Timothy Snyder, ein angesehener Historiker, der den Aufstieg des Autoritarismus untersucht, Steven Erlanger, Brüssel-Korrespondent der New York Times, Eva Nowotny, ehemalige Botschafterin in Washington, und Ivan Vejvoda, Politikwissenschaftler, sprechen über die bevorstehenden US-Wahlen. Die Gäste erörtern die Auswirkungen der Wahlen auf die transatlantischen Beziehungen und die Demokratie. Sie analysieren die Polarisierung in der US-Gesellschaft, den Einfluss von China sowie die Herausforderungen des Populismus und der Autoritarismus auf Europa und Amerika.
Die Präsidentschaftswahlen 2020 stellen einen entscheidenden Wendepunkt dar, der die Zukunft der USA und Europas maßgeblich beeinflussen könnte.
Unter Trumps Politik hat sich das Bild der USA in Europa negativ verändert, was zu einer tiefen Unsicherheit und Spaltung geführt hat.
Die Diskussion über die strategische Autonomie Europas gewinnt an Bedeutung, da europäische Führer eine stärkere Verantwortung in sicherheitspolitischen Fragen fordern.
Deep dives
Wahlen 2020 und ihre Bedeutung
Die Präsidentschaftswahlen 2020 in den USA werden als entscheidend für die Zukunft sowohl der Vereinigten Staaten als auch Europas betrachtet. Der Sieg von Donald Trump hat populistische, nationalistische Strömungen weltweit gestärkt und das transatlantische Verhältnis belastet. Im Gegensatz dazu wird Joe Biden von vielen Europäern als Hoffnungsträger gesehen, der die autoritären Tendenzen eindämmen könnte. Ein möglicher Sieg Bidens könnte die Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa neu beleben und gegen die Welle des Nationalismus ankämpfen.
Der Einfluss von Trumps Politik auf Europa
Die Politik der Trump-Administration hat das Bild der USA in Europa stark negativ beeinflusst und zu einem Gefühl der Unsicherheit geführt. Trump hat den Nationalismus gefördert, indem er die Europäische Union als Konkurrenten dargestellt hat, was zu Spannungen in den transatlantischen Beziehungen führte. Diese Spaltung könnte unter einer weiteren Trump-Präsidentschaft weiter zunehmen, da er eindeutige Feindbilder schafft. Die Europäer sind besorgt über die potenziellen langfristigen Auswirkungen auf ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA.
Die Rolle Chinas in einer neuen Weltordnung
Chinas wachsende globale Einflussnahme wird als bedeutender Faktor in der geopolitischen Dynamik zwischen den USA und Europa betrachtet. Während China seine Position als aufstrebende Weltmacht stärkt, sieht die Weltgemeinschaft eine mögliche Konfrontation zwischen den USA und China. Der Umgang der USA mit China, insbesondere unter Trump, könnte dazu führen, dass Europa gezwungen wird, sich entweder auf die Seite der USA zu stellen oder eine eigene Strategie zu entwickeln. Die Herausforderungen im internationalen System werden voraussichtlich auch weiterhin im Mittelpunkt der globalen Diskussionen stehen.
Europäisches Eigeninteresse und strategische Autonomie
Die Diskussion um die strategische Autonomie Europas gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere in Anbetracht der Unsicherheiten, die aus der US-amerikanischen Innenpolitik resultieren. Europäische Führer, einschließlich Macron, fordern eine stärkere Selbstständigkeit und Verantwortung Europas in sicherheitspolitischen Belangen. Die COVID-19-Pandemie hat diese Bedürfnisse verdeutlicht und das erforderliche Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik geschärft. Dennoch fehlt es an einem konsistenten Ansatz innerhalb Europas, was die Umsetzung solcher ambitiösen Strategien erschwert.
Zukunft des transatlantischen Verhältnisses
Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen könnte sich unter einer Biden-Präsidentschaft stabilisieren, wobei viele europäische Politiker auf ein Ende der Unsicherheiten hoffen. Die Überwindung von Differenzen erfordert jedoch die Bereitschaft beider Seiten, ein stärker kooperatives und gemeinsames Vorgehen in globalen Fragen zu fördern. Es bleibt abzuwarten, ob Biden die politischen Fragestellungen, die während Trumps Amtszeit entstanden sind, effektiv angehen und ein neues Gleichgewicht schaffen kann. Die jüngsten Wahlen zeigen, dass die US-amerikanische und europäische Gesellschaft ebenfalls unterschiedliche interne Herausforderungen bewältigen müssen.
Einsichten und Aussichten für die USA im Wiener Burgtheater mit dem Historiker Timothy Snyder, dem New York Times-Korrespondenten Steven Erlanger, der Ex-Botschafterin Eva Nowotny und dem Publizisten Raimund Löw im Gespräch mit dem Politologen Ivan Vejvoda vom Institut für die Wissenschaft vom Menschen.