Janis Kluge, Wirtschaftswissenschaftler und Osteuropa-Experte an der Stiftung Wissenschaft und Politik, diskutiert die komplexe Beziehung zwischen der russischen Wirtschaft und dem Ukraine-Konflikt. Er erklärt, dass der Verfall des Rubels und hohe Inflation Putins Macht nicht direkt gefährden. Viele Russen blenden das Kriegsgeschehen aus, weshalb Kluge nicht mit einem politischen Umdenken rechnet. Zudem beleuchtet er die militärische Lage in Syrien und deren Einfluss auf Russland, während diplomatische Lösungen zunehmend in den Hintergrund treten.
Trotz der Herausforderungen durch Sanktionen und Inflation bleibt die russische Kriegswirtschaft robust und ermöglicht weiterhin militärische Operationen.
Die Debatte über Friedenslösungen hat an Intensität gewonnen, wobei neue Dimensionen erreicht wurden, die zuvor als tabu galten.
Deep dives
Überraschungen im Syrien-Konflikt
Der rasante Vormarsch der syrischen Aufständischen, die die Stadt Aleppo zurückerobert haben, könnte unerwartete Auswirkungen auf Russland haben. Dies veranschaulicht die instabile Lage in Syrien und die Schwierigkeiten, mit denen der russische Verbündete Assad konfrontiert ist. Die Unterstützung Russlands für Assad wird als notwendig erachtet, um dessen Regierung zu stabilisieren, jedoch ist der Einsatz von Ressourcen in einem anderen Land eine Herausforderung. Dadurch könnte Russland in seiner militärischen Präsenz in der Ukraine künftig unter Druck geraten.
Bewertung der westlichen Sanktionen
Die westlichen Sanktionen gegen Russland haben nach Ansicht eines Experten spürbare Auswirkungen auf die russische Wirtschaft, insbesondere durch die Schwächung des Rubels und hohe Inflationsraten. Jedoch wird argumentiert, dass die Sanktionen in naher Zukunft nicht zu einem Rückzug Russlands aus dem Ukraine-Konflikt führen werden. Die russische Kriegswirtschaft hat sich trotz dieser Herausforderungen als robust erwiesen, was bedeutet, dass die militärischen Operationen weiterhin finanziell unterstützt werden. Die Überwindung dieser Sanktionen bleibe eine strategische Herausforderung für den Westen.
Der Besuch von Olaf Scholz in der Ukraine
Der Besuch des deutschen Kanzlers Olaf Scholz in der Ukraine bringt die Ankündigung neuer Rüstungslieferungen im Wert von 650 Millionen Euro mit sich. Kritiker bemerken, dass diese Lieferung bereits zuvor geplant war und daher keine echte Wende in der deutschen Unterstützung darstellt. Scholz betont die Kombination aus militärischer Hilfe und dem Streben nach Frieden, was auf signifikante diplomatische Schritte hindeutet. Die Debatte über mögliche Friedenslösungen hat an Intensität gewonnen, wobei das Thema neue Dimensionen erreicht, die zuvor als tabu galten.
Zukünftige Herausforderungen für die russische Kriegswirtschaft
Die russische Kriegswirtschaft steht vor Herausforderungen, da die Fluktuation des Rubels und steigende Inflation einen Druck auf den Arbeitsmarkt ausüben. Trotz der hohen Nachfragen an Arbeitskräften, insbesondere in der Rüstungsindustrie, ist die Produktionskapazität begrenzt und erfordert möglicherweise eine Zwangsmobilisierung. Russland könnte Schwierigkeiten haben, die hohen Verluste an Militärgeräten an der Front zu ersetzen. Langfristig könnten diese ökonomischen Stressfaktoren die Handlungsfähigkeit Russlands im Konflikt beträchtlich beeinträchtigen.
Erst kamen die neuen EU-Spitzen, die Außenbeauftrage Kallas und Ratspräsident Costa, dann Bundeskanzler Scholz: bei Besuchen in Kiew sicherten die Politiker der Ukraine weitere Unterstützung zu. Gleichzeitig wird häufiger über Verhandlungen gesprochen, wie Carsten Schmiester berichtet. Allerdings habe Putin nach Einschätzung von Experten daran kein Interesse. Russlands Präsident hat derzeit mit einigen Problemen zu kämpfen. In Syrien ist die Gewalt wieder ausgebrochen – mit Folgen auch für die russischen Streitkräfte, die dort im Einsatz sind. Die russische Wirtschaft kämpft mit anhaltenden Sanktionen und Arbeitskräftemangel, der Rubel verfällt, die Inflation steigt auf Rekordhöhen. Trotzdem ist die Situation für Putin noch nicht bedrohlich, meint der Wirtschaftswissenschaftler und Osteuropa-Experte Janis Kluge von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er rechnet im Interview mit Host Kai Küstner nicht damit, dass sich die Russen gegen Putin und den Krieg wenden. Viele würden den Krieg einfach ausblenden. Auf den Krieg hätten wirtschaftliche Probleme erst mal geringe Auswirkungen, sie würden „Russland nicht kompromissbereiter machen.“
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