#138 Erklär mir die USA 5: das Wahlsystem - Reinhard Heinisch
Oct 27, 2020
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Reinhard Heinisch ist Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg und hat 30 Jahre in den USA gelehrt und geforscht. Im Gespräch erklärt er das komplexe Wahlsystem der USA, einschließlich des Electoral College und der Dominanz von zwei Parteien. Er beleuchtet die politische Polarisierung und die Herausforderungen für die Wählerregistrierung. Zudem diskutiert er mögliche Reformen zur Verbesserung der amerikanischen Demokratie und deren Auswirkungen auf die Stimmenverteilung.
Das US-Wahlsystem basiert auf einem Mehrheitswahlrecht, welches klare Mehrheiten schafft, jedoch die Wahlbeteiligung aufgrund von Dezentralität erschwert.
Das Electoral College gewichtet die Stimmen der Bundesstaaten unterschiedlich, was zu strategischen Unterschieden und Fairnessdiskussionen über den Wahlausgang führt.
Deep dives
Das Wahlsystem der USA
Das Wahlsystem in den USA basiert auf einem Mehrheitswahlrecht, bei dem der Kandidat mit den meisten Stimmen in einem Wahlbezirk gewinnt. Dies ermöglicht klare Mehrheitsverhältnisse, wodurch die Verantwortlichkeit der gewählten Vertreter transparent bleibt. Aus amerikanischer Sicht betrachtet, haben komplexe Koalitionen, wie sie in vielen europäischen Ländern anzutreffen sind, den Nachteil, dass sie weniger übersichtlich und nachvollziehbar sind. Die Vorurteile gegenüber dem US-Wahlsystem ergeben sich oft aus der Dezentralisierung und der damit verbundenen Unterschiedlichkeit der Wahlverfahren in den einzelnen Bundesstaaten.
Das Electoral College
Das Electoral College in den USA ist ein System, das die Stimmen jedes Bundesstaates unterschiedlich gewichtet, basierend auf dessen Bevölkerungsgröße. Um Präsident zu werden, benötigt ein Kandidat 270 Stimmen aus diesem Kollegium, wobei die Staaten ihre Stimmen häufig an den Kandidaten vergeben, der in der Volkswahl die Mehrheit gewinnt. Diese Regelung führt zu einem Wettbewerb zwischen den Bundesstaaten, wobei Staaten mit mehr Stimmen für die Kandidaten von größerer strategischer Bedeutung sind. Dadurch kann es vorkommen, dass ein Kandidat die Präsidentschaft mit einer geringeren Anzahl an Stimmen auf nationaler Ebene gewinnt, was zu Diskussionen über die Fairness des Systems führt.
Parteienlandschaft und Lobbyismus
In den USA gibt es de facto nur zwei Hauptparteien, die Republikaner und die Demokraten, was teilweise auf das Mehrheitswahlrecht zurückzuführen ist, das Drittparteien benachteiligt. Diese Parteien müssen sich sehr weitreichend aufstellen, um die Unterstützung einer breiten Wählerschaft zu gewinnen, was bedeutende ideologische Unterschiede innerhalb der Parteien hervorbringt. Im Gegensatz zu Europa, wo Parteien oft gegründet werden, um spezifische Themen zu fördern, besteht in den USA eine stärkere Tendenz, bestehende Parteien über Lobbying zu beeinflussen. Dies hat zur Folge, dass viele Interessenvertretungen ihre Anliegen über Lobbyismus voranbringen, anstatt eigene politische Bewegungen zu etablieren.
Demokratiezufriedenheit und Reformbedarf
Die Demokratiezufriedenheit in Ländern mit einem Mehrheitswahlrecht ist in der Regel höher, aber in den USA ist diese Zufriedenheit relativ niedrig, was auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist, einschließlich der aktuellen politischen Polarisierung. Die Schwierigkeiten bei der Wahlbeteiligung resultieren aus einem dezentralisierten und oft undurchsichtigen Wahlprozess, der von den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich geregelt wird, was zusätzlich viele Bürger ausschließt. Es gibt Bestrebungen, Reformen einzuführen, um den Wahlausgang zu normieren und die Wahlverfahren zu vereinheitlichen, die als Reaktion auf die negativen Entwicklungen der letzten Jahre angedacht sind. Gleichzeitig müssen nicht nur strukturelle Änderungen vorgenommen werden, sondern auch ein gesellschaftlicher Wandel erforderlich sein, um das Vertrauen in das demokratische System wiederherzustellen.
Warum haben die USA eigentlich so ein komisches Wahlsystem? Reinhard Heinisch sorgt dafür, dass uns die Wahl nächste Woche nicht verwirrt. Folge 5 von »Erklär mir die USA«.
Reinhard Heinisch ist Politikwissenschafter an der Universität Salzburg. Zuvor war er 30 Jahre in den USA, hat dort studiert und als Professor an der University of Pittsburgh geforscht und unterrichtet.
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Musik: Something Elated by Broke For Free, CC BY
für deep dive: A Human Being by Andy G. Cohen, CC-BY
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