Jugendbewegung - Die Gründung des deutschen Jugendherbergswerks
Aug 23, 2024
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Matthias von Helmfeld, Historiker und Experte für die Jugendbewegung, beleuchtet die Entstehung der Jugendherbergen im frühen 20. Jahrhundert. Anna Wissmüller erzählt von der Idee, sichere Unterkünfte für wandernde Jugendliche zu schaffen. Till Kössler diskutiert den Wandel des Freizeitverhaltens der Jugend im Laufe der letzten hundert Jahre, während Oliver Peters die Transformation der Jugendherbergen zu modernen Einrichtungen beschreibt. Die Verbindung von Naturerlebnis und Selbstbestimmung steht dabei im Mittelpunkt.
Die Wandervogelbewegung des späten 19. Jahrhunderts entstand als Gegenbewegung zur Industrialisierung und förderte einen naturnahen Lebensstil für Jugendliche.
Die Gründung des Deutschen Jugendherbergswerks 1914 stellte eine Antwort auf die gestiegene Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten für wandernde Jugendliche dar und blieb trotz Herausforderungen relevant.
Deep dives
Die Wandervögel und ihre Bedeutung
Die Wandervogelbewegung entstand Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die Verstädterung und Industrialisierung. Diese Gruppe von jungen Menschen suchte nach einem alternativen Lebensstil, der in der Natur und Gemeinschaft verwurzelt war, oft begleitet von Musik und fröhlichen Lagerfeuern. Die Wandervögel erlebten eine Art Protest gegen die Massengesellschaft und die Enge des städtischen Lebens, was für viele ein Grund war, die Natur aufzusuchen. Ihre Bewegung legte den Grundstein für die Jugendherbergskultur, da der Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten immer größer wurde, was schließlich zur Gründung der ersten Jugendherberge führte.
Entstehung der Jugendherbergen
Die erste Jugendherberge wurde 1914 in Altena gegründet, inspiriert von Richard Schirrmann, der die Herausforderungen erkannte, denen Wandergruppen gegenüberstanden. Während einer Wandertour suchte er verzweifelt nach einer Unterkunft, was ihn dazu brachte, eine Herberge speziell für jugendliche Wanderer zu gründen. Zu dieser Zeit gab es zwar bereits Herbergen, doch diese waren meist nur für den privilegierten Teil der Gesellschaft gedacht. Schirrmanns Vision zielte darauf ab, allen Jugendlichen Zugang zu einem Ort zu bieten, an dem sie nach ihren Wanderungen eine Nacht bleiben konnten.
Die Entwicklung der Jugendherbergen im 20. Jahrhundert
Nach dem Ersten Weltkrieg erlebten die Jugendherbergen eine rasante Verbreitung, angetrieben durch ein allgemeines Interesse am Wandern und Naturtourismus. Trotz der Herausforderungen des Zweiten Weltkriegs blieben sie relevant und boten den Jugendlichen ein Gefühl der Gemeinschaft und des Abenteuers. In den 1920er Jahren wuchs die Anzahl der Jugendherbergen stark, trotz unterschiedlicher Erwartungen der Gäste, die oft nicht mit den ursprünglichen Vorstellungen der Gründer übereinstimmten. Diese Entwicklungen führten dazu, dass Jugendliche einen Raum zur Verfügung hatten, der sowohl für Erholung als auch für persönliche Entfaltung genutzt werden konnte.
Aktuelle Herausforderungen und Zukunft der Jugendherbergen
In den letzten Jahren haben Jugendherbergen mit einem Rückgang der Anzahl zu kämpfen, da günstigere Alternativen wie Airbnb an Popularität gewonnen haben. Dennoch bleibt die Idee der Jugendherbergen für viele Jugendliche und Familien attraktiv, insbesondere für schulische Exkursionen und kostengünstige Urlaubsangebote. Betreiber versuchen, modernisierte Einrichtungen anzubieten, die den Bedürfnissen der Gäste gerecht werden, während sie gleichzeitig die traditionellen Werte der Gemeinschaft betonen. Trotz der Herausforderungen zeigt sich in den steigenden Mitgliederzahlen und dem anhaltenden Interesse, dass der Geist der Wandervögel und der Jugendherbergen auch in Zukunft lebendig bleibt.
Spätsommer 1909: Eine Schülergruppe auf Wanderschaft wird von einem Unwetter überrascht und findet keine Unterkunft. Das bringt ihren Lehrer auf eine Idee – fünf Jahre später ist das Jugendherbergswerk geboren.
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Ihr hört in dieser "Eine Stunde History":
00:01:31 - Tipp: Eine Stunde History Live in Berlin!
00:02:02 - Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld blickt zurück auf die Entstehung der Jugendbewegung und deren Drang nach Naturerlebnis und Selbstbestimmung.
00:04:47 - Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Anna Wissmüller beschreibt die Entstehung der Idee von Jugendherbergen.
00:10:15 - Die Historikerin Barbara Stambolis erklärt den Zusammenhang zwischen dem Deutschen Jugendherbergswerk und der Deutschen Jugendbewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts.
00:23:27 - Till Kössler ist Erziehungswissenschaftler und beschreibt den Wandel im Freizeitverhalten von Jugendlichen im vergangenen Jahrhundert.
00:33:53 - Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Jugendherbergswerks Oliver Peters erzählt vom Wandel der Jugendherbergen zu modernen Unterkünften für Jedermann und Jedefrau.