
Gradmesser
Was können wir gegen den Klimawandel tun? Ruth Ciesinger geht dieser Frage mit Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Technik im Klima-Podcast vom Tagesspiegel nach.
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May 19, 2023 • 36min
Geht uns in Europa das Wasser aus?
Europa ist ein Hotspot der Klimakrise. Hitzewellen haben hier in den vergangenen Jahrzehnten drei- bis viermal schneller zugenommen als in anderen Regionen, das vergangene Jahr war im Durchschnitt schon 2,2 Grad wärmer als zur Zeit vor der Industrialisierung.
Vor allem im Mittelmeerraum gehen die Niederschläge zurück, Länder wie Spanien, Frankreich oder Griechenland leiden unter massiver Dürre, in Spanien war es bereits im April bis zu 40 Grad heiß.
Daniela Jacob, Klimawissenschaftlerin und Leitautorin des Weltklimarates, erklärt in dieser Gradmesser-Folge, warum wir die Klimakrise in Europa besonders stark zu spüren bekommen und was das für unsere Wasserversorgung bedeutet. Auch wenn in Deutschland noch kein Verbot für den Bau neuer Swimmingpools verhängt wurde wie in manchen Regionen Frankreichs (ca. ab Min. 5:10).
Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima ordnet ein, warum das heftig umstrittene Gebäudeenergiegesetz ab dem kommenden Jahr in Kraft treten sollte, wenn Deutschland sein Ziel Klimaneutralität im Jahr 2045 erreichen will (ca. ab Min. 30).
Tipps zum achtsamen Umgang mit Wasser von den Berliner Wasserbetrieben.
Habt Ihr Fragen rund ums Klima, die wir im Gradmesser beantworten können? Dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.
Moderation & Redaktion: Ruth Ciesinger & Michael Reinhardt

May 5, 2023 • 35min
Warum setzen wir unsere Klimaziele nicht um?
Die Welt soll sich nicht mehr als um 1,5-Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung erwärmen, doch aktuell führen uns die weltweiten Emissionen hinein in eine 2,8-Grad wärmere Zukunft. Dass das Ziel des Pariser Klimaabkommens heute nicht mehr plausibel ist, liegt aber nicht an mangelnder Technik. Der Hamburg Climate Futures Outlook 2023 zeigt: Entscheidend für das Einhalten der Pariser Ziele ist der soziale Wandel. Und der reicht bisher dafür nicht aus.
Anita Engels, Soziologieprofessorin an der Uni Hamburg und Sprecherin des Excellenzclusters CLICCS erklärt, warum wir beim Klimaschutz sehr viel schlechter sind, als wir denken, und was es braucht, damit sich eine Gesellschaft verändert. Engels sagt auch, warum gerade dieses Jahrzehnt entscheidend für unsere Klimazukunft ist, und warum sie zwar nicht alle Aussagen der Letzten Generation teilen würde, die Aktvist:innen hier aber einen wichtigen Punkt machen (ca. ab Min. 6:20).
Cornelia Huth, Ökotrophologin und Mitglied bei Scientist Rebellion, steht gerade in München wegen einer Straßenblockade vor Gericht. Sie glaubt, Vorlesungen und Aufklärungsgespräche reichen nicht aus für genügend Klimaschutz (ca. ab Min. 2:30).
Sinan Recber vom Tagesspiegel Background Energie und Klima hat beim Petersberger Klimadialog in Berlin dem designierten Präsidenten der nächsten Weltklimakonferenz in Dubai, Sultan Ahmed Al Jaber zugehört. Der hat bei seiner Rede wenig Interesse am Ausstieg auf fossilen Energien gezeigt (ca. ab Min. 32:20).
Eure Anregungen, Kritik und Fragen erreichen uns am besten, wenn Ihr an gradmesser@tagesspiegel.de schreibt. Wir freuen uns, von Euch zu lesen.

Apr 21, 2023 • 28min
So bremst die fossile Lobby den Klimaschutz in Deutschland aus
mit Christina Deckwirth von Lobbycontrol
Die Verbindung der Öl- und Gasfans in die Politik sind stabil, auch in die Ampel. Wer diese fossile Lobby ist, und warum sie so großen Erfolg hat, darum geht es im Gradmesser, unter anderem mit Christina Deckwirth von Lobbycontrol.
Auch wenn FDP-Chef Christian Lindner Wind- und Sonnenenergie nach Russlands Angriff auf die Ukraine zu „Freiheitsenergien“ erklärt hat: Praktisch geht der Abschied von Öl und Gas in Deutschland nur sehr langsam und unter lautem Protest von sich.
Aktuelles Beispiel: Das Gebäudeenergiegesetz und das geplante Verbot neuer Öl- und Gasheizungen. Festgelegt hat es die Ampel bereits im Koalitionsvertrag, der Koalitionsausschuss hat es nach Russlands auf die Ukraine auf ein früheres Datum vorgezogen – und seit Wochen machen vor allem FDP-Politiker, aber auch Sozialdemokraten massiv Stimmung dagegen.
Das liegt – auch – am Einfluss der fossilen Lobby, davon ist Christina Deckwirth von Lobbycontrol überzeugt. Im Podcast spricht sie darüber, wer eigentlich hinter der fossilen Lobby steckt, wo sie politisch gerade Klimaschutz bremst, und warum sie so erfolgreich ist. Außerdem geht es um enge Verbindungen zwischen Parteipolitikern und Lobbyorganisationen und darum, wie sich das Ungleichgewicht auflösen lassen kann (ca. ab Min. 6:20). (Hier geht es zur Lobbycontrol-Studie "Pipelines in die Politik".)
Außerdem in dieser Folge: Anknüpfend an die Zeit-Recherche zu Mathias Döpfner ordnet der Hamburger Journalismus-Professor Volker Lilienthal ein, ob es Folgen hat, wenn der Springer-Chef den Klimawandel gut findet (ca. ab Min. 2:50). Und Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima geht im Anschluss an die vergangene Gradmesser-Folge zum Solaren Geo Engineering noch einmal intensiver auf die Risiken der Technologie ein (ca. ab Min. 24:50).
Wenn Ihr Kritik, Fragen oder Anregungen habt, schreibt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns, von Euch zu hören.

Mar 24, 2023 • 33min
Solares Geoengineering - Technofix in die Apokalypse?
Die Sonne verdunkeln um das Klima zu kühlen: Klingt wie Science Fiction, kann aber Realität werden. Der technische Aufwand wäre relativ gering, die Risiken immens.
Der nächste Gradmesser erscheint am Freitag, den 21. April. Wenn Ihr wollte, schreibt gerne in der Zwischenzeit an gradmesser@tagesspiegel.de, welche Fragen Euch besonders umtreiben, und die wir im Podcast beantworten können.
Zur aktuellen Folge: Die Klimaerwärmung schreitet ungebremst fort, und die Menschheit tut viel zu wenig, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Das zeigt gerade wieder der aktuelle Bericht des Weltklimarates, und diese bedrohliche Entwicklung führt auch dazu, dass inzwischen wieder mehr über die höchst umstrittene Technik des Solaren Geoengineerings diskutiert wird. Dabei soll die Strahlung der Sonne gedimmt werden, indem Aerosole wie Schwefeldioxid in die Stratosphäre eingebracht werden, was wiederum den Treibhauseffekt mindern soll.
Klima-Ökonom Gernot Wagner geht davon aus, dass es tatsächlich keine Frage mehr ist „Ob“, sondern nur noch „Wann“ irgendein Staat Geoengineering tatsächlich auch einsetzen wird. Denn die technischen Voraussetzungen dafür sind heute zwar noch nicht gegeben, sie sind aber relativ einfach zu entwickeln.
Im Podcast-Gespräch sagt Wagner, der an der Haravard-Universität das erste Solar-Geoengineering-Forschungsprogramm mit aufgebaut hat, was er für die größten Risiken der Technik hält, warum er für ein Anwendungsmoratorium aber für mehr Forschung ist, und was der Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen 1991 für Erkenntnisse im Blick auf Solares Geoengineering gebracht hat.
Gernot Wagner, der aktuell an der Columbia Business School lehrt, hat auch ein für Laien gut verständliches Buch zum Thema geschrieben: „Und wenn wir einfach die Sonne verdunkeln? Das riskante Spiel, mit Geoengineering die Klimakrise aufhalten zu wollen“. Erschienen ist es im Oekom-Verlag.
Ende Februar haben zwei Initiativen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unabhängig voneinander mehr Forschung zu Solarem Geoengineering gefordert. Der Aufruf der europäisch geprägten Initiative ist hier zu lesen, der offene Brief von vielen Forschenden aus den USA hier. Ein Text von Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie & Klima zum Thema hier.

Mar 10, 2023 • 32min
Was ist dran am Hype um Wasserstoff?
Ohne grünen Wasserstoff erreichen wir keine Klimaneutralität. Allerdings ist der Weg dorthin nicht nur kompliziert, sondern wohl auch weniger sauber als erhofft.
Die nächste Gradmesser-Folge erscheint am 24. März. Der Klima-Podcast geht für einige Zeit auf einen zweiwöchigen Rhythmus, denn Gradmesser-Inhalte sollen auch auf anderen Tagesspiegel-Kanälen noch stärker verbreitet werden.
Zur Folge: Ohne Wasserstoff, genauer ohne grünen Wasserstoff, gibt es in Deutschland keine Klimaneutralität. Das sieht nicht nur die Industrie so, sondern unter anderem auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Tatsächlich nutzen wir aktuell schon jetzt in Deutschland Wasserstoff. Der ist aber „grau“ und ausgesprochen klimaschädlich, weil bei der Herstellung aus Erdgas ziemlich viel CO2 in die Atmosphäre austritt.
Weil wir künftig noch sehr viel mehr Wasserstoff auch als Ersatz für Erdgas und andere fossile Energieträger einsetzen wollen, muss das Wundergas deshalb „grün“ werden. Dafür braucht es aber jede Menge erneuerbarer Energie, mit deren Hilfe dann im Elektrolyse-Verfahren Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff getrennt wird.
Klingt kompliziert? Ist es auch. Damit das System einer Wasserstoffwirtschaft „zum Laufen gebracht“ werden kann, plädiert die Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Podcast deshalb für „Pragmatismus“. Die Volkswirtin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erklärt, warum für sie zum Beispiel kein Weg an blauem Wasserstoff aus Erdgas vorbeiführt. Dort wird mittels CCS-Technik zumindest ein Teil des klimaschädlichen CO2 bei der Produktion abgefangen und im Boden verpresst (ca. ab Min. 4:20).
Um notwendige Infrastruktur auszubauen und Investitionen anzuregen, dürfe jetzt nicht darauf gewartet werden, bis in einigen Jahren genügend Elektrolyseure im Land errichtet sind, findet Grimm, die auch Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat ist. Wenn die Wirtschaft jetzt umbaue, müssten Unternehmen sicher sein, dass sie auch Zugriff auf Wasserstoff haben. Der kann für den Übergang eben auch blau oder türkis sein.
Da Deutschland in jedem Fall Wasserstoff wird importieren müssen, fragt sich außerdem, wie neue Abhängigkeiten wie im Falle von Russland verhindert werden können. Grimm hat hier klare Vorschläge, genauso wie zu China, dass gerne Vorreiter auch bei dieser Technologie werden möchte. Noch liegt diese allerdings in Europa.
Christian Schaudwet vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt außerdem, wie die Dürre in Europa sich auch auf die deutschen Wasserstoffpläne auswirken kann (ca. ab Min. 27:15). Und Sinan Recber, ebenfalls vom Background, hat sich Zeit genommen und erklärt unter anderem die Farbpalette beim Wasserstoff (ca. ab Min. 1:45).
Wer jetzt noch mehr zum Klima hören will, dem sei der aktuellen Checkpoint-Podcast Berliner & Pfannkuchen empfohlen. Da geht es nämlich um den Klima-Volksentscheid in Berlin.
Uns erreicht Ihr wie immer unter gradmesser@tagesspiegel.de

Jan 27, 2023 • 31min
CCS – CO2 in die Erde statt in die Atmosphäre
CO2 im Boden zu speichern, um das Klima zu schützen, ist in Deutschland faktisch verboten. Das dürfte sich jetzt ändern. Ob das gefährlich ist oder sogar notwendig, darum geht es im Podcast.
Robert Habeck, Klima- und Wirtschaftsminister sagt: „Solange wir keine anderen Alternative haben, dürfen wir nicht länger warten und abwarten. Und wenn Sie mich fragen: Lieber CO2 in die Erde als in die Atmosphäre.“
Dem Grünen-Spitzenpolitiker dürfte diese Aussage nicht leicht gefallen sein, schließlich war seine Partei bisher strikt gegen die Speicherung von CO2 im Boden, dem sogenannten Carbon Capture and Storage. Doch Anfang des Jahres hat Habeck auf einer Norwegen-Reise nun sogar die Möglichkeit diskutiert, dass die deutsche Industrie zumindest einen Teil ihrer CO2-Emissionen künftig unter der Nordsee speichern könnte.
Auf Grundlage welcher Erkenntnisse sich die Einstellung zu CCS möglicherweise geändert hat, und was Carbon Capture and Storage genau ist, das erklärt Geophysikerin Susanne Buiter vom GeoForschungsZentrum im ausführlichen Interview (ca. ab Min. 7:50). Buiter sagt: „Wenn Menschen Angst vor der Technik haben, dann müssen diese Ängste auf jeden Fall ernst genommen werden.“
Sie selbst aber ist überzeugt, dass die Technik sicher ist. Unter anderem aufgrund ihrer Erfahrungen in Norwegen, wo inzwischen pro Jahr eine Million Tonnen CO2 unter dem Meeresboden gespeichert werden, und aufgrund des erfolgreichen CO2-Speicherungs-Pioltprojekts im Brandenburgischen Ketzin des GFZ. Allerdings, sagt Buiter, „eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nie“.
Wo überall in Deutschland CO2 gespeichert werden könnte, und warum das deutsche CO2 besser hierzulande gelagert und nicht nach Norwegen transportiert werden sollte, auch darüber spricht die gebürtige Niederländerin Buiter. Tagesspiegel Redakteur Patrick Eickemeier erklärt vorher, warum CO2 sogar aktiv aus der Atmosphäre wieder entfernt werden muss, wenn die Erderwärmung nicht über maximal zwei Grad steigen soll (ca. ab Min. 2:00). Und Christian Schaudwet vom Tagesspiegel Background Energie und Klima berichtet zum Ende der Folge aus dem bald ersten aktiven atomaren Endlager der Welt in Finnland (ca. ab Min. 26:50).
Die nächste Gradmesser-Folge erscheint wieder am 17. Februar. Am 7. und 8. Februar veranstaltet der Tagesspiegel zusammen mit Zeit, Handelsblatt und Wirtschaftswoche die Konferenz „Europe 2023“, wo auch Europas Klimapolitik und wirtschaftliche Folgen des Klimawandels diskutiert werden. Zu allen Infos zum Programm, Sprecher:innen und – ganz wichtig – zur kostenlosen Anmeldung geht es hier.
Kritik, Fragen und Anregungen erreichen uns wie immer unter gradmesser@tagesspiegel.de.

Jan 20, 2023 • 32min
Energiewende mit Kohle, Gas - und zu wenig Windrädern?
Der Ausbau der Erneuerbaren geht zu langsam voran, dafür werden in kürzester Zeit Flüssiggas-Terminals gebaut und mehr Kohle verfeuert. Wie es um die Energiewende steht.
Vor rund einem Jahr stellte der damals Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen einen überarbeiteten, ehrgeizigen Fahrplan zur Energiewende und zum Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland vor. Seitdem ist energiemäßig viel passiert, doch gerade der Ausbau vor allem der Windenergie geht nur schleppend voran.
Wie es um die Energiewende steht, wann die Kohle unter Lützerath im Boden bleiben kann, und warum er neue LNG-Terminals für sinnvoll hält, das und mehr sagt in dieser Podcast-Folge Energieökonom Andreas Löschel (ca. ab Min. 6:05).
Bis zum Jahr 2030 sollen Wind- und Solarkraft bereits 80 Prozent des Stroms in Deutschland produzieren. Allein bei Windkraft an Land muss sich dafür die Menge der installierten Leistung im Vergleich zu heute in etwa verdoppeln. Die Ausbaugeschwindigkeit der vergangenen zwölf Monate ist dafür viel zu langsam. Trotzdem geht Löschel davon aus, dass jetzt „die Handbremse gelöst“ ist. Was Investoren noch zurückhält, auch darüber spricht er im Podcast.
Russlands Angriff auf die Ukraine hat unter anderem Deutschlands fatale Abhängigkeit von russischem Erdgas offengelegt. Die neuen LNG-Terminals, die jetzt innerhalb von Monaten genehmigt und fertiggestellt worden sind, beziehungsweise noch werden, hält Andreas Löschel von der Ruhr-Universität deshalb für notwendig für die Versorgungssicherheit.
Die eigentliche Frage ist für ihn: „Wie schafft man es, kurzfristigere Lieferverträge zu bekommen“, die zum Beispiel nach zehn Jahren wieder enden, und entsprechend „aus dem Gas auch wieder auszusteigen“. Denn Deutschland will im Zuge der Energiewende im Jahr 2045 klimaneutral sein.
Sinan Recber vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt weitere wichtige Daten und Eckpunkte zur Energiewende im Podcast (ca. ab Min. 1:50). Und Susanne Ehlerding, ebenfalls Background-Redakteurin, schaut angesichts des zu Ende gehenden Weltwirtschaftsforum auf die Industrie und die Bereitschaft, etwas gegen den Klimawandel zu tun (ca. ab Min. 28:05). Die Studie der Nicht-Regierungsorganisation „Reclaim Finance“ und „Urgewald“ zu Milliarden-Investitionen in fossile Projekte ist da etwas desillusionierend.
Für Fragen oder Kritik schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.

Jan 13, 2023 • 34min
Verkehr, Klimageld, Energieeffizienz: Wo die Ampel 2023 besser werden muss
Deutschlands CO2-Emissionen sinken zu langsam, die Regierung steht vor vielen Klima-Baustellen. Doch FDP und Grüne haben unterschiedliche Pläne.
Gerade erst hat der Thinktank Agora Energiewende prognostiziert, dass Deutschland im vergangenen Jahr viel zu viel Treibhausgase ausgestoßen hat und trotz hoher Energiepreise seine CO2-Einsparziele verfehlt hat. Ob das stimmt, wird erst das Frühjahr zeigen, wenn das Umweltbundesamt seine Berechnungen zum deutschen CO2-Ausstoß veröffentlicht. Aber klar ist schon heute: Die Treibhausgasemissionen sinken viel zu langsam.
Klimaphysikerin Brigitte Knopf sagt in dieser Gradmesser-Folge, bei welchen Klimabaustellen die Bundesregierung deshalb dringend einen Zahn zulegen muss (ab ca. Min. 5:10). Kaum verwunderlich: Vor allem der Verkehr ist und bleibt das große Sorgenkind. Der zuständige FDP-Minister Volker Wissing scheint bisher wenig Interesse zu haben, daran etwas zu ändern. Der Expertenrat für Klimafragen, dem Knopf angehört, hatte dem Ministerium im vergangenen Jahr eine glatte „Themaverfehlung“ für dessen Sofortprogramm zum Klimaschutz attestiert.
Welche Maßnahmen im Verkehr jetzt wichtig wären, warum eine verlängerte Laufzeit der Atomkraftwerke da trotz Elektroautos wenig helfen würde, was bei Energieeffizienz und Klimageld passieren muss, das und mehr erklärt Knopf, die außerdem Generalsekretärin des Mercator Research Institutes on Global Commons and Climate Change ist. Eine grundsätzlich gegensätzliche Auffassung bei Grünen und FDP, wie Klimaschutz vorangebracht werden sollte, dürfte der Koalition hier auch in diesem Jahr einige Konflikte bescheren.
Dabei hat die Ampel sogar einen gesetzlich verankerten Plan für den Abbau der CO2-Emissionen, den ihr noch die Regierung von Angela Merkel hinterlassen hat. Das Klimaschutzgesetz hält genau fest, um wie viel und wo genau die CO2-Emissionen jedes Jahr sinken sollen. Wie das funktioniert, sagt Sinan Recber vom Tagesspiegel Background Energie und Klima (ab ca. Min. 2:10).
Zum Ende der Folge schaut Nora Marie Zaremba, ebenfalls vom Tagesspiegel Background, auf den aktuell größten Hotspot der deutschen Klimadebatte: das Dörfchen Lützerath im rheinischen Tagebaugebiet. Sie erläutert, ob die Kohle unter Lützerath für die deutsche Energiesicherheit notwendig ist, und welche Folgen deren Abbau für die deutsche Klimabilanz haben würde (ab ca. Min. 28).
Wenn Ihr Fragen, Anregungen oder Wünsche an uns habt, dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns, von Euch zu hören.

Dec 22, 2022 • 36min
Noch Wetter oder schon Klimawandel?
Starkregen, Hitze, Dürre: Physikerin Friederike Otto sagt, warum das Wetter immer extremer wird, und warum sie sich als Wissenschaftlerin nicht hinter Zahlen verstecken will.
Angesichts heftigster Regenfälle, Hitzerekorde oder Dürren fragt sich jedes Jahr öfter: Ist das noch Wetter oder ist das schon der Klimawandel? Friederike Otto, Physikerin am Grantham Institute for Climate Change and the Environment des Imperial College in London, weiß die Antwort. Die Mitbegründerin der sogenannten Attributionsforschung untersucht, einfach gesagt, wie extremes Wetter und Klimawandel zusammenhängen (ca. ab Min. 1:50).
Im Podcast spricht Friederike Otto außerdem über die World Weather Attribution Initiative, die sie zusammen mit ihrem Kollegen Geert Jan van Oldenborgh gegründet hat. Wissenschaftlerinnen und Forscher sind hier international vernetzt und untersuchen sogenannte Extremwetterereignisse. Da wird zum Beispiel klar, wie die diesjährige Hitze und Dürre in den Böden in Europa mit dem Klimawandel zusammenhängen, und aus welchen Gründen die Flut in Pakistan in diesem Sommer besonders katastrophal wurde.
Außerdem erzählt Friederike Otto über ihre Arbeit als Leitautorin des Weltklimarates und worüber dann mit Regierungsverteter:innen debattiert wird. Und warum sie sich offensiv für Klimaschutz einsetzt und entsprechend kommuniziert: „Es kann nicht sein, dass sich gerade die Naturwissenschaftler:innen sehr stark aus den politischen und den Diskussionen in den Medien heraushalten und sich oft hinter Zahlen verstecken.“ Von Verzweiflung angesichts der Klimakrise ist sie weit entfernt. Es sei „wirklich einfach falsch, dass man nichts mehr ändern kann.“ Im Gegenteil.
Nach dem ausführlichen Gespräch mit Otto beurteilt Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg-Institutes, das jetzt auf der Weltnaturschutzkonferenz in Montréal beschlossene Abkommen zum Artenschutz. Dieses soll entscheidend dazu beitragen, das Artensterben zu stoppen (ca. ab Min. 32). Böhning-Gaese hat der Vertrag von Montréal positiv überrascht, sie sieht aber auch ein großes Aber. (Hier hört Ihr eine Gradmesser-Folge zum Zusammenhang zwischen Klima- und Biodiversitätskrise.)
Diese Folge des Gradmessers war die letzte in diesem Jahr. Weiter geht es am 13. Januar mit Brigitte Knopf vom Expertenrat für Klimafragen. Sie weiß unter anderem, was die großen Baustellen der Ampel beim Klima in 2023 sei werden. Wir freuen uns, wenn Ihr wieder mit dabei seid.
Eure Anregungen oder Wünsche schickt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.

Dec 16, 2022 • 33min
Digitalisierung und Klimaschutz: Zwischen Irrtum und Utopie
Künstliche Intelligenz könnte helfen, enorm viel Energie und Rohstoffe zu sparen. Aktuell passiert leider das Gegenteil. Damit Digitalisierung dem Klima nutzt, muss jetzt einiges passieren.
Digitale Technik kann theoretisch enorm dazu beitragen, dass künftig Strom, Rohstoffe und verarbeitetes Material gespart werden – und damit auch CO2-Emissionen. Praktisch jedoch werden für immer mehr digitale Geräte weltweit immer mehr Rohstoffe abgebaut, Treibhausgase und Umweltverschmutzung sind die Folge, und der Betrieb der Geräte verbraucht immer mehr Energie.
Derzeit führt die Digitalisierung also zu einem Mehrverbrauch an natürlichen Ressourcen und zu höherem Energieverbrauch als zu Einsparungen. Das ist gerade erst wieder bei einer Anhörung im „Ausschuss für Digitales“ im Bundestag deutlich geworden. In dieser Gradmesser-Folge spricht Christian Löwe vom Umweltbundesamt darüber, wie digitale Technik helfen kann, das Klima zu schützen, und was dafür getan werden sollte, damit das klappt (ca. ab Min. 9:30).
Derzeit verursacht im Durchschnitt jeder Mensch in Deutschland rund eine Tonne CO2 im Jahr allein durch sogenannte Informations- und Kommunikationstechnik, also dass er oder sie mit Smartphones, Tablets oder Notebooks arbeitet, streamt, einkauft oder andere Anwendungen nutzt. Das Öko-Institut hat das berechnet, manche Institute kommen auf leicht andere Zahlen, aber die Tendenz ist überall die gleiche. Will Deutschland aber klimaneutral werden und bleiben, kann jeder Menschen künftig nur noch eine bis maximal zwei Tonnen CO2 im Jahr insgesamt verpulvern.
Lina Rusch, Leiterin des Tagesspiegel Background Digitalisierung und KI erklärt, ob die Bundesregierung das Thema Digitalisierung und Klimaschutz richtig anpackt (ca. ab Min. 3:30). Und Armin Lehmann hat zur Finanzierung von Klimaaktivist:innen recherchiert. Er berichtet im Podcast über den Climate Emergency Fund und die Verbindung zu Gruppen wie Scientist Rebellion oder der Letzten Generation (ca. ab Min. 27:00). Die ganze Recherche könnt Ihr hier lesen.
Und noch eine Empfehlung: Der Podcast „Der Tag“ vom Deutschlandfunk hat die Hausdurchsuchungen bei der „Letzten Generation“ am 13. Dezember sehr spannend eingeordnet. Ich verlinke Euch die Folge mit Ulf Beurmeyer, Jurist und Podcast-Host der „Lage der Nation“. „Den Tag“ könnt Ihr hier hören.
Fragen, Kritik oder Wünsche könnt Ihr an gradmesser@tagesspiegel.de schicken. Wir freuen uns darüber.
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