Edgar Rai, ein angesehener Autor und Mitinhaber der Buchhandlung "Uslar & Rai", spricht über die tiefgreifenden Themen seines neuen Romans "Ascona", der das Exil von Erich Maria Remarque erforscht. Er berichtet von Remarques Kampf mit Erinnerungen und Ängsten während seiner Flucht in die Schweiz. Das Gespräch beleuchtet die Herausforderungen des Literaturbetriebs sowie die Bedeutung von nostalgischen Orten für das Schreiben. Außerdem wird das Tabuthema Altwerden thematisiert, inspiriert durch Lucy Pollocks Buch über das Altern.
Edgar Rai erklärt, dass Ascona für ihn eine symbolträchtige Verbindung zwischen geographischem Ort und innerer Seelenlandschaft darstellt.
Der Roman thematisiert die innere Zerrissenheit von Erich Maria Remarque, der trotz seines Erfolges im Exil oft als Außenseiter betrachtet wurde.
Deep dives
Die Faszination von Ascona
Edgar Rai beschreibt, dass Ascona für ihn als Handlungsort seines neuen Romans nicht nur ein geografischer Ort, sondern ein komplexer seelischer Zustand ist. Diese Erkenntnis zog er aus einem Vorwort eines Romans von Viktoria Wolf, das den Charakter des Ortes in den 30er Jahren skizziert. Darüber hinaus stellt er fest, dass Ascona in dieser Zeit ein Zentrum für zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten war, die durch die politischen Umwälzungen in Deutschland dorthin geflüchtet waren. Durch seine Schwerpunktsetzung auf Ascona vermittelt Rai eine tiefere Beziehung zum Ort und dessen einzigartiger Geschichte während der emporsteigenden Diktatur in Deutschland.
Erich Maria Remarque als Anti-Held
Im Zentrum seines Buches steht der Schriftsteller Erich Maria Remarque, der trotz seines Erfolges nicht die Anerkennung erhielt, die er verdiente. Obwohl seine Werke kommerziell extrem erfolgreich waren, wurde er im intellektuellen Literaturbetrieb oft übersehen und als Außenseiter betrachtet. Rai beleuchtet, wie Remarque zwischen den Kontrasten von populärer Literatur und der hoch angesehenen Literatur gefangen war und welchen Einfluss dies auf seine Karriere hatte. Dieser Konflikt verleiht dem Roman eine zusätzliche Dimension, indem es die Frage aufwirft, was es bedeutet, ein Schriftsteller im Exil zu sein.
Psychologische Tiefen und das Exil
Rai thematisiert die psychologischen Herausforderungen, denen sich Remarque im Exil gegenübersah, einschließlich seiner inneren Dämonen und der ständigen Selbstzweifel. Trotz seines materiellen Wohlstands in Ascona litt er an Einsamkeit und Depression, was seinen Schreibprozess stark beeinflusste. Der Autor hebt hervor, dass Remarque’s Kämpfe universell sind und viele Schriftsteller im Exil ähnliche Erfahrungen machen. Diese Darstellung hilft, die Komplexität seines Charakters zu verstehen und bringt die vielschichtigen Emotionen, die mit dem Schreiben im Exil verbunden sind, ans Licht.
Die Relevanz der Geschichte
Rai reflektiert über die Schwierigkeiten, die Remarque hatte, während er versuchte, seiner literarischen Karriere im Exil gerecht zu werden. Besonders die Unsicherheit, ob seine Werke den neu entstandenen sozialen und politischen Realitäten gerecht werden konnten, belasteten ihn. Diese Thematik wird besonders eindrucksvoll in der Beschreibung von Remarque's Schreibhemmungen und seinem Kampf um Relevanz in einer schnell verändernden Welt behandelt. Rai schlussfolgert, dass die Herausforderungen, vor denen Remarque stand, nicht nur für ihn, sondern für alle Schriftsteller im Exil ein wiederkehrendes Thema darstellen.
In dieser Episode spricht Petra Hartlieb mit dem Autor und Buchhändler Edgar Rai. Der Mitinhaber der Berliner Buchhandlung "Uslar & Rai" kommt in seinem neuen Buch "Ascona" dem Schriftsteller Erich-Maria Remarque sehr nahe: Nach seiner Flucht ins Schweizer Exil quälen den Schriftsteller Erinnerungen und Ängste, die er durch Süchte und erotische Eskapaden zu unterdrücken sucht, während in Deutschland seine Bücher auf den Scheiterhaufen der Nazis brennen. Das Zusammentreffen mit der Frau seines Lebens beendet seinen Exilaufenthalt jäh.
Edgar Rai liest eine Passage aus seinem Roman vor und schließlich gibt auch FALTER-Sachbuchexpertin Kirstin Breitenfellner noch eine Buchempfehlung ab.
Zu den Büchern:
"Ascona" von Edgar Rai, erschienen im Piper Verlag: https://shop.falter.at/detail/9783492070683/ascona
"Das Buch über das Älterwerden (für Leute, die nicht darüber sprechen wollen)" von Lucy Pollock, erschienen im Dumont Verlag: https://shop.falter.at/detail/9783832181505/das-buch-ueber-das-aelterwerden