#751 - Soziologe Aladin El-Mafaalani über Kinder & den Rechtsruck
Feb 5, 2025
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Aladin El-Mafaalani ist Soziologe und Hochschullehrer an der TU Dortmund, spezialisiert auf Migrations- und Bildungssoziologie. Er beleuchtet die wachsende Kinderarmut und die Herausforderungen für die Jugend in Deutschland. Themen wie der Einfluss der Babyboomer-Generation auf die Politik, geschlechterbasierte Ungleichheit und die Notwendigkeit von Kinderrechten im Grundgesetz werden diskutiert. Zudem wird der Rechtsruck in der Gesellschaft analysiert, einschließlich der Verantwortung älterer Generationen und der Rolle der Migration im Arbeitsmarkt.
Aladin El-Mafaalani unterstreicht die steigende Bedeutung der Soziologie bei der Analyse gesellschaftlicher Probleme in Deutschland.
Der Rechtsruck in Deutschland zeigt eine wachsende Unsicherheit und Orientierungslosigkeit innerhalb der Gesellschaft auf.
Die demografische Wende erfordert verstärkte Maßnahmen, um den Fachkräftemangel durch Migration und Unterstützung jüngerer Generationen anzugehen.
Die Erwerbstätigkeit von Müttern ist entscheidend für die Bewältigung demografischer Herausforderungen, erfordert jedoch bessere Betreuungsangebote.
Maffalani betont die Notwendigkeit, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, um deren Mitsprache in relevanten Entscheidungen zu fördern.
Die Einbindung von Kindern in politische Prozesse ist entscheidend, um ihre Bedürfnisse in einer diversifizierten Gesellschaft zu adressieren.
Deep dives
Aladins Wechsel zur TU Dortmund
Aladin Maffalani hat seine Professur für Migrations- und Bildungssoziologie an der Technischen Universität Dortmund übernommen, nachdem er zuvor an der Universität Osnabrück tätig war. Der Wechsel ermöglicht es ihm, die lange Pendelzeit in seine Heimat zu beenden, was eine Erleichterung für ihn darstellt. In Dortmund wird er weiterhin in den Bereichen Lehrerausbildung, Migrationsforschung und allgemeine Soziologie aktiv sein. Er hebt hervor, dass die Herausforderungen in der Forschung zunehmen, je schwieriger die gesellschaftlichen Probleme werden.
Steigende Nachfrage nach Soziologie
Die Nachfrage nach soziologischer Expertise hat in den letzten Jahren zugenommen, was laut Maffalani auf die Vielzahl an gesellschaftlichen Problemlagen zurückzuführen ist. Er bemerkt einen Wechsel im gesellschaftlichen Diskurs, bei dem Soziologen an Bedeutung gewinnen, während Ökonomen und Psychologen weniger dominant werden. Die veränderte öffentliche Wahrnehmung und die Problemlagen führen dazu, dass die Rolle der Soziologie wichtiger wird. Dies zeigt sich auch in der steigenden Zahl der Studierenden im Fachbereich Soziologie.
Rechtsruck in der Gesellschaft
Maffalani äußert Besorgnis über den Rechtsruck in Deutschland und darüber hinaus in liberalen Demokratien. Er verwendet die Metapher eines 'trockenen Alkoholikers', um zu verdeutlichen, dass Deutschland zwar nicht in eine direkte Regression fallen sollte, es jedoch wichtig ist, die aktuellen Entwicklungen im Auge zu behalten. Besonders die Radikalisierung der AfD sei ein Alarmzeichen, das zeigt, dass Gesellschaften erst einmal stabilisiert werden müssen, um Extremen entgegenzuwirken. Er glaubt zudem, dass die Tendenzen in der Gesellschaft auf eine wachsende Unsicherheit und Orientierungslosigkeit hinweisen.
Alternde Gesellschaft und Herausforderungen
In der Diskussion über die Alterung der Bevölkerung wird klar, dass Deutschland sich in einer demografischen Wende befindet. Maffalani erklärt, dass zunehmend ältere Menschen von der Rente leben und dass dies eine enorme Herausforderung für das Rentensystem darstellt. Die Notwendigkeit mehrerer Hebel, wie Migration und Unterstützung durch jüngere Generationen, um Fachkräftemangel zu begegnen, wird hervorgehoben. Er unterstreicht die Bedeutung von rechtzeitigen Maßnahmen zur Sicherung einer nachhaltigen Versorgung älterer Menschen.
Bedeutung der Müttererwerbstätigkeit
Ein Kernthema in der Diskussion ist die Erwerbstätigkeit von Müttern und deren Einfluss auf die Gesellschaft. Maffalani betont, dass die Erhöhung der Müttererwerbstätigkeit eine Schlüsselrolle spielt, um den demografischen Herausforderungen zu begegnen. Er merkt an, dass ohne geeignete Rahmenbedingungen und Unterstützung für die Betreuung von Kindern, Mütter nicht im gewünschten Umfang arbeiten können. Die Notwendigkeit, mehr Kita- und Schulplätze zu schaffen, wird ebenfalls erwähnt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.
Demografische Dividende und Verantwortung
Die besondere demografische Dividende, die Deutschland in den letzten Jahren hatte, wurde nicht ausreichend genutzt, um in die Bildung und Infrastruktur zu investieren. Dies führt zu erheblichen Herausforderungen in der Zukunft, da weniger junge Menschen im Verhältnis zu Rentnern stehen werden. Maffalani mahnt an, dass diese Verantwortung nicht nur den politischen Entscheidungsträgern, sondern auch der Gesellschaft insgesamt obliegt. Schuldenbremse und Sparmaßnahmen werden als langfristig problematisch erachtet, insbesondere im Hinblick auf Investitionen in Bildung und Kinder.
Krisenbewusstsein in der Bildung
Die gegenwärtigen Krisen, einschließlich der Bildungskrisen, bedürfen dringender Aufmerksamkeit, um dienachhaltige Entwicklung der Jugend zu sichern. Maffalani hebt hervor, dass Kinder in Deutschland unter einer Vielzahl von Problemen leiden, und die politischen Maßnahmen oft nicht ausreichend sind. Die Wichtigkeit einer Teilhabe der Kinder selbst an den Entscheidungsprozessen, die ihr Leben betreffen, wird erwähnt. Es bestehen klare Anforderungen, wie in Schulen und Kitas mit den Herausforderungen umgegangen werden muss.
Politische Verantwortung und gesellschaftliche Teilhabe
Maffalani diskutiert, wie die unterschiedliche Verkehrsauffassung von gesellschaftlicher Verantwortung und individueller Teilhabe zur Polarisierung beiträgt. Die Erwachsenen sind häufig diejenigen, die im politischen Diskurs entscheiden, während Kinder und Jugendliche oft ignoriert werden. Die Meinungen der jüngeren Generation sind jedoch von großer Wichtigkeit, insbesondere in der zunehmend diversifizierten Gesellschaft. Ein Appell zur Berücksichtigung von Kindern und Jugendlichen in den gesellschaftlichen Entscheidungen ist ein zentrales Element der Diskussion.
Aufmerksamkeit für Kinderrechte
Die Diskussion um Kinderrechte ist ein weiteres wichtiges Thema, das Maffalani anspricht. Es wird gefordert, diese im Grundgesetz zu verankern und damit die Bedeutung von Kindern als eigenständige Gruppe zu betonen. Er sieht darin eine Notwendigkeit, um Kindern zu helfen, Teil von Entscheidungen zu werden, die ihr Leben betreffen. Der Verband hat das Ziel, auf verschiedene Probleme aufmerksam zu machen, die Kinder in ihrer Entwicklung beeinträchtigen.
Zukunftsperspektiven für Kinder und Jugendliche
Für die zukünftige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist es entscheidend, dass ihre Stimme stärker gehört wird. Maffalani fordert eine stärkere Einbindung von Kindern in politische Prozesse, um ihre spezifischen Bedürfnisse zu erkennen und zu adressieren. Die Instabilität und Unsicherheit, die viele Kinder heute erleben, müssen als ernsthafte Probleme erkannt werden. Solche Perspektiven sind notwendig, um eine gerechte und inklusive Gesellschaft zu schaffen, in der die Bedürfnisse aller Altersgruppen berücksichtigt werden.
Familienpolitik als Schlüssel für die Gesellschaft
Die Familienpolitik wird als zentrale Dimension für die Bewältigung der sozialen Herausforderungen der Gesellschaft angesehen. Maffalani betont, dass es unerlässlich ist, dass Familien gut unterstützt werden, um den Bedürfnissen von Kindern gerecht zu werden. Der Zugang zu Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherheit muss für alle Kinder gewährleistet sein. Er sieht die Notwendigkeit, dass die Regierung effektive Maßnahmen umsetzt, um eine kinderfreundliche Politik zu fördern.
Zum dritten Mal zu Gast im Studio: Aladin El-Mafaalani, Soziologe und Hochschullehrer sowie Träger des Bundesverdienstkreuzes. Seit 2024 ist er Professor für Migrations- und Bildungssoziologie an der Technischen Universität Dortmund. Von 2013 bis 2018 war er Professor für Politikwissenschaft und Politische Soziologie an der FH Münster. Von 2019 bis 2024 war er Ordinarius für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück.
Ein Gespräch über den zunehmenden Rechtsruck, die in Rente gehende Babyboomer-Generation, das akute Demografieproblem und Millionen von fehlenden Arbeitskräften, Deutschland als Einwanderungsland, Ursachen und Symptome des Rechtsrucks, Geschlechterrollen und Müttererwerbsarbeit, Friedrich Merz als potenziell nächster Bundeskanzler, das Patriarchat und die auseinandergehende politische Einstellung von jungen Männern und Frauen, Kinderarmut und die Kindergrundsicherung, bessere Bildung, die Belastung von Eltern, die notwendige Aktivierung von Rentnern zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen, Kinderrechte im Grundgesetz, die Rechte von Kindern anhand der Klimapolitik, beim Lieferkettengesetz, in der Asylpolitik sowie bei Kriegen, die Besserstellung von Kindern reicher Eltern, Aladins Rolle im Bundesjugendkuratorium sowie der Blick in die Wahlprogramme der relevanten Parteien in Sachen Kinder und Jugend + eure Fragen via Hans