SWR Kultur lesenswert - Literatur

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Jan 18, 2024 • 5min

Boris Pahor und Jurij Devetak – Nekropolis

Der slowenische Zeichner Jurij Devetak hat mit dem Comic „Nekropolis“ die Erinnerungen seines Landsmanns Boris Pahor an dessen Zeit in deutschen KZ adaptiert. Eine Zeit geprägt von Gewalt, Todesangst und Hunger, gezeichnet in harten Hell-Dunkel-Kontrasten.
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Jan 17, 2024 • 5min

Pia Volk – Deutschlands verschwundene Orte. Ein Atlas

Atlanten gehen schwer über den Ladentisch in Zeiten von Internet und Openstreetmap. Es sei denn, es sind besondere Atlanten. Pia Volk erzählt von dreißig historischen Orten in Deutschland, die heute nicht mehr zu finden sind. Von bronzezeitlichen Siedlungen bis hin zu symbolhaften Gebäuden, die aus politischen Gründen verschwinden mussten: eine anregende Lektüre, die sogar die Reiselust weckt.
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Jan 16, 2024 • 5min

Maurizio Fiorino – K.O.

Romane über die Armut und Härte des italienischen Südens gibt es einige. Um Homosexualität geht es darin aber selten. Maurizio Fiorinos Roman „K.O.“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes in Kalabrien, der nicht in die sozialen Normen seines Dorfes passt.
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Jan 15, 2024 • 5min

Stephan Wunsch – Verrufene Tiere. Ein Bestiarium menschlicher Ängste

Menschen haben Angst vor Tieren. Ob es nun die Angst vor Schlangen ist, die Abscheu vor Geiern oder der Ekel vor Spinnen – das menschliche Verhältnis zu vielen Tieren ist von tiefer Ablehnung geprägt. Stephan Wunsch porträtiert zehn verrufenen Tiere. Seine Streifzüge führen ihn in die Naturkunde – und in die Abgründe der menschlichen Psyche.
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Jan 14, 2024 • 16min

Haruki Murakami – Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

„Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“ basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte, die Murakami bereits 1980 publizierte und in seinem Roman „Hardboiled Wonderland“ (1985) noch einmal aufgriff. Zufrieden aber war er damit nie, und so hat er jetzt einen weiteren Erzählstrang hinzuerfunden und daraus einen umfangreichen neuen Roman gemacht. Es geht darin um eine Jugendliebe, die sich aus dem Tokioter Alltag in eine geheimnisvolle ummauerte Stadt verlagert. Ein Ort des Unterbewussten. Dort betreut das Mädchen eine Bibliothek voller alter Träume, die der junge Erzähler wiederum zu lesen versucht. Als er die ummauerte Stadt später wieder verlässt, setzt er seinen Alltag in Tokio fort. Er studiert und wird schließlich Bibliotheksleiter in einer Stadtbücherei in der Präfektur Fukushima, wo er aber auch wieder in Berührung kommt mit der geheimnisvollen ummauerten Stadt. Im Gespräch mit SWR2-Literaturredakteurin Katharina Borchardt diskutiert die Literaturkritikerin Iris Radisch wiederkehrende Erzählmotive und Figurenkonstellationen bei Murakami. Die Magie seines Erzähltons liegt für Radisch darin, dass Murakami „absolute Simplizität mit dem großen Anspruch einer Wiederverzauberung des Alltags“ verknüpft. Hören Sie zunächst eine Lesung von David Nathan („Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“, MP3-CD von Hörbuch Hamburg) und anschließend Iris Radisch im Gespräch.
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Jan 14, 2024 • 8min

Caspar David Friedrich – Der Mönch am Meer

Ein kleiner Mensch vor dunklem Meer. Darüber: ein schier unendlicher bewölkter Himmel. „Der Mönch am Meer“ ist eines von Caspar David Friedrichs berühmtesten Gemälden. Erstmals präsentiert wurde das Bild 1810 in der Berliner Akademieausstellung. Die einen liebten es für sein expressives Verlorenheitsgefühl, andere aber fürchteten es gerade deshalb zutiefst und überzogen es mit Spott. Heute hängt es in der Alten Nationalgalerie in Berlin, wird zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich (1774-1840) aber als Leihgabe auch in anderen Museen gezeigt. Der Autor und Kunsthistoriker Florian Illies hat mit „Zauber der Stille“ ein Buch über Friedrich geschrieben. Auf SWR2 erzählt er vom „Mönch am Meer“ und von der Rezeption des Bildes durch Goethe, Brentano, von Arnim und Kleist. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. war es schließlich, der das Bild für seinen Sohn kaufte. „Der konservativste König Europas kauft das innovativste Bild Europas!“, staunt Florian Illies in seiner mitreißenden Bild-Reflexion. Hören Sie selbst!
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Jan 14, 2024 • 6min

Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teilt | Buchkritik

Es ist eine Szene wie aus einem Gangsterfilm, mit der Bodo Kirchhoff seinen neuen Roman eröffnet: Auf der Zufahrt zu seinem Grundstück hoch über einem See hört ein Mann am Abend das Geräusch durchdrehender Reifen. Er tritt nach draußen, seine Hündin schlägt an. Auf der engen Straße steckt ein Wohnmobil fest und kommt nicht mehr vom Fleck, und der Mann empfängt die junge Fahrerin mit einem Revolver in der Hand. Louis Arthur Schongauer heißt er, und sein Instinkt für spektakuläre Auftritte kommt nicht von ungefähr: Jahrzehntelang war Schongauer in Hollywood fest gebucht auf das, was er selbst „Supporting German Characters“ nennt: Nebenrollen in großen Filmproduktionen, in denen Schongauer den deutschen Bösewicht, bevorzugt den Nazi in historischen Filmen, gab. Nun hat Schongauer sich zurückgezogen in sein Haus über dem See, der nur der Gardasee sein kann, gemeinsam mit Ascha, seiner Hündin und mit besagter Waffe, die in Schongauers amerikanischer Vergangenheit bei einem dramatischen Ereignis eine Rolle gespielt hat. Der Roman erzählt davon, wie diese selbstgewählte Einsamkeit, die nicht frei von Pathos ist, nach und nach zerbröselt. Reisebloggerin Frida scheucht den alten Schongauer auf Der Roman „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ spielt an wenigen Tagen im Sommer, rund um den 15. August, Schongauers 75. Geburtstag und zugleich der Tag des Ferragosto, der einer der wichtigsten Feiertage in Italien ist. Die mit ihrem fahrunfähigen Campingbus vor seiner Einfahrt gestrandete Reisebloggerin Frida scheucht Schongauer auf. Zudem gewinnt sie zu seinem Unmut schnell das Vertrauen der Hündin Ascha, die nach dem Tod von Schongauers Ehefrau Magda zu seinem emotionalen Bezugspunkt geworden ist: Sein Leid war manchmal das einzige Reale, bis die Hündin nach Magdas Tod zur Welt für ihn wurde, weil er die Welt für sie war. Quelle: Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teilt Ascha ist Gefäß der Trauer und in ihrer grundsätzlichen Scheu vor Menschen auch ein Spiegel ihres Besitzers. Sein eigener Alterungsprozess wird Schongauer täglich vor Augen geführt. Den ersten Stent am Herzen hat man ihm bereits gesetzt, seine Beine sind knochig, seine Fußnägel zu lang. Die Art und Weise, wie Kirchhoff den Blick auf den Körper seines Protagonisten richtet, ist kalkuliert unbarmherzig; die Schilderung seiner Schrullen mit Ironie abgefedert. Das misanthropische Existenzgefüge Schongauers kommt durch die Ankunft eines weiteren Gastes ins Wanken. Journalistin Almut scheucht den alten Schongauer ebenfalls auf Die Journalistin Almut Stein reist an, um ein Porträt über ihn, den gealterten Hollywood-Nebendarsteller, zu schreiben. Zwischen Almut, rund 25 Jahre jünger als er, und Schongauer entspinnt sich etwas. Nichts Greifbares, nichts Ausgeführtes, schon gar nichts Schlüpfriges. Aber etwas, das Schongauer Angst macht: Sie trinkt einen Schluck und bedeutet ihm nur durch ein kurzes Fingerheben, dass die Temperatur stimmt, alles Übrige aber, das glaubt er ihr anzusehen, nicht stimmt. Und auf einmal glaubt er auch zu wissen, was es ihm schwer macht, einfach nur ihre Fragen zu beantworten: dass er sie verheerend gern ansieht. Quelle: Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teilt Mit dem Roman „Die Liebe in groben Zügen“ trat Bodo Kirchhoff 2012 in die Spätphase seines Werks ein. Er schreibt Bücher über gereifte Beziehungen, über unterdrückte Sehnsüchte, über versteckte Türen, die sich unvermittelt öffnen und lange Verstecktes freilegen. Mit dem neuen Roman erweitert Kirchhoff dieses Themenspektrum, und das auf formal raffinierte Weise: „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ ist eine Passionsgeschichte, ein Roman in sorgsam komponierten und ausgestatteten Bildern und in sich abgeschlossenen Aufzügen. An der Oberfläche geschieht wenig – ein Ausflug auf dem See, ein Abendessen, ein Telefonat. Doch stets liegt unter den Szenen eine untergründige Anspannung, ist ein Umkippen des Augenblicks vorstellbar, sei es ins Tragische, sei es ins Peinliche. Bodo Kirchhoffs Sätze haben Klang und Temperatur Fast unmerklich zieht das Tempo auf den letzten 100 Seiten an, und die Geschichte nimmt eine neue Wendung. Oft wird Bodo Kirchhoff vorgeworfen, er balanciere am Rand des Kitsches entlang. Passagen, die diesen Verdacht belegen, ließen sich auch in diesem Buch finden, wie auch der Blick auf Frauen nicht immer auf dem aktuellen Stand des feministischen Diskurses ist. Andererseits aber bleibt Kirchhoff dezent und schreibt schöne, elegante Sätze, durchrhythmisiert bis ins Detail; Sätze, die Klang haben und Temperatur. So kann das tatsächlich nur er. Nicht zuletzt ist „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ auch eine Reflexion über die Ambivalenz des Alterns, über die Sehnsucht nach einem noch einmal erfüllten Leben und die Angst davor, den eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden: Er zieht sich aus, abgewandt vom Spiegel über dem Waschbecken, seinem Anblick, dann tritt er unter die Dusche, und wieder ist da der Wunsch, in der Zeit ein Stück weiter zu sein, schon an das zurückdenken zu können, was ihn in dieser Nacht in ein Glück stürzen könnte, aus dem es keinen Ausweg mehr gibt. Er lässt kaltes Wasser über sich laufen, minutenlang, als könnte es ihn so auflösen wie den Schweiß auf seiner Haut und im Abfluss verschwinden lassen. Quelle: Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teilt Man könnte dazu neigen, diesen Roman zu unterschätzen. Untergründig inszeniert Kirchhoff seine Hauptfigur als einen Mann mit durchaus zweifelhaftem Charakter. Doch das Ambiente und die eleganten Satzbögen tauchen Schongauers Abgründe in ein mildes, melancholisches Licht. Ein Alterswerk mit Falltüren.
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Jan 14, 2024 • 6min

Zeruya Shalev – Nicht ich | Buchkritik

Wenn Träume oder traumartige Fantasien erzählt werden, hat das für die Zuhörenden oft etwas Irritierendes: Man wird hineingezogen in einen irrationalen Privatkosmos, mit schlingernden Wendungen konfrontiert, erzählerischen Sprüngen, die kaum nachzuvollziehen sind. Womit wir bei Zeruya Shalevs neuem Roman wären, der in Wahrheit ein alter ist: „Nicht ich“ war ihr Debüt und erschien in Israel bereits 1993 – bevor die Autorin im Jahr 2000 mit „Liebesleben“ weltweit, aber besonders hierzulande sehr bekannt wurde. In einem für ihre deutschen Leserinnen und Leser geschriebenen Vorwort erzählt Shalev, wie es zu diesem Prosa-Debüt kam: 1991 saß sie an einem warmen Dezembermorgen in einem Café, verabredet mit einem Schriftsteller, dessen neues Buch sie seinerzeit als Verlagsmitarbeiterin betreute. Der aber verspätete sich… „…und so drehte ich, während ich auf meinen Autor wartete, die erste Seite seines Manuskripts um und beschrieb die leere Rückseite. Ich nahm an, es würde ein Gedicht, denn ich schrieb damals hauptsächlich Lyrik, doch zu meiner Überraschung zogen sich die Zeilen immer mehr in die Länge. Der Autor erschien mit einer Stunde Verspätung zu unserer Lektoratsbesprechung, und da hatte ich bereits zehn beschriebene Seiten. Nicht nur beschriebene, sondern brennende Seiten. Als ich sie am Ende des Tages wieder las, erschrak ich. Das war so anders als die Gedichte, die ich damals schrieb (…).“ Quelle: Zeruya Shalev – Nicht ich Was sie damals mit Erstaunen las, und was wir jetzt mit 30 Jahren Verspätung in der flüssigen Übersetzung von Anne Birkenhauer lesen können, sind Traum- oder besser Alptraumsequenzen, die sich aus bestimmten Konstellationen und Konflikten und Ängsten zusammensetzen. Es wirkt wirklich so, als sei das in einem einzigen langen Rausch geschrieben, ohne kompositorische Linie, ohne klare Konturen, ohne eine kenntlich gemachte Erzählerin. Eine Erzählerin zwischen Vertrauensverlust und Sehnsucht Wir begleiten eine Frau, die offensichtlich ihren Mann verlässt, einen Liebhaber hat und einem Ex-Liebhaber nachtrauert oder nachsinnt; eine Frau, die von ihrem Kind getrennt wird, die ihre zurückgelassene oder entführte Tochter vermisst und verzweifelt sucht und sich zugleich immer weiter von ihr entfernt; eine Frau, die an der Beziehung zu ihren Eltern leidet, vor allem an der zur Mutter. Die redet die Tochter immer mit anderem, aber nie mit ihrem richtigen Namen an, als hätte die Erzählerin keine Identität und sei keiner innigen Nähe wert. Vertrauensverluste und Trennungsängste, Misstrauen und Sehnsucht, Liebesschmerz und Begehren, Freiheitsdrang und Rollenzuschreibungen, Intimität und Distanz – das sind die zwischen den Zeilen aufscheinenden Zustände und Lebensthemen, um die die Erzählerin kreist, und sie dreht sich dabei so schnell und unaufhörlich, dass es einem beim Lesen schwindelig wird. Es ist nicht recht zu sagen, ob dieser Frau der Verstand entgleitet oder ob diese sprachlich verschrobene Weltwahrnehmung lediglich eine überspitzt-detaillierte Übersetzung ihres Seelenlebens ist – und einer israelischen Realität, die von der Vergangenheit und der Terrorbedrohung der Gegenwart, von Traumata und sehr begründeten Ängsten geprägt ist. Der Körper des Geliebten (…) ist mit Kies gefüllt, und wenn er geht, hört man den Kies knirschen. Das Mädchen ist mit Honig und Milch gefüllt und von süßer Asche überzogen, und mein Körper besteht aus klebrigem Pappmaché und zerplatzten Luftballons. Sie müssen mir zustimmen, dass all diese verschiedenen Materialien eine Mischung ergeben, die absolut unzumutbar ist. Quelle: Zeruya Shalev – Nicht ich Realismus und Groteske: Erzählerin flieht aus ihrer Ehe Halbwegs realistische Beschreibungen lösen sich unvermittelt in groteske Situationen auf; Assoziationen treiben die Erzählung voran. Die Bilder, die Shalev für den Zustand der Verwirrung und Verlorenheit ihrer aus der Ehe geflohenen Protagonistin findet, sind mitunter rätselhaft – da ist die Rede von sommerlichem Schnee, ein scheinheiliger Heiler nimmt Operationen vor, der Protagonistin gehen nach und nach die Haare aus. Manche Passagen aber lassen an nüchterner Klarheit kaum zu wünschen übrig: Nachdem wir uns höflichst verabschiedet hatten, wusste ich, ab jetzt würde ich niemanden mehr anrufen, nicht mehr lachen, nicht mehr flüstern. Ich wusste, ich war schon hart und spitzig; ich würde nie mehr liebbar sein. Quelle: Zeruya Shalev – Nicht ich Originell, traumhaft und unausgegoren: ein aufgeregtes Debüt Das Unbewusste sei wie eine Sprache strukturiert, sagte der französische Psychiater und Analytiker Jacques Lacan. Was freilich heißt, dass das Unbewusste Regeln gehorcht, sich entziffern lässt. Traumerzählungen ermöglichen eine immense Freiheit, stilistisch und inhaltlich. Die Logik ist außer Kraft gesetzt bzw. es existiert eine eigene, höchst idiosynkratische Logik – und das schafft auch eine Privatmythologie. Bei Shalev lassen sich durchaus wiederkehrende Motive finden. Traumata. Bestimmte Themen. Und dennoch hat ihr Verfahren auch etwas Unbefriedigendes, weil eben vieles sehr willkürlich wirkt, unausgegoren, traumhaft unvollendet. Ihre sprachlichen Einfälle sind originell, aber manchmal auch schwülstig und nicht selten fühlt man sich ausgeschlossen. So bleibt nach der Lektüre ein zwiespältiges Gefühl: „Nicht ich“ kann man als notwendigen, entfesselnden Schritt hin zu Shalevs späteren Romanen lesen, mit allen Unsicherheiten, die einem solchen ersten Schritt innewohnen. Als ein formales Experiment, das in seiner Konsequenz womöglich gescheitert, langfristig aber den Übergang von der Lyrik zur Prosa möglich gemacht hat. Shalev kommentiert es 30 Jahre später so: [Die Erzählerin] war nicht ich, aber sie schrie (…) aus mir heraus, in einem wilden und gnadenlosen Monolog, einer Art Seelenstrip oder Stand-up-Tragödie, mal klagend, mal anklagend, mal Liebe erflehend, mal ihre Geliebten verhöhnend – voller Ungereimtheiten. Quelle: Zeruya Shalev – Nicht ich Kurz: Ein aufschlussreiches, gewagtes, angestrengtes, ja, nervig aufgeregtes Debüt, das am ehesten jene Leserinnen und Leser interessieren dürfte, die Shalevs weiteres Werk bereits kennen und schätzen.
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Jan 14, 2024 • 5min

Eberhard Rathgeb – Maler Friedrich | Boris von Brauchitsch – Caspar David Friedrich. Biografie

„Der Mönch am Meer“, eines der berühmtesten Bilder von Caspar David Friedrich. Kleiner Mönch vor riesigem dunklen Meer. Darüber ein bewegter, bewölkter Himmel. Kleiner Mensch in großer Landschaft – so malte Friedrich seine Figuren oft. Deshalb findet man den Mönch dieses Jahr auch auf einigen Covern neuer Bücher. Denn 2024 wird Friedrichs 250. Geburtstag gefeiert. Konkret ist der erst am 5. September, aber die Huldigungen sind schon jetzt in vollem Gange. Eine große Caspar-David-Friedrich-Ausstellung ist augenblicklich in Hamburg zu sehen. Danach in Berlin, später in Dresden und in auch einigen anderen Städten. Und: Es gibt neue Bücher über den großen Landschaftsmaler. Am erfolgreichsten ist gerade sicherlich das fröhlich-anekdotische, sehr szenische und breit recherchierte Buch „Zauber der Stille“ von Florian Illies. Das haben wir auf SWR2 schon vorgestellt. Und auch ein Gespräch mit dem Autor geführt. Das ganze Gespräch gibt es hier: Aber es gibt auch neue Friedrich-Bücher von Eberhard Rathgeb und von Boris von Brauchitsch. Und über diese beiden Bücher spricht Katherina Borchardt im Beitrag. Zunächst ist da der Band „Maler Friedrich“ von Eberhard Rathgeb. Maximal weit entfernt von Illies‘ sehr szenischem, auch mal krachend komischem Erzählen. Rathgebs Buch bettet Friedrich stark ein in die geistesgeschichtlichen Strömungen seiner Zeit: Goethe und Kant, Fichte und Hegel! „Was ich gut finde, denn das fehlte mir bei Illies“, meint Katherina Borchardt. Rathgeb zeigt auch ein tiefes Verständnis für Friedrichs protestantische Herkunft. „Maler Friedrich“, das ist eine essayistische Betrachtung seines Lebens, grob chronologisch geordnet. Nicht so sehr mittendrin im Geschehen, sondern eher eine Draufschau auf Bilder und Bücher und Briefe aus dem Heute. Dabei ist Rathgeb sehr solidarisch mit Friedrich, manchmal etwas grantig, wenn ihm einer was will. Tendenz: viel Reflexion, die sich oft aber auch ein bisschen um sich selbst windet, was Katherina Borchardt zu viel wurde. Auch wenn sie den philosophischen Ansatz grundsätzlich gut findet. „Maler Friedrich“ heißt Eberhard Rathgebs Buch. Also: Illies hier – Rathgeb da. Und genau in der Mitte zwischen diesen beiden: Boris von Brauchitsch mit seiner Caspar-David-Friedrich-Biografie. Findet Borchardt zumindest: mittig. Von Brauchitsch hat – wie die anderen auch – hervorragend recherchiert, klingt auf entspannte Weise souverän und hat auch einen guten Blick für das Anfertigen der Bilder, also ihre Materialität. Sein Buch ist sicherlich das am deutlichsten Chronologische von den dreien, ist aber ja auch als „Biografie“ gekennzeichnet. Einen weiten, auch politisch weiten Horizont hat Brauchitsch, und er schaut sich auf den letzten 20 Seiten dann auch noch an, wie die Malerei des 20. Jahrhunderts Friedrich rezipierte und auch zitierte. Ein bisschen anders also als Illies, der in „Zauber der Stille“ die Spur von Friedrichs eigenen Werken im 20. und 21. Jahrhundert weiterverfolgt. Besonders interessant bei von Brauchitsch: wie Friedrichs Motive bis heute in Foto und Film zitiert werden. Sein Buch ist als einziges angereichert mit wirklich vielen Bildern, die auch im Kleinformat noch prächtig sind. Also: Drei sehr unterschiedliche Bücher über ein und denselben Maler. Klug sind sie alle drei. „Zauber der Stille“ von Florian Illies ist dabei sicherlich das unterhaltsamste. Auf schöne Weise unverkrampft, fast kumpelhaft. Für Fortgeschrittene, aber eben schönerweise auch unbedingt für Anfänger. Erschienen im Fischer-Verlag. „Maler Friedrich“ von Eberhard Rathgeb, Berenberg Verlag, ist das komplexeste. Ein Buch, für das Landschaft nicht nur etwas mit Gebirgen und Gewächsen zu tun hat, sondern auch mit deutscher Geistesgeschichte. Kant und Romantik – und Einzelgänger Friedrich mittendrin. Ein Buch sicherlich vor allem für Fortgeschrittene. Und schließlich „Caspar David Friedrich. Biografie“, aus dem Insel Verlag, von Boris von Brauchitsch. Für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen. Fein erzählt, tiefgründig und zudem versehen mit zeitgeschichtlichen Exkursen und vielen Bildern. Katharina Borchardts Fazit: Ich mag alle drei Bücher. Aber das von Boris von Brauchitsch ist mit kleinem Vorsprung mein persönlicher Favorit. Januar 2024 – das Caspar-David-Friedrich-Jahr ist eröffnet!
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Jan 14, 2024 • 54min

SWR2 lesenswert Magazin u.a. mit dem neuen Buch von Murakami

„Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“, geht es Hundebesitzer Schongauer nicht übel. Davon erzählt Bodo Kirchhoff in seinem neuen Roman. Bei Haruki Murakami sind es eher Katzen, die in „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“ umherschleichen. Und es gibt Bücher, Geister und eiförmige Träume. Schön! Bei Yoko Ogawa kommt die Haushaltshilfe eines Mathematikers hinter „Das Geheimnis der Eulerschen Formel“. Ein warmherziger Roman, den die Bestsellerautorin Sayaka Murata empfiehlt. 2024 ist Caspar-David-Friedrich-Jahr! Deswegen beschreibt uns der Kunsthistoriker Florian Illies Friedrichs berühmtes Bild „Der Mönch am Meer“. Anschließend schauen wir uns mit „Maler Friedrich“ und „Caspar David Friedrich. Biografie“ zwei neue Bücher über den berühmten Landschaftsmaler an. Die Autoren sind Eberhard Rathgeb und Boris von Brauchitsch. Und schließlich lesen wir Zeruya Shalevs Debütroman „Nicht ich“. Die Geschichte einer Frau, die ihre Familie abrupt verlässt. Erschienen bereits 1993 gibt es den Roman jetzt endlich auch auf Deutsch. Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teiltdtv, 384 Seiten, 24 Euro ISBN 978-3-423-28357-1 Rezension von Christoph Schröder Haruki Murakami – Die Stadt und ihre ungewisse Mauer Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe Dumont Verlag, 640 Seiten, 34 Euro ISBN 978-3-7558-1000-1 Gespräch mit Iris Radisch mit Lesung von David Nathan vom gleichnamigen Hörbuch von Hörbuch Hamburg Yoko Ogawa – Das Geheimnis der Eulerschen Formel Aus dem Japanischen von Sabine Mangold Liebeskind Verlag, 256 Seiten, 18,90 Euro ISBN 978-3-935890-88-5 Lesetipp von Sayaka Murata Caspar David Friedrich – Der Mönch am Meer Florian Illies erzählt ein Bild ZUM 250. GEBURTSTAG VON CASPAR DAVID FRIEDRICHEberhard Rathgeb – Maler Friedrich Berenberg Verlag, 208 Seiten, 28 Euro ISBN 978-3-949203-70-1 UND Boris von Brauchitsch – Caspar David Friedrich. Biografie Insel Verlag, 319 Seiten, 20 Euro ISBN 978-3-458-68323-0 Doppel-Kurzkritik von Katharina Borchardt Zeruya Shalev – Nicht ich Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer Berlin Verlag, 208 Seiten, 24 Euro ISBN 978-3-8270-1476-4 Rezension von Ulrich Rüdenauer Musik: Walter Abt – Argentine Tangos & Klezmer Label: ABT music

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