Die Diskussion über gendergerechte Sprache in Deutschland wird auf spannende Weise aufgerollt. Historische Rückblicke zeigen die Entwicklung und die Herausforderungen bei der Implementierung. Die Rolle weiblicher Abgeordneter im Bundestag und ihre Verbindungen zur Frauenbewegung werden beleuchtet. Kontroversen um Genderzeichen und verbotene Schreibweisen stehen im Fokus. Zudem wird die Genderkommunikation als Ausdruck von Respekt hervorgehoben und die Bedeutung pluralistischer Ansätze in der Demokratie thematisiert.
Der Streit um genderinklusive Sprache spiegelt tiefere gesellschaftliche Konflikte wider und führt zu emotionalen Debatten über Geschlechtergleichheit.
Historische Sprachkämpfe, wie die Auseinandersetzung um die Begriffe 'schwul' und 'lesbisch', zeigen, wie Sprache soziale Normen herausfordern kann.
Intersektionale Perspektiven sind entscheidend, um die Stimmen marginalisierter Gruppen im Diskurs über Gendern zu integrieren und Sichtbarkeit zu geben.
Deep dives
Die Polarisierung des Genderns
Das Gendern von Sprache polarisiert die Gesellschaft stark und führt zu intensiven Debatten. Genderzeichen, wie das Gendersternchen oder der Doppelpunkt, werden als Ausdruck von Respekt und Wertschätzung interpretiert, doch die Normativität dieser Praxis wird häufig infrage gestellt. Gegner argumentieren, dass Gendern eine Grenze überschreitet und patriarchalische Strukturen der Sprache herausfordert. Diese Auseinandersetzung zeigt sich besonders im Rechtsdiskurs, etwa in den Bundesländern Sachsen und Bayern, wo Genderzeichen teilweise verboten wurden.
Historische Sprachkämpfe
Der Vortrag beleuchtet vergangene Sprachkämpfe, insbesondere die Debatte um die Begriffe 'schwul' und 'lesbisch' in den 1980er Jahren. Damals wurden diese Begriffe als diskriminierend empfunden, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte und zeigt, wie solche Sprachstigmatisierungen auch heute wieder auftauchen. Sprachliche Emanzipation fand statt, als die schwulen- und lesbenbewegung diese einst negativ konnotierten Begriffe neu definierte und akzeptierte. Diese historische Analyse lässt Parallelen zum aktuellen Diskurs um genderinklusive Sprache erkennen.
Entwicklung genderinklusiver Sprache
Die Entwicklung genderinklusiver Sprache zeigt zahlreiche Facetten und ist nicht neu, sondern basiert auf langjährigen Diskussionen über Sprachgerechtigkeit. In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene Strategien wie Doppelnennungen oder Neutralisierungen implementiert und gesellschaftlich akzeptiert. Umfragen zeigen, dass unterschiedliche Formen des Genderns unterschiedliche Akzeptanz finden, vor allem die Verwendung von Genderzeichen. Diese Diskussion wird auch durch die rechtspopulistische Agenda beeinflusst, die Gendern als ideologisch motiviert diskreditiert.
Die Rolle der Sprachinstitutionen
Sprachinstitutionen, darunter der Rat für deutsche Rechtschreibung, spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung und Bewertung genderinklusiver Sprache. Während einige Akteure versuchen, Genderzeichen als Teil der orthographischen Normen zu etablieren, gibt es auch Bestrebungen, deren Verwendung zu unterbinden. Die Diskussion über Genderzeichen beeinflusst die Bildungslandschaft und die Praxis an Schulen, was zu Verwirrung und Widerstand führt. In einigen Bundesländern wurden Genderverbote erlassen, die sich auf die Schulpolitik auswirken und somit die Sprachentwicklung hemmen könnten.
Intersektionalität und Stimmenvielfalt
Die Debatte um genderinklusive Sprache wird auch von intersektionalen Perspektiven geprägt, die die Erfahrungen und Herausforderungen von Menschen mit unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten einbeziehen. Stimmen von marginalisierten Gruppen, insbesondere von Menschen mit Behinderungen oder Migrant*innen, finden oft nicht Gehör in den Hauptdiskursen um Gendern. Die Tatsache, dass Sprachwandel nicht unabhängig von gesellschaftlichen Veränderungen geschieht, wird im aktuellen Diskurs deutlich. Um eine inklusive und respektvolle Sprache zu schaffen, sollten alle Stimmen gehört und respektiert werden, um einen gemeinsamen, pluralistischen Austausch zu fördern.
ein Vortrag der Linguistin Carolin Müller-Spitzer Moderation: Nina Bust-Bartels
**********
In einigen Bundesländern ist Gendern mittlerweile teilweise verboten. Die Linguistin Carolin Müller-Spitzer, erklärt, warum das Thema so emotional diskutiert wird und prüft die Argumente für die Verbote.
Carolin Müller-Spitzer ist Linguistin am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache und Professorin an der Universität Mannheim. Ihr Vortrag hat den Titel "Wessen Stimme wird gehört? Genderinklusive Sprache im Deutschen im Lichte aktueller und vergangener Sprachdiskussionen". Sie hat ihn am 25. Juni 2024 an der Universität Gießen im Collegium Gissenum zum Thema Sprachliche Ungerechtigkeiten gehalten.