Thomas Schäfer-Elmayer, ein renommierter Tanzschulenchef und Etikette-Experte, diskutiert mit Michaela Lindinger, einer Kulturgeschichtlerin, und Tom Rottenberg, FALTER-Redakteur. Sie beleuchten, wie Dresscodes über die Jahre an Bedeutung verloren haben und welche zeitgenössischen Normen bestehen. Von Kleidung in religiösen Stätten bis hin zur Transformation weiblicher Mode – sie erörtern gesellschaftliche Veränderungen. Insbesondere die Herausforderung traditioneller Kleidervorschriften im Büro und der Wandel in der Anredeform werden lebhaft diskutiert.
Der Einfluss von Dresscodes auf die mentale Einstellung und Produktivität variiert stark je nach Anlass und kulturellem Kontext.
Die evolutionäre Veränderung der Kleidervorschriften spiegelt die gesellschaftlichen Normen wider und zeigt die Auswirkungen von Globalisierung auf soziale Etiketten.
Deep dives
Kleiderordnung in religiösen Städten
Im Stephansdom in Wien gilt kein strenger Dresscode, was von Dompfarrer Toni Faber als Zeichen der Toleranz interpretiert wird. Faber argumentiert, dass Gott auch in legerer Kleidung akzeptiert wird, was im Kontrast zu anderen religiösen Stätten steht, in denen strenge Bekleidungsvorschriften herrschen. Diese Toleranz wird jedoch als ambivalent betrachtet, da sie den Respekt gegenüber der spirituellen Atmosphäre einer Kirche in Frage stellt. Es wird die Frage aufgeworfen, ob eine respektvolle kleidungstradition nicht auch wichtig für den Gesamteindruck einer religiösen Versammlung ist.
Generationaler Wandel in der Kleiderordnung
Die Art und Weise, wie sich Menschen für den Besuch in Kirchen oder bei besonderen Anlässen kleiden, hat sich über die Jahrzehnte erheblich gewandelt. Ältere Generationen kleiden sich tendenziell förmlicher, während jüngere Menschen oft spontane Entscheidungen treffen, was zu einer informelleren Kleidung führt. Historische und kulturelle Kontexte spielten dabei eine große Rolle, wobei frühere Kleiderordnungen striktere soziale Normen widerspiegelten. Die Experten sind sich einig, dass diese Trends weiterhin Veränderungen in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren unterliegen werden.
Dresscodes und deren Soziale Bedeutung
Dresscodes sind nicht nur eine Frage des äußeren Erscheinungsbildes, sondern auch eine Frage des Respekts und der Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen. Die Kleidung hat Einfluss auf die mentale Einstellung zu einem bestimmten Anlass, was sich auch auf die Produktivität auswirkt. Es wird angemerkt, dass formellere Kleidung bei Veranstaltungen wie Bällen oder geschäftlichen Anlässen eine festliche Atmosphäre erzeugt, während legere Kleidung oft zu einer weniger fokussierten Stimmung führt. Die Bedeutung von Kleidervorschriften variiert je nach Kontext und Kultur und kann somit Einfluss auf individuelle Verhaltensweisen und Erwartungen haben.
Globalisierung und Veränderungen der Etikette
Mit der Globalisierung ändern sich auch die sozialen Etiketten und Normen, da verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Dabei ist es wichtig, einen gemeinsamen Nenner zu finden, der respektvoller Umgang und gegenseitiges Verständnis fördert. In vielen Unternehmen wird zunehmend Wert auf internationale Etikette gelegt, um kulturellen Unterschieden Rechnung zu tragen. Die Diskussion zeigt, dass Elemente aus anderen Kulturen, wie etwa das Duzen, auch soziale Gefüge und Erwartungen in der Gesellschaft beeinflussen und verdeutlicht die ständige Anpassung der traditionellen Normen.
Mit Krawatte ins Büro, mit Hotpants in die Kirche? Wie wir uns angemessen kleiden, ist wichtig – auch wenn Bekleidungsvorschriften seit Jahrzehnten an Bedeutung einbüßen. Warum ist das so? Und wer setzt fest, welcher Dresscode gilt?
Im FALTER Radio diskutieren Tanzschulenchef und "Etikettenmeister" Thomas Schäfer-Elmayer, Michaela Lindinger, Kuratorin des Wien Museums und FALTER-Stadtleben-Redakteur Tom Rottenberg mit Anna Goldenberg, wie sich Normen ändern und ob das gut so ist.