Islam - Vor 275 Jahren entsteht der Wahhabismus in Saudi-Arabien
Feb 7, 2025
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Matthias von Helmfeld, ein Experte für Geschichte und Islam, und Martin Riexinger, Islamwissenschaftler, beleuchten die Entstehung des Wahhabismus im 18. Jahrhundert und die bedeutende Rolle von Muhammad ibn ʿAbd al-Wahhāb. Mohammad Gharaibeh gibt Einblicke in den Alltag und die Glaubenspraktiken der Wahhabiten, während Ulrike Freitag die heutige Beziehung Saudi-Arabiens zum Wahhabismus und die Herausforderungen der Menschenrechte thematisiert. Die Diskussion umfasst auch interessante Parallelen zu reformatorischen Bewegungen im Christentum.
Der Wahhabismus, gegründet von Muhammad ibn Abd al-Wahhab im 18. Jahrhundert, formte die religiöse Grundlage des modernen Saudi-Arabiens durch enge Bindungen zur Saud-Dynastie.
Trotz schrittweiser sozialer Reformen bleibt der Wahhabismus auch heute noch das dominante religiöse und politische Element im Leben in Saudi-Arabien.
Deep dives
Wahhabismus und seine Ursprünge
Der Wahhabismus wurde im 18. Jahrhundert von Muhammad ibn Abd al-Wahhab begründet, der glaubte, nur durch puristische Glaubensansätze den wahren Islam zu verwirklichen. Er lehnte moderne Interpretationen des islamischen Rechts ab und bestand darauf, dass alle Muslime die Lehren des Korans und der Sunna in ihrer ursprünglichen Form befolgen sollten. Dieser Ansatz führte zur Ausgrenzung und Bekämpfung aller anderen Glaubensrichtungen, die nicht mit dem Wahhabismus übereinstimmten. Die Bewegung entstand zeitlich parallel zur Saudschen Dynastie, was zu einer verwobenen Beziehung zwischen Wahhabismus und dem modernen Saudi-Arabien führte.
Saudi-Arabiens historische Entwicklung
Im 19. Jahrhundert erlebte die Saud-Dynastie eine militärische Expansion, die die Eroberung der wichtigen Städte Mekka und Medina beinhaltete. Diese Expansion wurde stark vom Wahhabismus unterstützt, der die religiöse Rechtfertigung für die militärischen Eroberungen lieferte. Durch die Verbindung zwischen der Wahhabiten und der Saud-Dynastie wurde der Wahhabismus zur dominierenden religiösen Kraft im neu gebildeten Saudi-Arabien. Diese Kombination aus religiösem und politischem Einfluss hat das Land bis heute geprägt und sichergestellt, dass Wahhabismus als Staatsreligion fungiert.
Einfluss des Wahhabismus auf die Gesellschaft
In Saudi-Arabien ist der Wahhabismus tief in die soziale und politische Struktur des Landes integriert und beeinflusst, wie die Menschen ihren Glauben praktizieren. Wahhabitische Muslime zeichnen sich durch eine strikte Einhaltung ihrer religiösen Pflichten aus, was sich in einem Alltag zeigt, der Gebet und Fasten umfasst, jedoch auch von politischen Allianzen mit dem Königshaus geprägt ist. Diese religiöse Auslegung hat zur Durchsetzung von Geschlechtertrennung und zu großen Einschränkungen in der gesellschaftlichen Freiheit geführt, die sich im Laufe der Jahre jedoch allmählich gelockert haben. Obwohl sich gesellschaftliche Normen ändern, bleibt der Wahhabismus ein zentraler Bestandteil des öffentlichen Lebens im modernen Saudi-Arabien.
Saudi-Arabien auf der globalen Bühne
Saudi-Arabien hat sich in den letzten Jahren als wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne etabliert, teilt jedoch oftmals ein komplexes Verhältnis zu anderen Staaten und deren religiösen Auslegungen. Die Strategie, sich als moderaten Vertreter des Sunnitischen Islams zu präsentieren und den Wahhabismus international zu propagieren, hat in der Vergangenheit zu Spannungen geführt, insbesondere im Verhältnis zu Iran. In der inneren Politik sind die Saudis um eine Balance zwischen religiösen Traditionen und dem Wunsch nach Modernisierung bemüht. Diese Dynamik verdeutlicht, dass Saudi-Arabien trotz wirtschaftlicher Fortschritte und sozialer Reformen weiterhin ein autoritärer Staat bleibt, der stark von seinen religiösen Grundsätzen geprägt ist.
Muhammad ibn ʿAbd al-Wahhāb begründet im 18. Jahrhundert den Wahhabismus, eine besonders strenge Auslegung des Korans. Zunächst trifft er auf Widerstände, doch dann unterstützt ihn die Saud-Familie. Saudi-Arabien ist bis heute ein wahhabitischer Staat.