Kunst. Kultur. Revolution. Ein linker Jesusfilm von Milo Rau – #498
Apr 4, 2021
auto_awesome
Milo Rau, ein renommierter Schweizer Theatermacher und Filmemacher, diskutiert die politische Dimension seines neuen Jesusfilms, der in die Gefilde von Flüchtlingen und Migranten in Süditalien verlegt wurde. Er thematisiert die Bedeutung der Kunst als soziale Revolution während der Pandemie und wie diese kreative Projekte soziale Bewegungen unterstützen kann. Rau beleuchtet auch die kritische Rolle des Theaters in der Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit, Demokratie und globaler Solidarität und reflektiert über die Widersprüche der Menschlichkeit in Kunst und Religion.
Milo Rau integriert zeitgeschichtliche Themen in seine Kunst, um gesellschaftliche Reflexion und politischen Diskurs zu fördern.
Sein Film 'Das Neue Evangelium' thematisiert Migration und Arbeitsverhältnisse, während er die Stimmen der Ausgebeuteten ins Rampenlicht rückt.
Die Pandemie forcierte Rau, kreative Lösungen zu finden, um die Relevanz der Theaterkunst in einer eingeschränkten Welt aufrechtzuerhalten.
Deep dives
Milo Rau und die Integration von Zeitgeschichte in die Kunst
Milo Rau ist bekannt für seine Fähigkeit, zeitgeschichtliche Themen in seine Kunstwerke zu integrieren. Sein Ansatz zeigt sich beispielsweise in der Neuinterpretation der Orest-Geschichte, die er für die Wiener Festwochen in den Irak verlegte, um die aktuellen geopolitischen Kontexte zu beleuchten. Indem er die alten Themen mit zeitgenössischen realen Erfahrungen kombiniert, erzeugt er eine kritische Reflexion zur heutigen Gesellschaft und regt das Publikum zum Nachdenken an. Rau versucht durch diese Verknüpfung, die Relevanz von Kunst als Medium des politischen Diskurses zu stärken.
Der neue Jesus-Film als Akt der sozialen Gerechtigkeit
Milo Raus neuer Film 'Das Neue Evangelium' spielt in Süditalien unter Migranten und Tomatenpflückern. Der Film präsentiert einen schwarzen Jesus, der nicht nur die biblische Geschichte erzählt, sondern auch die realen Kämpfe der Ausgebeuteten darstellt. Durch das Einbeziehen von aktiven sozialen Kämpfen wird der Film zu einer Plattform für die Stimmen der Unterdrückten und thematisiert Themen wie Migration und Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft. Rau nutzt die Kunst, um auf Missstände aufmerksam zu machen und die Würde jener zu fördern, die oft übersehen werden.
Theaterproduktion während der Pandemie
Die Pandemie brachte für viele Theatermacher eine große Herausforderung mit sich, selbst für Rau. Er erlebte, wie seine ursprünglichen Theaterprojekte und Proben aufgrund des Lockdowns abgebrochen werden mussten, was ihn zwang, kreative Lösungen zu finden. Rau und sein Team entwickelten neue Formate, um das Theaterleben während dieser Zeit aufrechtzuerhalten, beispielsweise durch Streaming und filmische Produktionen. Diese Anpassungen führten zu tiefgreifenden Überlegungen, wie die Theaterkunst in einer von physischen Einschränkungen geprägten Welt relevant bleiben kann.
Die politische Dimension der Kunst
Rau betont die Wichtigkeit, dass politische Kunst nicht nur als Kritik dient, sondern aktive Handlungsräume schafft. Er sieht seine Werke als Möglichkeiten, gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen und aktiv zu reformieren, anstatt nur über Probleme zu reflektieren. In seinen Projekten, wie etwa den Moskauer Prozessen, schafft er Plattformen für echten Dialog und Austausch, wodurch unterschiedliche Perspektiven Einblick in politische Realitäten erhalten. Rau glaubt, dass der Erfolg von politischer Kunst daran gemessen wird, ob sie das Bewusstsein schärft und das Publikum zu einem Handeln inspiriert.
Kunst als Katalysator für soziale Veränderungen
Durch die Interaktion zwischen Kunst und Aktivismus versucht Rau, eine Basis für soziale Bewegungen zu schaffen. Seine Projekte, wie das Haus der Würde, bieten Migranten rechtliche Unterstützung und die Möglichkeit zur Regularisierung ihrer Arbeitsverhältnisse. Indem er Künstler und Aktivisten zusammenbringt, verbindet er kulturelle Produktion mit sozialer Gerechtigkeit und formt ein Netzwerk von Solidarität. Rau argumentiert, dass die Kunst nicht nur einen ästhetischen Wert hat, sondern auch als Werkzeug für Veränderungen und Einsichten in soziale Herausforderungen dienen kann.
Der Schweizer Theatermacher verlegt das Evangelium in die Welt von Flüchtlingen und Migranten in Süditalien. Ein Gespräch mit Robert Misik im Bruno Kreisky Forum. Diese Episode ist der Mitschnitt einer Online-Veranstaltung vom 17. März 2021.
Lesen Sie den FALTER vier Wochen lang kostenlos: https://abo.falter.at/gratis