Ingrid Brodnig, eine führende Expertin für Hass im Netz und Desinformation, spricht über die Strategien von politischen Parteien im Online-Wahlkampf. Sie analysiert, wie Wut als Werkzeug genutzt wird, um Emotionen zu schüren und Wähler zu mobilisieren. Besonders die FPÖ verwendet emotionale Inhalte in sozialen Medien effektiv. Brodnig erklärt auch, wie diese Taktiken unsere Gesellschaft beeinflussen und ob Wahlen ohne Wut gewonnen werden können. Zudem geht sie auf die Herausforderungen der digitalen Kommunikation und die Risiken von Desinformation ein.
Wut wird in der politischen Kommunikation aktiv genutzt, um die Interaktionen in sozialen Medien zu steigern und Anhänger zu mobilisieren.
Die Adaptation an neue soziale Medien wie TikTok und Instagram erfordert kreative Strategien, um junge Wähler effektiv anzusprechen und zu erreichen.
Deep dives
Die Rolle der Wut in der politischen Kommunikation
Wut wird als eine stark aktivierende Emotion in der politischen Kommunikation identifiziert, die Interaktionen in sozialen Medien anregt. Politische Parteien, insbesondere die FPÖ, nutzen Wut gezielt, um ihre Botschaften zu verstärken und Anhänger zu mobilisieren. Studien zeigen, dass wütende Nutzer signifikant aktiver sind und ihre Emotionen häufig teilen, was wiederum die Sichtbarkeit ihrer Botschaften erhöht. Ein Beispiel ist die manipulative Darstellung von Migration und der 'Schicksalswahl', die die Wut der Wähler aufgreift und intensiviert.
Die Dynamik des Wahlkampfs in sozialen Medien
Im aktuellen Wahlkampf müssen Parteien eine Vielzahl von sozialen Medien bedienen, wobei Facebook für einige mittlerweile weniger relevant ist. Andere Plattformen wie TikTok und Instagram gewinnen an Bedeutung und erfordern neue Strategien für die Ansprache junger Wähler. Politische Inhalte müssen in diesem Umfeld unterhaltsam und ansprechend präsentiert werden, oft durch Humor oder kreative Erzählformen. Die Herausforderung dabei besteht darin, gleichzeitig relevante Inhalte zu vermitteln, während man sich an die Nutzergewohnheiten anpasst.
Emotionale Rhetorik und ihre Wirkung
Die emotional-moralische Sprache, die insbesondere von populistischen Parteien wie der FPÖ verwendet wird, erzeugt eine starke Verbindung zu den Wählern. Diese Rhetorik beschreibt die angebliche Bedrohung durch 'Eliten' und stellt sich als wahrer Vertreter des Volkes dar. Emotionen wie Wut, Freude oder Mitgefühl können dazu führen, dass die Botschaften effektiver geteilt werden, was die Reichweite und den Einfluss der politischen Kommunikation erheblich steigert. Wichtig ist, dass positive Emotionen ebenfalls mobilisieren können, allerdings wird dies oft nicht in gleichem Maße wie die Wut genutzt.
Herausforderungen für die demokratische Kommunikation
Die Verzerrung der politischen Realität durch soziale Medien führt dazu, dass viele Wähler sich in einer homogenen Blase bewegen, in der sie nur die Narrative ihrer eigenen Gruppe erleben. Diese Dynamik fördert Polarisierung und erschwert den Dialog zwischen den politischen Lagern. Anhaltende Wut und negative Rhetorik können das Vertrauen in demokratische Prozesse gefährden, indem sie Skepsis gegenüber Wahlen und Regierungen schüren. Um langfristige Lösungen zu finden, ist es entscheidend, gemeinsame Werte und Themen zu identifizieren, um die Kluft zwischen den verschiedenen Gruppen zu überbrücken.
Autorin Ingrid Brodnig im Gespräch darüber, wie Parteien auf Social Media wahlkämpfen – und wieso die Wütendsten nicht zwingend die Wahl gewinnen
"Wütende Userinnen und User interagieren stark, und viele Algorithmen sind darauf eingestellt, dass sie das belohnen", sagt Ingrid Brodnig. Sie ist eine der führenden Expertinnen zu Hass im Netz und Desinformation. Wut spielt laut Brodnig eine entscheidende Rolle dabei, wie Parteien versuchen, die Massen zu begeistern – insbesondere in den sozialen Medien. Zum Beispiel wenn sich Grüne für Naturschutz einsetzen oder wenn Sozialdemokraten mobilisieren. Und natürlich wenn die FPÖ Migration thematisiert.
Im zweiten von drei Sommerinterviews des STANDARD-Podcasts "Inside Austria" erklärt Digitalpublizistin Brodnig, wie Österreichs Parteien online Wahlkampf betreiben und welche Tricks sie dabei einsetzen. Sie beantwortet auch, ob auf Tiktok, Instagram und X Inhalte überhaupt noch eine Rolle spielen, wieso Wut so ein beliebtes Werkzeug von Parteien ist und ob es auf diesen Plattformen einfacher geworden ist, Wut zu schüren. Im Gespräch gibt sie einen Ausblick darauf, was das alles mit unserer Gesellschaft macht, und erklärt, wieso Wahlen auch ohne Wut gewonnen werden können.
In dieser Folge zu hören: Ingrid Brodnig (Autorin); Interview & Gestaltung: Zsolt Wilhelm; Redigat: Margit Ehrenhöfer; Produktion: Christoph Neuwirth
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