Das CDU/CSU-Wahlprogramm im Check: Wer profitiert von den Entlastungsplänen der Union?
Feb 5, 2025
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Leila Al-Serori, Co-Ressortleiterin für Politik beim Handelsblatt und Expertin für die Unionsparteien, teilt ihre Einschätzungen zu den aktuellen Wahlversprechen der CDU/CSU. Sie diskutiert die Finanzierungsfragen hinter den angekündigten Entlastungsplänen von 89 Milliarden Euro und hebt hervor, dass vor allem Menschen mit höheren Einkommen profitieren würden. Zudem beleuchtet sie die Auswirkungen der Migrationsdebatte auf den Wahlkampf von Friedrich Merz und die strategischen Pläne der Union in Bezug auf mögliche Koalitionspartner.
Die Union plant umfassende Steuerentlastungen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern, doch die Finanzierung dieser Maßnahmen bleibt unklar.
Die strategische Positionierung der Union in der Migrationsdebatte könnte dazu führen, dass sie Wähler von der AfD anzieht, trotz interner Differenzen.
Deep dives
Wirtschaftspolitische Ziele der Union
Die CDU und CSU streben nach einem Politikwechsel in Deutschland mit einem Fokus auf Wirtschaftswachstum und Steuerentlastungen. Zu den zentralen Forderungen gehören die Senkung der Energiesteuern, die Einführung eines Digitalministeriums und die Umwandlung des Bürgergeldes in eine neue Grundsicherung. Um die Attraktivität der Arbeit zu erhöhen, plant die Union unter anderem, Überstundenzuschläge steuerfrei zu stellen und die Voraussetzungen für eine steuerfreie Aktivrente zu verbessern. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Bürger zu ermutigen, länger im Arbeitsprozess zu bleiben und mehr zu verdienen, während die Genügsamkeit von Geringverdienern thematisiert wird, die weniger von diesen Maßnahmen profitieren könnten.
Kritik an der Finanzierungsstrategie
Die Union hat jedoch mit Kritik an der mangelnden Gegenfinanzierung ihrer Wahlversprechen zu kämpfen, da viele ihrer Vorschläge als finanziell nicht tragbar angesehen werden. Finanzierungslücken von bis zu 90 Milliarden Euro wurden von Ökonomen angeführt, was Zweifel an der Umsetzbarkeit der wirtschaftspolitischen Ziele aufwirft. Die Führung der Union, angeführt von Friedrich Merz, hat versucht, Lösungen zu skizzieren, jedoch fehlen konkrete Strategien zur Refinanzierung der umfangreichen Pläne. Dies lässt die Frage offen, ob die versprochenen Steuererleichterungen und anderen Goodies tatsächlich realisiert werden können.
Positionierung in der Migrationsdebatte
Ein zentrales Thema der Unionspolitik ist die Migrationsdebatte, in der eine klare Linie gefordert wird, die auf Begrenzungsmaßnahmen abzielt. Friedrich Merz wird dafür kritisiert, in dieser Debatte zu radikal zu argumentieren, was seine Beziehung zu potenziellen Wählern von der AfD stärken könnte. Trotz interner Differenzen bezüglich der starren Haltung in der Migrationspolitik versucht die Union, eine geschlossene Front zu präsentieren und sich von anderen Parteien abzugrenzen. Diese Strategie könnte als Versuch interpretiert werden, die wachsenden Bedenken der Bürger über Migration und Sicherheit aufzugreifen.
Bürokratieabbau und Energiepreise
Die Union plant darüber hinaus einen Bürokratieabbau, indem sie keine neuen Gesetze mehr einführen möchte, die zusätzliche Bürokratie schaffen. In diesem Zusammenhang strebt Merz an, bis zu zwei bestehende Regelungen aufzuheben, um neue Initiativen zu ermöglichen. Zudem hat die Union Absichten, die Stromsteuern sowie Netzentgelte zu senken, um die Haushalte und Unternehmen finanziell zu entlasten. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass ähnliche Ziele auch von anderen Parteien verfolgt werden und es unklar bleibt, wie die Union konkret ihre Energiepolitik umsetzen möchte.
Nach der hitzigen Debatte um eine härtere Migrationspolitik – und dem in Kauf nehmen einer Mehrheit für Entschließungsanträge gemeinsam mit der AfD und dem Scheitern des Zustrombegrenzungsgesetzes – hat die Union leichte Einbußen in den Umfragen hinnehmen müssen. Sie steht nun bei 28 Prozent. Damit ist zwar sie noch immer stärkste Kraft. Jetzt aber versucht Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, den Wahlkampf wieder auf die schwache Wirtschaft des Landes zu lenken.
Mit großen Entlastungsversprechen will die Union dieser zu mehr Wachstum verhelfen. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) würden die Pläne rund 89 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Die Frage der Finanzierung der Vorhaben ist noch ungeklärt. „Die Pläne der Union nehmen vor allem Menschen mit mittleren und höheren Einkommen in den Fokus. Menschen mit geringeren Einkommen würden da weniger profitieren“, sagt Leila Al-Serori, Co-Ressortleitern für Politik beim Handelsblatt.
Im Podcast „Zweitstimme“, dem Politikspezial von Handelsblatt Today zur Bundestagswahl, analysieren Politikreporterin Josefine Fokuhl und Co-Moderator Alexander Voß gemeinsam mit den Parteiberichterstattern des Handelsblatts die wichtigsten Wahlversprechen der Parteien. Neue Folgen erscheinen immer mittwochs und freitags. Diesmal: Das Wahlprogramm der Union mit Leila Al-Serori.
Moderiert von Josefine Fokuhl und Alexander Voß
Produziert von Florian Pape
Musik von Oskar Smollny
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