Kim de l'Horizon, eine der ersten nonbinären Personen, die mit dem Blutbuch den Deutschen und Schweizer Buchpreis gewann, spricht über Identität und Heilung. Sie reflektieren, wie Schreiben als heilender Prozess fungieren kann und beleuchten die Verbindung zwischen Trauma und Kreativität. Außerdem diskutieren sie die Rolle von Hexerei im Feminismus und betonen die Veranstaltung offener Gesprächsräume für Identitätserkundung. Ein inspirierendes Gespräch über persönliche Resonanz, gesellschaftliche Erwartungen und die Vision einer inklusiven Zukunft.
Identität wird als dynamisches Konstrukt verstanden, das durch Erbe, gesellschaftliche Erwartungen und persönliche Erlebnisse geprägt ist.
Das Schreiben bietet die Möglichkeit zur Selbstkonfrontation, wobei Autoren oft schmerzhafte Emotionen und innere Konflikte durchleben müssen.
Hexerei wird als eine Praxis betrachtet, die soziale Veränderungen fördern kann, indem sie die Interkonnektivität zwischen Menschen und der Natur betont.
Deep dives
Die Komplexität der Identität
Identität wird als ein dynamisches und multifaktorielles Konstrukt beschrieben, das nicht im luftleeren Raum entsteht, sondern aus verschiedenen Fragmenten besteht, darunter Erbe, Träume und gesellschaftliche Erwartungen. Es wird betont, dass unser Selbstbild von Generation zu Generation geformt wird und wir oft versuchen, den Erwartungen anderer zu entsprechen. Diese Identitätsbildung erfolgt durch eine Vielzahl von Geschichten und Erlebnissen, die sich miteinander verflechten. Am Ende wird deutlich, dass Identität keine feste Größe ist, sondern etwas Lebendiges, das ständig im Wandel ist.
Der Einfluss des Blutbuchs
Das Blutbuch, geschrieben von Kim Delorizon, thematisiert die Herausforderungen und Kämpfe einer nonbinären Figur, die gegen generationsübergreifendes Schweigen aufbegehrt. Es wird hervorgehoben, dass die Jury des Deutschen und Schweizer Buchpreises gerade die Neuartigkeit und die tiefen Emotionen des Buches würdigte, die sowohl humorvolle als auch schmerzhafte Elemente enthalten. Vor allem die Auseinandersetzung mit Identität, gesellschaftlichen Normen und den eigenen Traumata zeigt sich als zentrale Aussage des Buches. Auch Leserberichte unterstreichen, wie sehr das Buch Menschen berührt und zum Nachdenken über ihre eigene Identität anregt.
Die Kunst des Schreibens als Selbstkonfrontation
Das Schreiben wird als ein tiefgreifender Prozess der Selbstkonfrontation dargestellt, bei dem Autoren mit ihren eigenen Emotionen und Erfahrungen in Kontakt treten. Die Herausforderung besteht darin, Gedanken und Gefühle auf eine Weise auszudrücken, die sowohl authentisch als auch nicht den Erwartungen anderer entspricht. Es wird betont, dass der kreative Prozess oft schmerzhaft sein kann, da er persönliches Wachstum und den Umgang mit inneren Konflikten erfordert. Dabei wird die Bedeutung der Transformation und der aktiven Auseinandersetzung mit eigenen Schmerzen in der Schreibpraxis hervorgehoben.
Hexerei und das Streben nach Verbindung
Hexerei wird als eine Form der Praxis verstanden, die darauf abzielt, eine tiefere Verbindung zur Welt und zu anderen Menschen herzustellen. Es wird diskutiert, wie diese Praxis nicht nur spirituell ist, sondern auch im Kontext von Feminismus und sozialem Widerstand gesehen werden kann. Die Werte von Interkonnektivität und Transformation werden in den Zusammenhang einer lebendigen, vernetzten Welt gestellt, in der das Individuum Teil eines größeren Ganzen ist. Dies führt zu der Überzeugung, dass das Wiederentdecken von hexerischen Praktiken auch ein Beitrag zum sozialen Wandel und zu umweltbewussten Handlungen leisten kann.
Zukunftsvisionen einer hexerischen Gesellschaft
Eine Gesellschaft, in der hexerische Praktiken Raum greifen, würde durch eine engere Verbindung zwischen Mensch und Natur gekennzeichnet sein. Es wird eine Welt imaginiert, in der Themen wie Gender und Rassismus nicht mehr spaltend wirken und stattdessen gemeinsam angegangen werden können. Die Diskussion beinhaltet auch die Vorstellung, dass Care-Berufe und die Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten, höher geschätzt und besser entlohnt würden, da sie für das soziale Gefüge unerlässlich sind. Solche Veränderungen deuten auf eine radikal andere Perspektive auf bestehende soziale Strukturen hin und fördern eine inklusivere und gerechtere Gesellschaft.
Wer bin ich? Und wie bin ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin? Weil ich es wollte, weil ich es so gelernt habe oder weil ich es musste? Auch von diesen Fragen handelt das Blutbuch von Autor*in Kim de I’Horizon. 2022 gewann Kim damit als erste nonbinäre Person den Deutschen und Schweizer Buchpreis. In dieser Podcast Folge spricht Marilena mit Kim über das Menschsein, ob Schreiben heilen kann/sollte und über Hexerei.