Clemens Jabloner, ehemaliger Präsident des Verwaltungsgerichtshofs und Justizminister, und Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, diskutieren die gravierenden Mängel in der österreichischen Verwaltung. Sie beleuchten die Probleme der parteipolitischen Einflussnahme, die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung junger Talente und die Notwendigkeit tiefgreifender Reformen. Die Experten fordern Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz sowie eine meritorische Auswahl im öffentlichen Dienst, um die Qualität der Verwaltung zu steigern.
Die Politisierung der Verwaltung wirkt sich negativ auf die Effizienz aus, da parteipolitische Interessen häufig das öffentliche Wohl überlagern.
Um die Qualität der Verwaltung zu verbessern, wird ein transparentes Auswahlverfahren für Beamte sowie eine klare Karriereentwicklung gefordert.
Deep dives
Kritik an der Politisierung der Verwaltung
Die Politisierung des österreichischen Verwaltungsapparats wird als ernstes Problem angesehen. Ehemalige Spitzenbeamte und Richter äußern Besorgnis darüber, dass parteipolitische Interessen vor das öffentliche Wohl gestellt werden. Dies zeigt sich in der Aufblähung der Kabinette, die anstelle der Beamten agieren und damit kreative Strukturen im Ministerium verdrängen. Die Folge ist eine Demotivation der Beamten und ein Verlust an Qualität innerhalb der Verwaltung, da der Zugang zu den Ministern erschwert wird.
Strukturen und Hierarchien in der Verwaltung
Die Diskussion verdeutlicht die problematischen Strukturen in der Ministerialverwaltung. Historisch begründet hat die Bürokratie eine eigene Dynamik, die jedoch durch die Schaffung paralleler Strukturen in Form von Ministerkabinette geschwächt wurde. Diese machen die Verwaltung ineffizient, da Informationen gefiltert und oft nicht an die richtigen Stellen weitergeleitet werden. Dies führt dazu, dass die Verwaltung nicht mehr effektiv arbeiten kann, was sich negativ auf den Staatsdienst auswirkt.
Die Notwendigkeit klarer Auswahlverfahren
Ein zentraler Kritikpunkt ist die mangelhafte Personalauswahl, die oft durch parteipolitische Loyalität anstatt durch Qualifikation geprägt ist. Um die Qualität der Verwaltung zu verbessern, wird die Einführung eines transparenten und kompetitiven Aufnahmeverfahrens vorgeschlagen. Dies würde den Rekrutierungsprozess reformieren und sicherstellen, dass die geeigneten Kandidaten in die Verwaltung gelangen. Zudem ist eine klare Karriereentwicklung mit Fortbildungspflichten essenziell, um talentierte junge Menschen für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.
Krisenmanagement und aktuelle Herausforderungen
Die letzten Ereignisse, wie die Corona-Pandemie und geopolitische Unruhen, haben die Schwächen des Verwaltungsapparats offengelegt. Es wird die Notwendigkeit einer Krisentaskforce diskutiert, um auf kommende Herausforderungen besser reagieren zu können. Es erfordert eine umfassende Analyse und Lernprozesse, um aus vergangenen Krisen zu lernen und die Verwaltung auf zukünftige Situationen vorzubereiten. Dabei sollte der Fokus darauf liegen, proaktiv Strategien zu entwickeln und den Austausch zwischen den Ministerien zu fördern, um effektiver zu arbeiten.
Die neue überparteiliche Gruppe "Initiative Bessere Verwaltung" diagnostiziert grobe Mängel im heimischen Staatsapparat und macht Vorschläge, was geändert werden sollte. Ein Gespräch von Eva Konzett mit Ex-Justizminister Clemens Jabloner und der ehemaligen NEOS-Abgeordneten und Höchstrichterin Irmgard Griss.