deep dive #7 über Putins Russland mit Gerhard Mangott
Mar 29, 2022
auto_awesome
Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler und Russland-Experte, spricht über die dramatische Entwicklung Russlands seit Putins Machtübernahme. Er analysiert die Herausforderungen der Demokratisierung nach der Sowjetunion und beleuchtet Putins Transformation von einem kooperativen Führer zu einem aggressiven Staatschef. Themen wie die geopolitischen Spannungen mit der NATO, die Rolle von Korruption und die moralischen Dilemmata im Umgang mit Putins Gewalt werden thematisiert. Zudem wird die Bedeutung unabhängiger Medien und die Zukunft der Demokratie in Russland diskutiert.
Putins Machtergreifung wurde durch die Instabilität der 90er Jahre und die politischen Machtkämpfe in Russland begünstigt.
Die NATO-Erweiterung und westliche geopolitische Entscheidungen wurden als Demütigung Russlands wahrgenommen und verschärften die heutigen Spannungen.
Nationalismus und Kontrolle über Oligarchen sind zentrale Elemente von Putins Strategie, die seine autoritäre Herrschaft stabilisieren sollen.
Deep dives
Putins politische Karriere und Wurzeln
Wladimir Putins politische Karriere begann Ende der 90er Jahre nach seinem Studium der Rechtswissenschaften in Leningrad und seiner Zeit beim KGB. Er stieg in der politischen Hierarchie in St. Petersburg auf, bevor er nach Moskau berufen wurde und 1999 Ministerpräsident wurde, um schließlich im Jahr 2000 Präsident zu werden. Seine Wahl wurde zwar von Manipulationen überschattet, doch konnte er eine Vielzahl von Unterstützern aus dem KGB und ehemaligen Wirtschaftsführern gewinnen. Diese Beziehungen bildeten die Grundlage für seine Macht und die Umstellung des russischen staatlichen Systems auf eine zentralisierte, autoritäre Herrschaft, die demokratische Spielräume stark einschränkte.
Die 90er Jahre: Chaos und Übergangszeit
Die 90er Jahre in Russland waren geprägt von massiven wirtschaftlichen Umbrüchen, Korruption und einer Anarchie, die aus dem Zerfall der Sowjetunion resultierte. Während dieser Zeit erlebte Russland einen drastischen Rückgang des BIP und einen dramatischen Anstieg von Arbeitslosigkeit und Inflation, was zu einer tiefen sozialen Krise führte. Politische Machtkämpfe und die Zerschlagung des Parlamentes durch Boris Jelzin trugen zur Instabilität und einem unsicheren politischen Klima bei. Die instabile Situation nach Jelzins Rücktritt schuf die idealen Bedingungen für Putins Machtergreifung und die Etablierung eines autoritären Regimes.
Der Westen und seine Fehler mit Russland
Die Podcast-Diskussion hebt hervor, wie der Westen in der Zeit nach dem Kalten Krieg durch seine NATO-Erweiterung und strategischen Entscheidungen zur Geopolitik Russlands nicht nur eine Demütigung für das Land zurückließ, sondern auch Spannungen schuf, die zur gegenwärtigen Krise führten. Experten betonen, dass Entscheidungen, wie der NATO-Beitritt von Ländern wie Polen und Ungarn, Russland als Sicherheitsbedrohung wahrnehmen ließen und die Verbindungen zu westlichen Partnern untergruben. Diese Fehler wurden durch den Umgang des Westens mit der ehemaligen Sowjetunion und den Konflikt im Kosovo weiter kompliziert. Dies führt zu einem Gefühl der Isolation und Bedrohung Russlands und verstärkt die aggressive Außenpolitik Putins.
Putins Nutzung von Nationalismus und Korruption
Putin hat geschickt Nationalismus als Instrument zur Mobilisierung der Bevölkerung genutzt, besonders nach der Annexion der Krim 2014, die in Russland große Unterstützung fand. Gleichzeitig nutzt er Korruption als Werkzeug zur Machterhaltung, indem er Oligarchen kontrolliert und sicherstellt, dass sie loyal bleiben, während er andererseits Gegner der Regierung unterdrückt. Diese Dynamik schafft eine fragile Stabilität, die jedoch auf einem repressiven System basiert, in dem Meinungsfreiheit und politische Opposition stark eingeschränkt sind. Die Gefährdung der Lebensbedingungen durch westliche Sanktionen lässt die Bevölkerung sich zunehmend auf das Narrativ von nationaler Einheit und Stärke konzentrieren.
Zukunftsaussichten und geopolitische Spannungen
Die langfristigen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Russland werden als gravierend eingeschätzt, da westliche Sanktionen das wirtschaftliche Fundament des Landes untergraben. Putins aggressive Außenpolitik könnte dazu führen, dass Russland in eine stärkere Isolation gedrängt wird, während gleichzeitig der Einfluss Chinas wächst. Auch wenn es momentan ruhig scheint, könnte Putin gezwungen sein, seine aggressive Strategie in den ehemaligen Sowjetstaaten fortzusetzen, was geopolitische Spannungen weiter anheizen würde. Der Aufstieg eines autoritären Regimes könnte langfristig sowohl innenpolitische als auch internationale Herausforderungen für Russland darstellen, da die Staatsführung versuchen wird, den Verfall ihrer Autorität zu verhindern.
Als Vladimir Putin an die Macht kam, sprach er noch freundlich auf Deutsch im deutschen Bundestag. Was ist seither passiert? Gerhard Mangott nimmt uns mit auf eine intellektuelle Reise vom Ende der UDSSR bis in den heutigen Krieg in der Ukraine.
Erklär mir die Welt hilft dir dabei, die Welt besser zu verstehen. Hilf wie 400+ andere Hörer:innen mit, den Podcast zu finanzieren. Danke an alle Unterstützer:innen!