Man muss in die Natur eingreifen: Jan Haft hält ein Plädoyer für die Waldweide
Dec 15, 2024
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Jan Haft, Dokumentarfilmer und Sachbuchautor, setzt sich leidenschaftlich für die Waldweide als wesentliche Naturschutzmaßnahme ein. Er argumentiert, dass Eingriffe in Wälder, wie das Einsetzen von Weidetieren, entscheidend für die Förderung biologischer Vielfalt sind. Haft vergleicht aktuelle Nationalparkbedingungen mit erfolgreichen Rewilding-Projekten und beleuchtet, wie eine artgerechte Beweidung das Ökosystem und das Klima positiv beeinflusst. Zudem reflektiert er über seine Kindheitserinnerungen und fordert ein neues Naturverständnis.
Jan Haft argumentiert, dass bestimmte Störungen wie Weidevieh notwendig sind, um die biologische Vielfalt in Wäldern zu fördern.
Eine Mischung aus Wildnis und Nutzlandschaft könnte nicht nur Flora und Fauna unterstützen, sondern auch die Kohlenstoffspeicherung im Boden verbessern.
Deep dives
Die Notwendigkeit von Störungen im Wald
Der Naturfilmer Jan Haft argumentiert, dass Wälder nicht einfach in Ruhe gelassen werden sollten, sondern stattdessen durch bestimmte Störungen wie Weidevieh belebt werden sollten. Haft betont, dass die natürliche Dynamik früher durch große Pflanzenfresser wie Rinder und Pferde gewährleistet war, die heute in vielen Wäldern fehlen. Das Fehlen dieser Störungen führt dazu, dass Wälder einheitlich und artenarm werden, da nur wenige Baumarten wie die Buche und die Tanne sich durchsetzen können. Beispiele aus Nationalparks zeigen, dass nach katastrophalen Störungen durch Borkenkäfer oder Klimaextreme eine Explosion der Biodiversität erfolgen kann, was die Bedeutung der Störung im Wald unterstreicht.
Die Rolle von Wildtieren für Biodiversität
Haft hebt hervor, dass in dicht bewaldeten Gebieten nur ein geringer Teil der Fauna und Flora überlebt, da Licht und Energie für viele Organismen fehlen. In seiner Argumentation führt er an, dass genug Lebensraum für eine Vielzahl von Arten geschaffen werden muss, um Biodiversität zu fördern. Die Kette von Lebensräumen zeigt, dass Arten wie der Raufußkauz auf andere Spezies angewiesen sind, die in einer lichteren Waldstruktur existieren könnten. Ein heterogenes Wald-Ökosystem, in dem Licht und Raum für verschiedene Organismen vorhanden sind, ist somit entscheidend für den Erhalt der Artenvielfalt.
Vergangenheit der Waldnutzung und ihre Folgen
Im Verlauf der letzten 200 Jahre hat die Abschaffung der Waldweide zu einem Rückgang der Artenvielfalt geführt, da große Pflanzenfresser nicht mehr in den Landschaften präsent sind. Haft verweist auf historische Aufzeichnungen, die belegen, dass es früher eine Fülle von Wildtieren gab, die zu einer idealen Landschaft beitrugen. Diese veränderte Nutzung hat das Bild und die Fauna der heutigen Wälder stark beeinflusst, wodurch viele Arten und natürliche Prozesse verloren gingen. Anhand von alten Daten wird deutlich, dass ein höherer Anteil an Weidetiere in Wäldern zur Förderung einer vielfältigen und gesunden Natur beigetragen hat.
Klimawandel und die Rolle von Weidetiere
Haft argumentiert auch, dass eine Weidelandschaft effektiver Kohlenstoff speichern kann als dichte Wälder und beschreibt die positiven Effekte von Weidevieh auf das Klima. Durch die Beweidung entsteht eine dynamische Landschaft, die Kohlenstoff effektiv im Boden speichert und gleichzeitig einen Lebensraum für zahlreiche Arten bietet. Grundsätzlich fordert Haft ein Umdenken weg von der traditionellen Sicht auf Wälder als die besten Kohlenstoffsenken hin zu einem Verständnis, dass auch Weidelandschaften wichtig für den Umweltschutz sind. Diese Perspektive hat das Potenzial, Naturschutzansätze zu revolutionieren und zur Verbesserung der Biodiversität in unseren Landschaften zu führen.
Es ist eine gänge, auch unter Naturschützern verbreitete Vorstellung, dass Wälder dann gesund sind, wenn ihre Bäume dicht gedrängt stehen und vom Menschen unangetastet bleiben. Der Dokumentarfilmer Jan Haft widerspricht: „Erst das ständige Stören, das Zurückdrängen, selbst wenn es nur periodisch oder gar unregelmäßig auftritt, sorgt für biologische Vielfalt. Sobald die ‚Katastrophe‘ über den Wald hereinbricht, explodiert das Leben. Dann werden die Lebensgrundlagen für ein Maximum an Arten geschaffen, nicht nur für jene, die wir gemeinhin als Waldarten bezeichnen.“
In seinem Buch „Unsere Wälder“ plädiert Jan Haft dafür, die Landschaftspflege mit Hausrind- und Pferderassen auszuweiten. Denn der Umstand, dass heute „weniger Herbivoren in unseren Naturschutzgebieten leben, als dort von Natur aus vorkämen, ja vorkommen sollten“, hat dramatische Folgen für Pflanzen, Pilze und Tiere. Mit Waldweiden, also einer Mischung aus Wildnis und Nutzlandschaft, wäre nicht nur Flora und Fauna geholfen, sondern auch dem Klima. Warum das so ist, erläutert Jan Haft in dieser Folge des Bücher-Podcasts.