

F.A.Z. Bücher-Podcast
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Die F.A.Z.-Redakteure Maria Wiesner, Fridtjof Küchemann, Kai Spanke und Paul Ingendaay stellen im Bücher-Podcast der F.A.Z. ausgewählte Neuerscheinungen und Klassiker der Literatur vor. Sie sprechen mit Schriftstellern, Übersetzern und anderen Experten des Literaturbetriebs und beschäftigen sich mit den Eigenheiten des literarischen Lebens und Lesens.
Jeden Sonntag erscheint eine neue Episode. Einmal im Monat wird ein Literaturrätsel gestellt und unter den Einsendern der richtigen Lösung ein Buch verlost. Viel Spaß beim Mitmachen!
Die E-Mail-Adresse für Anmerkungen, Nachfragen, Lob und Kritik: buecher-podcast@faz.de. Der Bücher-Podcast auf Instagram: @fazbuecher.
Alle Folgen können jederzeit hier angehört werden: https://www.faz.net/podcasts/f-a-z-buecher-podcast
Jeden Sonntag erscheint eine neue Episode. Einmal im Monat wird ein Literaturrätsel gestellt und unter den Einsendern der richtigen Lösung ein Buch verlost. Viel Spaß beim Mitmachen!
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Episodes
Mentioned books

Sep 25, 2022 • 40min
Man kann die Unterschicht riechen: Martin Kordić über seinen Roman "Jahre mit Martha"
Maria Wiesner und Fridtjof Küchemann im Gespräch mit dem Autor – und ein neues Literaturrätsel
Eigentlich hatte es ein ganz anderes Buch werden sollen, erzählt Martin Kordić, doch schon nach den ersten drei Sätzen entwickelte sich die Geschichte in eine ungeplante Richtung. Die Sätze sind geblieben am Anfang von "Jahre mit Martha", dem zweiten Roman des Schriftstellers.
Seine Figuren haben ihn einfach mitgenommen, mitgenommen in die Beziehungsgeschichte von Željko, dem Erzähler, den wir kennenlernen, als er fünfzehn ist, und Martha, einer erwachsenen Frau, einer Professorin. Ihre Geschichte wirft ein Schlaglicht darauf, was es heißt, in diesem Land als Kinder von Eltern aufzuwachsen, die auf dem Bau und als Putzfrau bis zum Umfallen arbeiten, die aus der Herzegowina noch Deutschland gekommen sind und die eine Heimat nie ganz hinter sich gelassen haben, während sie in der anderen nicht wirklich haben ankommen können. Deren Nachname es seiner Herkunft nach noch den Kindern schwer macht.
Was zwischen Željko und Martha passiert, ist schöner und schlauer als alles, was man erwarten oder befürchten könnte. Wie sich der Junge aus den Einschränkungen durch seine Herkunft herausarbeitet und wieder von ihnen eingeholt zu werden droht, ist klug konstruiert und erzählt. Was es heißt, aus einem Land zu kommen, gekommen zu sein vor vielen Jahren, das später ein Krieg zerrissen hat, schlägt mit einer solchen Wucht in den Roman, dass nicht nur Martha davon richtig schlecht wird.
Wir haben mit Martin Kordić über "Jahre mit Martha" gesprochen, über die Arbeit am Roman, seine Hintergründe und das literarische Geschick, die Figuren ihren Weg finden zu lassen. Außerdem stellen wir noch ein neues Literaturrätsel, verraten die Lösung aus dem August und natürlich auch, wer diesmal unseren Buchpreis gewonnen hat.
"Jahre mit Martha" von Martin Kordić auf der Website des S. Fischer Verlags
"Die Krümmung der Welt": Simon Strauß über den Roman "Wie ich mir das Glück vorstelle", das Debüt von Martin Kordić
faz.net/literaturraetsel: Die Seite für Ihre Teilnahme am Literaturrätsel
Die Adresse für Anregungen, Lob, Kritik

Sep 18, 2022 • 35min
Auch Schneekristalle haben etwas zu erzählen: Stefanie Arndt über ihre Expeditionen in die Polargebiete
Kai Spanke im Gespräch mit der Autorin
Der Arktische Ozean ist 15,5 Millionen Quadratkilometer groß und hat eine durchschnittliche Wassertiefe von 1200 Metern. Die Landmasse der Antarktis wiederum misst 13,5 Millionen Quadratkilometer. Daran schließt sich das Eis des Südpolarmeers an. Beide Regionen sind am stärksten von der Erderwärmung betroffen. Zugleich sind die Klimamodelle für die Pole besonders unsicher. Was dort wann und wie zu erwarten sein wird, weiß niemand ganz genau. Worauf sich die meisten Forscher allerdings einigen können: Bis September 2050 werden wir mindestens einmal eine fast eisfreie Arktis im Sommer erleben.
Die Meereisphysikerin Stefanie Arndt reist regelmäßig in die Polarregionen und hat nun ein Buch über ihre Arbeit vorgelegt. Darin geht es genauso um die Bedeutung des Golfstroms für das Klima in Europa wie um Pinguine oder Eisbären, deren Lebensraum bedroht ist. Im Podcast erzählt Stefanie Arndt von der Schönheit der Arktis und Antarktis, sie schildert, welche Folgen das Abschmelzen der Polkappen hätte, und sie verrät, warum man sich am Südpol nicht so dick einpacken muss, wie man vermuten würde.
Die Adresse für Anregungen, Lob und Kritik
„An Dauerregen und extreme Hitze werden wir uns gewöhnen müssen“: Kai Spankes Besprechung des Buchs „Expeditionen in eine schwindende Welt“

Sep 4, 2022 • 55min
Wenn der eine oder andere Kritiker schlucken muss: Paul Ingendaay im Gespräch mit Maxim Biller
Über Deutschland, Jüdischsein und das Handwerk des Schreibens
Man kennt den 1960 in Prag geborenen und seit langem in Berlin lebenden Maxim Biller als angriffslustigen Journalisten und begnadeten Polemiker. Man kennt ihn aber auch als überaus produktiven Schriftsteller, der in rund dreißig Jahren ein vielfältiges literarisches Werk geschaffen hat, zuletzt den Roman „Der falsche Gruß“. Was hat der eine Maxim Biller mit dem anderen zu tun? Und was nicht? Was treibt ihn um? Was treibt ihn an? Sicher ist jedenfalls, dass er die Diskussion über jüdische Literatur in deutscher Sprache oder überhaupt das Jüdischsein in Deutschland entscheidend mitgeprägt hat. Allein der Band „Wer nichts glaubt, schreibt“ (2020), eine Sammlung seiner Essays, Reden und Einwürfe aus drei Jahrzehnten, liefert Stoff für zahlreiche Deutschland-Gespräche - scharfsinnig, provokant und ohne Angst vor Tabubrüchen.
Im Bücher-Podcast habe ich Maxim Biller erst einmal gefragt, wie es ihm bei seiner Heidelberger Poetik-Dozentur vor vier Jahren ergangen ist – und ob man das Schreiben überhaupt lehren kann. Danach durchstreifen wir seine literarische Produktion, sprechen über Lehrmeister und Weggefährten, Einflüsse und Gegnerschaften, Motive und Obsessionen.
Die wesentlichen Buchtitel unseres Gesprächs:
„Bernsteintage“. Erzählungen.
„Der gebrauchte Jude“. Selbstporträt.
„Biografie“. Roman.
„Sechs Koffer“. Roman.
„Der falsche Gruß“. Roman.
„Wer nichts glaubt, schreibt“. Essays über Deutschland und die Literatur.

Aug 28, 2022 • 49min
Wie hatte sie so naiv sein können? Alexa Hennig von Lange über ihren Roman "Die karierten Mädchen"
Maria Wiesner und Fridtjof Küchemann im Gespräch mit der Autorin – und ein neues Literaturrätsel
Mehr als hundertdreißig Kassetten sind es schließlich gewesen, die Alexa Hennig von Langes Großmutter im hohen Alter aufgenommen hatte. Konzentriert und detailliert hatte sie aus ihrem Leben erzählt – mit leichter, heller Stimme, wie die Schriftstellerin sie gar nicht in Erinnerung hatte, aus den jungen Jahren; als es dann ernster wurde, mit einer Strenge, die Alexa Hennig von Lange so gut kannte.
Was heißt es, das Leben der eigenen Großmutter von ihr erzählt zu bekommen, ohne nachfragen zu können? Wie ist es zu hören, dass sie als ganz junge Frau entschieden hatte, für ein Kinderheim in Oranienbaum bei Dessau, das Anfang der Dreißigerjahre vor dem Aus stand, staatliche Unterstützung zu suchen, es also ebenso entschlossen wie widerwillig den Nationalsozialisten ans Herz zu legen, die von Mai 1932 an im Freistaat Anhalt an der Regierung waren? Wie wird ein solcher Stoff zum Buch? Wie geht man mit den Auslassungen in der Erzählung um, was gibt es zu ergänzen?
Wir haben mit Alexa Hennig von Lange über ihren neuen Roman "Die karierten Mädchen" gesprochen, über ihre Quellen, ihre Recherchen, ihr Schreiben. Ein neues Literaturrätsel rundet diese Episode des Bücher-Podcasts ab.
"Die karierten Mädchen" von Alexa Hennig von Lange auf der Website des DuMont Buchverlags
"Frecher als vermutet": Martin Lhotzky über Alexa Hennig von Langes Roman "Die Wahnsinnige"
faz.net/literaturraetsel: Die Seite für Ihre Teilnahme am Literaturrätsel
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Aug 21, 2022 • 42min
Frauen sind besser als Männer: Armin Falk erklärt, warum es so schwer ist, altruistisch zu handeln
Kai Spanke im Gespräch mit dem Autor
Jeden Tag finden wir uns in Situationen wieder, die moralische Entscheidungen fordern: Altruismus oder Egoismus? Klar, man könnte mit dem Bus zur Arbeit fahren, nur ist es jetzt schon so spät, dass am Auto doch eigentlich kein Weg vorbeiführt. Um das Geburtstagsgeschenk für die Kollegin könnte ich mich ja kümmern, aber warum soll ich das eigentlich jedes Jahr machen? Dem Obdachlosen an der S-Bahn-Station müsste ich mal wieder etwas Geld geben, allerdings habe ich Anfang des Jahres zwanzig Euro gespendet.
Laufend wägen wir Kosten und Nutzen ab, und immer wieder scheitern wir an den eigenen Ansprüchen und der Vorstellung davon, wie ein gutes, korrektes, empathisches und umsichtiges Verhalten aussehen sollte. Wir plädieren für Tierwohl und die Rettung des Klimas, essen jedoch Billigfleisch und fliegen mehrmals im Jahr von A nach B. Warum fällt es uns so schwer, verantwortungsvoll zu handeln? Und gilt das überhaupt für alle Menschen? Haben Frauen in dieser Hinsicht Männern etwas voraus? Gibt es Kulturen die großmütiger sind als andere? Der Verhaltensökonom Armin Falk beschäftigt sich schon lange mit solchen Fragen. In seinem neuen Buch uns unserem Podcast gibt er Auskunft zum gegenwärtigen Erkenntnisstand.
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Aug 7, 2022 • 45min
Lesen lässt sich lernen: George Saunders’ Meisterklasse „Bei Regen in einem Teich schwimmen“
Paul Ingendaay spricht mit Hans Maarten van den Brink über die Kunst des Lesens und Erzählens
Es gibt viele Bücher, die das Schreiben lehren. Aber wie lernen wir, besser zu lesen - genauer, tiefer, mit mehr Sinn für das Gesagte, Angedeutete und Mitgemeinte? Der amerikanische Schriftsteller und Literaturprofessor George Saunders, Jahrgang 1958, hat mit seinem Buch „Bei Regen in einem Teich schwimmen“ eine solch kurzweilige Schule des Lesens und Verstehens veröffentlicht. Im Untertitel heißt sein Buch „Von den russischen Meistern lesen, schreiben und leben lernen“. Die russischen Meister, das sind Anton Tschechow, Leo Tolstoi, Iwan Turgenjew und Nikolai Gogol. Insgesamt sieben ihrer Erzählungen sind hier vollständig abgedruckt, dazu die Erläuterungen, Kommentare, Abschweifungen und vergnüglichen Übungen, die Saunders seinem Publikum ungefähr so vorlegt, wie er es seit Jahrzehnten mit den Studenten seiner Creative-Writing-Kurse in New York macht.
Im Gespräch mit dem niederländischen Schriftsteller Hans Maarten van den Brink, seinerseits ein Meister des Schreibens, versuche ich, dem Zauber von Saunders' Buch auf die Spur zu kommen. Es geht um Offenheit beim Lesen, natürlich, um Beweglichkeit der Phantasie und die Fähigkeit, in den Einzelteilen etwa einer Tschechow-Erzählung den Bauplan des Ganzen zu erkennen, das wir als unser menschliches Universum verstehen: um die Ewigkeit der Kunst also, wenn man so will. Oder aber, etwas bescheidener, um die Lichtblicke, die uns das aufmerksame Lesen schenkt. Zwischendurch kommt auch Frank Heibert zu Wort, der Saunders' Buch mit der gewohnten Meisterschaft ins Deutsche übertragen hat.
George Saunders: „Bei Regen in einem Teich schwimmen. Von den russischen Meistern lesen, schreiben und leben lernen“. Aus dem Englischen von Frank Heibert. Luchterhand Verlag, 544 Seiten, 24 Euro.

Jul 31, 2022 • 33min
Vier Kinder- und Jugendbücher für den Sommer
Tilman Spreckelsen und Fridtjof Küchemann empfehlen Jon Klassen, Frida Nilsson, Erin Entrada Kelly und Mireia Trius
Drei Tiere und ein Felsbrocken im freien Fall: In seinem neuen Bilderbuch nähert sich Jon Klassen mit minimalistischen Mitteln Fragen von Format. – Zwei Brüder in der Falle einer Königin: Frida Nilsson entführt in ihrem jüngsten Kinderroman nicht nur die beiden Waisenkinder Sem und Mo in eine wundersame Welt, in der es um Bosheit oder Bedürfnis geht. – Was bleibt, wenn Träume und Hoffnungen mit einem Space Shuttle am Himmel zerplatzen? Erin Entrada Kellys neues Jugendbuch erzählt von einer Familie, die sich verhält wie Weltraumschrott. – Wie leben wir im internationalen Vergleich? In vielen Infografiken setzt ein Sachbuch für Kinder von Mireia Trius und Joana Casals die Welt des Mädchens Mia mit dem von Kindern aus anderen Ländern in Beziehung.
In dieser Episode des Bücher-Podcasts stellen wir vier Bücher vor, mit denen junge Leser gut durch den Sommer kommen können.
"Aus heiterem Himmel" von Jon Klassen, empfohlen zum Vorlesen für Kinder ab 4 Jahren, auf der Website des NordSüd Verlags
"Sem und Mo im Land der Lindwürmer" von Frida Nilsson, geeignet für junge Leser von 10 Jahren an geeignet, auf der Website des Gerstenberg Verlags
"Die Nelsons greifen nach den Sternen" von Erin Entrada Kelly, empfohlen für für Leser ab 12 Jahren, auf der Website des dtv
"Ich und die Welt" von Mireia Trius mit Illustrationen von Joana Casals, empfehlenswert für Leser von 8 Jahren an, auf der Website von Kleine Gestalten
Die Adresse für Anregungen, Lob, Kritik

Jul 24, 2022 • 39min
Generationen im Zustand des Dazwischen: Simoné Goldschmidt-Lechner über ihren Debütroman "Messer, Zungen"
Maria Wiesner und Fridtjof Küchemann im Gespräch mit der Autorin – und ein neues Literaturrätsel
"Im schönsten Unverständnis lebt es sich zärtlich": Das ist so einer dieser Sätze, die aufflackern in "Messer, Zungen", dem Debütroman von Simoné Goldschmidt-Lechner, und dann im Kopf seiner Leserinnen und Leser bleiben. Von Südafrika aus spannt das Buch seine Bögen nach Deutschland und in die USA, von der Kolonisation durch Buren und Engländer über den Kampf um das Ende der Apartheid Anfang der Neunzigerjahre bis in die Gegenwart. Dazwischen: Erinnerungen, Erfahrungen, Momente, Fragmente des Lebens am Kap der guten Hoffnung, aber auch in Deutschland nach einer Auswanderung.
Einmal heißt es von einer Figur, die einfach nur Mädchen heißt, sie streiche beim Lesen die Namen von Figuren an, die ihr ähneln könnten. "You are everywhere, in all the books", bekommt sie gesagt. Eine schöne Antwort – aber sie stimmt für Mädchen nicht. Wir haben mit Simoné Goldschmidt-Lechner über das große Thema von "Messer, Zungen" gesprochen, die Spannung zwischen Zugehörigkeit und Zuordnung, über die Vielsprachigkeit und das Verstehen, über menschliche Gewalt und menschliche Wärme in Südafrika, über Fragen an die eigene Geschichte beim Erzählen einer Geschichte und darüber, wie etwas im Geschriebenen zum Vorschein kommen kann, das nicht bewusst hineingeschrieben worden ist.
Ein neues Literaturrätsel, die Lösung aus dem Juni und Bekanntgabe des Gewinners runden diese Episode des Bücher-Podcasts ab.
"Messer, Zungen" von Simoné Goldschmidt-Lechner (oder, wie es knapp auf dem Cover heißt, SGL) auf der Website des Verlags Matthes und Seitz Berlin
faz.net/literaturraetsel: Die Seite für Ihre Teilnahme am Literaturrätsel
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Jul 17, 2022 • 39min
„Wir sollten diese Bewegung entdämonisieren“: Richard Rohrmoser über sein Buch „Antifa“
Kai Spanke im Gespräch mit dem Autor
Verfassungsschützer beobachten die Antifa. Verfassungsschützer profitieren von der Antifa. Als sie etwa vor drei Jahren ein Gutachten über die AfD erstellten, belegten die Mitarbeiter des Nachrichtendienstes ihre Ergebnisse über das Verhältnis zwischen der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) und rechtsextremistischen Burschenschaften mit einigen Fußnoten. Eine davon verweist auf einen Text namens „Identitäre Burschenschafter“. Zu finden ist er auf www.antifa-berlin.info. Insgesamt sechs Mal bezieht sich das Gutachten auf Internetseiten der Antifa. Ist die Bewegung also ein Partner im Kampf gegen Rechtsextremismus oder doch eine Gefahr für die Demokratie? Einfach lässt sich das nicht beantworten.
Der Historiker Richard Rohrmoser unternimmt in seinem Buch und unserem Gespräch einen Streifzug durch die Geschichte dieses politischen Aktionsfelds, für das sich verschiedene Gruppen, NGOs, Parteien und Gewerkschaften engagieren. Er informiert über die autonome Antifa und beklagt die Gewaltbereitschaft mancher Mitglieder. Zugleich hebt er hervor, es seien insbesondere autonome Antifa-Kreise, die herausragende Recherchearbeit zur rechten Szene leisten und Neo-Nazi-Treffen verhindern. Deutlich wird dabei vor allem, dass es „die eine Antifa“ nicht gibt.
Die Adresse für Anregungen, Lob und Kritik
„Diese Bewegung lässt sich nicht kontrollieren“: Stefan Lockes Besprechung von Richard Rohrmosers „Antifa“

Jul 3, 2022 • 37min
Meine Mutter war die größte Geschichtenerzählerin: Adania Shibli über ihren Roman "Eine Nebensache"
Paul Ingendaay spricht mit der palästinensischen Autorin Adania Shibli
Im Sommer 1949 wird ein palästinensisches Beduinenmädchen von israelischen Soldaten missbraucht und ermordet. Mehr als ein halbes Jahrhundert danach macht sich eine junge Frau aus Ramallah auf, mehr über diesen Vorfall herauszufinden, der sich exakt 25 Jahre nach ihrer Geburt ereignete.
Ein Zahlenzufall bringt die Handlung des schmalen Romans „Eine Nebensache“ von Adania Shibli in Gang, der sich zu einer Reflexion über Geschichte, Gewalt, Herkunft und Grenzlinien weitet, über Einsamkeit, Identität und die inneren Checkpoints beim Durchqueren markierter und bewachter Zonen. Was damals „wirklich“ geschah, weicht dabei immer weiter ins Reich einer obsessiven Ich-Suche zurück.
Adania Shibli, geboren 1974 in Palästina, legt mit diesem Roman ihr deutsches Debüt vor. Das Buch stand auf der Shortlist des Internationalen Literaturpreises 2022 des Hauses der Kulturen der Welt. Im Gespräch umfährt die Autorin simplifizierende politische Aussagen weiträumig und beharrt auf dem „Anderen“ von Literatur, erzählt von der prägenden Geschichtenerzählerin in ihrem Leben und der Eigentümlichkeit der arabischen Literatursprache.
„Eine Nebensache“ ist im Berenberg Verlag erschienen, wurde von Günther Orth übertragen, hat 120 Seiten und kostet 22 Euro.