Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes und NEOS-Kandidatin, sowie Alfred Noll, Nationalratsabgeordneter und Universitätsprofessor, diskutieren die politischen Veränderungen in Österreich. Sie untersuchen die Frustrationen im Parlamentarismus und die Herausforderungen für Quereinsteiger. Themen wie die Möglichkeiten einer Koalition zwischen ÖVP und Neos sowie die Notwendigkeit von Transparenz in der Parteienfinanzierung stehen im Fokus. Außerdem wird der Einfluss des Ibiza-Videos auf das Vertrauen in die Politik angesprochen.
Sibylle Hamann betont, dass ihr Wechsel in die Politik durch das Gefühl einer dringenden Verantwortung, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel, motiviert war.
Die Diskussion um Quereinsteiger in der Politik zeigt, dass sich die politischen Strukturen und Wählerverhalten grundlegend verändert haben, was Herausforderungen mit sich bringt.
Deep dives
Der Sprung von Journalismus in die Politik
Sibylle Hamann beschreibt ihren Wechsel vom Journalismus in die Politik als einen Schritt, der von einem starken Gefühl der Dringlichkeit geprägt war. Sie fühlte eine Verantwortung, sich aktiv an politischen Entscheidungen zu beteiligen, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel, der auch von ihren Kindern thematisiert wurde. Ihre Entscheidung wurde durch die Abwesenheit der Grünen im Parlament beeinflusst, was sie als eine Lücke wahrnahm, die dringend gefüllt werden musste. Der unerwartete Anruf von Rudi Anschober kam zu einem Zeitpunkt, als sie bereit war, diesen mutigen Schritt zu wagen.
Politische Aussagen und Medienkritik
Im Gespräch reflektiert Hamann über die Unterschiede zwischen der öffentlichen Meinungsäußerung als Journalistin und den Anforderungen als Politikerin. Sie stellt fest, dass Aussagen, die sie einst relativ unbefangen als Journalistin getroffen hatte, nun in einem ganz anderen Licht in der politischen Arena wirken. Ihre Kommentare zur Wehrpflicht für Frauen wurden in den Medien stark aufgebauscht, obwohl ihr Hauptanliegen die Gleichberechtigung war. Diese Erfahrung hat ihr verdeutlicht, dass in der Politik eine präzise und überlegte Ausdrucksweise unerlässlich ist.
Herausforderungen für Quereinsteiger
Die Diskussion um Quereinsteiger in der Politik wird als herausfordernd beschrieben, da sich die politischen Strukturen und Wählerverhalten grundlegend gewandelt haben. Die klassischen Parteien verlieren an Einfluss, und soziale Medien verändern die Art und Weise, wie Wahlen gewonnen werden. Quereinsteiger müssen sich nicht nur in einem dynamischen Umfeld behaupten, sondern auch gegen den Trend der abnehmenden Stabilität in den Parteistrukturen ankämpfen. Obwohl es in der Vergangenheit eine hohe Zahl an Quereinsteigern gab, wird der gegenwärtige Wandel als potenziell schwieriger wahrgenommen.
Parlamentarischer Einfluss und Transparenz
Die Teilnehmer merken an, dass der Einfluss des Parlaments auf die politischen Entscheidungen in Österreich oft eingeschränkt ist, da viele Entscheidungen bereits im Vorfeld getroffen werden. Dies führt zu einem Gefühl der Entfremdung und der Unwirksamkeit für Abgeordnete, die ernsthaft Änderungen anstreben. Die Diskussion über Parteienfinanzierung und Transparenz wird als zentraler Aspekt identifiziert, da in der gegenwärtigen politischen Landschaft ein Mangel an Klarheit herrscht. Es wird deutlich, dass ein Umbau des politischen Systems notwendig ist, um Vertrauen zurückzugewinnen und die Rolle kleinerer Parteien zu stärken.
Wer kommt und wer geht in der Politik? Diese Frage prägt die politische Atmosphäre im Land, in einer Umbruchsituation wie nach dem Kollaps von Türkisblau mehr als sonst.
Für diesen Podcast hat Raimund Löw die grüne Quereinsteigerin Sibylle Hamann und die beiden "Aussteiger" Irmgard Griss (Neos) und Alfred Noll (Liste Jetzt) zum Meinungsaustausch geladen. Es geht um Parteienfinanzierung und den beginnenden Nationalratswahlkampf. Falter-Redakteurin Barbara Tóth zeichnet den aktuellen journalistischen Rahmen.