Gregor Mayer, ein in Budapest tätiger Journalist, analysiert die neuen Notstandsgesetze, die Premierminister Orbán außergewöhnliche Vollmachten verleihen. Maria Berger, ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof, erörtert die damit verbundenen Einschränkungen der Grundrechte und die EU-Reaktionen. Historiker György Dalos beleuchtet die autoritären Entwicklungen, die durch die Pandemie verstärkt wurden, und die Besorgnis der Bevölkerung. Gemeinsam thematisieren sie die Gefährdung der Opposition und die Folgen für die Demokratie in Ungarn.
Die neuen Notstandsgesetze in Ungarn gewähren der Regierung erhebliche Vollmachten, was die demokratischen Freiheiten stark gefährdet.
Die KONTROLLE ÜBER MEDIEN wird durch gesetzliche Maßnahmen verschärft, was die Pressefreiheit einschränkt und kritische Berichterstattung behindert.
Deep dives
Notstandsgesetze und ihre Auswirkungen
Das ungarische Parlament hat neue Notstandsgesetze verabschiedet, die der Regierung außergewöhnliche Vollmachten gewähren, einschließlich der Möglichkeit, ohne parlamentarische Zustimmung zu regieren und bestehende Gesetze außer Kraft zu setzen. Diese Gesetze sind in ihrer zeitlichen Begrenzung nicht definiert, was bedeutet, dass die ungarische Regierung die Kontrolle darüber hat, wann und ob der Notstand beendet wird. Kritiker argumentieren, dass diese Maßnahmen autoritäre Tendenzen verstärken und die demokratischen Freiheiten in Ungarn gefährden, während die EU und andere Staaten bislang zurückhaltend auf diese Entwicklungen reagieren. Besonders bemerkenswert ist, dass die österreichische Europaministerin sich von einer gemeinsamen Erklärung mehrerer EU-Regierungen distanziert hat, was Fragen zur realen Unterstützung in der EU aufwirft.
Medien und Meinungsfreiheit unter Druck
Die neuen Vorschriften in Ungarn verschärfen die Kontrolle über die Medien, indem sie das Verbreiten von Informationen unter Strafe stellen, wenn diese von der Regierung als 'Fake News' eingestuft werden. Dies hat zur Folge, dass Journalisten und Informanten abgeschreckt werden, was die Pressefreiheit erheblich einschränkt und die Möglichkeit der kritischen Berichterstattung gefährdet. Die ungarische Regierung nutzt solche Maßnahmen, um den öffentlichen Diskurs zu steuern und ihre Machtposition auszubauen, indem sie eine Atmosphäre der Angst schafft. Dadurch wird die bereits fragile Situation der Medien in Ungarn weiter verschlechtert, da sich viele Journalisten nun zurückhaltend verhalten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Internationale Reaktionen und die Zukunft der Demokratie
Die Europäische Kommission hat auf die autoritären Schritte der ungarischen Regierung vergleichsweise sanft reagiert, was viele kritische Stimmen überrascht hat. Es laufen mehrere Verfahren gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof, die die Rechtsstaatlichkeit in Frage stellen, jedoch bleibt die Umsetzung dieser Verfahren politisch kompliziert und oft ineffektiv. Die ungarische Bevölkerung nimmt die internationale Kritik unterschiedlich wahr, wobei die Regierung die Reaktionen oft als Angriffe von externen Feinden darstellt. Während die kommenden Parlamentswahlen im Jahr 2022 anstehen, ist unklar, wie die aktuellen Maßnahmen die Wettbewerbsbedingungen beeinflussen könnten, was die demokratische Zukunft Ungarns in Frage stellt.
Mit einer Zweidrittelmehrheit hat das ungarische Parlament diese Woche Notstandsgesetze beschlossen, die Premierminister Viktor Orbán außergewöhnliche Vollmachten geben. Wie verändert sich unser Nachbarland durch diese Ausnahmegesetze? Eine Analyse und einen Ausblick liefern in dieser Episode Schriftsteller und Historiker György Dalos (Berlin-Budapest), Journalist Gregor Mayer (Budapest-Wien) sowie Maria Berger, Juristin und ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof.
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