Christina Berndt, Redakteurin im SZ-Wissenressort, beleuchtet die verheerenden Auswirkungen des Medikamentes Contergan. Gemeinsam mit NDR und WDR deckt sie die Langzeitfolgen auf, die oft unsichtbare Gesundheitsprobleme verursachen. Betroffene kämpfen um Anerkennung und finanzielle Unterstützung, während die zuständige Stiftung viele Anträge ablehnt. Zudem wird die verworrene Rolle von Thalidomid diskutiert – einst verheerend, heute als Krebsbehandlung genutzt. Eine bewegende Reflexion über Verantwortung und Ethik im Pharmasektor.
32:36
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Gefährliche Wirkung von Thalidomid
Der Wirkstoff Thalidomid in Contergan führt zu Nervenschädigungen und schweren Fehlbildungen bei Embryonen.
Weltweit wurden Tausende Kinder mit Missbildungen geboren, viele starben kurz nach der Geburt.
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Unsichtbare Langzeitschäden
Viele Contergan-Geschädigte haben unsichtbare Schäden wie Nierenschäden oder Hörprobleme.
Ärzte erkennen diese oft nicht als Folge von Contergan, daher wissen Betroffene lange nichts davon.
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Petra Wassmanns Kampf
Petra Wassmann lebt mit einer durch Contergan verursachten linken Handbehinderung.
Sie wusste jahrzehntelang nicht, dass Contergan die Ursache ist, kämpft aber für Anerkennung und Unterstützung.
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Der deutsche Pharmakonzern Grünenthal aus Stolberg brachte 1957 das Mittel Contergan auf den Markt. Ein Schlafmittel, rezeptfrei, frei verkäuflich in der Apotheke, das weltweit als harmlos und "völlig ungiftig" beworben wird. Da es auch gegen Schwangerschaftsübelkeit wirken soll, nehmen es auch Tausende Schwangere. Mit fatalen Folgen: Denn der in Contergan enthaltene Wirkstoff Thalidomid führt zu Nervenschädigungen - und schweren embryonalen Störungen. Allein in Deutschland werden etwa 5000 Babys mit missgebildeten Organen und Gliedmaßen geboren. Etwa 40 Prozent der Kinder sterben sehr schnell nach der Geburt oder noch im Säuglingsalter.
Anklage gegen Grünenthal wurde erst 1968 erhoben. Der Prozess endete 1970 mit einem stark kritisierten Vergleich. Contergan aber blieb noch in vielen Arzneimittelschränken, wurde unwissentlich genommen. "Viele Betroffene haben Störungen, Fehlbildungen, die man so gar nicht sieht und wo auch Ärzte gar nicht unbedingt wissen, dass das eine Contergan-Fehlbildung ist", sagt Christina Berndt aus dem SZ-Wissenressort. Sie haben Behinderungen wie Nierenschäden, Hörprobleme oder Zeugungsunfähigkeit ausgelöst, die eben nicht so offensichtlich sind. Vielen Betroffenen war lange nicht klar, dass auch sie ein "Contergan-Kind" sein könnten - und kämpfen seit Jahren um Anerkennung und finanzielle Unterstützung. Zusammen mit NDR und WDR hat Berndt recherchiert, dass die zuständige Stiftung fast alle Anträge abgelehnt hat - und es jetzt doch Hoffnung gibt.