Yuval Noah Harari: „KI könnte den Lauf unserer Geschichte verändern"
Oct 11, 2024
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Yuval Noah Harari, israelischer Historiker und Bestsellerautor, analysiert die Krise der liberalen Demokratie und die Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz. Er betont, dass die fortschrittliche Informationstechnologie den Dialog zwischen Menschen gefährdet. Zudem warnt er, dass KI die Grundlagen der Demokratie erschüttern könnte, da sie Entscheidungen selbstständig trifft. Anhand von Beispielen aus der Finanzwelt erklärt er die Risiken der Technologie und ermutigt zu einem ideologischen Wandel, um den gesellschaftlichen Veränderungen gerecht zu werden.
Harari betont, dass die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz die Fähigkeit hat, demokratische Strukturen zu bedrohen, indem sie eigenständig Entscheidungen trifft.
Die Krise der liberalen Demokratie wird durch den technologischen Wandel verstärkt, da Kommunikationsschwierigkeiten zu Populismus und Instabilität führen.
Deep dives
Die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die Menschheit
Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) stellt eine revolutionäre Veränderung dar, da sie die erste Technologie ist, die in der Lage ist, unabhängig Entscheidungen zu treffen und neue kreative Ideen zu entwickeln. Im Gegensatz zu früheren Technologien, die lediglich menschliche Ideen reproduzierten, kann KI eigenständig Texte, Bilder und sogar medizinische Strategien erschaffen. Diese Fähigkeit hat das Potenzial, den Verlauf der Menschheitsgeschichte zu verändern, was Bedenken hinsichtlich der Kontrolle und der ethischen Folgen aufwirft. Experten warnen, dass wir uns erst am Anfang dieses Wandels befinden und dringende Maßnahmen erforderlich sind, um die Auswirkungen dieser Technologien zu steuern.
Die Krise der Demokratie und die Rolle der Informationstechnologie
Die derzeitige Krise der Demokratie wird als eine direkte Folge des technologischen Wandels, insbesondere der Informationstechnologie, betrachtet. Diese Technologien erschweren den Dialog und die Kommunikation zwischen Menschen und führen zu einer Zunahme von Populismus und Instabilität weltweit. Historische Parallelen werden gezogen, um zu verdeutlichen, dass Demokratie stark von der Qualität der Informationen abhängt, die in der Gesellschaft zirkulieren. In diesem Kontext ist es entscheidend, dass Demokratien neue Strategien finden, um ihre Werte zu schützen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
Europa und die Herausforderung der globalen Datenkolonialisierung
Europa steht vor der Herausforderung, sich in einer Welt zu behaupten, in der die Machtverhältnisse zunehmend von den USA und China bestimmt werden. Der eigene Einfluss Europas könnte schwinden, wenn keine klaren Entscheidungen getroffen werden, um eine eigene digitale Identität und Unabhängigkeit zu entwickeln. Falls Europa nicht handelt, droht die Gefahr, zu einer Datenkolonie zu werden, die von den digitalen Giganten der USA und Chinas abhängt. Eine Einheit in der Europäischen Union könnte einen starken Gegenpol zu diesen Supermächten bilden, aber aktuell gibt es noch keine entsprechenden digitalen Plattformen, um erfolgreich konkurrieren zu können.
Die gesellschaftlichen Transformationsprozesse und ihre Gefahren
Die gegenwärtigen Transformationsprozesse, angeheizt durch technologische Innovationen und globale Krisen, zeigen, dass ein tiefgreifender Anpassungsbedarf besteht. Gesellschaften riskieren, als Folge von Experimente mit neuen Technologien in Krisen zu geraten, die ähnlich wie die katastrophalen Experimente vergangener Epochen verlaufen können. Der Verlust von grundlegenden Werten und Institutionen in demokratischen Gesellschaften könnte Futuristen und Gesellschaftswissenschaftler dazu veranlassen zu prüfen, welche Gesellschaftsformen sich unter dem Einfluss von KI formen werden. Diese Entwicklungen erfordern einen bewussten Umgang mit den Herausforderungen, um eine gesunde soziale und politische Transformation zu gestalten.
Yuval Noah Harari, israelischer Historiker und Bestsellerautor, spricht im Podcast Handelsblatt Disrupt mit Chefredakteur Sebastian Matthes über die Krise der liberalen Demokratie weltweit. Dafür macht er unter anderem die Informationstechnologie verantwortlich: „Wir haben die fortschrittlichste Informationstechnologie der Geschichte, und die Menschen verlieren die Fähigkeit, miteinander zu sprechen und sich zuzuhören“. Demokratie, so Harari, sei im Kern ein großes Gespräch, das auf Informationstechnologie basiert.
Harari und Matthes sprechen außerdem über Künstliche Intelligenz (KI) und die Gefahr, die von ihr ausgehen könnte. Harari warnt: „KI erschüttert in gewisser Weise die Grundlagen der demokratischen Ordnung“. Er sieht in KI eine neue Art von Technologie, die erstmals selbst Entscheidungen treffen und neue Ideen entwickeln kann. Anhand von Beispielen aus der Finanzwelt veranschaulicht Harari, wie KI bereits heute komplexe Finanzinstrumente erschafft, die in wenigen Jahren kein Mensch mehr verstehen oder regulieren kann.
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