Politische Haft - 1950 übernimmt die DDR das Gefängnis Bautzen
Feb 14, 2025
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Dr. Matthias von Hellfeld ist Geschichtsexperte und beleuchtet die düstere Geschichte der Haftanstalt Bautzen. Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen, berichtet von den katastrophalen Haftbedingungen und dem Umgang mit politischen Häftlingen. Jochen Stern, ehemaliger Insasse, teilt eindringliche persönliche Erfahrungen aus seiner Zeit in Bautzen und beschreibt die psychologische Manipulation, die er erlebte. Die Diskussion wirft ein Licht auf die Rolle der Justiz in der DDR und die erschreckenden Lebensumstände der Gefangenen.
Das Stasi-Gefängnis Bautzen symbolisierte über Jahrzehnte hinweg die brutale politische Repression und Unterdrückung in der DDR, mit katastrophalen Haftbedingungen.
Zeitzeugenberichte, wie die von Jochen Stern, sind essenziell für das Verständnis der emotionalen und physischen Belastungen politischer Gefangener in Bautzen.
Deep dives
Die Geschichte der Justizvollzugsanstalt Bautzen
Die Justizvollzugsanstalt Bautzen wurde 1904 im Königreich Sachsen eröffnet und sollte ursprünglich menschenwürdig geführte Haftbedingungen bieten. In den ersten Jahren entsprach die Einrichtung diesen reformerischen Idealen, aber nach der Machtergreifung der NSDAP 1933 verwandelte sich Bautzen in ein Gefängnis für politische Gefangene. Unter dem Nazi-Regime wurden hier Kommunisten, Gewerkschafter und Juden inhaftiert, was die Haftanstalt zu einem Symbol für Unterdrückung und Angst machte. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Sowjets das Gefängnis und intensifizierten die Repression, sodass schließlich auch viele Kritiker des kommunistischen Systems in Bautzen gefangen gehalten wurden.
Lebensbedingungen und Überbelegung
Die Haftbedingungen in Bautzen waren während verschiedener politischer Herrschaften extrem schlecht, insbesondere nach der Übergabe an die DDR im Jahr 1950. In der Zeit war die Gefängnisbevölkerung oft überfüllt, mit bis zu 7.000 Häftlingen unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Die Insassen litten unter unzureichender Nahrung, und die wenigen Verpflegungseinheiten bestanden meist aus schlechter Suppe und klitschigem Brot. Krankheiten breiteten sich rasch aus, während der Kontakt zu Angehörigen verboten war, was die Isolation und Verzweiflung der Häftlinge weiter verstärkte.
Politische Verfolgung und Opferrenten
In Bautzen wurden zahlreiche Menschen aufgrund politischer Repressionen inhaftiert, viele von ihnen Opfer der SED-Diktatur. Schätzungen zufolge gab es etwa 250.000 politische Gefangene in der DDR, und die Haftbedingungen waren oft brutal und unmenschlich. Der Verfolgung waren nicht nur Dissidenten, sondern auch unzufriedene Bürger oder Fluchthelfer ausgesetzt, die mit der Justiz des Regimes konfrontiert wurden. Die Geschichte dieser Inhaftierungen hat bleibende Spuren bei den Opfern hinterlassen, was zu Entschädigungsansprüchen im Rahmen des SED-Unrechtsbereinigungsgesetzes führte, auch wenn es oft schwer war, den erlittenen psychischen und physischen Terror nachzuweisen.
Zeitzeugenberichte und ihre Bedeutung
Zeitzeugenberichte sind entscheidend für das Verständnis der Erfahrungen in Bautzen, wie die Erinnerungen von Jochen Stern zeigen, der 1947 verhaftet wurde. Er schildert die Erlebnisse vom ersten Tag seiner Inhaftierung bis zu seiner Entlassung, die er als von politischen Spannungen geprägt beschreibt. Die Geschichten der ehemaligen Häftlinge verdeutlichen die emotionale und physische Belastung, die sie erleiden mussten, und wie diese Erfahrungen auch Jahre später noch nachwirken. Solche persönlichen Einblicke sind nicht nur wichtig für die Geschichtsschreibung, sondern auch für das kollektive Gedächtnis und die Aufarbeitung der Verbrechen, die in Bautzen begangen wurden.
Isolation und Misshandlungen: Dafür wird das Stasi-Gefängnis Bautzen in der DDR bekannt. Seine Geschichte beginnt 1904 als Vorzeigeinstitution. Prominentester Insasse ist der Schriftsteller Walter Kempowski – in einer Zwischenphase der Anstalt.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
00:11:02 - Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen
00:19:52 - Tobias Wunschik, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Stasi-Unterlagen-Archivs im Bundesarchiv
00:29:21 - Jochen Stern, Schauspieler, Synchronsprecher, Autor und ehemaliger Häftling