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Oct 24, 2024 • 21min

Schmerzmediziner Luecke: „Wir haben ein Versorgungsdefizit, das in die Millionen geht“

Ein Gespräch über Versorgung Klinikreform und Selbstverwaltung Es knirscht in der schmerzmedizinischen Versorgung – und das schon seit Jahren. Ein Engpass, der sich mit der Krankenhaus-Reform weiter verschärfen wird. Warum, darüber sprechen wir in dieser Episode vom „ÄrzteTag“-Podcast mit Schmerzmediziner Dr. Thorsten Luecke. „Wir haben ein Versorgungsdefizit, das in die Millionen von Behandlungsbedürftigen geht“, sagt Luecke, der Leiter des Regionalen Schmerzzentrums in Linz am Rhein und Kooptiertes Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) ist. Dabei sei die stationäre Schmerzmedizin bis dato gut aufgestellt gewesen, berichtet er. Sie hat damit die Engpässe im ambulanten Bereich zum Teil abfedern können. Das Problem: Hauptträger der interdisziplinären stationären Schmerzmedizin sind laut Luecke tatsächlich überwiegend freigemeinnützige, kleinere Häuser. Diese sicherten die stationäre Versorgung in der Fläche. „Und die sind im Rahmen der angedachten Krankenhausstrukturreform besonders von ihrer Existenz bedroht.“ Aber selbst große Träger, die mehr Finanzkraft hätten und nicht unbedingt aus der künftigen Bedarfsplanung fallen, würden immer öfter ihr schmerzmedizinisches Angebot herunterfahren. Ganz einfach, weil ihnen Personal fehle. Neben den Einschnitten, die die Reform selbst bringen wird, ist es die Hängepartie bis zum Reformstart, die aus Sicht Lueckes viele Häuser und Abteilungen in die Knie zwingt. „Wir haben ein großes Zeitfenster, in dem keine Planungssicherheit besteht.“ In Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, in dem er selbst tätig ist, liege die Zahl der Klinikinsolvenzen mittlerweile im zweistelligen Bereich. Luecke: „Wir haben Landstriche, in denen es fast keine oder eine deutlich reduzierte Krankenhausversorgung gibt.“ Nun wäre aber der beste Weg, um die schmerzmedizinische Unterversorgung aufzufangen, die transsektorale Versorgung. Doch die ist kaum mehr stemmbar, gibt Luecke zu. Rund 1.300 ambulant tätige Schmerzmediziner gebe es. Hinzu komme, dass die Fallzahlen im ambulanten Bereich begrenzt sind. „Die kann man erhöhen, aber dann sind wir im besten Fall bei 450 Fällen im Quartal pro Arzt.“ Hier bedürfe es wenig Rechenkunst, um den Engpass zu erkennen. Es braucht also ein größeres Engagement auf politischer Ebene und bei Kammern und KVen. Ein Weg raus aus der Misere könnte der Facharzt für Schmerzmedizin sein. Ein weiterer: Engere Regeln für die Vergabe schmerzmedizinischer Versorgungssitze durch die KVen in den Nachbesetzungsverfahren. Sitze von Schmerzmedizinern dürften im Rahmen der Gebietsbezeichnung nicht fachfremd weitergegeben werden, fordert Luecke. Und er hat Beispiele von Regionen, in denen das besser läuft. Im Podcast erklärt er aber auch, was es mit dem „Klinik- und Versorgungsatlas Schmerz“ der DGS auf sich hat. Und wie dieser Patienten und Hausärztinnen und -ärzte bei der Suche nach schmerzmedizinischer Hilfe unterstützen soll. (Länge: 20:30 Minuten)
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Oct 22, 2024 • 30min

Hilft die Klinikreform dabei, die Ambulantisierung voranzubringen, Dr. Vogel?

Der Präsident des DKOU-Kongresses spricht über Ambulantisierung und Klinikreform Die Klinikreform ist vom Bundestag beschlossen – wie reagiert jetzt der Bundesrat? Dr. Tobias Vogel, Orthopäde in München und Landesvorsitzender des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie in Bayern, zeigt sich im „ÄrzteTag“-Podcast äußerst unglücklich über die letzten Änderungen, die kurz vor der Abstimmung im Bundestag noch ins Gesetz gerutscht sind. Vor allem die Öffnung der Krankenhäuser für fachärztliche ambulante Leistungen sei ein „echter Hammer“ gewesen. „In dieser Form kann das Gesetz nicht bleiben“, so Vogel, der einer von drei Kongresspräsidenten des am Dienstag (22. Oktober) beginnenden Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) in Berlin ist. Gut 8.000 Orthopäden und Unfallchirurgen aus Krankenhäusern und aus Praxen würden zum Kongress wieder erwartet, so Vogel. Seine Erwartung: Das Thema Klinikreform werde in vielen Veranstaltungen heiß diskutiert werden. Und nicht nur diese Reform: Auch das Thema Ambulantisierung könnte neben den medizinischen „Hot Topics“ in den Vordergrund rücken, nachdem jetzt erste Erfahrungen mit ambulanten Operationen gemacht worden seien, die über Hybrid-DRG abgerechnet werden, wie Vogel im Podcast berichtet. Bei der Ambulantisierung, so Vogel weiter, hinke Deutschland der Entwicklung in vergleichbaren Ländern hinterher. Er warnt aber davor, diese jetzt mit der Brechstange umzusetzen. Die erforderlichen Op-Kapazitäten müssten dafür aufgebaut werden, und es müssten auch genügend Fachärzte in Praxen arbeiten, damit die Wartezeiten nicht immer länger würden. Die Krankenhausreform führe zu einer weiteren Zentralisierung, es dürfe darüber aber nicht passieren, dass darüber die Versorgung in der Fläche weiter ausblute. Im Gespräch berichtet Vogel über die ersten Erfahrungen in der Orthopädie mit den Hybrid-DRG und über die Probleme mit der Abrechnung, weil die Implantatkosten in die Hybrid-DRG inkludiert seien, was am Ende dazu führen könne, dass der Versorgungsstandard absinke, etwa, wenn Schrauben statt Platten als Implantate in der Fußchirurgie verwendet würden. Nicht zuletzt berichtet Vogel auch kurz über die medizinischen Schwerpunkte des Kongresses und die neuen Möglichkeiten der KI und der Virtual Reality unter anderem für die Ausbildung, aber auch für die wissenschaftliche Publizistik. Der DKOU läuft noch bis zum 25. Oktober.
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Oct 16, 2024 • 28min

Wird die Versorgung mit Sensormedizin in Zukunft besser, Jonathan Chmiel?

Über Apps und Wearables Viele Menschen nutzen ihre Smartwatch, das Smartphone oder auch Ringe am Finger, um Vitalwerte zu tracken, das fängt mit Schrittezählen an, geht über den Schlaf, aber auch Temperatur, Sauerstoffgehalt im Blut und ein EKG lassen sich damit aufnehmen. Viele große Anbieter besetzen heute schon dieses Feld. Das Unternehmen biopeak vertreibt Wearables und will mit Sensormedizin Veränderungen lostreten und die ambulante wie stationäre Versorgung zukunftsfähig machen, wie Geschäftsführer Jonathan Chmiel im „ÄrzteTag“-Podcast berichtet. Beim ersten Innovation Pitch auf dem diesjährigen Hauptstadtkongress hat biopeak mit einem Blutdrucksensor den ersten Platz gemacht. In einem Videobeitrag zeigte biopeak, welche Vorteile der Sensor gegenüber der klassischen Blutdruckmanschette hat. Der große Unterschied zu den Produkten auf dem Markt ist, dass Wearables von biopeak zertifizierte Medizinprodukte sind. „Wir sind aktuell das Waerable mit den meisten Vitalparametern im medizinisch zertifizierten Markt. Das bedeutet, wir haben 13 Parameter, die insgesamt mit nur einem einzigen Gerät zertifiziert aufgenommen werden können. Zu den wichtigsten Parametern zählen der Blutdruck, die Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz, Atemfrequenz und Temperatur“, so Chmiel. Weitere Kriterien seien zum Beispiel Schlagvolumen oder Herzzeitvolumen. „Es ist verwunderlich, dass Wearables zwar im Consumer Markt sehr verbreitet sind und jeder so etwas mittlerweile nutzen kann, das aber im Krankenhaus-Setting oder im Ärztebereich noch eine absolute Startup-Technologie ist – im Sinne von sie ist noch nicht weit verbreitet.“ Deutschland sei ein sehr konservativer Markt, berichtet Chmiel im Podcast. Alles, was in Amerika oder woanders schon groß gespielt werde, dauere in Deutschland länger und auch die Skepsis sei relativ groß. 150 Euro pro Sensor für eine 24-Stunden-Blutdruckmessung fallen derzeit an Kosten an, die von den privaten Krankenkassen komplett erstattet werden. „In der gesetzlichen Versorgung ist das natürlich aktuell ein Posten, der sehr hoch ist im Vergleich und dementsprechend noch nicht übernommen wird. Aber wir sehen auch, dass immer mehr Patienten bereit sind, das Geld zu zahlen.“ (Länge: 27:28 Minuten)
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Oct 7, 2024 • 21min

„Anima“ – ein Tool zum Screening psychischer Störungen: Wie funktioniert es, Herr Havrysh?

Der Krieg in der Ukraine hinterlässt tiefe Spuren in der psychischen Gesundheit der Menschen: Angststörungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind in der ukrainischen Bevölkerung inzwischen weit verbreitet, wie Forscher der Nationalen Universität der Vorkarpaten in Iwano-Frankiwsk, Ukraine, berichten (Lancet Reg Health Eur 2024; online 6. November). In Erwartung der Folgen entwickelten der Kommunikationsexperte Roman Havrysh und der Neurophysiologe Dr. Sergiy Danylov das Tool „Anima“. Es kann laut Havrysh psychische Veränderungen mit einer Genauigkeit von „80 bis 95 Prozent“ erkennen und sogar vorhersagen. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Tests, die „30 bis 80 Prozent falsch positive Ergebnisse“ lieferten, so Havrysh. Die Besonderheit von „Anima“ liegt in der Verwendung eines besonderen Biomarkers – der „Aufmerksamkeitsverzerrung“. Dieser misst, worauf sich eine Person in alltäglichen Interaktionen im Vergleich zum Gesamtbild konzentriert. „Eine Person, die zum Beispiel an einer Depression leidet, achtet mehr auf traurige oder negative Ausdrücke und sieht die Welt durch diese Brille“, erklärt Havrysh. Eine Person mit einer Angststörung hingegen suche ständig nach möglichen Bedrohungen in ihrer Umgebung“, fügt er hinzu. Dieser Biomarker wird mithilfe eines Blickverfolgungstests ermittelt, der die Aufmerksamkeit einer Person bei der Betrachtung von verschiedenen Bildern, Fotos oder sogar Texten misst, so Havrysh. Derzeit kann das Tool Depressionen, Angststörungen und Stress bewerten, bald werden auch Tests für Essstörungen und Gehirnerschütterungen verfügbar sein. Im Podcast erläutert Havrysh auch, wofür der Test aktuell vom ukrainischen Militär eingesetzt wird und warum die Ergebnisse valider sind als Fragebogen-Tests.
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Oct 2, 2024 • 23min

Braucht die HZV jetzt schon eine Werbekampagne, Frau Professorin Buhlinger-Göpfarth?

Über den Stand der Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) spricht die Co-Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands „Ein bisschen Werbung tut immer gut, auch der HZV“: Professorin Nicola Buhlinger-Göpfarth nimmt im „ÄrzteTag“-Podcast kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) geht. Aber es gehe mit dem jetzt ausgerufenen „Power-Monat“ für die HZV nicht darum, ein mittelmäßig laufendes Produkt besser anzuschieben. Ziel ist es, den Schwung der vergangenen Monate mitzunehmen und zu verstärken, berichtet die Co-Vorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands über die Entwicklung der freiwilligen primärärztlichen Versorgung. Bereits beim Hausärztinnen- und Hausärztetag hatte Buhlinger-Göpfarth berichtet, dass man sich bei der HZV der Schallmauer von zehn Millionen eingeschriebenen Patientinnen und Patienten nähere. Allein im zweiten Quartal seien netto 300.000 Patienten hinzugekommen. Buhlinger-Göpfarth spricht im Podcast über aktuelle Untersuchungen, die belegten, dass Primärprävention wie Impfquoten und auch Sekundärprävention wie Vorsorgeuntersuchungen von Patienten in der HZV mehr in Anspruch genommen werden als in der Regelversorgung. aktuelle Trends im Vertragsgeschehen mit den Krankenkassen. über die Honorarsteigerungen in der HZV in diesem Jahr. Probleme in Praxen, die gleichzeitig Patienten in unterschiedlichen Verträgen zur Hausarztzentrierten Versorgung betreuen. die im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz angedachte Entkoppelung des hausärztlichen Honorars vom Arzt-Patienten-Kontakt in jedem Quartal. Im Gespräch geht sie auch darauf ein, wo die Kolleginnen und Kollegen in der Herbst- und Winter-Impfkampagne aktuell der Schuh drückt: Es gibt immer noch keine Einzeldosen bei der Corona-Impfung, geschweige denn ein Kombinationsimpfstoff Corona/Influenza. Zusätzlich fehlen Impfvereinbarungen für die RSV-Impfung: Alles Orga-Aufwand in den Praxen, klagt Buhlinger-Göpfarth. Und die Teams dort arbeiteten bereits jetzt am Limit.
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Sep 18, 2024 • 25min

Warum reichen 8,95 Euro für die RSV-Prophylaxe nicht, Dr. Hubmann?

Der BVKJ-Präsident spricht über den Honorarbeschluss Das Grummeln unter den Ärztinnen und Ärzten über die Honorarbeschlüsse von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband wird lauter. Das macht sich nicht nur an der jüngst beschlossenen Erhöhung des Orientierungswertes um 3,85 Prozent auf künftig 12,3934 Cent fest, sondern auch an den Beschlüssen zu einzelnen Leistungen. Den Ärger der Kinder- und Jugendärztinnen und Ärzte erregte Anfang der Woche der Beschluss zur Honorierung der neu geschaffenen Leistung nach GOP 01941 mit 8,95 Euro zum aktuellen Orientierungswert 11,9339 Cent. Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), warum mehr als nichts immer noch zu wenig ist. Hintergrund ist, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zunächst mitgeteilt hatte, dass das Honorar für die RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab mit der Versichertenpauschale abgegolten sei. Da aber keine Versichertenpauschale bei rein präventiven Leistungen abgerechnet werden kann, ruderte das BMG zurück und gab der Selbstverwaltung auf, eine neue Leistung für die RSV-Prophylaxe zu schaffen – es kam die GOP 01941, flankiert von den GOP 01943 (32 Punkte, 3,82 Euro) für die ausschließliche Beratung ohne anschließende Prophylaxe und der 01942 (34 Punkte, 4,06 Euro) bei zusätzlichem Beschaffungsaufwand. Hubmann macht im Podcast eine betriebswirtschaftliche Rechnung auf und führt aus, warum Praxen dabei auf keinen Fall auf ihre Kosten kommen können. Er versucht eine Erklärung dafür zu geben, warum mit dem aktuellen System trotz Entbudgetierung auch Kinder- und Jugendarzt-Praxen immer wieder ins Hamsterrad getrieben werden. Dabei werde zugleich immer wieder beklagt, dass zu wenig Zeit für die Patienten sei.
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Sep 12, 2024 • 37min

Wieso führt die Honorarentwicklung zum Tod der kassenärztlichen Einzelpraxis, Herr Scheel?

Ein Praxisinhaber über die prekäre Situation in Kinderarztpraxen Für Einzelpraxen wird die Lage immer prekärer. Zu dieser Überzeugung ist Pädiater Michael Scheel aus dem Cuxland an der niedersächsischen Nordseeküste bei Cuxhaven nach den Honorarabschlüssen der vergangenen zehn Jahre gelangt. Scheel, der eine als magische Unterwasserwelt für Kinder konzipierte Kinder- und Jugendarztpraxis mit drei angestellten Kolleginnen und Kollegen betreibt, hat einmal nachgerechnet, wie sich der Orientierungswert seit 2016 entwickelt hat und wie diese Erhöhungen im Vergleich zu den Kosten in seiner Praxis und im Vergleich zu Inflation und Gehaltsentwicklung ausgefallen sind. Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert Scheel die Ergebnisse: Bei identischer Leistungserbringung wäre in dieser Zeit sein eigenes Einkommen durch die schneller als das Honorar steigenden Kosten um 72,5 Prozent geschrumpft – bei 1.677 Fällen und 2.765 Patientenkontakten von knapp 8.150 auf 2.230 Euro. Um ein reales Einkommen in derselben Höhe zu erzielen – immer bei identischer Leistungserbringung –, „hätte ich die Scheinzahl auf fast 2.100 steigern müssen“. Die Konsequenz: Statt 8,8 Minuten pro Patientenkontakt wären nur noch 7,1 Minuten möglich. Sein Fazit: „Praxisinhaber in der Kinderheilkunde verdienen im gesetzlichen System jedes Jahr weniger und können ihren Gewinn nur durch Mehrarbeit halten.“ Im Podcast erläutert er die genaue Rechnung, und warum es Einzelpraxen härter trifft als Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) oder medizinische Versorgungszentren (MVZ). Er selbst habe sich für die Expansion aus der Einzelpraxis heraus entschieden und viel Geld in die neue Praxis investiert. Mit mehr Ärzten könne er jetzt zum Beispiel sein Leistungsspektrum erweitern und mehr Arbeit innerhalb des Teams delegieren. Aber die Art und Weise, wie Vertragsärztinnen und -ärzte – und nicht nur Pädiater – bei vielen Leistungen im Honorar gedrückt werden, so dass es sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen könne, das trage sicher nicht dazu bei, die Lust auf Niederlassung bei den jungen Ärztinnen und Ärzten zu steigern. Am Beispiel des Honorars nach EBM für die Lungenfunktionsdiagnostik (LuFu) rechnet er vor, dass damit eine Praxis mit ihren Kosten nicht hinkommen könne. Die Konsequenz werde sein: „Irgendwann kriegen Sie keine LuFu mehr, weil auch nicht mehr genug Pneumologen da sein werden.“
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Sep 10, 2024 • 33min

Ist die gematik nicht doch das bessere Gesundheits-IT-Unternehmen, Frau Wendling?

Die Geschäftsführerin des Bundesverbands Gesundheits-IT bvitg über die Digitalisierung des Gesundheitswesens Mit dem Digitalagenturgesetz GDAG will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Kompetenzen der gematik erweitern. Dadurch soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen beschleunigt werden. Bei dem Ziel – schnellere Digitalisierung – ist die Industrie mit dem BMG einer Meinung. Allerdings hegen die Unternehmen erhebliche Zweifel, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Warum das so ist, erläutert Melanie Wendling, Geschäftsführerin des Bundesverbands Gesundheits-IT – bvitg e. V., im „ÄrzteTag“-Podcast. Das Gesetz sei „hinreichend unkonkret“, klagt Wendling im Gespräch. Der Branchenverband stört sich vor allem an der Formulierung, die gematik könne Produkte zertifizieren, aber auch selbst entwickeln. Welche Produkte selbst entwickelt werden könnten, das werde nicht näher ausgeführt. Wenn die zukünftige Digitalagentur aber selbstständig Anwendungen auf dem Markt anbieten werde, dann könnte dies zu Wettbewerbsverzerrungen führen. „Der Staat hat bisher bei der Digitalisierung nicht bewiesen, dass er es besser kann“, sagt Wendling. Ob eine gematik zum Beispiel ein besseres Praxisverwaltungssystem zustande bringe, sei fraglich. Die Industrie sei in der Vergangenheit gerne als der Buhmann hingestellt worden, wenn etwas in der Telematikinfrastruktur nicht sofort funktioniert habe. Aber „Digitalisierung heilt nicht die schlechten Prozesse, die wir im Gesundheitswesen haben“, betont die bvitg-Geschäftsführerin. Die vielen Brüche zwischen den Sektoren spiegelten sich in den komplexen digitalen Anwendungen. Im Podcast beschreibt Wendling, wie eine Spezifikation für eine neue Anwendung der Telematikinfrastruktur entsteht: „Es gibt keinen definierten Prozess“, klagt sie. Die gematik spreche mit allen, dann entwickele sie daraus eine Spezifikation. Auch die Industrie gebe ihre Anmerkungen dazu, aber ob diese ankomme, wahrgenommen werde und was damit passiere – darüber gebe es keine Transparenz. Am Ende werde meistens einer vergessen. Dann müsse die Spezifikation verändert werden, und das verlängere den Prozess. Wendling erläutert im Gespräch ebenfalls die Erwartungen der Industrie an das Kompetenzzentrum für Interoperabilität, sie beschreibt, welche Defizite die ePA am Anfang noch haben wird und wie sie hofft, dass die Fehler der Vergangenheit in der nächsten Stufe der Telematikinfrastruktur nicht wiederholt werden.
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Sep 5, 2024 • 32min

Raketenangriff auf das Kinderkrankenhaus OHMATDYT – wie geht es jetzt weiter, Dr. Serhii Chernyshuk?

Ein ukrainischer Arzt berichtet, wie die Arbeit in einem schwer geschädigten Krankenhaus funktioniert Am 8. Juli erwachte die ukrainische Bevölkerung zum Klang von Sirenen, die einen weiteren russischen Raketenangriff ankündigten. Diesmal schlugen die Geschosse im Herzen von Kiew ein und trafen OHMATDYT, das größte und am besten ausgestattete Kinderkrankenhaus der Ukraine. In OHMATDYT setzen Eltern schwer erkrankter Kinder ihre gesamte Hoffnung. Hier werden Kinder aus dem ganzen Land behandelt, die an Krebs in allen Stadien erkrankt sind, mit seltenen Erkrankungen zu kämpfen haben oder komplexe mikrochirurgische Eingriffe benötigen. Trotz des andauernden Kriegs erfülle das Kinderkrankenhaus seine Aufgaben und entwickele und verbessere seine Pflege kontinuierlich weiter, berichtet Dr. Serhii Chernyshuk, medizinischer Leiter von OHMATDYT im „ÄrzteTag“-Podcast. Der Podcast ist in ukrainischer Sprache aufgenommen worden und wird in Simultanübersetzung ausgestrahlt. Einige Wochen nach dem Angriff spricht er über die Lage im Krankenhaus während des Krieges, die Strategien der Ukrainer, auch ohne funktionierende Stromversorgung ein halbwegs normales Leben zu führen, über die Folgen des Raketeneinschlags und über seine Erinnerungen an die ersten Monate des Krieges im Jahr 2022. Chernyshuk teilt auch seine Erfahrungen, wie es dem großen Krankenhaus gelingen konnte, in diesen schwierigen Zeiten zu überleben, Fortschritte zu machen und sich weiterzuentwickeln – und was deutsche Einrichtungen daraus lernen können.
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Sep 3, 2024 • 30min

NIS-2: Was müssen Praxen und Kliniken in Sachen IT-Sicherheit tun, Dr. Grosmann?

Ein Anwalt über Cybersicherheit für Ärzte Praxen und MVZ mit mehr als 50 Mitarbeitern oder mehr als zehn Millionen Euro Jahresumsatz haben zu ihrer IT-Sicherheit schon bald neue Regeln zu beachten: Die zweite EU-Richtlinie zur Netzwerk- und Informationssicherheit soll noch in diesem Herbst in nationales Recht umgesetzt werden. Technisch, so beschreibt es Dr. Patrick Grosmann im „ÄrzteTag“-Podcast, sei die neue Richtlinie weniger spezifisch als die bisher bereits geltende IT-Sicherheitsrichtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Es gehe eher um organisatorische Maßnahmen, um Risikomanagement und um „geeignete technische Maßnahmen“, die zu ergreifen seien, um den Anforderungen gerecht zu werden. Im Podcast geht der Rechtsanwalt und zertifizierte Datenschutzbeauftragte aus Frankfurt am Main darauf ein, wie die Betroffenheitsgrenzen zu verstehen sind, wie MVZ-Verbünde, die in einer GmbH zusammengeschlossen sind, gewertet werden, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglicherweise nicht mitgezählt werden müssten – und warum sich Gesundheitseinrichtungen generell immer wieder mit den Problemen der Cybersicherheit befassen müssen. Großpraxen und MVZ, die unter das neue Recht fallen könnten, müssten zunächst eine Betroffenheitsprüfung machen und, falls sie betroffen sind, sich dann beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik registrieren, so Grosmann weiter im Gespräch. Zu beachten seien auch neue Meldepflichten bei Hackerangriffen, die zu den Meldepflichten beim Datenschutzbeauftragten aus der Datenschutzgrundverordnung hinzukommen, berichtet der Rechtsanwalt. Er führt auch weiter aus, was unter einem angemessenen Risikomanagement und unter „geeigneten technischen Maßnahmen“ zu verstehen sei; er erklärt zudem, welche Bedeutung die NIS-2-Richtlinie in der Lieferkette einer BAG oder eines MVZ in diesem Zusammenhang hat, und er schätzt ab, wie hoch der Aufwand für eine MVZ-Gruppe sein könnte – und warum es sich am Ende dennoch lohnen könnte, den zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu betreiben: Denn wer sich gut gegen Angriffe schützt, spart am Ende jedenfalls die weit höheren Kosten der Schadensbeseitigung ein. Das hätten die vergangenen Jahre zur Genüge gezeigt bei Hackerangriffen auf Einrichtungen im Gesundheitswesen. (Dauer: 29:43 Minuten)

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