Berlusconis Tod, Johnsons Rücktritt und Andreas Bablers Aufstieg - #961
Jun 22, 2023
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Tessa Szyszkowitz, London-Korrespondentin des Falter, berichtet eindrucksvoll über den Rücktritt von Boris Johnson und die Folgen in der britischen Politik. Ivo Mijnssen, NZZ-Korrespondent, beleuchtet die geopolitischen Spannungen in Mitteleuropa und die Ukraine-Krise, während Giovanni del Re, Brüssel-Korrespondent von Avvenire, Berlusconis politisches Erbe nach seinem Tod analysiert. Die Diskussion umfasst auch den Wandel der Sozialdemokratie in Europa und deren Herausforderungen im aufkommenden Populismus.
Der Tod von Berlusconi beeinflusst die politische Stabilität in Italien, während Unsicherheiten über die Zukunft seiner Partei anhalten.
Andreas Babler steht vor der Herausforderung, die SPÖ zu revitalisieren, ohne in alte ideologische Fallen zu tappen.
Deep dives
Einfluss von Berlusconis Tod auf die italienische Politik
Der Tod von Silvio Berlusconi, der über zwei Jahrzehnte die italienische Politik prägte, hat weitreichende Folgen für das Parteiengefüge in Italien. Sein Staatsbegräbnis und die darauf folgende Staatstrauer zeigen den Einfluss, den er trotz seiner umstrittenen Vergangenheit genoss. Während einige Berlusconi als großen Statisten ansehen, behaupten andere, dass er nur spaltend wirkte und tatsächlich keine substanzielle Reform umgesetzt hat. Die Unsicherheit über die Zukunft seiner Partei, Forza Italia, sowie die klare Konkurrenz zwischen den rechtspopulistischen Fraktionen hinterlassen die politische Landschaft Italiens in einem Zustand der Instabilität.
Rücktritt von Boris Johnson aus der britischen Politik
Boris Johnsons Abgang aus der Politik könnte für die konservative Tory-Partei sowohl eine Erleichterung als auch eine Herausforderung darstellen. Während Rishi Sunak als Übergangspremierminister antritt, bleibt das Erbe von Johnson, geprägt von Skandalen und umstrittenen Entscheidungen wie dem Brexit, eine Belastung für die Partei. Analysts befürchten, dass die konservativen Grundwerte, die über viele Jahre etabliert wurden, durch die extremen Positionen innerhalb der Partei gefährdet sind. Inmitten dieser Unsicherheiten könnte der Aufstieg der Labour Party unter Kier Starmer, der mögliche Premierminister werden könnte, die politische Landschaft grundlegend verändern.
Die Lage der österreichischen Sozialdemokratie
Andreas Babler, der neue SPÖ-Chef, steht vor der Herausforderung, die stark fragmentierte österreichische sozialdemokratische Bewegung zu revitalisieren. Während Babler als Anti-Establishment-Figur gilt, gibt es Bedenken, dass er in die Fußstapfen ehemaliger Labour-Führer wie Jeremy Corbyn geraten könnte. Die SPÖ, die in den letzten Jahren an Wählern verloren hat, muss Antworten auf die gesellschaftlichen Veränderungen finden und versuchen, die gefährdeten Wähler zurückzugewinnen. Es wird erwartet, dass Babler eine progressive Sozialpolitik formuliert, die jedoch nicht mit einer altmodischen Ideologie vermischt werden darf, um nicht als Rückschritt wahrgenommen zu werden.
Verbindungen zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit
Die deutsche Bundesregierung strebt nach den Herausforderungen des Brexits eine Stabilisierung der Beziehungen zu Großbritannien an, um eine deutsch-britische Achse zu schaffen. Diese Partnerschaft ist besonders wichtig für die Unterstützung der Ukraine, da Großbritannien eine bedeutende Militärmacht bleibt. An der EU-Integration, insbesondere in Bezug auf östliche Nachbarn wie Moldawien, haben beide Seiten große Interessen, was eine Zusammenarbeit erforderlich macht. Trotz der Trennung von der EU bleibt Großbritannien ein zentraler Akteur, dessen Zusammenarbeit für sicherheitspolitische Belange in Europa unverzichtbar ist.
Was die europäische Politik in Rom, London, Berlin und Wien bewegt, diskutieren: Giovanni del Re (Avvenire), NZZ-Korrespondent Ivo Mijnssen, Cathrin Kahlweit von der Süddeutschen Zeitung und London-Korrespondentin Tessa Szyszkowitz.