Teresa Bücker, Kolumnistin für das SZ-Magazin, spricht mit Lara Fritzsche über die Herausforderungen moderner Väter. Sie beleuchtet, wie Corona traditionelle Rollenbilder verstärkt hat und Männer oft nicht um Gleichberechtigung kämpfen. Ein spannender Vergleich zwischen Deutschland und Norwegen zeigt, wie Väter dort aktiver werden. Außerdem wird die Wichtigkeit einer umfassenden Sexualaufklärung und offener Kommunikation mit Kindern thematisiert, um neue, verantwortungsvolle Männlichkeiten zu fördern.
Väter, die Elternzeit nehmen, zeigen oft eine geringere Bereitschaft zur Familienvergrößerung, da sie die Herausforderungen der Kinderbetreuung erleben.
Finanzielle Ungerechtigkeiten und gesellschaftliche Barrieren hindern viele Väter daran, Elternzeit in Anspruch zu nehmen und gleichberechtigt Verantwortung zu tragen.
Deep dives
Einfluss der Elternzeit auf Männer
Die Erfahrungen von Männern in der Elternzeit zeigen, dass viele Väter eine geringere Bereitschaft zur Familienvergrößerung empfinden, nachdem sie die Verantwortung für die Kinderpflege übernommen haben. Eine Studie aus Spanien hat ergeben, dass Väter, die in Elternzeit gehen, oft weniger geneigt sind, sich ein zweites Kind zu wünschen, da sie die damit verbundenen Herausforderungen hautnah erleben. Wären diese Männer weiterhin in Vollzeit beschäftigt und hätten die Kinderbetreuung vornehmlich ihren Partnerinnen überlassen, könnte ihre Bereitschaft geringer sein, den Kinderwunsch aufzugeben. Dies deutet darauf hin, dass das direkte Eingehen auf die Verantwortung für die Kinder das Rollenverständnis von Vätern stark beeinflusst und zu einer Neubewertung der eigenen Familienplanung führt.
Gesellschaftliche und finanzielle Hürden
Obwohl es in Deutschland gesetzlich Regelungen für die Elternzeit und das Elterngeld gibt, nehmen viele Väter diese Angebote nicht in Anspruch. Statistiken zeigen, dass 64 Prozent der Väter keinen Monat Elternzeit nehmen, obwohl ihnen rechtlich zwei Monate zustehen, die andernfalls verfallen. Die Gründe dafür sind oft finanzieller Natur, da viele Männer befürchten, dass das Elterngeld nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Diese finanzielle Ungerechtigkeit verstärkt die gesellschaftlichen Barrieren für Väter, die sich aktiver in die Kinderbetreuung einbringen möchten, und macht es schwierig, eine gleichberechtigte Elternschaft zu leben.
Vergleich mit Norwegen und staatliche Anreize
Im Vergleich zu Deutschland zeigt das Modell in Norwegen, wie staatliche Anreize die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung erhöhen können. Norwegen bietet Väter und Müttern eine Quote von 15 Wochen Elternzeit zu 100 Prozent des Gehalts, was dazu führt, dass mehr Väter tatsächlich die Möglichkeit nutzen, Elternzeit zu nehmen. Diese Anreize motivieren Väter, auch während der ersten Lebensjahre aktiv an der Betreuung ihrer Kinder teilzunehmen, was positive Auswirkungen auf die Gleichberechtigung in Familien hat. Der umfassende Zugang zur Elternzeit und die finanzielle Unterstützung stellen sicher, dass Vätern in Norwegen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Bedingungen gegeben sind, um sich gleichberechtigt in die Familienrollen einzubringen.
Rolle der Väter und gesellschaftlicher Wandel
Väter spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung eines neuen gesellschaftlichen Verständnisses von Männlichkeit und Elternschaft. Der Austausch zwischen Generationen und die Diskussion über neue Rollenbilder sind wichtig, um stereotype Erwartungen zu hinterfragen und Väter zu ermutigen, aktiv Verantwortung zu übernehmen. Studien belegen, dass Väter, die in der frühen Elternzeit präsent sind, nicht nur ihren Kindern als Vorbilder dienen, sondern auch ihre eigene Beziehung zur Familie stärken. Eine moderne Sichtweise auf Männlichkeit und eine gleichberechtigte Partnerschaft könnten darüber hinaus dazu beitragen, langfristige Veränderungen in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Vätern und ihren Aufgaben zu bewirken.
Die neue Staffel des SZ-Magazin-Podcasts, mit Teresa Bücker.
Folge 4:
Corona führt zurück in die 50er. Der Mann wird wieder zum Ernährer und die Frau zur Kümmererin. Auch vor der Pandemie gingen die meisten Männer gar nicht oder nur sehr kurz in Elternzeit. Und kümmerten sich auch im Alltag statistisch weit weniger um ihre Kinder. Warum nur? Teresa Bücker im Gespräch mit Lara Fritzsche über die große Frage: Warum kämpfen Väter nicht auch um eine gleichberechtigte Elternschaft?