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ÄrzteTag

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Nov 30, 2023 • 34min

Wie reagiert die Gesundheitspolitik auf das Urteil zum Nachtragshaushalt, Herr Lindemann?

Ein FDP-Abgeordneter über die Folgen des BverfG-Urteils Wenn das Geld knapp ist, muss die Politik die Kraft aufbringen, klare Prioritäten zu setzen, was geht und was nicht mehr geht. Darauf verweist der FDP-Gesundheitspolitiker und Bundestagsabgeordnete Lars F. Lindemann im „ÄrzteTag“-Podcast. In Zeiten, in denen der Staat so viele Steuern einnehme wie noch nie, müsse es möglich sein, sich bei den Ausgaben zu disziplinieren, postuliert der FDP-Politiker. Der Bund werde nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 auf jeden Fall darauf achten, dass die „Zuschüsse in den Gesundheitsfonds nicht weiter steigen“, zeigte sich Lindemann überzeugt. Hinterfragen müsse man auch das „Dogma“ von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), „dass es keinerlei Leistungskürzungen geben darf“. Das könne man so nicht aufrechterhalten, so lange der Staat nicht bereit sei, für versicherungsfremde Leistungen kostentragende Beiträge zu bezahlen. Lindemann spricht sich im Gespräch auch dafür aus, dass Ärztinnen und Ärzte, außer wenn sie sich freiwillig in ein Anstellungsverhältnis begeben, das Recht haben müssten, „für höhere Dienste ein Honorar zu liquidieren“ – ohne dafür sozialversicherungspflichtig zu werden. Das gelte nicht nur, aber auch im Bereitschaftsdienst. Hier hatte ein Urteil des Bundessozialgerichts jüngst für Aufregung in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen gesorgt, die Poolärzten im Bereitschaftsdienst daraufhin gekündigt haben und drohen, Bereitschaftspraxen auszudünnen und Dienste einzuschränken. Lindemann nimmt auch Stellung zu weiteren Konfliktfeldern in der Koalition wie den investoren-getragenen MVZ, zu Gesundheitskiosken und zum Verordnungsentwurf über die Ambulantisierung. Lindemann plädiert hier für ein mutigeres Vorgehen, damit sich an der Schnittstelle ambulant-stationär tatsächlich etwas ändert. Bislang seien zu wenige Leistungen für Hybrid-DRG ausgewählt, und auch das weitere geplante Vorgehen sei „zu langsam“. (Dauer: 33:26 Minuten)
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Nov 27, 2023 • 25min

Was wird nach dem Umbruch aus der STIKO, Dr. Terhardt?

Ein STIKO-Mitglied über die anstehenden Reformen des Gremiums In der vergangenen Woche schlugen die Wellen hoch, als bekannt wurde, dass zwölf von 17 STIKO-Mitgliedern für die kommende Amtsperiode nicht wieder berufen werden sollen, so der Wille des Bundesgesundheitsministeriums. Demnach solle in Zukunft ein Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) nur noch über maximal drei Amtsperioden dieses Ehrenamt ausüben, also maximal neun Jahre, hieß es. Dies sei den Mitgliedern vor der letzten Sitzung des Gremiums im November mitgeteilt worden, berichtet STIKO-Mitglied Dr. Martin Terhardt im „ÄrzteTag“-Podcast. Der Pädiater ist selbst seit 2011 Mitglied der STIKO und wird damit voraussichtlich ebenfalls ausscheiden. Vor zwölf Jahren habe die STIKO unter anderem nach der Entscheidung für die HPV-Impfung wegen großer Industrienähe in der Kritik gestanden, erinnert Terhardt. Die Kommission habe dann ihre Methoden auf leichter nachvollziehbare und stärker evidenzbasierte Kriterien umgestellt. Im Podcast beschreibt er, wie die STIKO seitdem in Zusammenarbeit mit der „chronisch unterbesetzten“ Geschäftsstelle bei anstehenden Entscheidungen vorgeht und wie sich dieses durchaus zeitraubende Verfahren in der Pandemie beschleunigt habe. „Die Art und Weise, wie in Deutschland Impfempfehlungen entstehen, ist international jetzt anerkannt“, hebt Terhardt hervor. Da in den vergangenen Jahren aufgrund der Pandemie viele Themen „liegengeblieben“ seien – zum Beispiel die Influenza-Impfung für gesunde Kinder, Meningokokken B, Meningokokken ACWY, der „sehr diffizile Komplex“ RSV, Pneumokokken, Pertussis-Wiederholungsimpfungen für Erwachsene – sorgen sich die ausscheidenden STIKO-Mitglieder, dass Sand ins Getriebe der STIKO-Arbeit kommen könnte, da die neuen Mitglieder sich zunächst in die Methoden einarbeiten müssten. Aber Angebote, im Übergang für einen Teil der ausscheidenden Mitglieder nochmals ein oder zwei Jahre zu verlängern, seien vom Ministerium bisher nicht angenommen worden, so Terhardt. Die neue STIKO müsse zunächst die Prioritätenliste aktualisieren, die Mitglieder müssten in der Methodik ausgebildet werden, daher erwartet er „eine Unterbrechung in der Geschwindigkeit“ der Arbeit der Kommission. Auch die Zusammensetzung der STIKO könnte sich in Zukunft ändern, fürchtet Terhardt. Genug Fachleute für die neue STIKO gebe es, allerdings sei das Verfahren der Berufung „intransparent“. Er hebt die Bedeutung der Praktiker in der Kommission hervor – er vertritt beispielsweise die in der ambulanten Versorgung impfenden Pädiater. Diese sei in Zukunft „fast überhaupt nicht mehr vorgesehen“. Zukünftig sollten auch Kommunikationswissenschaften in der Kommission Berücksichtigung finden. Die Kommissionsmitglieder versuchten noch, Ratschläge zu geben, „aber ich weiß nicht, wie viel davon ankommt“.
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Nov 17, 2023 • 25min

Hybrid-DRG: Was sind die Perspektiven für ambulante Operateure, Herr Schneider?

Zu wenige Leistungen, unklare Perspektiven für die weitere Ambulantisierung, Krankenhäuser bevorzugt, inkludierte Sachkosten bei den Hybrid-DRG: Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) hat mit harter Kritik auf den lange erwarteten Entwurf der Verordnung zu einer speziellen sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG) reagiert. Nach der Anhörung der Verbände warten jetzt alle Akteure darauf, welche Punkte das Bundesgesundheitsministerium noch in der Verordnung ändern wird, die dann im Bundesanzeiger veröffentlicht wird und nach aktuellem Stand Anfang des Jahres in Kraft treten soll. SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider erwartet nicht, dass sich Anfang Januar sofort viel in der Angebotsstruktur bei ambulanten Operationen ändern wird. Dafür seien in der Verordnung bislang einfach zu wenige Leistungen enthalten. Außerdem seien manche Voraussetzungen, diese Leistungen zu erbringen, nicht von jetzt auf gleich zu erfüllen, die Zeit für eine Umsetzung sei kurz bemessen, erläutert Schneider im aktuellen „ÄrzteTag“-Podcast. Die Fachgruppen seien unterschiedlich von den bisher aufgenommenen Leistungen betroffen, führt Schneider weiter aus. Er erneuert die Kritik daran, dass Sachkosten in die Hybrid-DRG inkludiert werden, dies sei besonders im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie relevant. Wenn die Sachkosten so hoch seien, dass eine Leistung mit Hybrid-DRG nicht wirtschaftlich erbracht werden könne, dann werde die Ambulantisierung nicht vorankommen. Der Berufsverband der Deutschen Urologen dagegen hatte sich jüngst positiv dazu geäußert, wie die Ureteroenoskopien nun vergütet werden. Hier hatte es zuvor viel Kritik an der Honorierung der Leistung im EBM über den AOP-Katalog gegeben. Auch wenn im „ÄrzteTag“-Podcast zuletzt Kassenvertreter Dr. Wulf-Dietrich Leber Befürchtungen zur Ambulantisierung geäußert hatte, die Akteure könnten Hybrid-DRG dazu missbrauchen, Leistungen ambulant zu erbringen, aber „stationär“ zu kassieren: SpiFa-Vertreter Schneider sieht die Positionen von Ärzten und Krankenkassen gar nicht so weit voneinander entfernt. Allerdings sieht er eine Notwendigkeit bei der Umstrukturierung an der Schnittstelle von ambulanter und stationärer Versorgung: Wer wirklich Änderungen erreichen wolle, müsse zuerst immer Geld in die Hand nehmen, um die Anreize dafür zu setzen. Im Podcast, beschreibt der SpiFa-Vertreter die Hürden, wenn die Ambulantisierung im kommenden Jahr von der Selbstverwaltung weiter getrieben werden soll, und er fasst die Positionen des Spitzenverbands zu einer echten sektorverbindenden Versorgung zusammen.
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Nov 10, 2023 • 26min

Wie gewinnen Sie Ärzte für Forschung zur digitalen Transformation, Frau Dr. Müller?

Wie Praxen in die digitale Transformation des Gesundheitswesens einbezogen werden können Entscheidungsunterstützungssysteme, Digitale Gesundheitsanwendungen, neue Anforderungen in der sektorübergreifenden Kommunikation: Wie können Praxen der Allgemeinmedizin sinnvoll in die digitale Transformation des Gesundheitswesens einbezogen werden? Dazu forscht – unter anderem – Dr. Angelina Müller vom Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert Müller, die am Lehrstuhl von Professor Ferdinand Gerlach angesiedelt ist, wie Forschung an Universitäten dazu beitragen kann, die digitale Transformation voranbringen kann – bei allen Zeitverzögerungen durch Aufsetzen von Projekten, Akquise von Teilnehmern an Studien etc., während gleichzeitig die Entwicklung rasant voranschreitet. Es gehe vor allem darum, die Forschungsschwerpunkte so zu setzen, dass am Ende im Prozess der Transformation alle mitgenommen werden, Ärztinnen und Ärzte, MFA, Studentinnen und Studenten und letztlich auch die Patientinnen und Patienten. Hausärzte könnten auch bei der Entwicklung digitaler Tools mitwirken, glaubt Müller. Dabei gehe es nicht um die Programmierung, sondern darum, wie die Kommunikation der Akteure untereinander strukturiert wird, also um den Rahmen. Wenn in einer solchen App tatsächlich die Bedürfnisse der Praxen getroffen werden, dann falle es auch nicht schwer, Teilnehmer für Studien zu finden. Zum Beispiel die Erreichbarkeit einer Praxis zu verbessern. Im Gespräch nimmt Angelina Müller auch Stellung dazu, welche Fortschritte durch diese Projekte tatsächlich erzielt werden, zum Beispiel überhaupt erst einmal eine Zusammenarbeit zu etablieren und dafür passende Kommunikationsstrukturen für einen Austausch aufzubauen. Wie für solche Projekte Praxen gewonnen werden, wie die digitale Transformation weiter gestaltet werden kann und wie die Digitalisierung trotz aller Probleme der Telematikinfrastruktur Praxen schmackhaft gemacht werden kann, sind weitere Themen im Gespräch. Die Aufnahme des Podcasts ist bereits vor einigen Tagen erfolgt. Seitdem hat die Universitätsklinik Frankfurt nach dem Cyber-Angriff, der auch kurz Thema im Podcast ist, einige Notmaßnahmen ergriffen, um die Erreichbarkeit der Institute und Stationen wieder einigermaßen zu ermöglichen. Nach wie vor aber ist die reguläre Website des Uniklinikums nicht online und kämpft das Krankenhaus mit den Folgen des Cyber-Angriffs.
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Nov 6, 2023 • 31min

Wie sehen die Krankenkassen die Ambulantisierung, Dr. Leber?

Der Abteilungsleiter Krankenhaus beim GKV-Spitzenverband über sektorengleiche Vergütung Wir haben in Deutschland mindestens zwei Millionen Krankenhausfälle, die genauso gut ambulant versorgt werden könnten, Deutschland hinkt bei der Ambulantisierung von Leistungen hinterher, und es ist höchste Zeit, dass sich etwas ändert: Dr. Wulf-Dietrich Leber, Abteilungsleiter Krankenhaus beim GKV-Spitzenverband, redet gleich zu Beginn des „ÄrzteTag“-Podcasts Klartext. Die Krankenkassen wollen, dass mehr Leistungen, bei denen das möglich wäre, ambulantisiert werden. Bei den Zielen sind sie sich damit einig mit den niedergelassenen Ärzten und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), das den Referentenentwurf für die Verordnung zur sektorengleichen Vergütung (Hybrid-DRG-V) vorgelegt hat. Der Weg zu dem Ziel ist allerdings umstritten. Leber erläutert im Gespräch die Befürchtung, dass der Paragraf 115f, der die Basis für eine sektorengleiche Vergütung gelegt hat, dazu verlocken könnte, Leistungen ambulant zu erbringen, aber dass dann dennoch stationär kassiert werden könnte. 115f oder 115b? Er regt an, statt der Leistungen nach Paragraf 115f, für die das BMG mit dem Referentenentwurf einen Startkatalog vorgelegt hat, die ambulanten Operationen nach Paragraf 115b stärker ins Auge zu fassen. Dieser hatte bereits vor mehr als 20 Jahren Krankenhäusern die Möglichkeit gegeben, bestimmte Leistungen auch ambulant zu erbringen. Entscheidend sei zu differenzieren, bei welchen Leistungen „ein Bett“ benötigt wird und bei welchen nicht. Im Podcast geht der Kassenvertreter auf die Probleme bei der Kalkulation der neuen Hybrid-DRG ein und beschreibt die Grenzen des Referentenentwurfs zur sektorengleichen Vergütung: Er sei zu spät und in zu vielen Teilen gehe er über „Überschriften“ kaum hinaus. Kritik übt Leber auch an der Möglichkeit, bei Leistungen nach Paragraf 115f alternativ zur Hybrid-DRG nach EBM abzurechnen. Das sei für ihn fast wie eine Meistbegünstigungsklausel: Die Fallpauschale sei höher bewertet als der EBM, aber wenn man mit den Sachkosten nicht so gut hinkomme, dann könne auch der EBM genutzt werden. Leber geht im Podcast auch darauf ein, ob die über den Verordnungsentwurf festgelegt Höhe der Vergütung adäquat ist, beschreibt das Procedere, wie in Zukunft weitere Leistungen inkludiert werden sollen und warum das nicht ganz so schnell gehen kann, wie es sich manche vielleicht erhoffen. Auch spricht er über die Erwartungen der niedergelassenen Ärzte an die Ambulantisierung und wägt sie ab mit den Chancen der Krankenhäuser, stärker in den ambulanten Bereich vorzustoßen. Nicht zuletzt nennt er einen Grund, warum es dieses Mal mit der Ambulantisierung wirklich vorangehen könnte, nachdem Deutschland so viele Jahre in diesem Bereich nicht vorangekommen ist.
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Oct 30, 2023 • 23min

Ärzte und Apotheker – wie läuft die Zusammenarbeit vor Ort, Dr. Rahn?

Statt Rivalität läuft die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern gerade im ländlichen Raum vielerorts schon gut „Wenn Du impfen darfst, dann will ich das Dispensierrecht!“ – die politischen Diskussionen über Kompetenzen und Aufgabenbereiche zwischen Ärzteverbänden auf der einen und Apothekerverbänden auf der anderen Seite sind oft heftig und fast reflexhaft. Dabei ergänzen sich die Fähigkeiten beider Berufsgruppen eigentlich sehr gut. Vor Ort läuft die Zusammenarbeit auch überwiegend gut, berichtet Dr. Andreas Rahn, als Hausarztinternist in Bad Laer bei Osnabrück niedergelassen, im „ÄrzteTag“-Podcast. Apothekerinnen und Apotheker hätten im Bereich der Pharmakologie „eine hohe Kompetenz“, betont Rahn. „Mir tut es immer wieder leid, dass die eigentlich hohe Kompetenz im Alltag häufig nicht so gut zum Tragen kommt“, bedauert der Hausarzt, der regelmäßiger Leserbriefschreiber in Richtung Ärzte Zeitung ist. Im Krankenhaus gebe es immerhin mittlerweile strukturelle Ansätze, die Fähigkeiten der Apotheker aktiv einzubinden. In der ambulanten Medizin sei das noch nicht so weit. So sei es beispielsweise ein Problem, wenn Patienten mit ihrem Medikationsplan zur Apotheke gehen, dass dort Laborwerte oder Diagnosen zu dem oder der Patientin nicht vorliegen. Es müsste daher eine Art strukturierten Dialog zwischen den Berufsgruppen geben, um mit diesem Problem umzugehen, wünscht sich Rahn. Für Qualitätszirkel mit beiden Berufsgruppen sieht er allerdings keinen Raum im Berufsalltag. In ländlichen Bereichen wie in seiner Region „bin ich auch nicht böse“, wenn in der Apotheke um die Ecke geimpft wird. Er habe durchaus genug zu tun, insofern entlasteten Impfungen der anderen Berufsgruppe sogar eher seine Praxis, als dass es ihm etwas nehme. In der Großstadt könne sich das natürlich anders darstellen. Manche Dinge müsse man auch einfach mal ausprobieren, zum Beispiel Blutdruckmessen in der Apotheke oder eben auch Impfungen in der Offizin. Im Podcast nimmt der Hausarzt-Internist auch Stellung zum berufspolitischen Schulterschluss der Spitzenverbände KBV, KZBV und ABDA gegenüber dem Bundesgesundheitsminister. Auch Laboruntersuchungen in der Apotheke als niedrigschwelliger Zugang für jüngere Patientinnen und Patienten „sollte man einfach mal ausprobieren“, so Rahn weiter. Die Diskussionen im öffentlichen Bereich dazu sieht Rahn teilweise als „belustigend“ an – es sei ja auch nicht ganz neu, dass Apothekerinnen und Apotheker für Patienten durchaus auch beratend tätig sind – nicht zuletzt bei rezeptfreien Medikamenten. Rahn plädiert dafür, dass sich alle Beteiligten „konstruktiv einbringen“.
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Oct 24, 2023 • 40min

Mehr Prävention, weniger Kranke heilen – ist das der Trend, Prof. Nixdorff?

Wie sinnvoll private Präventionsmedizin ist Eine „Medizin des Gesunden“ propagieren Präventionsmediziner zunehmend, nicht nur auf Kongressen. Mit mehr Prävention und Früherkennungsuntersuchungen wollen sie erreichen, dass die Krankheitslast durch chronische Erkrankungen in einer alternden Gesellschaft abgemildert wird. Professor Uwe Nixdorf, Inhaber und Geschäftsführer des European Prevention Centers mit Standorten unter anderem in Düsseldorf, ist ein exponierter Vertreter der Präventionsmedizin. Im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert der Kardiologe, der sich auch für die Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten in der Check-up-Medizin einsetzt, die „gigantischen Möglichkeiten“ der modernen Medizin, Krankheiten früher zu erkennen. Gerade in der Kardiologie gelte es, nicht erst den Arzt oder die Ärztin aufzusuchen, „wenn der Schuh drückt“. Die Möglichkeiten der Kassenmedizin in der Prävention seien in Deutschland zwar teilweise besser als in anderen Ländern, beispielsweise über die Gesundheitsuntersuchung, die alle drei Jahre bei über 35-Jährigen möglich ist, oder auch bei den U-Untersuchungen von Kindern. Um Risiken genauer abschätzen zu können, seien die Grenzen bei Kassenleistungen aber eng gesetzt, so Nixdorff. Im Podcast erläutert der Kardiologe die Grenzen älterer Methoden wie des Belastungs-EKG für die Früherkennung von Herzerkrankungen und die alternativen bildgebenden Methoden. Entscheidend sei es, die Risiken der Patienten zu erheben, das sei etwa bei Cholesterin, Taillenumfang oder Gewicht überhaupt nicht aufwändig. Über die Arbeit mit Risiko-Scores wie Procam oder European Heart Score ließen sich dann die Patienten herausfiltern, für die eine weitergehende Diagnostik etwas bringen könnte. Auch wie er dabei vorgeht und warum Patientinnen und Patienten keine Angst vor Überdiagnostik haben müssen, erläutert Nixdorff im Podcast.
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Oct 23, 2023 • 11min

Was wir von Braunbären zur Thromboembolie-Prophylaxe lernen können

Über HSP47 Immobilität gilt gemeinhin als transienter Risikofaktor für venöse Thromboembolien (VTE). So einfach ist es aber nicht: Denn wenn Braunbären Winterschlaf halten und dadurch deutlich immobilisiert sind, haben sie ein deutlich erniedrigtes VTE-Risiko. Dasselbe betrifft auf Menschen zu, etwa nach einer Lähmung durch eine Rückenmarksverletzung. Das hat ein Münchner Forscherteam mit internationaler Beteiligung – unter den Probanden schwedische Braunbären – herausgefunden und am 13. April dieses Jahres publiziert (Science 2023; 380 [6641]: 178–187). Für ihre Forschung haben der Arbeitsgruppenleiter Privatdozent Dr. Tobias Petzold und zwei der drei Erstautoren, die Dres. Manuela Thienel und Johannes Müller-Reif, am 19. Oktober den Galenus-von-Pergamon-Preis in der Kategorie Grundlagenforschung erhalten. Wie sie dem auf die Schliche gekommen sind und was hinter dem Hitzeschutzprotein 47 (HSP47) steckt, erzählen sie im „ÄrzteTag“-Podcast.
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Oct 20, 2023 • 24min

Ehrenamt in der Medizin – sozialer Kitt und professionell nicht zu ersetzen

Warum es ehrenamtliches Engagement von Ärztinnen und Ärzten braucht Trotz aller professionellen Strukturen, Hunderttausenden von Gesundheitsberufen und einer flächendeckenden Versorgung: Auch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, fallen Menschen durchs Raster – und sie finden bei gesundheitlichen Problemen keinen Zugang zur Versorgung. Helfen mehr Geld, mehr Einrichtungen, noch mehr Professionalisierung oder sogar Gesundheitskioske, wie sie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant? Nein, das würde es nicht, darin sind sich Mitglieder der Jury des Springer Medizin Charity Awards einig. Im Gegenteil: Mehr Professionalisierung, gar Bürokratie würden den Keim für gutes Ehrenamt ersticken. Der Charity Award wurde am Donnerstag, 19. Oktober zum mittlerweile 15. Mal an Ehrenamt in der Gesundheitsversorgung verliehen. Dotiert sind die drei Preise mit insgesamt 60.000 Euro Barpreisen und weiteren Medienleistungen durch den Springer Medizin Verlag. Am Rande der festlichen Preisverleihung haben wir mit Jury-Mitgliedern über Ehrenamt in der Medizin gesprochen, darunter Jury-Präsidentin und Diabetologin Professorin Monika Kellerer, Gesundheitsökonom Professor Frank-Ulrich Fricke, den Ehrenvorsitzenden der KV Hessen Dr. Jürgen Bausch, die BMG-Staatssekretärin a.D. Gudrun Schaich-Walch und die Demenz-Aktivistin Sophie Rosentreter.
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Oct 11, 2023 • 28min

Ist Versorgungsforschung etwas für die Praxis, Dr. Landgraf und Dr. Heinz?

Zwei Ärzte über ihre Erfahrungen mit Versorgungsforschung Eine Studie zu Auswirkungen von Hitze auf Pflegeheimbewohnerinnen und eine Studie zur Wirkung von COVID-Impfungen auf alte Menschen: In der Praxis von Dr. Irmgard Landgraf wird Versorgungsforschung groß geschrieben. Die hausärztlich arbeitende Internistin betreut viele Pflegeheimbewohner. „Ich wollte, als die COVID-Impfstoffe kamen, persönlich wissen, wie die alten Patientinnen und Patienten profitieren und wie oft sie geimpft werden müssen“, erzählt Landgraf im „ÄrzteTag“-Podcast. Häufig sei gerade diese Patientengruppe älterer und immobiler Patientinnen und Patienten gar nicht in die üblichen Studien inkludiert, daher sah die Ärztin eine echte Forschungslücke. Sechs bis sieben größere Studien habe sie in der Praxis bisher begleitet, auch an Innovationsfondsprojekten sei die Praxis beteiligt gewesen. Im Podcast erläutert Landgraf, welchen Aufwand sie in der Praxis und mit dem Praxisteam betreiben muss und was sie dazu motiviert, zusätzlich zur Arbeit in der Hausarztpraxis auch Versorgungsforschung zu betreiben – und auch, wie sie damit die hausärztliche Versorgung verbessern helfen kann. Die Impfstudie habe beispielsweise dazu geführt, dass sie im Pflegeheim eine Impfquote von 100 Prozent erreicht hätten, in der Praxis von 98 Prozent. Seit der Impfung sei auch keiner ihrer Patientinnen und Patienten mehr an COVID gestorben. Dr. Leonor Heinz, Leiterin der Koordinierungsstelle der Initiative Deutscher Forschungspraxennetze DESAM-ForNet in der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, sieht im Podcast-Gespräch die Praxis von Dr. Irmgard Landgraf als besonderes Beispiel für einen „allmählichen Paradigmenwechsel in den Praxen“. Die Erkenntnis mache sich breit, dass Praxen nicht nur die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft umsetzen müssen, sondern zunehmend „selbst Teil des Prozesses der Evidenzgenerierung werden“. Heinz und Landgraf beschreiben im Podcast die Bedingungen für erfolgreiche Versorgungsforschung, wie viele Praxen sich bereits in diesem Feld engagieren und was bei der Teilnahme an Studien zu beachten ist.

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