Nach dem Holocaust (4/4) - "Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung"
May 8, 2025
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Norbert Frei, emeritierter Professor für Geschichte, diskutiert die komplexe Bedeutung des 8. Mai 1945. Er beleuchtet Richard von Weizsäckers Rede und die Spannung zwischen Befreiung und Trauer. Frei thematisiert die unterschiedlichen Wahrnehmungen des Tags in der Gesellschaft sowie die Verantwortung Deutschlands für die NS-Vergangenheit. Zudem wird die Einzigartigkeit des Holocausts hervorgehoben und die Herausforderungen bei der Aussöhnung zwischen den ehemaligen Konfliktparteien analysiert.
Richard von Weizsäcker betonte, dass der 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung eine neue Identität für die Deutschen schuf.
Die Reaktionen auf Weizsäckers Rede waren überwiegend positiv, weisen jedoch auf die unterschiedlichen Erinnerungsansätze innerhalb der Gesellschaft hin.
Deep dives
Der 8. Mai als Tag der Befreiung
Der 8. Mai 1945 wird als Tag der Befreiung von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft betrachtet, was Richard von Weizsäcker in seiner Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes betont. Diese Perspektive ist besonders signifikant, da sie den Deutschen eine neue Identität und eine Chance auf einen Neuanfang gibt, nachdem die Schrecken des Krieges zu Ende waren. Seine Rede erwähnt spezifische Opfergruppen, darunter die sechs Millionen ermordeten Juden, und verweist auch auf die Verantwortung der Deutschen für die Taten des nationalsozialistischen Regimes. Diese Botschaft stellt eine Abkehr von vorhergehenden Erzählungen dar und verdeutlicht, dass mit der Kapitulation auch eine moralische Verpflichtung zur Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte einhergeht.
Richard von Weizsäckers historischer Kontext
Die Rede fand in einer angespannten politischen Lage statt, insbesondere nach einem internationalen Skandal, den Kanzler Helmut Kohl ausgelöst hatte, als er Ronald Reagan zu einem soldatischen Friedhof brachte. Diese Vorfälle sorgten dafür, dass die Ansprache von Weizsäcker umso mehr Beachtung fand und einen breiten Diskurs über die deutsche Erinnerungskultur anstieß. Er nahm in seiner Rede auch seine eigene Vergangenheit als Wehrmachtoffizier in den Kontext und sprach offen über die Verantwortung, die die deutsche Bevölkerung für die Verbrechen während des Kriegs trägt. Indem er auf die wandelnden Ansichten innerhalb der Gesellschaft einging, stellte er sich sowohl den Befürwortern als auch den Kritikern und positionierte seine Rede als einen bedeutenden Schritt in der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit.
Die Rezeption der Rede und ihre Auswirkungen
Die Reaktionen auf die Rede waren überwiegend positiv, und sie wurde in vielen Schulen als wichtig erachtet, was den großen Erfolg von Weizsäcker signalisiert. Sie wurde mehr als zwei Millionen Mal nachgedruckt und in mehrere Sprachen übersetzt, was auf das dringende Bedürfnis der Gesellschaft hinweist, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Die Botschaft, dass es keinen Platz für Diskussionen über die Schuld gibt, fand großen Anklang, während die Notwendigkeit der Aussöhnung hervorgehoben wurde. Gleichzeitig gab es jedoch auch kritische Stimmen aus verschiedenen politischen Lagern, die in der Rede eine Zuordnung des Leids der Deutschen zur Befreiung sahen, was die Komplexität und Diversität der Erinnerungskulturen in Deutschland verdeutlicht.
Wie ist das Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 zu bewerten? Der Sieg der Alliierten über die Nazi-Herrschaft war für die Deutschen auch eine Niederlage, aber nicht nur. Vor 40 Jahren fand Bundespräsident Richard von Weizsäcker die richtigen Worte.
Das erwartet Euch in dieser Folge:
(01:24) Richard von Weizsäcker: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung.“ (10:07) Eine Rede wird zum Erfolg – im In- und Ausland (16:14) Kritik am Begriff „Befreiung“ (21:00) Die Beispiellosigkeit des Holocausts
Unser Gast in dieser Folge:
Norbert Frei ist emeritierter Professor für Geschichte an der Universität Jena. Zahlreiche Veröffentlichungen und Studien zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik.
Die Macherinnen und Macher dieser Folge:
Host: Jörg Biesler Regie, Produktion und Musik: Robert Hauspurg Recherche und Redaktion: Monika Dittrich
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