Deutsche in den USA: Der Anfang in der neuen Heimat ist hart
Dec 25, 2024
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Birte Pfleger ist Professorin für Neuere Geschichte an der California State University in Los Angeles und Expertin für die Geschichte deutscher Einwanderer in den USA. Sie spricht über die gefährliche Überfahrt der Einwanderer und die Rolle der German Society of Pennsylvania, die 1764 gegründet wurde, um Neuankömmlingen zu helfen. Pfleger beleuchtet die dramatischen Herausforderungen, wie die Ausbeutung mittelloser Immigranten und die mythologischen Vorstellungen über die deutschen Einwanderer, während sie die komplexe Beziehung zur eigenen Geschichte während des Nationalsozialismus thematisiert.
Die German Society of Pennsylvania wurde 1764 gegründet, um deutschen Einwanderern in den USA während lebensgefährlicher Überfahrten und katastrophaler Bedingungen zu helfen.
Die deutsche Einwanderung führte zu einer neu definierten Identität unter den Immigranten, die sich zunehmend von anderen Gruppen abgrenzten, besonders im Kontext des Ersten Weltkriegs.
Deep dives
Die Gründung der German Society of Pennsylvania
Im Jahr 1764 wurde die German Society of Pennsylvania gegründet, um deutschen Einwanderern in den USA zu helfen. Diese Organisation entstand aus der Notwendigkeit, mittellose Einwanderer zu unterstützen, die ihre Schiffspassagen nicht im Voraus bezahlen konnten. Als Beispiel wird der Fall von Jakob Ulekinger und seiner Familie erwähnt, die 1773 in die USA einwanderten, jedoch tragische Verluste auf ihrer Reise erlebten. Die German Society bot ihnen und ähnlichen Familien Hilfe an, um einen Neuanfang in der neuen Heimat zu ermöglichen.
Die Herausforderungen der Überfahrt
Die Überfahrt nach Amerika war häufig lebensgefährlich und die Bedingungen an Bord der Schiffe waren katastrophal. Passagiere waren oft auf engstem Raum zusammengepfercht, was zu Krankheiten und einer hohen Sterblichkeitsrate führte. Historische Berichte schildern grausame Szenarien, wie das Fallenlassen einer gebärenden Frau über Bord während eines Sturms. Die German Society setzte sich dafür ein, die schlechten Bedingungen auf Schiffsreisen zu verbessern und das Wohl der Ankommenden zu sichern.
Deutsche Identität und gesellschaftliche Herausforderungen
Die deutsche Einwanderung nach Amerika führte zu einer neu definierten Identität unter den Einwanderern, da sie sich nicht mehr nur regional oder lokal, sondern als Deutsche wahrnahmen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen sie, sich von anderen Immigranten abzugrenzen, insbesondere angesichts der Herausforderungen, die der Erste Weltkrieg mit sich brachte. Diese Identitätskrise wurde noch verstärkt durch die politische Situation in Deutschland in den 1930er Jahren, als viele deutsch-amerikanische Organisationen, einschließlich der German Society, sich mit dem Nazi-Regime auseinandersetzen mussten. Trotz ihrer tiefen Wurzeln in den USA scheiterten viele Gemeinschaften daran, ihre Vergangenheit kritisch zu reflektieren und damit umzugehen.
Die Überfahrt in die neue Welt ist lebensgefährlich. Wer überlebt, dem will die German Society of Pennsylvania helfen. Gegründet wurde sie am 26.12.1764.
In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
warum Menschen extra aus Pennsylvania kamen und in Deutschland Leute anwarben,
was dran ist an der Legende, Deutsch sei beinahe offizielle Landessprache der USA geworden,
wie sich die "German Society" gegenüber den Nationalsozialisten verhält,
welche Unterstützung der deutschstämmige Donald Trump bei deutschstämmigen US-Bürgern hat.
Der Gründungsdirektor der "German Society of Pennsylvania", Heinrich Keppele, will deutschen Neu-Immigranten helfen: Die Überfahrt ist lebensgefährlich, der Anfang in der neuen Heimat hart.
Bereits ein Jahr nach ihrer Gründung erzielt die "German Society" einen Erfolg: Nur noch Schiffe mit ausreichender Liegefläche für Passagiere dürfen anlegen. Zuvor hatten die Menschen wie die Ölsardinen zusammengepfercht die lange Reise ertragen müssen, oft sind viele Passagiere gestorben.
Besser geschützt werden sollen auch jene mittellosen Einwanderer, die ihre Schiffspassage nicht bezahlen konnten und ihre Schuld abarbeiten müssen. Alteingesessene nutzen das schamlos aus und lassen die sogenannten Schuldknechte jahrelang für sich schuften, oft bei miserabler Unterbringung und karger Kost - ohne Rechte und ohne ihnen zu sagen, wann ihre Schuld denn beglichen ist.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Birte Pfleger (Professorin für Neuere Geschichte, California State University, Los Angeles)
Birte Pfleger: Ethnicity Matters. A History of the German Society of Pennsylvania. Washington D.C. 2006
Leo Schelbert und Hedwig Rappolt (Hgs.): Alles ist ganz anders hier. Auswandererschicksale in Briefen aus zwei Jahrhunderten. Freiburg im Breisgau und Olten 1977
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