Eine faszinierende Welt am Abgrund: Florian Klenk über „Bauer und Bobo“
Feb 20, 2022
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Florian Klenk, Chefredakteur von "Der Falter" und Autor von "Bauer und Bobo", spricht über die Herausforderungen der modernen Landwirtschaft in Österreich. Durch einen tragischen Vorfall entdeckt er die Kluft zwischen Stadt und Land und lernt, wie existenzielle Not Bauern bedroht. Besonders beeindruckend ist seine Begegnung mit dem Landwirt Christian Bachler, dessen Hof er mithilfe einer Crowdfunding-Aktion rettet. Klenk thematisiert auch die Auswirkungen der EU-Politik auf kleine Betriebe und beleuchtet die problematische Realität der Schweinehaltung.
Die Kluft zwischen Politik und Landwirtschaft führt zu einem Gefühl der Entfremdung bei Landwirten, die sich missverstanden fühlen.
Die erfolgreiche Crowdfunding-Aktion zur Rettung von Christian Bachlers Hof zeigt die gesellschaftliche Solidarität für die Herausforderungen der Landwirtschaft.
Deep dives
Entfremdung zwischen Politik und Landwirtschaft
Die Kluft zwischen Politik und Landwirtschaft hat in den letzten Jahren zugenommen, was zu einem Gefühl der Entfremdung bei Landwirten führt. Bauern fühlen sich oft missverstanden und stellen fest, dass ihre Rolle in der Gesellschaft maßgeblich durch neue Gesetze und EU-Vorgaben erschwert wird. Die öffentliche Wahrnehmung wird meist von negativen Aspekten dominiert, wobei Bauern häufig als Umweltsünder dargestellt werden. Dies führt zu einem Mangel an gesellschaftlicher Anerkennung und zu einem tiefen Frust unter den Landwirten, die sich bemühen, traditionelle Praktiken aufrechtzuerhalten und gleichzeitig wirtschaftlich zu überleben.
Das Urteil über die Kuh und die Konsequenzen
Der Fall einer deutschen Touristin, die von einer Kuh angegriffen wurde, wirft Fragen zur Verantwortung von Landwirten auf, nachdem das Gericht entschieden hat, dass der Bauer seine Tiere besser hätte schützen müssen. Dieses Urteil hat massive Reaktionen sowohl aus der Bauernschaft als auch aus der Politik ausgelöst und den Eindruck erweckt, dass die Almwirtschaft in Gefahr sei. Es wird diskutiert, dass solche rechtlichen Urteile den sozialen Druck auf Landwirte verstärken und ihre bisherigen Praktiken gefährden. Die Wahrnehmung, dass Bauern für die Sicherheit von Touristen verantwortlich sind, dürfte die bereits angespannten Beziehungen zwischen diesen Gruppen zusätzlich belasten.
Praktikum und persönliche Einsichten
Der Journalist Florian Klenk nimmt an einem Praktikum bei Christian Bachler, einem Bauern aus der Steiermark, teil, was zu einer erhellenden Erfahrung über das Leben auf dem Land führt. Er wird mit den Herausforderungen und der Existenzangst konfrontiert, die Landwirte wie Bachler täglich bewältigen müssen. In den Gesprächen über alltägliche landwirtschaftliche Praktiken und Umwelteinflüsse erfährt er, wie eng das Leben der Bauern mit dem Ökosystem verbunden ist. Diese Erkenntnisse führen Klenk zu einem tieferen Verständnis der bäuerlichen Gesellschaft und der Bedeutung einer respektvollen Behandlung von Tieren.
Crowdfunding und die Rettung des Hofs
Als Christian Bachlers Hof zur Versteigerung steht, wird eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, die überraschenderweise große Unterstützung findet. Über 12.000 Menschen spenden und sammeln mehr als 400.000 Euro, um den Hof zu retten, was als Zeichen einer breiten Solidarität interpretiert wird. Die Spendenaktion stellt nicht nur eine finanzielle Hilfe dar, sondern auch einen Protest gegen die ungerechten Bedingungen, unter denen viele Landwirte leben müssen. Dies zeigt das gesellschaftliche Bewusstsein und die Unterstützung für eine nachhaltige Landwirtschaft und verdeutlicht, wie wichtig die Verbindung zwischen Stadt und Land ist.
Kai Spanke spricht mit dem Autor über sein neues Buch
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Diesen Satz kennt Florian Klenk zufolge jeder österreichische Bauer. Was damit gemeint ist, erklärt der Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Der Falter“ in dieser Folge des Bücher-Podcasts. Seine intensive Beschäftigung mit der Landwirtschaft hat mit einem Streit angefangen: Klenk applaudierte einem Urteil, das Angehörigen einer Touristin, die in Österreich von einer Kuh totgetrampelt wurde, Schadenersatz zuspricht. Der Besitzer des Tiers musste zahlen. Die Bauernlobby reagierte darauf gereizt.
Ein Landwirt namens Christian Bachler verhöhnte Klenk daraufhin in einem Video auf Facebook und sagte, er, der ahnungslose Städter, solle mal ein Praktikum auf seinem Hof machen. Klenk nahm das Angebot an und lernte eine Welt kennen, die ihm einerseits behagte, die andererseits jedoch kurz vorm Aussterben steht. EU-Richtlinien und die Agrarindustrie machen kleinen Bauern das Leben immer schwerer. Auch Bachler befand sich in existentieller Not – und Klenk startete eine Crowdfunding-Aktion, um dessen Hof zu retten.