Jens Spahn's Vorschlag, die AfD wie andere Oppositionsparteien zu behandeln, hat eine intensive Debatte über den Umgang mit dieser Partei ausgelöst.
Die Brandmauer wird als kritisches Instrument angesehen, um die CDU vor der AfD zu schützen, obwohl sie strategische Überlegungen erfordert.
Die Unterstützung für die AfD wird durch ein starkes Bedürfnis nach nationaler Identität und eine defensive Haltung der politischen Akteure begünstigt.
Deep dives
Debatte über die Brandmauer zur AfD
Jens Spahn hat vorgeschlagen, die AfD im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln, was eine Debatte über den Umgang mit dieser Partei auslöste. Viele in der CDU befürchten, dass eine Annäherung an die AfD Wählerstimmen an die Mitte verlieren könnte, während sie gleichzeitig an der Brandmauer festhalten wollen. Die Brandmauer wird von vielen als notwendiges Instrument angesehen, um die CDU vor der Angreifbarkeit durch die AfD zu schützen. Diese Debatte verdeutlicht, dass die CDU sowohl den ideologischen Abstand zur AfD als auch den strategischen Umgang mit ihr überdenken muss.
Alternativen zur Brandmauer in der CDU
Es gibt Überlegungen, ob es Alternativen zur strikten Brandmauer geben könnte, um eventuell eine „konditionierte Gesprächsbereitschaft“ zur AfD zu entwickeln. Historiker Andreas Röder argumentiert, dass eine zu hohe Brandmauer die AfD eventuell stärkt, indem sie sich in eine Opferrolle zurückzieht. In dieser Sichtweise könnte ein anders geprägter Umgang mit der AfD dazu führen, dass sie instabiler wird und weniger radikalisiert. Dies widerspricht jedoch der bemerkten Tendenz innerhalb der AfD, sich nicht von ihren extremistischen Positionen zu distanzieren.
Wahlstrategien und Ergebnisse der AfD
Die AfD hat bei mehreren Wahlen in den letzten Jahren bemerkenswerte Erfolge erzielt, einschließlich der Landtagswahl in Thüringen, wo sie zur stärksten Kraft wurde. Diese Erfolge wecken die Frage, was die etablierten Parteien tun könnten, um diese Entwicklung zu stoppen, da es ihnen bei den letzten Wahlkämpfen nicht gelang, die AfD politisch zu schwächen. Trotz interner Fehler und radikaler Ansichten bleibt die Partei bei Wahlen stabil und macht sogar Fortschritte. Dieses Phänomen wirft Zweifel auf, ob es tatsächliche Lösungen gibt, um die AfD zu reduzieren.
Die emotionale Stimmung rund um die AfD
Es gibt eine wachsende Frustration unter den politischen Opponenten der AfD, da viele das Gefühl haben, dass ihre eigenen Wähler immer weniger mobilisierbar sind. Die Diskussionen über die Brandmauer erzeugen Emotionen und spalten nicht nur die CDU, sondern auch andere politische Lager. Einige Politiker glauben, dass die ständige Diskussion und Fokussierung auf die AfD deren Positionierung verstärkt, statt sie zu schwächen. Die Unsicherheit über den richtigen Umgang mit der AfD trägt zur allgemeinen Erschöpfung und zum Dilemma innerhalb der politischen Akteure bei.
Die Rolle von Populismus und Nationalstaatlichkeit
Ein zentrales Thema ist die anhaltende Anziehungskraft populistischer Bewegungen in Zeiten der Globalisierung, die viele Menschen dazu treibt, nationalistische Parteien zu wählen. Die AfD nutzt das Gefühl, dass der Nationalstaat geschwächt und die Demokratie durch globale Einflussnahme bedroht ist. Dies zeigt, dass die wachsende Unterstützung für die AfD nicht nur auf Fehltritte der etablierten Parteien zurückzuführen ist, sondern auch auf ein starkes Bedürfnis nach nationaler Identität. Der Erfolg der AfD könnte möglicherweise sogar dadurch gefördert werden, dass die gegenwärtigen politischen Akteure in eine defensive Haltung gehen.
Im neu gewählten Bundestag hat die AfD 152 Sitze und ist damit so stark wie noch nie. Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf geeinigt, dass „auf allen politischen Ebenen jede Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen, demokratiefeindlichen und rechtsextremen Parteien “ ausgeschlossen sei. Trotzdem ist kurz vor Ostern erneut über den Umgang mit der AfD diskutiert worden, nachdem sich Jens Spahn (CDU) in einem Interview mit der BILD dazu äußerte: Man solle mit der AfD bei der Besetzung von Ausschüssen und bei anderen Abläufen des Bundestags künftig umgehen „wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch". Aber die AfD ist eben keine Partei wie jede andere: Sie ist in Teilen gesichert rechtsextremistisch und radikalisiert sich immer weiter. Spahn erntete für seine Äußerungen viel Kritik, vor allem auch von der SPD, die sich gegen eine Normalisierung im Umgang mit der AfD aussprach. Spahn selbst stellte klar, dass auch er nicht von einer „Normalisierung“ gesprochen habe.
Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass die Brandmauer-Debatte um den Umgang der CDU mit der AfD hochkocht. Bereits Ende Januar hatte Friedrich Merz bei der Abstimmung zu den CDU/CSU-Entschließungsanträgen zur Migrationspolitik eine Mehrheit mit der AfD in Kauf genommen. Große Empörung von SPD, Grünen und Linken und landesweite Demonstrationen folgten.
Anne Hähnig ist Redaktionsleiterin bei ZEIT Online und spricht in dieser Folge mit Anne Will darüber, wie die CDU zur Brandmauer steht und warum die Partei davon profitiert, an der Brandmauer festzuhalten. Anne Hähnig weiß aber auch: Es gibt Teile der CDU, die darüber nachdenken, wie ein anderer Umgang mit der AfD aussehen könnte und von „konditionierter Gesprächsbereitschaft“ sprechen. Was könnten die Alternativen zur Brandmauer sein? Und versprechen sie Erfolg – im Sinne einer Schwächung der AfD? Dass sich die AfD Regeln auferlegen lässt und sich von der CDU „zähmen“ lässt – daran glaubt Anne Hähnig nicht.
Der Redaktionsschluss für diese Folge war Dienstag, 22. April 2025, um 17 Uhr.
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Redaktion: Gina Enslin, Florian Barnikel
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