Symbiose mit chemoautotrophen Bakterien abgestimmt. Diese leben im Trophosom der Bartwürmer und oxidieren aufgenommene anorganische Schwefelverbindungen. Die dadurch gewonnene Energie nutzen sie zur Reduktion von Kohlenstoff, also zum Aufbau organischen Materials und zur Synthese energiereicher Substanzen wie Adenosintriphosphat (ATP). Der Begriff Autotrophie, wörtlich „Selbsternährung“, bezeichnet in der Biologie die Fähigkeit von Lebewesen, ihre Baustoffe (und organischen Reservestoffe) ausschließlich aus anorganischen Stoffen aufzubauen. Dieser Stoffaufbau erfordert Energie.Als autotrophe Lebewesen sind insbesondere photosynthese-betreibende Primärproduzenten zu nennen, zu denen Pflanzen gehören. Bei ihnen dient Licht als Energiequelle (Photoautotrophie). Es gibt jedoch auch Organismen, die chemische Stoffumsetzungen als Energiequelle nutzen können (Chemoautotrophie). Bei der Chemoautotrophie wird chemische Energie genutzt, um Kohlenstoffdioxid zum Aufbau von Biomasse zu verwenden.Die Nährstoffe und die Bakterien selbst dienen dem Wurm als Energiequelle. Über ein sehr fein strukturiertes Blutgefäßsystem werden die Bakterien mit Sauerstoff, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff versorgt. Um den giftigen Schwefelwasserstoff zu transportieren, weisen die Hämoglobin-Moleküle des Blutes bei den Bartwürmern eine besondere Struktur auf. Infolgedessen wird der Schwefelwasserstoff in ungiftige Wasserstoffsulfid-Ionen umgewandelt. Zudem binden sie Sauerstoff und Schwefelwasserstoff an zwei unterschiedlichen Bindungsstellen, um eine Oxidation zu verhindern.
Parasitäre Tiefsee-Beziehung 3: Der Grönlandhai und Ommatokoita elongata
Der Grönlandhai (Somniosus microcephalus), auch Eishai genannt, gilt als ältester Hai der Welt mit einem geschätzten Alter von bis zu 512 Jahren. Somit erreicht er von allen bekannten Wirbeltierarten das höchste Alter. Der Grönlandhai erreicht eine durchschnittliche Länge von 4 bis 5 Metern, wobei größere Exemplare eine Länge von fast 8 Metern erreichen können. Er ist in der Lage, bis zu 2.000 Meter tief zu tauchen, wobei er in einer Tiefe zwischen 200 und 800 Metern am häufigsten angetroffen wird. Aufgrund seiner Trägheit und seines niedrigen Stoffwechsels ist der Grönlandhai für ein langes Leben prädestiniert. In eiskalten Gewässern bewegt er sich langsam und sein Stoffwechsel ist aufgrund niedriger Temperaturen ebenfalls langsam. Der Herzschlag liegt bei 10–30 Schlägen pro Minute. Der Zeitpunkt der Geschlechtsreife wurde auf mindestens 150 Jahre taxiert. Früher wurde vermutet, dass er sich von Aas vornehmlich ernährt. Neueren Erkenntnissen zufolge scheint er sich jedoch hauptsächlich von Robben und Fischen zu ernähren und diese sowohl in großen als auch in geringen Tiefen aktiv zu jagen. Es wird vermutet, dass der Grönlandhai trotz seiner langsamen Fortbewegung Robben erbeuten kann, da er sie angreift, während sie schlafen. Die frühere kommerzielle Fischerei hat zu einer starken Dezimierung der Grönlandhai-Populationen geführt. Aufgrund ihres hohen Alters und der späten Geschlechtsreife erholen sie sich nur langsam. Grönlandhaie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem der Polarmeere, da sie zu den Spitzenräubern gehören und somit zum Gleichgewicht des gesamten Ökosystems beitragen. Die IUCN stuft den Grönlandhai seit 2019 als „verwundbar“ ein, sodass Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung der Art dringend erforderlich sind.
Parasit Ruderfußkrebse Ommatokoita elongata
Wie bei zahlreichen Vertretern der Lernaeopodidae zeigt auch Ommatokoita elongata einen ausgeprägten Sexualdimorphismus. Adulte Weibchen von Ommatokoita elongata erreichen, inklusive der anhängenden Eiersäcke, eine Länge von 4–6 cm und sind damit ungewöhnlich groß für Vertreter der Ruderfußkrebse. Adulte Männchen sind sehr viel kleiner als die weiblichen Tiere und erreichen lediglich eine Gesamtlänge von 2,5 mm.Ein parasitärer Befall der Augen durch kleine Ruderfußkrebse (Ommatokoita elongata) führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Sehvermögens von Grönlandhaien. Die Krebse setzen sich an den Augen der Haie fest, um sich von deren Gewebeflüssigkeit zu ernähren. Die Augen der Haie bieten den Ruderfußkrebsen einen geschützten Lebensraum mit leicht verfügbarem Nahrungsmittel. Die Befallsrate liegt bei 98,9 %. Geschlechtsreife Weibchen und Larven des Krebses parasitieren am Augapfel von Grönlandhaien, wo sie schwere Gewebeschäden verursachen, die unter Umständen bis zur Erblindung des befallenen Tieres führen können. Aufgrund der hohen Befallsrate wurde die Hypothese aufgestellt, dass das Verhältnis zwischen Ommatokoita elongata und den befallenen Wirtstieren eher mutualistisch als rein parasitisch sei. Insbesondere wurde spekuliert, dass der biolumineszente, frei am Auge baumelnde Krebs dem Hai dabei helfen würde, potentielle Beutetiere anzulocken. Diese Parasiten erzeugen ein schwaches, grünes Licht (Biolumineszenz), dessen Einfluss auf das Jagdverhalten der Haie weiterer Forschung bedarf. Trotz eingeschränkter Sehfähigkeit sind Grönlandhaie effiziente Jäger, da sie über ein gut entwickeltes Netzwerk von Elektrorezeptoren verfügen.

Apr 25, 2024 • 1h 2min
EGL050 »Carrion Comfort« von Dan Simmons: Mind Vampires, Nazis und John Lennons Tod in einem Meisterwerk des Horrors
"Nina was going to take credit for the death of that Beatle, John." -- Melanie in Carrion Comfort
Den Horrorroman "Carrion Comfort" stellen wir in der vierten Episode unserer kleinen Dan-Simmons-Serie vor, nachdem Micz noch einen Nachtrag zur Folge 48 über Expanse liefert. Simmons' Monsterwerk (inhaltlich und vom Umfang her) erschien 1989, im selben Jahr wie ein weiterer Bestseller – "Hyperion" – und ein Jahr vor "The Fall of Hyperion" (1990). Es war also eine intensive und erfolgreiche Zeit des damals Anfang 40-jährigen amerikanischen Autors. "Carrion Comfort" ist komplex, episch, gigantisch und wieder einmal unfassbar gut geschrieben. Um keine Plots zu spoilern, beschränken wir uns auf die Appetizer-Kapitel 1 und 3 des Buchs, die schon 1983 als Novelette im großartigen OMNI-Magazin erschienen waren und auch online zu finden sind. Dort lernen wir Melanie kennen, eine vornehme, charakterstarke ältere Dame und vielleicht mächtigste unter den Mind-Vampiren, die jung bleiben, indem sie mit ihrer Fähigkeit Menschen übernehmen und kontrollieren. Dabei passiert das "Feeding", das die Vampire jung hält. Nina, eine Freundin aus der Kindheit, und Willi Borden, Nazi und nach seiner Flucht in die USA Filmproduzent, treffen sich jährlich, um ihre "Feedings" zu vergleichen und die besten zu prämieren. Doch wegen Melanies Verweigerung zerbricht das Bündnis und endet in einem Battle of the Minds (pardon my joke). In dieser Folge sprechen wir natürlich auch über Gerard Manley Hopkins' "Carrion Comfort" (1885) sowie über das OMNI-Magazin und Kathy Keeton, über "Marathon Man", "American Psycho", "Bill & Ted's Excellent Adventure", "Die drei Sonnen" von Liu Cixin, über Kurt Vonnegut und Jeff Noon.
Shownotes
Link zur Laufroute
EGL050 | Wanderung | Komoot
Links zur Episode
»Hyperion« von Dan Simmons: symphonische Space-Opera oder Genre-Mix fesselnder Kurzgeschichten?
Dan Simmons‘ »Ilium«: epische Schlachten auf dem Mars und die Suche nach Menschlichkeit zwischen Göttern, Androiden und modifizierten Menschen
Dan Simmons Appetitmacher 1: »Song of Kali« & »Drood« – Review über Horror, psychologische Thriller und Historienroman
Carrion Comfort auf Wikipedia
"Carrion Comfort" by Gerard Manley Hopkins
Hopkins's Poetry "Carrion Comfort" (1885-7) Summary and Interpretation
"American Psycho" von Bret Easton Ellis (1991)
"Der Marathon-Mann" von John Schlesinger (1976)
OMNI Magazine auf isfdb.org (The Internet Speculative Fiction Database)
Carrion Comfort Novelette Teil 1 in OMNI Magazine Sep 83
"Ghost Edit" von Jeff Noon in Cobralingus
"As Close To The End As Possible" von Kurt Vonnegut
"The Thing" von John Carpenter (1982)
Mitwirkende
Micz Flor
(Erzähler)
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Florian Clauß
Bluesky
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Außerdem erschienen in unserer Dan-Simmons-Mini-Serie:
»Hyperion« von Dan Simmons: symphonische Space-Opera oder Genre-Mix fesselnder Kurzgeschichten?
Dan Simmons‘ »Ilium«: epische Schlachten auf dem Mars und die Suche nach Menschlichkeit zwischen Göttern, Androiden und modifizierten Menschen
Dan Simmons Appetitmacher 1: »Song of Kali« & »Drood« – Review über Horror, psychologische Thriller und Historienroman
In der Episode nehmen wir Bezug auf das gleichnamige Gedicht „Carrion Comfort“ von Gerard Manley Hopkins (1844–1889) entstanden 1885, zitiert nach der Seite hopkinspoetry.com:
Carrion Comfort
Gerard Manley Hopkins
Not, I'll not, carrion comfort, Despair, not feast on thee;Not untwist — slack they may be — these last strands of manIn me ór, most weary, cry I can no more. I can;Can something, hope, wish day come, not choose not to be.But ah, but O thou terrible, why wouldst thou rude on meThy wring-world right foot rock? lay a lionlimb against me? scanWith darksome devouring eyes my bruisèd bones? and fan,O in turns of tempest, me heaped there; me frantic to avoid thee and flee?Why? That my chaff might fly; my grain lie, sheer and clear.Nay in all that toil, that coil, since (seems) I kissed the rod,Hand rather, my heart lo! lapped strength, stole joy, would laugh, chéer.Cheer whom though? the hero whose heaven-handling flung me, fóot tródMe? or me that fought him? O which one? is it each one? That night, that yearOf now done darkness I wretch lay wrestling with (my God!) my God.

Apr 11, 2024 • 1h 28min
EGL049 Die Geheimnisse der Tiefsee: von den Entdeckungen unbekannter Welten unter Wasser
„Die Tiefsee ist nicht nur die letzte Grenze der Erde, sondern auch ein Spiegel unserer Zukunft“ Carl Chun, Leiter der ersten deutschen Tiefseeexpedition Valdivia
In dieser Episode tauchen wir tief in die Geschichte der Tiefsee-Erforschung ein! Wir besuchen das Naturkundemuseum in Berlin, um die Spuren der ersten deutschen Tiefsee-Expedition zu entdecken. Die Valdivia bereiste von 1898 bis 1899 unter der Leitung von Carl Chun den Atlantischen und Indischen Ozean und brachte zahllose Exponate mit, die heute noch im Museum teilweise zu sehen sind und zu Forschungszwecken benutzt werden. Dort ist auch eine große Sammlung von Feuchtpräparaten ausgestellt, die viele Funde der Valdivia enthält. Wir suchen vor Ort unter den in Alkohol eingelegten Meeresbewohnern nach der Aufschrift „Valdivia“, während Flo Micz erklärt, ab welcher Tiefe die Tiefsee beginnt und warum. Desweiteren mit welchen Fangtechniken die Valdivia gearbeitet hat, wie damals der Meeresboden vermessen wurde und welche Arten von der Expedition neu entdeckt und berühmt geworden sind.
Die Aufnahme in den vollen Ausstellungsräumen klingt doch recht hallig und wir setzen die Erzählung auf dem Panke-Wanderweg fort, der direkt am Museum beginnt und bis weit hinter Pankow führt. Das Ökosystem der Tiefsee ist von kaltem Wasser, hohem Druck und wenig Nahrungsquellen geprägt und unglaublich groß. Es hat obskure Lebensformen und Lebensgemeinschaften hervorgebracht. In den Tiefen haben sogar Parasiten Parasiten! Jedes verwertbare Teilchen findet Abnehmer. Flo war schon als Kind von der Tiefsee fasziniert und wollte „Haiforscher“ werden. Später entstand der Berufswunsch Meeresbiologe. Und obwohl der Ausbildungsweg sich nicht bewahrheitet hat, ist die Begeisterung für die weitergehend unerforschte Tiefsee geblieben.
Die Tiefsee bedeckt über 60% der Erdoberfläche, aber nur 0,01% davon sind verprobt. Es gibt noch so viel zu entdecken und zu lernen über den größten Teil unserer Erde. Wir diskutieren auch den Abbau von Ressourcen aus der Tiefsee und die Gefahr, dass noch zu wenig bekannt ist, um die Folgen des Tiefseebergbaus angemessen einschätzen zu können. Wir bemühen uns bei diesem Thema nicht allzu dystopisch zu werden.
Schließlich gesteht Flo, wie er auf das Thema gekommen ist. ChatGpt hatte dabei seine Finger im Spiel, aber nicht zu Unrecht!
Viel Spaß beim Hören und verzeiht uns die Hallenbad-Athmosphäre im Naturkundemuseum, es waren Osterferien und viele Kinder waren auch bis kurz vor Schließung im Museum sehr aktiv.
Shownotes
Links zur Laufroute:
EGL049 | Wanderung | Komoot
Pankeweg vom Gesundbrunnen bis zur Quelle - Weddingweiser
Grüne Hauptwege Berlin - Berlin.de
Weg 5 - Nord-Süd-Weg (44 km) - Berlin.de
Links zur Episode:
Besuch planen | Museum für Naturkunde
Expedition Nordpazifik: Verändert der Klimawandel auch die Tiefsee? | MDR.DE
Leben in der Tiefsee: die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ozeane - Europäische Kommission
Life in the deep – microbes of the abyss | ERC
Die Tiefsee - DEEPWAVE e.V.
Neues aus der Meeresforschung - Faszinierende Unterwasserwelt
\nDie Tiefsee-Expedition Valdivia – Ein Forschungsabenteuer 1898 - SWR Kultur
Valdivia-Expedition – Wikipedia
Carl Chun – Wikipedia
Aus den Tiefen des Weltmeeres
Entdeckung und Erforschung der Tiefsee - scinexx.de
Vampirtintenfisch – Wikipedia
Nomenklatur (Biologie) – Wikipedia
Aus den Tiefen des Weltmeeres by Carl Chun | Project Gutenberg
Antje Boetius – Wikipedia
Schelf – Wikipedia
Marianengraben – Wikipedia
Deepsea Challenger – Wikipedia
Home - DEEPSEA CHALLENGE
Archaeen – Wikipedia
Marie Tharp – Wikipedia
Polarstern (Schiff, 1982) – Wikipedia
Eisbrecher – Wikipedia
Multicorer – Wikipedia
Jago (U-Boot) – Wikipedia
Summer of Science - The Most Comprehensive Map of the Deep Seafloor Yet - NYTimes.com
Liste der Tiefseegräben – Wikipedia
Highlights der Präparationskunst | Museum für Naturkunde
Beats & Bones: Der Podcast aus dem Museum für Naturkunde Berlin | Museum für Naturkunde
Panke – Wikipedia
Zentrale des Bundesnachrichtendienstes – Wikipedia
Bundeswehrkrankenhaus Berlin – Wikipedia
Bouvetinsel – Wikipedia
Nullmeridian – Wikipedia
MENSCH UND MEER - Die Challenger-Expedition - Alles Geschichte - History von radioWissen | BR Podcast
RES083 Tiefseeforschung – Resonator
Gaia (Raumsonde) – Wikipedia
David Attenborough – Wikipedia
Walsturz – Wikipedia
Symbiose – Wikipedia
Parasitismus – Wikipedia
Biolumineszenz – Wikipedia
Fotografien als Beifang | Museum für Naturkunde
Kryptozoologie – Wikipedia
Kryptospezies – Wikipedia
Manganknolle – Wikipedia
Frist für Tiefseebergbau verstreicht: Werden nun Manganknollen abgebaut? | tagesschau.de
Fangquoten in der Ostsee: Weiterhin harte Einschnitte | NDR.de - Nachrichten - Mecklenburg-Vorpommern
Starlink: Müllen wir unseren Himmel zu? - quarks.de
Ernst Haeckel – Wikipedia
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Verwandte Episoden
EGL051 Obskure Lebensgemeinschaften in der Tiefsee
Die Tiefsee, ein Ort voller Geheimnisse und unentdeckter Wunder, hat die Menschheit seit jeher fasziniert. Diese dunkle, kalte und druckvolle Welt, die ab einer Tiefe von 200 Metern beginnt, bedeckt weit mehr als die Hälfte unseres Planeten. Doch trotz ihrer Weitläufigkeit und Bedeutung für das Erdklima und die biologische Vielfalt, bleibt sie eines der am wenigsten erforschten Gebiete der Erde. Die Geschichte der Tiefseeforschung, die Technologien, die dabei zum Einsatz kommen, die einzigartigen Lebensformen, die dort existieren, und die Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, sind ein faszinierendes Kapitel der Wissenschaft, das noch lange nicht abgeschlossen ist.
Tiefseeforschung
Einer der Pioniere dieser Forschung war Carl Chun, ein deutscher Zoologe, der Ende des 19. Jahrhunderts die erste deutsche Tiefsee-Expedition leitete. Mit dem Forschungsschiff „Valdivia“ brach er 1898 auf, um die unbekannten Tiefen der Weltmeere zu erkunden. Zu einer Zeit, als man glaubte, dass kein Leben unterhalb von 400 Metern Tiefe existieren könne, entdeckte Chun und seine Crew eine Vielzahl von Lebewesen, die die Dunkelheit der Tiefsee bevölkern. Ihre Entdeckungen, darunter der geheimnisvolle Tintenfisch Vampyroteuthis infernalis, sowie die Funde von Manganknollen, die als Lebensraum für Tiefseetiere dienen, erweiterten unser Verständnis vom Leben in der Tiefsee grundlegend.
Moderne Tiefseeforschung nutzt eine Vielzahl von Technologien, von ferngesteuerten Fahrzeugen bis hin zu spezialisierten U-Booten, die Wissenschaftler in die Tiefen des Ozeans bringen. Ein herausragendes Beispiel ist der Tauchgang von James Cameron im Marianengraben, der tiefsten bekannten Stelle der Weltmeere, wo er neue Arten entdeckte und wertvolle Daten sammelte. Doch trotz solcher spektakulärer Expeditionen ist weniger als 0,01% der Tiefsee verprobt.
Geschöpfe der Tiefsee
Die Tiefsee beherbergt eine erstaunliche Vielfalt an Leben, das an extreme Bedingungen wie völlige Dunkelheit, kalte Temperaturen und enormen Druck angepasst ist. Viele Arten der Tiefsee haben einzigartige Anpassungen entwickelt, um in dieser unwirtlichen Umgebung zu überleben. Sie ernähren sich von abgestorbenen Organismen, die aus höheren Wasserschichten herabsinken, oder von den wenigen anderen Lebewesen, die in dieser Tiefe existieren. In einem Lebensraum, der über Jahrmillionen gleichbleibende Lebensbedingungen bietet, treibt die Evolution Blüten, um alle möglichen Nischen zu besetzen. In der Tiefsee gibt es jedoch auch kurzlebige Ökosysteme, wie zum Beispiel an den hydrothermalen Quellen, den sogenannten Schwarzen Rauchern, die durch Magmaausstoß entstehen. Hier hat sich eine der schnellstwachsenden Art der Erde entwickelt, ein Röhrenwurm. Ein Verwandter dieser Art gilt als einer der langsam wachsende Art unter den Tieren. Die Tiefsee ist ein Ort der Extreme.
Die Bedeutung und Bedrohung der Tiefsee
Die Tiefsee spielt eine entscheidende Rolle im globalen Klimasystem. Sie dient als Senke für Kohlendioxid, wobei kalte Regionen wie die Polarmeere besonders viel CO2 aufnehmen und in die Tiefe transportieren. Dieser Prozess hilft, die globale Erwärmung zu verlangsamen, macht die Tiefsee aber auch anfällig für die Übersäuerung der Meere, die das dortige Ökosystem bedroht. Darüber hinaus ist die Tiefsee ein Reservoir für Biodiversität und potenzielle Ressourcen, deren Wert wir erst zu verstehen beginnen.
Die Tiefsee steht vor zahlreichen Bedrohungen, von der Überfischung und dem Tiefseebergbau bis hin zur Verschmutzung durch Plastik und Übersäuerung. Diese menschlichen Aktivitäten gefährden die empfindlichen Ökosysteme der Tiefsee und die Arten, die dort leben. Um diese einzigartige Welt zu schützen, sind internationale Anstrengungen und strengere Regulierungen erforderlich. Die Forschung spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem sie das Wissen liefert, das notwendig ist, um effektive Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Mar 28, 2024 • 59min
EGL048 »The Expanse« zu Ende erzählt: Was passiert in den drei unverfilmten Büchern der Serie?
"Nine books later and you’re still here, so this one’s for you." -- Widmung in "Leviathan Falls", dem 9ten Buch der "The Expanse" Serie
Diese Episode richtet sich speziell an die Fans von "The Expanse", die bisher nur die Serie gesehen haben und neugierig darauf sind, wie die Geschichte weitergeht. Denn von der neunteiligen Buchreihe von James S.A. Corey (dem Pseudonym von Daniel Abraham und Ty Franck) wurden lediglich sechs Bände verfilmt. Als TV- bzw. Streaming-Serie wurde "The Expanse" erstmals 2015 auf Syfy ausgestrahlt. Nach drei Staffeln übernahm Amazon die Produktion. Die vierte Staffel wurde 2018 veröffentlicht, jedoch stellte Amazon nach drei weiteren Staffeln die Produktion ein. Dieser Folge unseres Podcasts widmen wir all denen, die noch immer im Dunkeln tappen. Was geschieht in den letzten drei Büchern der epischen Saga, die niemals verfilmt wurden? Am Ende der letzten Staffel von "The Expanse" bleiben mehr Fragen offen, als dass Handlungsstränge abgeschlossen werden. Die Free Navy ist besiegt, Marcos Schiff löst sich in der Slow Zone auf, Duarte entkommt mit einem Teil der Militärstreitkräfte und verschwindet im System "Laconia". In der letzten Staffel sind zudem Elemente der "Expanse"-Kurzgeschichte "Strange Dogs" eingeflochten, die eine wichtige Verbindung zu den folgenden Büchern hätte sein können. Doch ein Finale findet in der verfilmten Serie nie statt. Die Buchreihe hingegen kommt zu einem Abschluss. Wir enthüllen den Rest der Geschichte um die Crew der Rocinante mit zahlreichen Plot-Spoilern und einer abschließende Kurzkritik des bombastischen Finales.
Shownotes
Link zur Laufroute
EGL048 | Wanderung | Komoot
Links zur Episode
Wochenmarkt auf dem Karl-August-Platz
Trinitatiskirche in Charlottenburg
Fandom Wiki Seite von "The Expanse"
Teil 7 "Persepolis Rising"
Teil 8 "Tiamat's Wrath"
Teil 9 "Leviathan Falls"
Expanse-Novella "Strange Dogs"
Mitwirkende
Micz Flor
(Erzähler)
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Florian Clauß
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Verwandte Episoden
EGL041 The Expanse: warum die geniale Sci-Fi Serie so gut funktioniert.
In der Mitte dieser Folge, finden wir uns auf dem Wochenmarkt auf dem Karl-August-Platz wieder. Flo hat mich dahin geführt, ohne dass ich mich erinnern kann, wo wir überhaupt langgelaufen sind. Ich muss mir die Strecke selber noch mal auf unserer Website ansehen. Auf jeden Fall stehen wir in einer Schlange vor der Trinitatiskirche in Charlottenburg und warten auf einen Flat White, als der Plot von The Expanse auf die Zielgerade einbiegt.
Wer mit dem Gedanken spielt die drei letzten, unverfilmten Bücher von „The Expanse“ zu lesen, sollte das unbedingt tun. Teil 7 „Persepolis Rising“ und 8 „Tiamat’s Wrath“ machen wirklich richtig Spaß. Teil 9 „Leviathan Falls“, in dem der komplette Spannungsbogen buchstäblich in sich zusammenfällt, gibt sich noch mehr Mühe, fühlt sich aber gegen Ende gleichzeitig zu dicht und zu ausgedehnt an.
Ich möchte hier im Text keine Plot-Spoiler einbauen, denn dann braucht ihr die Folge ja nicht mehr zu hören. Nur so viel: die Expanse-Saga findet wirklich ein Ende, mit dem man sich versöhnen kann. Und ich möchte Lust auf die Folge machen, ist ja klar, deshalb verrate ich: zwei Mitglieder:innen der Rocinante-Crew sterben, und eine:r weitere:r wird zuerst brutalst erschossen, aber… (Selten war Gendern so wichtig, um die Spannung hoch zu halten!)
Wer die Zusammenfassung der Bücher lesen möchte, der findet auf der Fandom Wiki Seite von „The Expanse“ ausführliche Zusammenfassungen von Teil 7 „Persepolis Rising“, Teil 8 „Tiamat’s Wrath“ und Teil 9 „Leviathan Falls“. Aber, hey, wo ihr schon mal hier seid, hört’s euch einfach an. Wir reiten in dieser Episode durch die letzten drei Bücher von „The Expanse“ und lassen dabei alles raus.

Mar 14, 2024 • 1h 22min
EGL047 »Hyperion« von Dan Simmons: symphonische Space-Opera oder Genre-Mix fesselnder Kurzgeschichten?
"For instance, does anyone here know why he or she was chosen by the Shrike Church and the All Thing to go on this voyage?" -- Sol Weintraub, Hyperion, Chapter 1
In unserer kleinen Podcast-Serie zu Dan Simmons besprechen wir heute 'Hyperion'. Dieser Science-Fiction-Roman von 1989 folgt sieben Pilger:innen auf dem Weg zu den Zeitgräbern des Planeten Hyperion. Auf ihrer Reise erzählen sie sich gegenseitig von ihrer Beziehung zu diesem Planeten und dem mystischen 'Shrike', einer rätselhaften humanoiden über drei Meter großen Kreatur aus Stahl und Klingen. Um diese totbringende, scheinbar unsterbliche, gottgleiche Gestalt, die sich durch die Zeit bewegen kann, hat sich die Kirche des Shrike gebildet, die aus tausenden von Bewerber:innen genau diese sieben für die letzte Pilgerfahrt ausgewählt hat. Was sie so besonders macht, genau das versuchen die Pilgernden durch ihre einzelnen Geschichten herauszufinden. In der vielschichtigen Struktur des Romans entblättert Dan Simmons die Welten von 'Hyperion' in unterschiedlichsten Genres. Wir nutzen Simmons' literarischen Kniff in Hyperion, eine Reihe von kurzen Erzählungen mittels einer Rahmenerzählung ineinander zu verweben, um über E.T.A. Hoffmanns 'Die Serapions-Brüder' und die 'Canterbury Tales' von Geoffrey Chaucer zu sprechen, die ebenfalls mit Rahmenhandlungen arbeiten. Aus letzterem lesen wir die Ansprache des Wirts vor, mit der er die Pilernden zum Erzählen bewegt.
Shownotes
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EGL047 | Wanderung | Komoot
Links zur Episode
Jürgen Klopp im Podcast 'Hotel Matze' am 26.7.2023 Position 00:44:23
E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder
Episode 45 über Dan Simmons‘ "Ilium"
Die Friedhöfe Mehringdamm bestehen aus fünf Kirchhöfen
Die Serapions-Brüder auf projekt-gutenberg
E.T.A. Hoffmann Portal der Staatsbibliothek zu Berlin
Rahmenerzählung ist eine literarische Technik
Die Serapionsbrüder (1819 bis 1821) Erzählungen und Aufsätze von E.T.A. Hoffmann
Das serapiontische Prinzip: Intermedialität und Synästhesie in der Literatur der Romantik
Shrikes: Meet the Bird That Impales Prey on Spikes
Shrike = Würger (Lanius) ist der englische 'Shrike'
"Das Wirtshaus im Spessart" Rahmenerzählung 3. Band von Wilhelm Hauffs Märchenalmanach
Tales of Caunterbury 14. Jhdrt Geoffrey Chaucer
"Remembering Siri" in "Prayers to Broken Stones" von Simmons
Freundeskreis Serapionsbrüder
Hörspiel zu E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder, BR 2006
Mitwirkende
Micz Flor
(Erzähler)
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Florian Clauß
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Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. So wird auch in Simmons‘ Hyperion aus einer Ansammlung von Kurzgeschichten, in einer Rahmenerzählung eingebettet, eine große Space-Opera. Es sind viele Leben, die hier zusammen kommen, aus unterschiedlichsten Generationen und Zeiten, da das Reisen durch das Universum die einzelnen Zeitstrahlen der Biografien voneinander entkoppelt. Aber auch für ein einziges Leben auf unserem Planeten gilt, wie der Fußballtrainer Jürgen Klopp im Leben allgemein beobachtet:
„Das Leben ist eine Ansammlung von kleinen Geschichten, um eine große daraus zu machen.“
Jürgen Klopp im Podcast ‚Hotel Matze‘ am 26.7.2023 Position 00:44:23
So wollen auch wir mehrere Erzählungen ineinenader verweben. Bevor wir in Dan Simmons‘ „Hyperion“ verschwinden, treffe ich mich mit Flo am Mehringdamm. Ich führe ihn zum Grab von E.T.A. Hoffmann (1776–1822), anhand dessen „Die Serapions-Brüder“ die Wirkungsweise einer Rahmenerzählung darstellen möchte. Diese Sammlung literarischer Werke erschien zwischen 1819 und 1821 und wurde aus bereits veröffentlichtem Material und einigen neuen Texten zusammengestellt. So ist z.B. auch das weitbekannte „Nußknacker und Mausekönig“ Teil der Sammlung. Innerhalb einer Rahmenhandlung diskutieren literarisch versierte Freunde über das Material, Kunstfragen und das Schreiben.
E.T.A. Hoffmann und der Einsiedler Serapion
Als Inspiration für diese Rahmenhandlung E.T.A. Hoffmanns diente der Berliner Freundeskreis des Schriftstellers, die sich ebenfalls die „Serapions-Brüder“ nannten. Namensgeber war laut Wikipedia der heilige Serapion (12. / 13. Jahrhundert), aus Irland oder Schottland in das heutige Spanien kommend, starb er in Algier als erster Märtyrer des Mercedarier-Ordens. An anderer Stelle wird ein Einsiedler aus Ägypten aus dem vierten Jahrhundert genannt:
„Der Terminus serapiontisches Prinzip lässt sich auf den Einsiedler Serapion zurückführen, der im vierten Jahrhundert in Ägypten lebte. Hoffmann erwähnt ihn im Eingangsgespräch; Er konstruiert sogar eine Geschichte um einen Einsiedler, der sich für Serapion hält, die allerdings zunächst ohne Titel bleibt.“
Regina Kland: Die Serapionsbrüder und das serapiontische Prinzip, 2003
Das „Serapionische Prinzip“ wird wie folgt beschrieben:
„Dein Einsiedler, mein Cyprianus, war ein wahrhafter Dichter, er hatte das wirklich geschaut was er verkündete, und deshalb ergriff seine Rede Herz und Gemüt. […] Wenigstens strebe jeder recht ernstlich darnach, das Bild, das ihm im Innern aufgegangen recht zu erfassen mit allen seinen Gestalten, Farben, Lichtern und Schatten, und dann, wenn er sich recht entzündet davon fühlt, die Darstellung ins äußere Leben [zu] tragen. […] Der Einsiedler Serapion sei unser Schutzpatron, er lasse seine Sehergabe über uns walten, seiner Regel wollen wir folgen, als getreue Serapions-Brüder!“
Das Serapionische Prinzip laut Serapions-Bruder Lothar in E.T.A. Hoffmann: Die Serapions-Brüder
Unsere Rahmenhandlung der Rahmenerzählung verlassen wir gemächlich, nachdem wir kurz Wilhelm Hauffs „Das Wirtshaus im Spessart“ als weiteres Beispiel erwähnen und uns auf den Weg zum Potsdamer Platz machen. Wir landen nämlich beim Klassiker der Rahmenerzählung: „The Canterbury Tales“ von von Geoffrey Chaucer aus dem 14. Jahrhundert. In den meisten „Hyperion“ Besprechungen wird Chaucers Erzählung als Inspiration für Dan Simmons‘ Erzählstruktur genannt. Bei Chaucer ist es der Wirt, der anregt sich gegenseitig Geschichten zu erzählen, um die Pilgerreise nach Canterbury kurzweiliger zu gestalten. Bei Simmons‘ „Hyperion“ ist es einer der Pilger selbst. Sol Weintraub wird als „the Wandering Jew and his hopeless quest“ beschrieben. (Wir erinnern uns an Episode 45 über Dan Simmons‘ „Ilium“ und Savi, die „wandernde Jüdin“.)
Sol Weintraub ist jedoch nicht an Kurzweiligkeit interessiert, sondern sucht Antwort auf die Frage, was die sieben Pilger:innen verbindet, denen die letzte Pilgerreise auf den entlegenen Planteten „Hyperion“ genehmigt wurde.
„It would seem that our reasons for returning to Hyperion are so compelling that even the Shrike Church and the Hegemony probability intelligences agree that we deserve to return“, he said.“ […] „I suggest that we share our stories in the few days remaining to us.“
Sol Weintraub, Chapter 1
Und so beginnen die Erzählungen der Pilgernden (die ich unten an den englischen Wikipedia-Eintrag zu Hyperion angelehnt, übersetzt und um Zitate des Konsuls erweitert habe).
Im Jahr 2732 umfasst die Hegemonie der Menschen Hunderte von Planeten, die durch Farcaster Portale miteinander verbunden sind. Die Hegemonie unterhält ein unruhiges Bündnis mit dem TechnoCore, einer Zivilisation von KIs. Modifizierte Menschen, die als Ousters bekannt sind, leben in Raumstationen zwischen den Sternen und befinden sich in einem Konflikt mit der Hegemonie.
Zahlreiche „Outback“-Planeten haben keine Farcaster und können nur unter erheblicher Zeitdilatation erreicht werden. Einer dieser Planeten ist Hyperion, die Heimat von Strukturen, die als Zeitgräber bekannt sind, die sich in der Zeit rückwärts bewegen und von einer legendären Kreatur, dem Shrike, bewacht werden. Am Vorabend einer Invasion der Ouster auf Hyperion wird eine letzte Pilgerreise zu den Zeitgräbern organisiert. Die Pilger beschließen, dass jeder von ihnen seine Geschichte erzählen wird, wie er für die Pilgerreise ausgewählt wurde.
Erster Teil, Die Geschichte des Priesters: „The Man who Cried God“
Father Lenar Hoyt, a priest of the old-style Christian sect known as Catholic.
Der Konsul in Chapter 1
Paul Duré und Lenar Hoyt sind katholische Priester, die in die Verbannung von Hyperion geschickt wurden. Während Duré sich in den weit entfernten Bereichen von Bikura aufhält, einer isolierten Zivilisation, entdeckt er, dass die Bikura von kreuzförmigen Parasiten, der so genannten Cruciform, befallen sind. Diese Parasiten haben die Fähigkeit, nach dem Tod den physischen Körper wieder aufzubauen und die Wirtsperson wiederzubeleben. Duré selbst wird infiziert, als er dem Shrike begegnet.
Trotz unerträglicher Schmerzen ist Duré unfähig, die Cruciform zu entfernen oder Bikura zu verlassen. Seine Tagebuchaufzeichnungen enden abrupt. Hoyt enthüllt schließlich, dass Duré sich in einem verzweifelten Versuch, die Cruciform loszuwerden, an einem Tesla-Baum gekreuzigt hat. Sieben lange Jahre lang wurde Pater Duré immer wieder durch Stromschläge getötet und wiederbelebt. Als Hoyt schließlich Duré berührt, fällt die Cruciform von seinem Körper ab und lässt ihn schließlich sterben. Die Bikura werden mit Atomwaffen vernichtet, aber nicht bevor Hoyt sowohl mit Durés Cruciform als auch mit einer eigenen Cruciform infiziert ist.
Zweiter Teil, Die Geschichte des Soldaten: „The War Lovers“
Colonel Fedmahn Kassad, the so-called Butcher of South Bressia, was probably no longer either infamous or famous.
Der Konsul in Chapter 1
Die Geschichte von Colonel Fedmahn Kassad beginnt mit einer Rückblende in die Zeit seiner Ausbildung an der FORCE-Militärakademie auf dem Mars. Während einer Simulationsschlacht rettet eine geheimnisvolle Frau Kassad und wird seine Geliebte.
Kassad entführt ein Ouster-Shuttle und lässt es auf Hyperion abstürzen. Dort wird er mit seiner Geliebten Moneta wiedervereint. Kassad sieht den Baum des Schmerzes, einen gigantischen Stahlbaum, an dem das Shrike seine Opfer aufspießt. Moneta und das Shrike lehren ihn, im Kampf die Zeit zu verändern. Kassad erkennt, dass Moneta und das Shrike ihn manipuliert haben und ihn benutzen wollen, um einen interstellaren Krieg auszulösen, in dem Milliarden von Menschen sterben werden. Nachdem Kassad gerettet wurde, wird er zum Antikriegsaktivisten.
Dritter Teil, Die Geschichte des Dichters: „Hyperion Cantos“
Martin Silenus was […] pleasantly demonic. The poet’s silver hair had been cropped into rough-hewn bangs.
Der Konsul in Chapter 1
Martin Silenus wurde als Dichter ausgebildet, aber seine Ausbildung wurde unterbrochen, als ein schwarzes Loch die Erde zerstörte. Silenus ist gezwungen, als Hilfsarbeiter zu arbeiten. Während dieser Zeit beginnt er mit der Arbeit an seinen Hyperion Cantos, seinem Hauptwerk. Seine Reihe Sterbende Erde wird ein Riesenerfolg und macht ihn zum Multimilliardär.
Silenus schließt sich dem traurigen König Billy auf Hyperion an. Billy ist ein Aristokrat, der beschließt, nach Hyperion umzusiedeln und ein Königreich der Künstler zu gründen. Silenus nimmt die Arbeit an den Cantos wieder auf und ist überzeugt, dass das Shrike seine Muse ist. Billy verbrennt das Manuskript der Cantos und wird von dem Shrike entführt. Seitdem hat Silenus, der auf lebensverlängernde Behandlungen angewiesen ist, Jahrhunderte darauf gewartet, nach Hyperion zurückzukehren und das Gedicht zu vollenden.
Vierter Teil, Die Erzählung des Gelehrten: „The River Lethe’s Taste Is Bitter“
Sol Weintraub […] The Consul had heard tales of the Wandering Jew and his hopeless quest.
Sol Weintraub, ein jüdischer Professor, nimmt mit seiner kleinen Tochter Rachel an der Pilgerfahrt teil. Vor zwanzig Jahren wurde Weintraubs erwachsene Tochter Archäologin und reiste nach Hyperion. Bei der Kartierung eines der Gräber erscheint das Shrike; Rachel erkrankt an einer Krankheit, die sie rückwärts altern lässt. Weintraub ringt jahrelang mit Träumen, in denen ihm befohlen wird, nach Hyperion zu gehen und Rachel in einer Wiederholung der Bindung von Isaak zu opfern. Er beschließt, ein Pilger zu werden und das Shrike um ein Heilmittel zu bitten.
Nachdem sie Weintraubs Geschichte gehört haben, zieht sich die Gruppe nach draußen zurück, um die Sterne zu betrachten. Dort sehen sie, wie das Baumschiff der Templer, das sie nach Hyperion gebracht hat, von Oustern zerstört wird.
„I am the True Voice of the Tree“, said Het Masteen. „While many Templars believe that the Shrike is the Avatar of punishment for those who do not feed from the root, I must consider this a heresy not founded in the Covenant or the writings of the Muir.“
Het Masteen, Chapter 1
Het Masteen, Kapitän des Schiffes und ebenfalls auf der Pilgerreise, reagiert nicht und zieht sich wortlos in sein Zimmer zurück. Am nächsten Morgen ist Masteen verschwunden, und sein Zimmer ist voller Blut, obwohl die ganze Nacht über Wache gehalten wurde.
Fünfter Teil, Die Geschichte der Privatdetektivin: „The Long Good-Bye“
Brawne Lamia, […] the detective stared at the Consul with such intensity that he could feel the pressure of her gaze even after she looked away.
Der Konsul in Chapter 1
Brawne Lamia ist eine Privatdetektivin. Ihr aktueller Klient ist ein Cybrid (ein menschlicher Körper, der von einer TechnoCore-KI kontrolliert wird) namens Johnny. Sie und Johnny werden zwangsweise auf einen Planeten verbannt, der eine perfekte Nachbildung der alten Erde zu sein scheint. Sie werden ein Liebespaar. Lamia und Johnny verüben einen Virtual-Reality-Raub auf dem TechnoCore. Sie entdecken, dass die KI des Kerns durch ihre unterschiedliche Loyalität gegenüber dem Projekt der Ultimativen Intelligenz (UI) des Kerns gespalten ist. Einige Mitglieder des Kerns planen, eine allwissende KI zu erschaffen: im Grunde genommen einen Gott.
Johnny wird bei einem Überfall getötet, aber nicht bevor er sein Bewusstsein in ein Implantat in Lamias Schädel übertragen hat. Es stellt sich heraus, dass Lamia mit Johnnys Baby schwanger ist. Sie wird von Shrike-Kultisten gerettet und erhält Asyl bei der Kirche des Shrike unter der Bedingung, dass sie die Pilgerreise antritt.
Sechster Teil, Die Geschichte des Konsuls: „Remembering Siri“
Der Konsul erzählt die Geschichte von Merin Aspic und Siri. Aspic unternimmt mehrere Reisen an Bord eines Raumschiffs, um auf Maui-Covenant ein Fernbedienungsportal zu errichten, das es mit der Hegemonie und ihren wartenden Touristenscharen verbindet. Schließlich verliebt er sich in Siri. Jedes Mal, wenn sie sich treffen, altern Merin und Siri aufgrund der Zeitdilatation mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dieser Unterschied wird immer deutlicher, bis zum achten Besuch, bei dem Merin zurückkehrt und Siri tot vorfindet, weil sie alt geworden ist und der Fernzähler aktiviert werden soll. Merin beschließt, den Fernzähler zu sabotieren und beginnt einen hoffnungslosen Widerstand gegen die Hegemonie. Bei der Niederschlagung der Rebellion zerstört das Militär die Ökologie so gründlich, wie es die Touristen getan hätten.
Der Konsul enthüllt, dass Siri und Merin seine Großeltern waren. Er wartet auf eine Gelegenheit, die Hegemonie zu verraten und Rache zu üben. Der Konsul enthüllt, dass er eine Ouster-Vorrichtung ausgelöst hat, die zur Entleerung der Zeitgräber und zur Freisetzung des Shrike geführt hat, wohl wissend, dass dies wahrscheinlich die Vernichtung der Menschheit zur Folge haben würde.
Epilog
Die Pilger beschließen, ihre Reise fortzusetzen, um den Shrike zu treffen. Die Erzählung endet abrupt, als sie sich über die Wüstenebene den Zeitgräbern nähern, die nun ein ungewöhnliches Leuchten ausstrahlen.
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