Gelingt die Migrationswende? Gerald Knaus im Gespräch
Apr 18, 2025
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Gerald Knaus, Migrationsforscher und Gründer der Denkfabrik ESI, spricht mit Gordon Repinski über die aktuelle Migrationspolitik. Er analysiert den neuen Koalitionsvertrag und betont, was echte Veränderungen bringt und was lediglich Symbolik bleibt. Knaus diskutiert Rückführungen nach Afghanistan, die Rolle der EU-Türkei-Vereinbarung und die Herausforderungen nationaler und europäischer Lösungen. Besonders interessant ist seine Einschätzung zu Drittstaatenabkommen und der Verantwortung Europas für migratorische Ströme.
Gerald Knaus betont, dass der Erfolg der Migrationspolitik von der Politikgestaltung und nicht nur von den Versprechungen im Koalitionsvertrag abhängt.
Er kritisiert die rechtlichen Hindernisse bei der Schaffung von sicheren Drittstaatenabkommen, die für eine effektive Migrationssteuerung nötig sind.
Deep dives
Migration als zentrales Thema der politischen Agenda
Die Migrationspolitik wird als eines der zentralen Themen im deutschen Bundestagswahlkampf hervorgehoben, insbesondere für die Union. Gerald Knaus, ein führender Migrationsforscher, betont, dass die Umsetzung der im Koalitionsvertrag festgelegten Punkte entscheidend von den Personen abhängt, die die Politik gestalten werden, und nicht allein von den inhaltlichen Versprechungen auf dem Papier. Er weist darauf hin, dass, obwohl einige Abschnitte des Vertrages vielversprechend wirken, die tatsächliche politische Umsetzung und der Fokus der verantwortlichen Minister entscheidend sein werden, um die Migration effektiv zu steuern und zu ordnen. Knaus reflektiert die Diskrepanz zwischen den Versprechen, die zum Ziel der Reduktion irregulärer Migration gegeben wurden, und der Realität, dass die Zahlen nach 2021 kontinuierlich gestiegen sind.
Einfluss externer Faktoren auf Migrationszahlen
Knaus analysiert, dass die Veränderungen in den Flüchtlingszahlen hauptsächlich durch externe Faktoren, insbesondere Entwicklungen in der Türkei und Syrien, beeinflusst werden. In den letzten Jahren haben politische Entwicklungen und der Druck auf syrische Flüchtlinge in der Türkei zu einem Anstieg der Einwanderung nach Deutschland geführt, gefolgt von einem kürzlichen Rückgang. Er hebt die Wichtigkeit hervor, die Herkunftsländer und die Route der Migration zu überwachen, um präzise Entscheidungen zur Migrationspolitik zu treffen. Knaus stellt fest, dass Deutschland unter Berücksichtigung der Herkunftsländer der Migranten, wie Syrien, Afghanistan und anderen, eine differenzierte Strategie entwickeln muss, um die Migration zu steuern.
Möglichkeiten und Herausforderungen sicherer Drittstaatenabkommen
Ein zentrales Thema in Knaus' Analyse sind die sicheren Drittstaatenabkommen, die als potenzielles Werkzeug zur Regulierung der Migration betrachtet werden. Er kritisiert jedoch, dass der Koalitionsvertrag zwar die Initiative zur Schaffung solcher Abkommen anspricht, aber bestehende rechtliche Hindernisse, die die Umsetzung erschweren, nicht angeht. Knaus betont, dass, um wirksam zu sein, Deutschland und die EU verhandeln müssen und attraktive Angebote an Ländern machen sollten, um irreguläre Migration einzudämmen. Diese Strategie könnte einen drastischen Rückgang der Migration in die EU ermöglichen, wenn sie erfolgreich umgesetzt wird.
Gerald Knaus analysiert im Gespräch mit Gordon Repinski den neuen Koalitionsvertrag und benennt konkret, was eine echte Migrationswende ermöglichen könnte – und was bloß Symbolpolitik bleibt.
Es geht um Abschiebungen nach Afghanistan, sichere Herkunftsstaaten, das EU-Türkei-Abkommen, Drittstaatenlösungen, z.B. mit Kenia und um die Frage, ob Friedrich Merz und Alexander Dobrindt liefern können. Ein Gespräch über Realismus, Rechtsstaatlichkeit und Europas Verantwortung.
Gerald Knaus ist Migrationsforscher und Gründer der Denkfabrik European Stability Initiative (ESI). Er gilt als Architekt des EU-Türkei-Abkommens von 2016 und berät seit Jahren Regierungen in Europa in Fragen der Migrationspolitik. Knaus verbindet wissenschaftliche Analyse mit politischer Umsetzbarkeit – und bleibt dabei ein kompromissloser Verteidiger rechtsstaatlicher Prinzipien.
In dieser Folge liefert er eine präzise Diagnose zur Lage – und einen konkreten Vorschlag für den Weg aus der Sackgasse.
Das Berlin Playbook als Podcast gibt es morgens um 5 Uhr. Gordon Repinski und das POLITICO-Team bringen euch jeden Morgen auf den neuesten Stand in Sachen Politik — kompakt, europäisch, hintergründig.