Holger ruft an ... wegen Kriminalitätsberichterstattung
Nov 29, 2024
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Thomas Hestermann, ein erfahrener Journalismusprofessor, erforscht die deutsche Kriminalitätsberichterstattung und deren Verzerrungen. Er beleuchtet, wie Gewaltverbrechen in den Medien überrepräsentiert sind, während andere Straftaten kaum Beachtung finden. Hestermann erklärt, dass trotz sinkender Kriminalitätsraten die Angst in der Gesellschaft wächst, was auf die Medienberichterstattung zurückzuführen sei. Zudem diskutiert er, wie ausländische Tatverdächtige verzerrt dargestellt werden und warum bestimmte Themen wie Kinderpornografie in der Berichterstattung vernachlässigt werden.
Die Medienberichterstattung über Gewaltverbrechen in Deutschland ist stark verzerrt, was zu einem übertriebenen Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung führt.
Ausländische Tatverdächtige werden in den Medien überrepräsentiert, was Vorurteile und falsche Narrative über Kriminalität und Migration verstärkt.
Deep dives
Forschung zur Kriminalitätsberichterstattung
Die Forschung zur Kriminalitätsberichterstattung umfasst eine systematische Analyse von Hauptnachrichtensendungen und Boulevardmagazinen in Deutschland. Dabei werden über mehrere Jahre hinweg Beiträge kategorisiert, um zu untersuchen, welche Delikte und welche Informationen über Tatverdächtige und Opfer präsentiert werden. Beispielsweise konnte festgestellt werden, dass die Berichterstattung über die Herkunft von Tatverdächtigen vor und nach bestimmten gesellschaftlichen Ereignissen, wie der Kölner Silvesternacht 2014, erheblich schwankte. Diese systematische Beobachtung liefert Erkenntnisse darüber, wie sich die öffentliche Wahrnehmung von Kriminalität im Laufe der Zeit verändert hat.
Wahrnehmung von Sicherheit in der Gesellschaft
Die gesellschaftliche Wahrnehmung von Sicherheit steht oft im Widerspruch zur tatsächlichen Kriminalitätslage. Statistiken zeigen, dass die Menschen in Deutschland sich insgesamt sicherer fühlen, während gleichzeitig das Gefühl der Unsicherheit zunimmt. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass Ängste vor bestimmten Verbrechen, insbesondere aufgrund medialer Berichterstattung, konstant geblieben sind, auch wenn die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich Opfer einer Straftat zu werden, gesunken ist. Diese Diskrepanz lässt darauf schließen, dass äußere Faktoren, wie politische Bewegungen, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beeinflussen.
Verzerrung durch mediale Berichterstattung
Die Berichterstattung über Kriminalität neigt dazu, bestimmte Tätergruppen überproportional darzustellen, was zu einer verzerrten Wahrnehmung von Kriminalität führt. Analysen zeigen, dass beispielsweise ausländische Tatverdächtige in den Medien häufiger erwähnt werden als Deutsche, obwohl die Statistik eine gleichmäßige Verteilung zeigt. Diese Verzerrung beeinflusst nicht nur die gesellschaftlichen Einstellungen, sondern trägt auch zu Vorurteilen und falschen Narrativen über Kriminalität und Migration bei. Ein Beispiel hierfür ist die reduzierte Berichterstattung über deutsche Tatverdächtige in Fällen von Messerdelikten im Vergleich zu ausländischen, was die öffentliche Meinung unaufrichtig prägt.
Haben wir wegen der ständigen Berichte zu viel Angst vor Verbrechen?
Mord und Totschlag überall: Medien liefern ein extrem verzerrtes Bild von Kriminalität in Deutschland. Stark überrepräsentiert sind zum Beispiel Gewaltverbrechen, bei denen Menschen sterben: Kommt das Opfer bei einem potenziell tödlichen Angriff ums Leben, ist die Chance, dass darüber im Fernsehen oder der überregionalen Presse berichtet wird, viermal höher als wenn es überlebt. Das hat der Journalismusprofessor Thomas Hestermann herausgefunden. Sein Fazit: "Wenn es gut geht, interessiert es die Medien nicht mehr."
Jedes Jahr wertet der Wissenschaftler die deutsche Kriminalitätsberichterstattung aus. Die Menschen in Deutschland hätten heute weniger Angst vor Straftaten als noch in den 90er-Jahren, sagt er. Aber ihr Bild von Kriminalität sei schief, weil zum Beispiel Tatverdächtige aus dem Ausland in der Berichterstattung überrepräsentiert seien. Bei Messerdelikten beispielsweise werde über Vorfälle mit deutschen Tätern in überregionalen Medien kaum berichtet.
Im Gespräch mit Holger Klein erzählt Hestermann, wie sich die Kriminalitätsberichterstattung in den vergangenen Jahren verändert hat. In der neuen Folge von "Holger ruft an…" erklärt der ehemalige Fernsehjournalist auch, warum zu Kinderpornografie vergleichsweise selten recherchiert wird und der "Ehrenmord" inzwischen aus den Medien komplett verschwunden ist.
<li><a href="https://uebermedien.de/93981/haltet-den-auslaender/" target="_blank" rel="noopener">Polizeiliche Kriminalstatistik: Haltet den Ausländer!</a> (Übermedien)</li>
<li><a href="https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/straftaten-kriminalstatistik-102.html" target="_blank" rel="noopener">Mehr Gewalttaten, mehr Einbrüche</a> (Tagesschau)</li>
<li><a href="https://www.rnd.de/politik/kriminalitaetsstatistik-im-faktencheck-ist-deutschland-durch-die-zuwanderung-unsicherer-geworden-NW2FJKPMY5H3DBKTPSQXPGYGXE.html" target="_blank" rel="noopener">Im Faktencheck: Ist Deutschland durch die Zuwanderung unsicherer geworden?</a> (RND)</li>
<li><a href="https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/korri-dunkelfeldstudie-101.html" target="_blank" rel="noopener">Studie zum Sicherheitsempfinden: Viele haben dieses mulmige Gefühl </a>(Tagesschau)</li>
<li><a href="https://www.ruv.de/newsroom/themenspezial-die-aengste-der-deutschen" target="_blank" rel="noopener">Ängste der Deutschen</a> (R+V-Studie)</li>
<li><a href="https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Expertise_Berichterstattung_ueber_Messerangriffe_Thomas_Hestermann.pdf" target="_blank" rel="noopener">Wie Medien über Messerangriffe berichten</a> (Expertise von Thomas Hestermann)</li>
<li><a href="https://www.sueddeutsche.de/wissen/kinderbilder-instagram-beute-paedokriminelle-darkweb-lux.7epw9pvSZJKLUj8MBH1oa1" target="_blank" rel="noopener">Wie sich Pädokriminelle auf Instagram an Kinderfotos bedienen</a> (Süddeutsche Zeitung)</li>
<li><a href="https://uebermedien.de/96417/nicht-die-em-gewalt-ist-ausser-kontrolle-sondern-julian-reichelt/" target="_blank" rel="noopener">Nicht die „EM-Gewalt“ ist außer Kontrolle, sondern Julian Reichelt</a> (Übermedien)</li>
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