Im Juni 1950 protestieren DDR-Bauern gegen eine plötzliche Invasion von Kartoffelkäfern, die als Sabotage aus dem Westen interpretiert wird. Der Kartoffelkäfer wird zum Feindbild und in der Propaganda als US-amerikanische Biowaffe stilisiert. Schulen mobilisieren, um die Käfer zu suchen, während Falschmeldungen die Bevölkerung verunsichern. Die wahre Ursache liegt jedoch in schlechten Bedingungen und Versäumnissen in der Landwirtschaft. Diese skurrile Episode zeigt, wie Propaganda und Paranoia wirkungsvoll eingesetzt werden.
14:34
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Käferbefall durch Flugzeuge entdeckt
Im Mai 1950 entdeckte Bauer Max Tröger zwei Flugzeuge und kurz darauf massenhaften Kartoffelkäferbefall auf seinem Feld.
Ähnliche Berichte verbreiteten sich schnell in Sachsen und Thüringen, was Panik auslöste.
insights INSIGHT
Käfer als Symbol im Kalten Krieg
Die DDR-Regierung nutzte die Käferplage propagandistisch gegen die USA als 'imperialistischen Feind'.
Das stärkte die Feindbilder im Kalten Krieg und legitimierte politische Maßnahmen.
insights INSIGHT
Der Ursprung und Verbreitung des Käfers
Der Kartoffelkäfer, ursprünglich aus Nordamerika, breitete sich nach Europa aus und wurde zur Bedrohung für die Landwirtschaft.
Sein massiver Befall in der DDR 1950 war außergewöhnlich und sorgte für Besorgnis.
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Juni 1950: DDR-Protest gegen "imperialistische" US-Kartoffelkäfer. Staatliche Propaganda - oder steckt eine kuriose Sabotage hinter dem Käferbefall auf DDR-Feldern?
In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Gerdener:
wie aus einem Schädling ein Staatsfeind wird,
warum der Kartoffelkäfer 1950 plötzlich als US-amerikanische Biowaffe gilt,
wie der Spruch "Sei ein Kämpfer, sei kein Schläfer – achte auf den Kartoffelkäfer" in den Alltag einzieht,
wieso sich ganze Schulklassen auf Käfersuche machen,
was der "Amikäfer" mit Fake News, Propaganda und der Macht der Schlagzeile zu tun hat.
Der gelb-schwarze Kartoffelkäfer hat es schwer in der DDR - nicht nur wegen seines Appetits auf Kartoffelpflanzen, sondern auch wegen seines vermeintlichen Ursprungs. Im Frühsommer 1950 melden Bauern einen massenhaften Käferbefall - kurz nachdem angeblich westliche Flugzeuge über die Felder geflogen sind.
Die DDR-Regierung wittert Sabotage: Die Amerikaner sollen gezielt "Amikäfer" abgeworfen haben, um die Versorgung zu stören. Beweise? Fehlanzeige. Doch Propaganda-Plakate, Gedichte von Bertolt Brecht und Suchaktionen auf dem Acker machen aus dem Käfer einen politischen Gegner.
In Wahrheit sind es Hitze und eigene Versäumnisse, die eine ideale Umgebung für die Vermehrung der Schädlinge schaffen.
Das sind unsere wichtigsten Quellen:
Lars-Broder Keil, Sven Felix Kellerhoff: Fake News machen Geschichte. Gerüchte und Falschmeldungen im 20. und 21. Jahrhundert. Berlin 2017
Klaus Zeyringer: Breaking News. Zeitgeschehen in der Presse von 1648 bis 2001. Innsbruck 2023
Und das sind unsere Interviewpartner:
Lars-Broder Keil, Historiker und Journalist, Leiter des Unternehmensarchivs von Axel Springer
Klaus Zeyringer, Publizist, ehem. Literaturkritiker und Professor für Germanistik in Frankreich
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