#2 2022 Über das Handwerk des Investigativjournalismus - mit Fabian Schmid
Jan 25, 2022
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Fabian Schmid, stellvertretender Innenpolitikressortleiter der Tageszeitung Der Standard und Experte für Investigativjournalismus, beleuchtet die Herausforderungen des Investigativjournalismus in Österreich. Er erklärt, wie Vertrauen zu Informanten aufgebaut wird und diskutiert den Kampf gegen Korruption. Schmid differenziert zwischen echtem „Scoop“ und oberflächlicher Berichterstattung. Zudem reflektiert er über die Auswirkungen von Social Media auf den Journalismus und betont die Bedeutung von Teamarbeit für die Qualität der Recherche.
Investigativjournalismus erfordert tiefgehende Analysen und umfassende Recherchen, um echte Enthüllungen zu erzielen und nicht nur Papierjournalismus zu betreiben.
Der Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu Quellen ist entscheidend, um relevante Informationen zu erhalten und Insiderwissen zu sammeln.
Deep dives
Die Herausforderungen des Investigativjournalismus
Investigativjournalismus erfordert mehr als nur gelegentliche Anrufe und das Zusammenfassen von Pressemitteilungen. Es wird betont, dass eine echte investigative Recherche oft umfassende Untersuchungen und tiefere Analysen erfordert, ähnlich wie in den USA, wo Journalisten monatelang in den Feldforschungen tätig sind. Vor allem die Motivation, Geschichten aufzudecken, die nicht bekannt sind, ist entscheidend für diese Art von Journalismus. Die schmale Linie zwischen Papierjournalismus und echten Enthüllungen wird beleuchtet, um zu verdeutlichen, dass die Anerkennung von investigativen Beiträgen von der Tiefe und Originalität der Recherchen abhängt.
Die Rolle von Quellen und deren Aufbau
Beim Zugang zu Informationen spielt der Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen zu Quellen eine zentrale Rolle. Journalisten müssen oft ihre Quellen aktiv pflegen, was bedeutet, dass sie eine Vielzahl von Kontakten aus verschiedenen Bereichen knüpfen müssen, um relevante und verlässliche Informationen zu erhalten. Treffen im vertraulichen Rahmen, ob bei einem Kaffee oder in informellen Gesprächen, sind häufig die Möglichkeiten, um Insiderinformationen zu sammeln. Daher ist es wichtig, ein gutes Netzwerk aufzubauen, das eine kontextreiche Informationsquelle bietet, wobei der persönliche Einsatz nicht zu unterschätzen ist.
Einfluss von COVID-19 auf den Journalismus
Die COVID-19-Pandemie hat die Arbeitsweise von Investigativjournalisten stark beeinflusst, insbesondere in Bezug auf die Kontaktaufnahme zu neuen Quellen. Mit den Einschränkungen, die pandemiebedingt eingeführt wurden, wurden Gelegenheiten zum Networking in der Öffentlichkeit stark reduziert, was den Zugang zu potenziellen Informanten erschwerte. Aktuelle und laufende Entwicklungen, wie U-Ausschüsse, ermöglichen zwar kontinuierlich Geschichten, aber die Herausforderungen beim Aufbau neuer Kontakte bleiben bestehen. Insbesondere für Berufseinsteiger waren die vergangenen Jahre eine schwierige Phase, da sie oft auf bestehende Netzwerke angewiesen waren.
Der Umgang mit moralischen und ethischen Fragen
Bei der Arbeit im Investigativbereich müssen Journalisten ständig ethische und moralische Überlegungen anstellen, insbesondere in Bezug auf die Herkunft der Informationen. Die Motivation von Quellen kann auf verschiedene Weisen interpretiert werden, und es ist entscheidend, die Relevanz und das öffentliche Interesse der Informationen zu prüfen. Journalisten müssen auch die Auswirkungen ihrer Berichterstattung auf die betroffenen Personen und Akteure bedenken. Ein offenes Gespräch über die möglichen Konsequenzen für Informanten ist wesentlich, um Vertrauen aufzubauen und die Integrität des Journalismus zu wahren.
In den vergangenen Monaten scheinen sich die Korruptionsfälle in Österreich in ungewohnter Dichte zu häufen. Freunderlwirtschaft, verbotene Absprachen, Postenschacher sind ständiges Thema der politischen Berichterstattung.
Doch wie arbeiten eigentlich jene, die sich ihrer Aufarbeitung widmen, die Investigativjournalistinnen und -journalisten des Landes? Wie kommt man zu einer Geschichte, zu Akten, zu Informantinnen und Informanten? Wie erfährt man von parteiinternen Geheimnissen? Wie stellt man Vertrauen zu Personen aus der Exekutive und der Justiz her?
Über all das spricht Fabian Schmid, stellvertretender Innenpolitikressortleiter der Tageszeitung Der Standard, in dieser Folge. Und er erklärt auch, was der Unterschied zwischen einem echten „Scoop“ und dem „Papierljournalismus“ ist.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Du "Ganz offen gesagt" auf einem der folgenden Wege unterstützt: