Merkel-Jahre: Was 16 Jahre Zaudern in der Außenpolitik anrichten
Nov 29, 2024
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Melanie Amann, stellvertretende Chefredakteurin des SPIEGEL und erfahrene politische Analystin, diskutiert mit Angela Merkel über ihre Außenpolitik aus 16 Jahren Kanzlerschaft. Sie beleuchtet Merkels Umgang mit Trump, die kritisierte Russlandpolitik und die Abhängigkeit von China. Amann führt aus, wie Merkels Entscheidungen, wie die Unterstützung von Nord Stream 2, langfristige Auswirkungen auf Deutschlands Sicherheitslage hatten. Die Folge bietet einen tiefen Einblick in die Bewertungen und Herausforderungen, die Merkels Politik bis heute nachwirken lassen.
Angela Merkels Außenpolitik wird heute kritisch betrachtet, insbesondere ihre Abhängigkeit von Russland und China, was als kurzsichtig gilt.
Merkel pflegte eine ambivalente Beziehung zu internationalen Spitzenpolitikern, was ihre Entscheidungen stark durch wirtschaftliche Interessen beeinflusste.
Deep dives
Merkels Einschätzung zu Donald Trump
Angela Merkel zeigt in ihrer Einschätzung von Donald Trump eine klare Abneigung. Sie empfindet Trump als typischen Geschäftsmann, der nur an seinen eigenen Vorteilen interessiert ist und keine partnerschaftliche Gesprächsführung pflegt. Merkel betont, dass sie versucht hat, ihn zu verstehen, musste jedoch feststellen, dass Trump nicht an einem echten Austausch interessiert ist. Diese Kluft zwischen ihren Ansichten und seiner Haltung lässt sie mit Geringschätzung auf ihn blicken.
Russland und die Beziehung zu Wladimir Putin
Merkel hat eine pragmatische, aber auch ambivalente Beziehung zu Wladimir Putin gepflegt. Obwohl sie frühzeitig erkannte, mit wem sie es zu tun hat, stellte sie fest, dass wirtschaftliche Interessen, insbesondere die Abhängigkeit von russischem Gas, ihre Entscheidungen stark beeinflussten. Sie war skeptisch gegenüber Putin, erkannte jedoch, dass sie in der Außenpolitik häufig dem Druck der deutschen Wirtschaft nachgab. Diese Haltung führte zu einer suboptimalen Reaktion auf Putins aggressive Politik und einer unzureichenden Abschreckung.
Chinas Einfluss und Merkels Außenpolitik
Angela Merkel betrachtete China als bedeutenden globalen Akteur und förderte das wirtschaftliche Verhältnis zwischen Deutschland und China stark. Sie nutzte Chinas aufstrebende Rolle, um den deutschen Export zu stärken, was jedoch zu einer gefährlichen Handelsabhängigkeit führte. Kritiker sehen dies als kurzsichtig an, da die aktuellen geopolitischen Spannungen eine Balance zwischen Wirtschaft und Sicherheit erfordern. Die Ampelregierung hat infolgedessen Schwierigkeiten, diese Abhängigkeit zu verringern und die handelspolitischen Strategien neu zu formulieren.
Bilanz und Vermächtnis von Angela Merkel
Angela Merkels politische Bilanz ist geprägt von Stabilität, doch Kritiker werfen ihr vor, keine klare langfristige Vision verfolgt zu haben. Ihre Neigung, den geringsten Widerstand zu wählen, führte dazu, dass wichtige Reformen und Maßnahmen zur Stärkung der deutschen Position in der Welt vernachlässigt wurden. Letztlich könnte Merkels Erbe im Laufe der Zeit positiver bewertet werden, weil die Nachfolger vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Ihre einmal starke Führung wird möglicherweise nicht ausreichend geschätzt, bis das Land wieder mit ernsthaften Krisen konfrontiert wird.
Angela Merkels Außenpolitik wirkt bis heute. Im Verhältnis zu China, Russland und den USA. Die stellvertretende SPIEGEL-Chefredakteurin Melanie Amann bewertet im Gespräch diese Politik und erzählt, wie Merkel sich selbst sieht.
Altbundeskanzlerin Angela Merkel tourt gerade durch die bundesdeutsche Medienlandschaft und macht Werbung für ihr Buch. In »Freiheit«, ihrer Autobiografie, beschreibt Merkel ihr Leben. 35 Jahre als DDR-Bürgerin, 35 Jahre als Bürgerin der Bundesrepublik, 16 Jahre als Bundeskanzlerin. Auffällig bei der Lektüre ist, wie positiv Merkel ihr Erbe auch mit drei Jahren Abstand bewertet.
In dieser Folge von »Acht Milliarden« spricht Host Juan Moreno mit der stellvertretenden SPIEGEL-Chefredakteurin Melanie Amann über Angela Merkels Außenpolitik. Mittlerweile werden die Merkel-Jahre von vielen kritisch gesehen. Insbesondere Merkels Russlandpolitik, ihre Unterstützung für das Erdgasprojekt Nord Stream 2, das Spardiktat bei der Bundeswehr, die Abhängigkeit ganzer Branchen von China, erscheinen heute als Fehler.
»Ich würde sagen, wenn ich böse bin: null Vision, wo hin sie wollte. Wenn ich wohlwollend bin: Stabilität, Multilateralismus, der Weg des geringsten Widerstandes. Das war kurzsichtig und ist etwas, was man jetzt nur schwer zurückdrehen kann«, so Melanie Amann.
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