Operation Luxor (1/2): Ein Terrorist und 100 falsche Fährten
Mar 18, 2023
auto_awesome
Jan-Michael Machert ist Journalist beim Standard und Experte für die Operation Luxor, während Gudrun Harrer als Nahost-Expertin und leitende Redakteurin eine fundierte Perspektive bietet. Sie diskutieren die Operation Luxor, die eine der größten Ermittlungen in Österreich darstellt. Dabei beleuchten sie die politischen Versäumnisse, die zum versäumten Verhindern eines Terroranschlags führten. Außerdem erfahren die Zuhörer, welche Rolle die Muslimbruderschaft spielt und wie ihre Aktivitäten in Österreich die Sicherheitslage beeinflussen.
Die Operation Luxor konzentrierte sich auf die Muslimbruderschaft, während wichtige Bedrohungen wie der Wiener Attentäter unbeachtet blieben.
Die politische Darstellung der Muslimbruderschaft als Sicherheitsrisiko beeinflusste die Ermittlungen und führte zu einer ineffizienten Ressourcennutzung.
Deep dives
Operation Luxor als große Antiterror-Mission
Die Operation Luxor stellt eine der größten Antiterror-Ermittlungen in Österreich dar, die auf mutmaßliche Mitglieder der Muslimbruderschaft und der Hamas abzielt. Monatelang überwachte der Verfassungsschutz über hundert Verdächtige, was zu umfangreichen Hausdurchsuchungen führen sollte, die schließlich für den 3. November 2020 geplant waren. Ziel dieser Operation war es, ein besseres Verständnis der Strukturen und Netzwerke der Muslimbruderschaft zu gewinnen, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit angesehen wurden. Trotz der hohen Investitionen in diese Überwachungsmaßnahmen blieben konkrete Ergebnisse und Beweise für terroristische Aktivitäten ausgeblieben.
Der vermisste Fokus auf den Wiener Attentäter
Während sich die Behörden auf die Muslimbruderschaft konzentrierten, bereitete ein als Islamist bekannter Mann namens KF seinen eigenen Terroranschlag vor. Die Ermittlungen von Operation Luxor schienen die Gefahren außerhalb des direkten Fokus zu vernachlässigen, insbesondere KF, der sich trotz seiner Vorgeschichte unbeobachtet Waffen besorgte. Er war zum Zeitpunkt der Ermittlungen nicht als Gefährder eingestuft, obwohl Hinweise auf sein ansteigendes Gefährdungspotenzial vorlagen. Diese Nachlässigkeit der Behörden wird besonders deutlich, als er am 2. November 2020 einen Anschlag verübt, der vier Menschenleben kostet.
Politische Instrumentalisierung der Muslimbruderschaft
Die politische Landschaft Österreichs wurde stark von der Darstellung der Muslimbruderschaft als Bedrohung für die nationale Sicherheit beeinflusst. Diese Dynamik fand ihren Höhepunkt in der Neugründung des Verfassungsschutzes unter Innenminister Herbert Kickl, der einerseits die öffentliche Angst vor Islamismus schürte, um politische Unterstützung zu gewinnen. Die Auftragsvergabe für einen kritischen Bericht zur Muslimbruderschaft an den US-Extremismusforscher Lorenzo Vidino bildete die Grundlage für die Operation Luxor. Die Erwähnung von konkreten Namen und Organisationen in dieser Studie führte dazu, dass die Regierung eine alarmierende Narrative um die Muslimbruderschaft aufbaute, die bis heute nachhallt.
Versäumnisse und Ressourcenverschwendung
Die Ressourcen, die in die Operation Luxor investiert wurden, blieben hinter den Erwartungen zurück, wenn man die Gefahren außerhalb dieses Rahmens betrachtet. Trotz eines Budgets von Hunderttausenden Euro und intensiver Überwachungsmaßnahmen bleib die Beweislage gegenüber den Verdächtigen schwach. Der massive Schwerpunkt auf die Muslimbruderschaft führte dazu, dass andere potenzielle Bedrohungen, wie der Wiener Attentäter, unbeaufsichtigt blieben. Diese Verschwendung von Ressourcen und fokussierte Anstrengungen auf ein möglicherweise übertriebenes Bedrohungsbild wirft ernsthafte Fragen über die Effektivität des Verfassungsschutzes und seine Prioritäten auf.
Während sich die Behörden auf die Ausforschung der sogenannten Muslimbrüder fokussieren, bereitet der Wien-Attentäter unbemerkt seinen Anschlag vor
Die Operation Luxor gilt als eine der größten Polizei- und Ermittlungsaktionen Österreichs. Seit dem Jahr 2019 wird gegen rund 100 verdächtige Personen und Vereine ermittelt, die der sogenannten Muslimbruderschaft, einer islamistischen Gruppierung mit Ursprung in Ägypten, nahestehen sollen.
Bis heute gibt es jedoch keine handfesten Beweise gegen die Verdächtigen, immer mehr Verfahren werden laufend eingestellt. Besonders im Jahr 2020 flossen enorme Ressourcen des österreichischen Verfassungsschutzes in die Überwachung mutmaßlicher Muslimbrüder – Ressourcen, die an anderer Stelle fehlten. Heute wissen wir, dass sich zeitgleich der amtsbekannte Gefährder und spätere Attentäter K. F. auf seinen Anschlag in der Wiener Innenstadt vorbereitete. Doch die Hinweise dazu blieben unbeachtet.
In dieser Folge von "Inside Austria" erklären wir, wer hinter der Muslimbruderschaft steckt und wie die Bewegung in den Fokus der Politik geriet. Wir zeigen, wie die österreichischen Behörden über Monate eine Razzia gegen mutmaßliche Muslimbrüder vorbereiteten, während gleichzeitig der spätere Wien-Attentäter seinen Anschlag plante.
Mit dem Rabattcode Standard können unsere Hörer:innen jetzt drei Monate lang für 30 Euro das Angebot von Spiegel Plus testen und 50% sparen.
Alle Infos dazu finden Sie auf spiegel.de/derstandard
Get the Snipd podcast app
Unlock the knowledge in podcasts with the podcast player of the future.
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode
Save any moment
Hear something you like? Tap your headphones to save it with AI-generated key takeaways
Share & Export
Send highlights to Twitter, WhatsApp or export them to Notion, Readwise & more
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode