Michaela Lindinger, Historikerin am Wien Museum und Expertin für Modegeschichte, spricht über die faszinierende Entwicklung der Mode im 19. Jahrhundert. Sie erklärt, wie das Korsett nicht nur den weiblichen Körper formte, sondern auch die gesellschaftliche Rolle der Frauen beeinflusste. Der Wandel zur Fahrradmode öffnete Frauen neue Freiheiten. Zudem beleuchtet sie die Bedeutung von Schneider und Haute Couture und zeigt auf, wie Kleidung als Statussymbol fungierte. Ein eindrucksvoller Blick auf Mode, die mehr ist als nur Bekleidung!
Das Korsett wurde im 19. Jahrhundert zur Modenorm, was zu erheblichen körperlichen Veränderungen und gesellschaftlichen Einschränkungen für Frauen führte.
Die Mode des 19. Jahrhunderts spiegelte den gesellschaftlichen Status der Frauen wider, während Männer sich durch schlichte Kleidung unauffällig verhielten.
Deep dives
Die Rolle der Frau im 19. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert wurde die Frau oft als Schmuckstück des Ehemannes betrachtet, was ihre Rolle und ihren Status in der Gesellschaft prägt. Sie hatte wenig persönliche Verantwortung und wurde hauptsächlich für ihr äußeres Erscheinungsbild bewertet. Die Mode dieser Zeit reflektierte diesen Status: Während ein Mann im schlichten schwarzen Anzug als unauffällig galt, sollte die Frau in bunten und auffälligen Kleidern strahlen. Ihre Kleidung, oft reich verziert mit Schmuck und speziellen Schuhen, war ein Statussymbol und zeigte den gesellschaftlichen Rang des Ehemannes.
Modewechsel und -trends
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts durchlebte die Mode viele drastische Veränderungen, die oft im Zusammenhang mit historischen und gesellschaftlichen Entwicklungen standen. Zu Beginn des Jahrhunderts dominierte die klassizistische Mode mit fließenden, weißen Kleidern, die nach griechischen Statuen gestaltet waren; der Übergang zur Biedermeier-Mode brachte dann farbenfrohe und auffällige Designs mit sich. Später erlangte das Korsett an Popularität, wobei unterschiedliche Varianten zwischen den 1860ern und 1880ern in Mode kamen, die die Körperkonturen stark betoneten. Diese schnelle Modulation und die Einführung von Trends zeugen von der wachsenden Modeindustrie, die regelmäßig neue Stile präsentierte.
Die Bedeutung von Stoffen und Schneider
Die Herkunft und Beschaffenheit der Stoffe spielten eine entscheidende Rolle in der Mode des 19. Jahrhunderts, insbesondere für die wohlhabenden Schichten. Vielerorts wurden luxuriöse Materialien, oft aus Paris und fernen Ländern wie Indien und China, verwendet und trugen zur Anziehungskraft der Mode bei. Schneider wie der berühmte Worth wurden zu Stars ihrer Zeit und schufen maßgeschneiderte Kleider für Frauen der Oberschicht, was oftmals unbezahlbar für den Durchschnittsbürger war. Zudem florierte die Secondhand-Industrie, in der exklusive Stücke oft für ärmere Frauen zugänglich gemacht wurden, was verdeutlicht, wie facettenreich der Kleidermarkt war.
Das Korsett gilt heute als die ultimative modische Verirrung. Von früher Jugend an beginnt es, den weiblichen Körper zu verformen. Wer es konsequent trägt – und so ist es die Regel – nimmt die Verschiebung innerer Organe in Kauf. Generell ist weibliche Mode oft darauf ausgerichtet, Frauen zu demobilisieren: seien es die weit ausladenden Röcke oder die zu engen Kleider, beide dazu angetan, jeden freien Gang zu behindern. Als das Fahrrad aufkommt, ändert sich auch die Mode, und die Frauen können frei ausfahren, ohne auf jemanden angewiesen zu sein. Mariella Gittler spricht mit der Historikerin Michaela Lindinger über die gesellschaftliche Bedeutung der Mode bei Frau und Mann.
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