

Die Leichtigkeit der Kunst
Claudia Linzel
Ein Kunstpodcast über Kultur, Gesellschaft und persönliche Perspektiven – wie ein gutes Gespräch: offen, zugewandt und überraschend nah.
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Dec 8, 2020 • 36min
Ein Dorf philosophiert
Mit der Film- und Theaterregisseurin Christiane Huber wagen wir uns – mit unserem vierten Podcast-Special zum Thema #femaleheritage – in das breite Feld des Films. „Feld“ trifft es im Zusammenhang mit Christiane Huber sehr treffend. Denn sie hat das Kunstprojekt „Ein Dorf philosophiert“ über NS-Zwangsarbeiterinnen, die in der Landwirtschaft eingesetzt– man kann fast schon sagen: versklavt – wurden, zusammen mit Zeitzeug*innen gedreht.
Sicherlich ein Thema, das nicht sofort mit der Leichtigkeit der Kunst in Verbindung gebracht wird. Doch die Künstlerin, Regisseurin und Psychologin hat es mit einfühlsamer Leichtigkeit geschafft, mit Menschen zu sprechen, die jahrelang zu dieser dunklen Zeit, zu Unterdrückung, Verbrechen & Gewalt geschwiegen haben. Damit hat sie ein beeindruckendes zeitgenössisches Werk geschaffen – sowohl aus deutscher als auch aus polnischer Sicht. Christiane Huber lässt uns an ihren Erfahrungen, An- und Einsichten auf sehr persönlicher Ebene teilhaben.
Ebenfalls sprechen wir mit Christiane Huber über ihr aktuellstes Projekt. Einer Serie von Video-Dokumentationen über die bedeutende Nachkriegslyrikerin Dagmar Nick und die Schriftstellerin Asta Scheib. Es werden filmische Portraits für das Münchner Literaturarchiv entstehen, in dem ein zeitgeschichtlicher Kontext zwischen schriftstellerischem Opus und biografischem Werdegang geschildert wird. Der Vorlass Dagmar Nicks ist bereits der Monacensia übergeben.

Dec 7, 2020 • 1h 19min
Dr. Kathrin Baumstark, Bucerius Kunst Forum: Georges Braque
Unsere heutige Kunstpodcast – Reise führt uns in den Norden Deutschlands. Genauer gesagt in die Perle an der Elbe – nach Hamburg, in ein Ausstellungshaus ganz in der Nähe des Rathauses. Genau. Wir sind im Bucerius Kunst Forum. Unser heutiger Gast ist Hamburgs jüngste Museumschefin: Dr. Kathrin Baumstark – Kunsthistorikerin, Religionswissenschaftlerin und seit 2019 künstlerische Leiterin des Bucerius Kunst Forums. Mit einem ihrer Zitate “Ich weiß, du könntest was mit zeitgenössischer Kunst anfangen, wenn man dich mitnimmt!” möchte ich Zugang zu Georges Braque finden und den Kubismus tiefer kennenlernen. Mit Dr. Kathrin Baumstarks empathischer und augenzwingender Art bewegen wir uns auditiv durch die Ausstellung „Tanz der Formen“. Dabei erfahren, warum Georges Braque – für den das Malen so selbstverständlich wie das Atmen war – für die zeitgenössische Kunst so prägend war. Guillaume Apollinaire titulierte ihn sogar als „ein Prüfstein für alle nachfolgenden Künstlergenerationen“. Er verwarf einfach sämtliche Vorstellungen von Farbe, Form und Raum. Doch warum ist der Jahrhundertmaler und enge Freund Pablo Picassos in Deutschland in Vergessenheit geraten? Dr. Kathrin Baumstark lässt uns an seinem Leben, seinem wohlgemerkt einzigen (!) Skandal und seiner künstlerischen Weltbetrachtung in Form seiner Werke bis hin zu einem seiner letzten Werke und Zitate „Ich habe meine Furche gezogen“ teilhaben.

Dec 3, 2020 • 50min
Barbara Yelin: Vor allem eins, dir selbst sei treu
Als Gast unseres dritten Specials zum Thema #femaleheritage begrüßen wir Barbara Yelin, Comiczeichnerin aus München. Sie arbeitet mit atmosphärisch dichten Bildern und feinfühliger Art gegen das Vergessen. Dabei durchleuchtet sie massenhaftes Mitläufertum & Wegsehen ebenso wie herausragende Biografien fast vergessener Frauen wie Channa Aaron, Emmy Arbel und auch ihre eigene Großmutter alias Irmina. Für ihre Arbeit erhielt sie 2015 den Bayerischen Kunstförderpreis für Literatur, 2016 den renommierten Max-und-Moritz-Preis als beste deutschsprachige Comic-Künstlerin und 2020, ganz aktuell, den Ernst Hoferichter Preis für Künstler der erzählenden Kunst, die Originalität mit Weltoffenheit und Humor verbinden. Barbara Yelin wird als eine der wichtigsten Comic-Künstlerinnen ihrer Generation beschrieben, das kommt nicht von ungefähr, denn ihre Werke sind vielschichtig, präzise recherchiert sowie mit politischem und sozialem Statement verknüpft. Monacensia

Dec 3, 2020 • 33min
Alles Schönste von mir – Paula Rösler, Edith von Schrenck und Rose-Marie Bachofen. Ein Gespräch mit Christina Lemmen
Drei Frauen, die fast aus der Geschichte verschwunden wären: Paula Rösler, Dichterin. Edith von Schrenck, Tänzerin. Rose-Marie Bachofen, Künstlerin und Stifterin. Sie alle verband eine enge Beziehung mit Waldemar Bonsels, dem Autor der „Biene Maja“. Doch während Bonsels’ Werk bis heute bekannt ist, gerieten ihre Stimmen ins Vergessen.
Christina Lemmen, Kulturwissenschaftlerin in der Monacensia (München), bringt ihr Wirken zurück ins Licht. Sie zeigt, warum Female Heritage mehr ist als Erinnerung: Es ist ein Schlüssel für kulturelle Gerechtigkeit. Es geht um weibliches Erbe, um Liebe und Intuition, um Tanz, Literatur und darum, wie Erinnerung unsere Gegenwart formt.
Welche vergessenen Stimmen fehlen euch in der Kunst- und Kulturgeschichte? Und wo begegnet euch Female Heritage im Alltag?
Themen der Folge:– Paula Rösler: Lyrik, Liebe und weibliche Selbstbehauptung– Edith von Schrenck: Tanz, Moderne und Freiheit– Rose-Marie Bachofen: Ehe, Erinnerung und die Waldemar-Bonsels-Stiftung– Waldemar Bonsels: literarischer Ruhm und privates Nachlass-Erbe– Female Heritage: warum kulturelles Gedächtnis heute weibliche Perspektiven braucht– Vertrauen, Intuition und Sichtbarkeit in künstlerischen Biografien
Links & Credits:Monacensia · Waldemar-Bonsels-Stiftung
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Dec 1, 2020 • 55min
Frauen in der Erinnerungskultur
Zurzeit sorgt eine spannende wie außerordentlich wichtige Kultur-Blogparade für Schlagzeilen. Die Blogparade mit dem vielversprechenden Namen #femaleheritage ist ein kooperatives Forschungsprojekt zum Kulturerbe und möchten Frauen in der Erinnerungskultur präsenter machen sowie das Bewusstsein für ihr Werk und ihr Wirken stärken. Initiiert wird die Blogparade von der Monacensia. Wir schätzen uns sehr glücklich, dass wir ein weiteres Mal in das Münchner Literaturarchiv eingeladen wurden, um dieses bedeutende Kulturprojekt mit einem 5- teiligen Podcastspecial unter dem Titel #femaleheritage zu begleiten und somit unseren Teil dazu beitragen, dass die Spuren all dieser wunderbaren kulturprägenden Frauen wieder sichtbar oder besser: hörbar werden. Unser Auftakt-Gast des Specials ist Anke Büttner, sie ist seit dem 1. Januar 2019 Leiterin des Monacensia im Hildebrandhaus, dem literarischen Gedächtnis der Stadt München, und weist uns auf wunderbar anschauliche Weise und mit sanfter Stimme in das auf 5 Jahre angelegte Projekt gegen das Vergessen von Frauen in Kunst und Kultur ein.

Nov 30, 2020 • 1h 4min
Salapanga - Kinderkunstreise
Mit unserem Podcast „Die Leichtigkeit der Kunst“ möchten wir gerne der Kunstszene eine Stimme schenken – manchmal kommen auch 2 oder 3 Stimmen gleichzeitig zu Wort. Wir unterhalten uns liebend gern mit großen Künstlern und Kreativen in den Startlöchern. Wir lauschen gebannt den Anekdoten von Museumsleitern und Kuratoren. Wir erforschen Biografien und Visionen. Doch um eine – und zwar eine ganz bedeutende – Künstlergruppe haben wir uns – schändlicherweise – noch gar nicht gekümmert. Diese Künstlergruppe ist mal laut, mal leise; mal wild, mal ruhig; mal größer und mal kleiner. Auf jeden Fall eint sie immer eins: sie sind unermüdliche Fragesteller, Forscher und Kreative. Genau – wir sprechen von: den Kindern. Sie handeln unbefangen und voller Fantasie. Doch manchmal werden sie in ihren Bedürfnissen und Ansprüchen nicht gesehen und in ihren Fähigkeiten nicht wahrgenommen.
Kinder sollten ermutigt werden, kreativ zu antworten und ihren Blick stets geöffnet zu halten. Und das gelingt durch ideenreiche Vermittlung von Kunst, Kultur und Geschichte. Dieses wertvolle und spannende Thema hat sich die Kreativagentur Salapanga auf die Fahne geschrieben. Sala – was? Salapanga! Und was sich hinter dem exotisch klingenden Wort und der Arbeit von Salapanga verbirgt, erzählen uns die Gründerinnen Barbara Falkner und Petra Larass.
Zum Beispiel nehmen Barbara und Petra die Kinder mit Salapanga auf Reise, um fremde Kulturen kennenzulernen – ein bisschen wie es auch Alexander von Humboldt einst tat. Barbara und Petra verraten, welche Bereiche die Kinder auf ihren Salapanga-Reisen kennen lernen, ob sie auch mal auf Zeitreise und Spurensuche gehen, an welchen Stationen innegehalten wird und welche Menschen die Reise begleiten werden. Auch schenken die Beiden Einblicke über Reflexion und Feldforschung. Doch die Kinder treten auch selbst als Künstler auf. Und aus welchen kreativen Tätigkeitsfeldern sie dabei schöpfen und welche Experten ihnen zur Seite stehen, erfahrt ihr in dieser Episode unseres Kunstpodcasts.

Nov 29, 2020 • 1h 4min
Dr. Alexandra Kolossa: Bon Voyage!
Heute reisen wir nach Aachen. Doch bei unserem Besuch in der Kaiserstadt stehen weder Dom noch leckere Printen in unserem Fokus – sondern wir möchten uns zusammen mit euch durch zeitgenössische Kunst treiben lassen. Und zwar im Ludwig Forum für Internationale Kunst. Hier findet bis zum 11.04.21 die Ausstellung „Bon Voyage! Reisen in der Kunst der Gegenwart“ statt.
Unsere Reiseleitung heißt Dr. Alexandra Kolossa, sie ist die Kuratorin dieser nah- und fernweh geprägten Ausstellung. Timm Ulrichs Wegweiser gibt den Auftakt unseres Abenteuers. Den Eingang zu unserer Entdeckungstour finden wir dank der Hilfe von Christoph Mueller und seiner illustrierten Hommageaktion an Stanley Brouwn. Mit Mareike Foeckings anthropologischem Blick durch die Hasselblad reisen wir in das Silicon Valley. Ein strahlendes Panorama rund um die Welt erhalten wir durch Hiroyuki Masuyamas Arbeit,, wofür er alle 20‘‘ auf einem Flug rund um die Welt Fotos aufgenommen hat. Zurück im Ludwigforum angekommen, gewährt uns Stefan Sous mit einer aufgeklappten Stadtkarte den Blick auf Plan A, denn einen Plan B gibt es nicht.
Doch der Weg ist noch lange nicht beendet. Denn wir werden vor die Frage gestellt, welche Kopfreisen möglich sind. Kann man beispielsweise auch Anti-Nomaden in die Ferne schicken? Wie ermöglicht Roman Ondak dies? Wie sieht eine Topografie der eigenen Emotionen aus? Gibt es beispielsweise ein Meer der ersten Orientierung? Stefan Huber kartographiert eine Antwort. Dann erreichen wir plötzlich eine Grenze – knallhart und fast schon schmerzhaft werden wir uns bewusst, was politisches Reisen bedeutet. Kann ein Stacheldrahtzaun menschenfreundlich sein? Dani Ploeger setzt dazu ein Zeichen. Unser Blick fällt auf am Boden liegende blaue Kleidung. Die Installation von Kader Attia trägt den Namen La Mer Morte. An dieser Stelle wird es ruhig und es bedarf keiner weiteren Erklärung. Das Ende des politischen Reisens weist uns ein kahl-geschmirgelter Globus. Am Grunde des Werkes liegen die restlichen Flocken der nun grenzenlosen Weltkugel Julians Charrières. Was bleibt, ist nichts. Wie kann man den Blick auf die Ressourcen also wahren? Ein Beispiel dafür setzt die Künstlerin auf ihrer Forscherreise indem sie den Rhein von Bonn nach Köln entlang taucht. So langsam erreichen wir tatsächlich das Ende unserer Reise durch die Kunst der Gegenwart. Mit Tim Ullrichs Augenzwinkern gelangen wir nach 40.000 km zum The End.
Liebe Alexandra, an deiner Seite habe ich mich trotz aller Irrungen und Wirrungen sehr sicher gefühlt – und habe festgestellt, dass ein Reisen fern der geplanten Route für facettenreiche Wiederkehr sorgt.
Liebe Zuhörer*Innen – kommt mit auf die Reise in die Kunst der Gegenwart!

Nov 15, 2020 • 1h 12min
Raffaela Zerilli, König Galerie: Wie kaufe ich ein Bild?
Neulich war ich in einer Galerie und habe dort ein Bild entdeckt, dass mir ziemlich gut gefallen hat. Ich wollte es gerne kaufen – doch ich wusste gar nicht wie. So muss sich wohl der Ochs vorm Berg gefühlt haben. Tatsächlich bemerkte ich, zwischen all den sehr informiert wirkenden Menschen, dass ich die ein oder andere Berührungsangst in mir trage, sollte ich mich als unwissender Neusammler outen, oder wirke ich dann wie eine kleine Dillgurke?
Ich hab mir ein Herz gefasst und bin auf eine sehr aufgeschlossen wirkende Mitarbeiterin zugegangen. Das war Raffaela Zerilli, Direktorin der König Galerie in Berlin. Schmunzelnd habe ich ihr von meiner kleinen Schwellenangst erzählt, die mich beinahe davon abhielt, ein wirklich schönes Werk zu kaufen. Sie hat mich sehr einfühlsam an die Hand genommen und mich in all meinen Fragezeichen abgeholt. Abschließend habe mich nicht klein und unerfahren gefühlt, sondern um ein wunderbares Gespräch und viele Ansichten reicher.
Möglicherweise kennt der ein oder andere unter uns diese Herausforderung ebenfalls – zumindest im sehr kleinen:-). Wie ist das, wenn ich eine Galerie betrete – muss ich etwas kaufen, darf ich mich mit all meinen Fragezeichen öffnen, hat eine Galerie gar einen kunstvermittelnden Auftrag und was gehört noch alles zu der Tätigkeit in einer Galerie?
Mit all den Fragen bin ich erneut zu Raffaela gefahren und sie hat auf sehr herzliche und einfühlsame Weise Einblicke in ihr Leben als Direktorin der König Galerie gewährt. Die König Galerie widmet sich ganz und gar der zeitgenössischen Kunst in all ihren Facetten und mit all ihren Medien. So sehen wir im Hamburger Bahnhof die innen- und außenraumgreifende Installation von Katharina Grosse, in der Julia Stoschek Collection Videoinstallationen des Kanadiers Jeremy Shaw, Fotografien von Annette Kelm im Salon Berlin der Frieder Burda Stiftung und Werke von Karl Horst Hödicke im Palais Populär. Ganz aktuell arbeitet die König Galerie an einer Ausstellung mit Werken von Katharina Grosse im eigenen Haus. Oder besser in der eigenen Kirche. Die Galerie befindet sich in der Kirche St. Agnes, gebaut im Stil des 60er Jahre Brutalismus. Allein die Architektur des Gebäudes mit ihrer Betonskulptur und den Mauersteinen aus den von im 2.ten Weltkrieg zerstörten Wohnhäusern ist eine Reise wert. In unserem Podcast verrät Raffaela auch, wie sich das Gespür für einen Künstler entwickelt, es zu einer Zusammenarbeit kommt, welche Wichtigkeit der Zweitmarkt spielt und welche Werte einen Sammler beeinflussen können. Auf ihre charmant schweizerische Art gewährt uns Raffaela Zerilli Anekdoten und Einblicke in das Wirken der König Galerie.

Oct 28, 2020 • 51min
700 Jahre Comic Biografie
Wie landet ein Comic in einem Museum? Noch dazu eins über Picasso? Und dann noch eins über Andy Warhol, eins über Hieronymus Bosch, eins über van Gogh und noch eins über Joseph Beuys?
Was in den 50er Jahren als respektlos und verpönt galt, ist heute nicht mehr wegzudenken: Comics. Comics beschreiben mit wenig Text und viel Bild die abenteuerliche Episode eines geliebten Helden.
Warum also nicht die Biografie eines hochgeachteten Künstlers als Comicversion darstellen? Mit dieser Einstellung wagte sich der Werber und Illustrator Willi Blöß vor 25 Jahren an die unkonventionelle Präsentation von Joseph Beuys. Und erntete für diese Auftragsarbeit eine Menge ermutigende Reaktionen. Diese spornten den Künstler an, weiter kulturvermittelnde Comics zu zeichnen und schreiben. Für Blöß steht stets die Zeichnung und Bildidee, sowie eine authentische Darstellung des portraitierten Künstlers im Fokus.
Blöß‘ Weg war oft steinig und von vielen Fragezeichen gezeichnet. Doch ein Aufgeben kam für Willi Blöß nie in Frage; so umfasst sein Schaffen mittlerweile 36 Werke und greift damit 700 Jahre Kunstgeschichte auf.
Beginnend mit dem finsteren Mittelalter und den frivolen Höllenbildern des Hieronymus Bosch unter dem Titel „Teufelswerk“. Weiter geht es mit einem der bedeutendsten Maler des Barock: Peter Paul Rubens, der in einem von Kriegen zerrissenen Europa, berühmt wurde mit voluminösen Frauen /-akten und furchteinflößenden Jagd- und Kriegsszenen. Die Zeit der Aufklärung durchleuchtet er mit den spanischen Machenschaften um den Maler „Francisco de Goya, Wenn die Vernunft schläft“. In der Romantik gehen wir mit Caspar David Friedrich und William Turner auf Reise durch gnadenlose Naturgewalten. Die Bildhauerei kommt mit dem tragischen Leben und Lieben der Camille Claudel zusammen mit Auguste Rodin ins Spiel. Dann geht es weiter mit dem Impressionismus und Monet. Den Jugendstil durchleuchtet Blöß mit Klimt und Schiele. Mit den Künstlervereinigungen die Brücke und der blaue Reiter nähern wir uns der Zeit kurz vor und nach dem 1. Weltkrieg: dem Expressionismus. George Grosz (Dada) wird mit dem „der Krawall der Irren“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Frida Kahlo steht Synonym für den Surrealismus, wobei die kreative und kämpferische Mexikanerin diese Kategorisierung stets von sich wies. Mit Popart verbinden wir Keith Haring und Andy Warhol – auch diese werden spannungsgewaltig von Blöß aufgegriffen. Die zeitgenössische Kunst ist vielfältig. So gewährt Blöß uns mit David Hockney Einsichten in das Leben des Malers und mit Nam June Paik in das Werk eines Konzept- und Videokünstlers.
Die Comics im Postkartenformat sind kurzweilig, für jedermann zugänglich und mit detailverliebtem Humor gestaltet; und genau so sind sie in zahlreichen Museumsshops gelandet und nun zu finden.

Oct 26, 2020 • 1h 10min
Christoph Mueller alias Mighty Millborough, Ludwigforum Aachen: Independent Comic
Mighty Millborough ist ein mächtig melancholischer und irgendwie auch rätselhafter Eigenbrödler mit zurückgekämmten Haaren, akkuratem Oberlippenbart und schräg sitzendem Strohhut. Er lebt in einem prächtigen, viktorianischen Haus mit weißem Lattenzaun, dessen Löcher Einblicke in sein bescheidenes Leben gewähren. Die typische Idylle einer US-Kleinstadt, wie man sie aus amerikanischen Zeitungscomics der 20er und 30er Jahre kennt– zumindest in Independent Comics. Mighty Millborough liebt ausgedehnte Spaziergänge in der Natur, legt sich unter einen Baum und widmet sich dabei den großen Fragen des Lebens. Das kann einen depressiven Eindruck erwecken. Doch der liebevoll gezeichnete Comic-Mann mit dem ausgeprägten Hang zum Grübeln, versucht schlicht seinen inneren Frieden im Gleichgewicht der Natur zu entdecken.
Das kommt Christoph Mueller sehr bekannt vor. Christoph Mueller ist Comiczeichner und setzt sich in seinen humorvoll melancholisch gezeichneten Stripes um Mighty Millborough mit der Schönheit des Existierens auseinander – nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Die Erschaffung und die Stories um Mighty Millborough führen ihn in seine eigene Autobiografie: Aufgewachsen als deutsches Kind in den Niederlanden, mit der Mutter als I-Dötzchen nach Aachen gezogen, Schwierigkeiten mit dem Lehrplan um Lesen und Schreiben und den Herausforderungen als erwachsener Künstler Geld in einem empathiefernen Call-Center zu verdienen. Es verwundert nicht, dass Christoph Mueller eine alternative Realität aufgebaut hat. Er bezeichnet seine tiefgründigen Stripes als visuelles Gedicht und emotionale Vignette. Und damit trifft er den Illustratorenzahn der Zeit. Im Mai wurde Mueller in den Olymp der Illustratoren erhoben: Seine Corona-Zeichnung „Shelter in Place“ landete prompt auf dem Titelblatt des The New Yorker. Christoph Mueller lässt uns im Gespräch auf ganz feinfühlige und irgendwie auch leichte Art teilhaben, an seiner Kontroverse um Selbstreflexion und amüsant, ideenreichen Träumen.
Seine aktuelle Ausstellung Matters of Mind ist vom 27. August 2020 – 10. Januar 2021 im Ludwigforum in Aachen zu sehen.


