Hat der Journalismus in der Pandemie versagt, Herr Rauscher? - #1279
Dec 14, 2024
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Hans Rauscher, 80-jähriger Publizist mit über fünf Jahrzehnten Erfahrung im Journalismus, reflektiert über die Herausforderungen des Journalismus in der Pandemie. Er spricht über die Krise des Vertrauens in die Medien und den Einfluss sozialer Medien. Rauscher beleuchtet das Nähe-Distanz-Problem zwischen Journalisten und Politik sowie die Veränderung der Berichterstattung über Skandale. Zudem ermutigt er junge Journalisten, für die Wahrheit einzutreten und die journalistische Integrität zu wahren.
Die Veränderung von Nähe zu Distanz zwischen Journalisten und Politikern hat die Qualität und Intimität der politischen Berichterstattung erheblich beeinträchtigt.
Die Entwicklung digitaler Medien erfordert von Journalisten nicht nur Faktenberichterstattung, sondern auch das Angebot von Lösungen und eine kritische Selbstreflexion.
Deep dives
Die Beziehung zwischen Journalisten und Politikern
Die Nähe zwischen Journalisten und Politikern war in der Vergangenheit viel intimer als heute, was durch Anekdoten über Bundeskanzler Fred Sinowatz verdeutlicht wird. Sinowatz, bekannt für seine gesellige Art, erlaubte es Journalisten, ihn in informellen Situationen zu begleiten, was eine offene Kommunikation begünstigte. Im Gegensatz dazu stehen die heutigen journalistischen Standards, die häufig auch durch PR-Agenturen und Spin-Doktoren geprägt sind, die zwischen Journalisten und Politikern stehen. Diese Distanz hat dazu geführt, dass intime Erzählungen aus der Politik zunehmend ausbleiben, was auch zu einem scharfen Anstieg der medialen Kontrolle über politische Persönlichkeiten geführt hat.
Die Entwicklung des politischen Journalismus in Österreich
Vor 60 Jahren war der Journalismus stark institutionell geprägt und stand unter dem Einfluss von Interessenvertretungen, die die Pädagogik der Berichterstattung bestimmten. In dieser Zeit gab es kaum kritische, investigative Berichterstattung, und neue Formate wie das Wirtschaftsmagazin 'Trend' führten zu einem Wandel in der Medienlandschaft, der Journalisten einen kritischen Blick auf das politische Geschehen ermöglichte. Diese Veränderungen wurden jedoch zunächst skeptisch betrachtet, da die Medienlandschaft oft von Rücksichtnahme geprägt war. Durch die Einführung eines kritischeren Journalismus erlebten die traditionellen politischen Akteure eine Herausforderung, die sie nicht ignorieren konnten.
Vertrauensverlust in den Journalismus
Der Vertrauensverlust in den Journalismus wird als eine signifikante Herausforderung wahrgenommen, die von verschiedenen gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst wird. Einerseits hat investigative Berichterstattung über politische Skandale dazu beigetragen, dass das Vertrauen in die Politik und damit auch in die Medien sinkt. Anderseits führt die Verbreitung von Alternativinformationen und das Aufkommen sozialer Medien zu einem Fragmentierungsprozess der Meinungen, der das Vertrauen in traditionelle Quellen untergräbt. In diesem Kontext ist es wichtig für Journalisten, transparent zu kommunizieren und sich proaktiv mit den Anliegen ihrer Leser auseinanderzusetzen, um das verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen.
Die Zukunft des Journalismus und neue Herausforderungen
Die rasante Entwicklung digitaler Medien hat den Journalismus grundlegend verändert und neue Herausforderungen mit sich gebracht, besonders für jüngere Journalisten. In einer Welt, in der jeder Informationen verbreiten kann, ist es entscheidend, dass Journalisten sich nicht nur auf die Berichterstattung von Fakten konzentrieren, sondern auch Lösungen anbieten und die vielschichtigen Realitäten reflektieren. Eine kritische Analyse des aktuellen Geschehens, gepaart mit einer Introspektion des eigenen Einflusses, wird für Journalisten immer wichtiger, um in dieser komplexen Informationslandschaft glaubwürdig zu bleiben. Das Erhalten einer halbwegs plausiblen Version der Realität ist eine wesentliche Verantwortung, die im Journalismus neu definiert werden muss.
Der Publizist Hans Rauscher wird 80. Mit Florian Klenk spricht er über das Nähe-Distanz-Problem von Journalismus und Politik und darüber, was sich in der Corona-Pandemie verändert hat. In seinem neuen Buch „Worüber sich zu schreiben lohnt”, wirft Rauscher einen Blick zurück auf ein halbes Jahrhundert im Journalismus.
Das neue Buch von Hans Rauscher ist im faltershop erhältlich.